Aenaon – Hypnosophy

“Griechische Götter“


Artist:
Aenaon

Herkunft: Griechenland

Album: Hypnosophy

Spiellänge: 55:00 Minuten

Genre: Progressive Black Metal

Release: 25.11.2016

Label: Code666 Records

Bandmitglieder:

Saxophon – Orestis Zyrinis
Gitarre – Achilleas C.
Gesang – Astrous
Schlagzeug – Nycriz
Gitarre – Anax

Link: www.aenaon-band.com

Tracklist:

  1. Oneirodynia
  2. Fire Walk With Me
  3. Earth Tomb
  4. Void
  5. Tunnel
  6. Thus Ocean Swells
  7. Phronesis – Psychomagi

aenaon-hypnosophy

Ganze elf Jahre bereichern die fünf Griechen um Aenaon mit roter Theaterfarbe und in ihrer eigenartigen Tracht die experimentelle Black Metal-Szene. Nach drei Split-Veröffentlichungen (unter anderem mit Stielas Storhett und Satanochio) und zwei mehr als gelungenen Alben wagen Aenaon bereits nach zwei Jahren den nächsten Wurf: Hypnosophy heißt das gute Kind, ist 55 Minuten lang und sieben Titel schwer.

Der erste Eindruck gleicht anfangs Emperors Meisterwerk Inno A Satana. Mit dem Saxophon-Solo bekräftigt sich ein gewisser Ihsahn-Einfluss. Außerdem gibts noch ein paar folkige Elemente zusätzlich spendiert – alte Finntroll lassen grüßen. Und doch schaffen hier Aenaon was ganz Eigenes, in sich Greifendes und Stimmiges. Vielseitig an Melodien und Können, sind sie bereits in ihrem ersten Song kreativer als so einige Bands im Zenit ihrer Karriere. Fast schon tanzbare Off-Beat-Passagen, ein ruhiger Jazz-Abschnitt mit Saxophon-Solo aus der Shining-Richtung und ein virtuoses Gitarrensolo werden exakt so perfekt abgeliefert wie ein verfänglicher Enslaved-Refrain. Oneirodynia weiß als Opener auf Hypnosophy zu begeistern und man hofft, dass dieser Übersong nicht den einzigen Gedankenblitz der Griechen darstellt.

Überwältigt von Oneirodynia gehts weiter mit Fire Walk With Me. Paart man die Black’n’Roll-Spielweise wie Shining sie fabrizieren, mit all den Folk-Elementen à la Negura Bunget, bekommt man so ungefähr eine Vorstellung wie sich die genialen Kompositionen von Aenaon anhören. Gut produziert kommt keine Synthie-Einlage und Bouzouki (typisch griechisches Instrument) zu kurz.
Außerdem überkommt einen bei all den griechischen Klängen unsäglicher Appetit auf Gyros.

Zu Beginn versehen mit Blastbeats, kältesten Riffs und allem, was zur Brutalität sonst noch beiträgt, fährt Earth Tomb dann überaschenderweise mit dem wohl eingängigsten Refrain der gesamten Platte auf. Ein vertrackter Ohrwurm, den man so schnell nicht los wird. Aufbauende Saxophon-Einlagen runden das Geschehen ab und obendrein wird ein Koto (japanisches Saiteninstrument) im Song eingebaut. Nicht schlecht. Entweder bedienen sich Aenaon an einem Gitarren-Synthesizer, der all die Exoten an Instrumenten simuliert, oder Saxophonist Orestis Zyrinis schleppt live noch ein Dutzend andere Instrumente mit sich herum.

Auch Void zeigt sich wieder vielseitig und abwechslungsreich: Als ob ein Saxophon nicht schon individuell genug für die sonst eigentlich norwegische Musik wäre, versorgen Aenaon ihre Hörer mit weiblichem Gesangspart und Basar-Stimmung durch die abermals eingesetzten Akzente von Instrumenten, die keiner benennen kann. Athmosphärisch und gemäßigter lässt man hier die zweite Hälfte anbrechen und erinnert dabei gut an gelassenere Myrkur.

Kompakter geht man bei Tunnel ans Werk. Der einzige Song unter sechs Minuten präsentiert sich fast schon wie eine Thrash Metal-Hymne. Temperamentvoll und für einen typischen Moshpit ideal, schafft der Song dann sogar noch irgendwie perfekt den Spagat zum nächsten Stück Thus Ocean Swells. Dieser könnte kontrastreicher kaum beginnen. Aenaon lassen sich für ihr Blues-Gedudel viel Zeit und äußern sich cool-jazzig, bis wieder in die eigene Schublade gesprungen wird und man als Enslaved-Klon durchgeht. Auch der letzte Song Phronesis – Psychmagi zeigt mit Postrock-Allüren, Marimba-Geklimper und angenehmen Klargesang, dass die Kreativität noch weiter reicht.

Aenaon wissen Spannung aufzubauen und lassen sich nicht eingrenzen, geben sich aber obendrein nicht die Blöße, den roten Faden zu verlieren oder gar kitschig herüberzukommen. Was Aenaon da abliefern, schreckt damit den typischen Metalfan, dessen größte Herausforderung im Leben die Entscheidung zwischen Slayer und Motörhead darstellt, womöglich ab, jedoch geben die Griechen einen neuen Maßstab vor, wohin die Entwicklung des modernen Metals noch gehen wird. Man kann nur auf weitere Veröffentlichungen dieser noch unbekannten Formation hoffen. Das Glück, eine bekannte Rumpeltruppe zu supporten, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die Aenaon verdienen. Denn, was die fünf Musiker auch bandintern anstellen: Nach außen hin funktioniert es wie ein Schweizer Uhrwerk. Für die Black Metal-Szene ein ultimativer Geheimtipp!

Fazit: Vergesst Code, Sólstafir und Negura Bunget: Aenaon sind wohl mit Saor DIE jüngste Black Metal-Entdeckung schlechthin. Damit spielen Aenaon nicht nur im gleichen Stadion, sondern in der gleichen Liga wie die Szenegrößen. Es sollte zukünftig keine Schandtat sein, die gegenwärtigen Meister ihres Fachs - Ihsahn oder Enslaved - in einem Atemzug mit Aenaon zu nennen.

Anspieltipps: Oneirodynia, Earth Tomb und Phronesis - Psychomagi
Glenn V.
10
Leser Bewertung28 Bewertungen
8.3
10