Das Interview mit Oliver, Bruno und Gogo von Sunchair über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Am 26.05. hatte ich die Gelegenheit, Oliver und Gogo von der Band Sunchair bei den Gitarrenaufnahmen für das neue Album über die Schulter zu schauen. Den Bericht zu diesem Studiobesuch und auch ein Interview gibt es hier.

Artist: Sunchair

Herkunft: Krefeld, Deutschland

Genre: Modern Metal, Thrash Metal

Label: Eigenproduktion

Link: https://www.facebook.com/sunchairmusic

Bandmitglieder:

Gesang – Dave Müller
Gitarre – Oliver Biklic
Gitarre – Gogo Gassi
Bassgitarre – Peter Michalak
Schlagzeug – Bruno Lindner

 

Ankunft 12:30 Uhr, der erste Raum ist voll mit Menschen. Gerade schwer in ein Gespräch mit zwei Mitgliedern einer anderen Band vertieft ist Beray, der sich später um den Mix des neuen Sunchair-Albums kümmern wird. Heute sind aber erst mal die Gitarrenaufnahmen angesagt, also weiter ins Studio, Oliver und Gogo sind schon den ganzen Vormittag damit beschäftigt, Riffs und Soli einzuspielen. Am Aufnahmetisch sitzt ebenfalls ein bekanntes Gesicht: Gilbert spielt nicht nur Gitarre bei der Band Elvellon sondern ist auch für die Aufnahme des neuen Sunchair-Albums zuständig. Neben Oliver und Gogo ist heute auch noch Drummer Bruno anwesend, der aber seinen Part des Albums natürlich schon eingespielt hat. Diese Aufnahmen haben im Tresorfabrik Tonstudio unter der Ägide von Beray, stattgefunden. Die Bassspuren sind ebenfalls im Kasten, für den Gesang wird sich Dave noch im Studio einfinden.

v.l.n.r. Oliver, Gogo, Gilbert
v.l.n.r. Oliver, Gogo, Gilbert

Ich habe ja schon einige Studioblogs und -videos gesehen, jetzt sitze ich mal live daneben. Mit „Romantik“ hat das wirklich nichts zu tun und bequem ist es auch nicht. Wie die Jungs so ruhig bleiben, auch wenn das Riff auch beim x-ten Mal nicht passt, und sei es nur, weil der letzte Ton nicht lange genug gehalten wurde; auch wenn spontane Ideen für ein weiteres Solo gefragt sind, aber irgendwie gerade eine Kreativblockade einsetzt oder wenn man einfach nur den Einsatz verpasst, finde ich bewundernswert. Irgendwann ist Oliver aber mit seinen Parts für heute durch, und gemeinsam mit Bruno geht es zum formlosen und sehr informativen Gespräch am Küchentisch. Gogo muss noch arbeiten, stößt dann aber später dazu. Um den Interviewtext nicht unnötig in die Länge zu ziehen, fasse ich die Antworten der drei Jungs von Sunchair sinngemäß zusammen, wobei hauptsächlich Oliver erzählt.

v.l.n.r. Oliver, Bruno, Gilbert
v.l.n.r. Oliver, Bruno, Gilbert

 

Time For Metal / Heike L.:

Zuletzt habe ich Euch im Jahr 2014 live in Oberhausen gesehen, wo Ihr beim Unbaco New Metal Contest gespielt habt. Die Runde hattet Ihr damals gewonnen, das Finale hatte aber eine andere Band für sich entschieden. In 2015 seid Ihr beim Dong Open Air aufgetreten, was ist seitdem bei Sunchair passiert?

Sunchair / Oliver, Bruno:

Zunächst mal haben wir in 2015 neben dem Dong noch die Metaldays in Slowenien mitgenommen, das war auch sehr fett. Der Sound war klasse, komisch war nur das Wetter. Die ganze Zeit während des Festivals war Sonne pur, aber kurz vor unserem Auftritt fing es an zu regnen. Der Regen hielt dann genau so lang, wie unser Auftritt war, nämlich eine halbe Stunde. Dann haben wir auf der Heimfahrt noch einen kleinen Umweg über Italien gemacht. Dort sollte in Bibione ein kleines Festival stattfinden, das wurde dann aber wegen der hohen Temperaturen abgebrochen. Wir waren schon vor Ort, und es war wirklich sehr heiß. Dann haben wir mitbekommen, dass am Tag vorher schon eine andere Band gespielt hat, bei denen der Sänger von der Bühne gekippt war, weil es eben so heiß war. Uns steckte dann auch noch die Anreise in den Knochen, so dass von uns sicherlich auch jemand, wahrscheinlich am ehesten Bruno oder Dave, von der Bühne gekippt wäre. Da haben wir dann gesagt, dass wir das lassen, denn Gesundheit geht vor.

Insgesamt hat diese Reise aber Spaß gemacht und hat vor allem auch die Band zusammengeschweißt. Vorher war Sunchair irgendwie so eine Art Projekt, bei der vor allem Dave halt mal dann und wann dazu gestoßen ist. Aber nach dieser Reise durch Slowenien und Italien war die Verbundenheit untereinander sehr viel größer. So konnten wir auch mal daran gehen, Pläne für die Zukunft zu machen. Im normalen Alltagsleben hat man immer sehr wenig Zeit für die Band, für Proben und für die Musik, aber auf dieser Tour ging es ja nur um Musik. So konnten wir dann auch das kommende Album planen oder auch über Verbesserungen unserer Live-Performance hinsichtlich technischer Ausstattung usw. sprechen. Bislang sind diese Pläne ganz gut aufgegangen, so dass wir nach ein paar weiteren Gigs in 2015 dann auch an die Vorbereitungen zum neuen Album gegangen sind. Das Schlagzeug haben wir mit Beray in der Tresorfabrik in Duisburg aufgenommen, das war sehr cool. Da haben wir richtig Vollgas gegeben und die Aufnahmen in vier Tagen durchgeknallt.

Time For Metal / Heike L.:

Um noch mal auf das Songwriting zurückzukommen, wie läuft das bei Euch? Ihr beide, Oliver und Bruno, schreibt erst mal so eine Art Gerüst und geht damit dann zum Rest der Band?

Sunchair / Oliver:

Genau. Wir kommen mit unseren Ideen und sprechen dann mit der Rhythmusfraktion und auch mit Dave. Von denen kommen dann meistens nur kleinere Änderungswünsche, so nach dem Motto „mach das Solo da mal kürzer“ oder so was. Bei fünf Mann besteht ja auch immer die Gefahr, dass ständig noch Änderungswünsche kommen, aber das haben wir Gott sei Dank ganz selten.

Time For Metal / Heike L.:

Und jetzt sind die Aufnahmen für das neue Album ja schon sehr weit fortgeschritten…

Sunchair / Oliver:

Das stimmt. Es fehlen eigentlich nur noch einige Soli von Gogo und der Gesang. Ende Juni soll der Mix dann fertig sein, und wir hoffen, dass wir bis Mitte Juli das Album endgültig fertig haben. Das Cover wird auch gerade erstellt, da sitzt die Freundin von Dave dran. Die hat Kunst studiert und schon richtig geile Sachen gemacht. Mittlerweile sehen ja alle Cover irgendwie gleich aus, weil alle Bands da irgendwelche Grafiken mit Photoshop zusammenbasteln, aber das wollten wir nicht. Darum haben wir Julia (die Freundin von Dave) gebeten, da mal was zu entwerfen. Es geht auf dem Album um die sieben Todsünden, die wollen wir aber nicht so offenlegen, weil das ja irgendwie auch so ein abgerittenes Thema ist und schon überall durchgenudelt wurde. Darum haben wir das im Cover so ein bisschen versteckt, dass das nicht direkt auffällt. Manche von diesen „Sünden“ kann man ja auch auf sich selbst beziehen, und so sind sicherlich auch persönliche Erfahrungen mit in das Songwriting geflossen. Zum Abschluss gibt es dann einen Song, der heißt im Moment noch Purge, da gibt es dann im Grunde die Erlösung. Insgesamt sind es also acht Songs, von denen jeder irgendwie für sich steht, aber das Thema zieht sich halt durch das ganze Album. Im Moment gibt es noch keine endgültigen Namen, das sind alles noch Arbeitstitel.

Time For Metal / Heike L.:

Das klingt aber so, als ob das ein Album ist, bei dem man auch mal richtig den Texten lauschen und möglichst auch das Booklet zur Hand nehmen sollte.

Sunchair / Oliver:

Definitiv. Wir wollen das ganze Booklet auch entsprechend gestalten, damit auch was fürs Auge geboten wird. Aber der Zeitplan an sich steht. Am 10.09. ist die Release Show, und am 11.09. wird das Album dann veröffentlicht. Am liebsten hätten wir auch die Release Show am 11.09. gemacht, aber das ist ein Sonntag, das wäre etwas ungünstig gewesen. Wir haben da so ein kleines Label, das nur den digitalen Vertrieb übernimmt, sonst nichts. Ansonsten sind wir auf den Plattformen vertreten, man kann das Album also überall digital kaufen. Jetzt gehen wir halt in die Promo-Offensive und suchen auch noch ein etwas größeres Label, das uns vielleicht noch ein bisschen mehr pushen kann. Die Entwicklung der Band ist eindeutig da. Wenn man zurückgeht zum Album Evolution, danach kam Beauty, das war schon eine Steigerung, und jetzt nochmal das, was wir gerade machen, das ist technisch auf jeden Fall noch einmal eine Weiterentwicklung. Und wir haben auch alle richtig Lust, mit Sunchair noch weitere Stufen zu erklimmen.

Time For Metal / Heike L.:

Und das, obwohl Ihr ja alle noch in anderen Bands spielt und Euch da gut organisieren müsst.

Sunchair / Oliver:

Genau. Schismophilia ist für mich eine Band, da muss ich nicht groß drüber nachdenken. Da gehe ich hin, da spiele ich, das macht Spaß. Ich mache gern Musik, auch mit Gogo zusammen, und das machen wir dann halt auch hier bei Sunchair.

Time For Metal / Heike L.:

Aber mit Dave ist das ja doch eine andere Sache, denn Thalamus ist ja doch ein wenig bekannter und auch sehr oft auf Tour. Der müsste sich dann im Grunde selbst klonen.

Sunchair / Oliver, Bruno:

Für Dave war Sunchair bis zum letzten Jahr im Grunde nur ein Projekt. Wir hatten in 2010 so langsam mal angefangen, ein paar Sachen zu machen und immer weitergemacht und weitergemacht. Thalamus ist immer noch sein Baby, aber mittlerweile ist er auch ganz bei uns drin, und wir planen auch langfristig mit ihm.

Mittlerweile ist es ja auch so, dass auch Thalamus irgendwie geteilt ist, denn Andreas (Gitarrist bei Thalamus) ist unglaublich viel mit Kochkraft durch KMA unterwegs. Dementsprechend ist bei Thalamus auch die Zeit ein wenig enger, und man muss im Grunde jetzt die Zeitpläne von drei Bands unter einen Hut bringen. Aber wenn jeder seine Hausaufgaben macht, ist das zu handeln. Und man muss auch regelmäßig spielen, denn einfach nur ab und zu mal zur Probe kommen, bringt nichts, da kommt man nicht weiter. Aber dadurch, dass wir uns gerade auch ein eigenes kleines Studio mit Proberaum aufbauen, wird es noch einfacher, denn da kann man sich dann auch mal zum gemeinsamen Spielen treffen, das ist schon praktisch. Wie auch immer ist die Entwicklung der Band definitiv da. Wir haben auch Bock, gemeinsam was zu erreichen und haben demnächst auch Gespräche mit einer Booking-Agentur, dass wir entweder selbst eine Tour auf die Beine stellen oder Supportshows spielen können. Es stehen ja sowieso schon Shows in Kaliningrad und Jerusalem an, das wird auch sehr interessant. Im Moment sind wir fast im Ausland erfolgreicher als in Deutschland. Hier ist aber der Markt auch fast schon übersättigt, da muss man sehen, wie man da seinen Platz findet.

Tja, und so versuchen wir halt, mit Sunchair vorwärts zu kommen und auch insbesondere mehr live zu spielen, egal, ob mit einer eigenen Tour oder als Support-Band. Man kann sich in Support-Slots ja auch einkaufen, aber die Konditionen sind da oft sehr schlecht, und bei den Bands, wo es interessant sein könnte, ist das für uns auch nicht zu bezahlen.

Bruno: Den Gig in Jerusalem haben wir über die Band White Noise aus Israel bekommen. Das sind genau solche Verrückte, wie wir. Die sind letztes Jahr mit dem Camper durch Europa gefahren und haben jede Menge Konzerte gespielt. Ich habe die in Düsseldorf getroffen, Dave kannte die schon aus Perm vom Rock-Line Festival.

 Time For Metal / Heike L.:

Zurück zum neuen Album, es wird ja auch eine Pre-Release Show in Krefeld geben. Da wollt Ihr dann wahrscheinlich mal testen, wie die neuen Songs ankommen…

Sunchair / Oliver, Bruno:

Genau! Wobei, die Songs sind dann ja schon fertig und aufgenommen. Egal, was die Leute davon halten, Änderungen sind dann nicht mehr möglich. Wenn die Leute die Songs nicht mögen, kann man nur sagen „Pech gehabt“. Wir machen ja in erster Linie Musik für uns, und die muss uns erst mal gefallen. Ich denke aber, dass, wenn wir das live von der Bühne knallen, das schon ganz gut ankommt. Da haben wir aber noch eine Menge Arbeit. Wir hatten jetzt den Songwriting-Prozess, gerade läuft der Studio-Prozess, und jetzt geht es darum, das auch auf die Bühne zu kriegen. Dazu müssen wir erst mal einige Rehearsals machen und zum anderen auch mal live spielen, denn jede Location ist auch vom Sound her anders.

Die neuen Songs sind technisch auch eine ganz andere Nummer als die alten Songs. Es gibt viele lange Songs, viele frickelige Songs, viele Soli, da muss auch live alles passen. Aber wir sind da guter Dinge. Vier neue Songs gibt es bei dem ersten Gig, vier Songs bei dem nächsten Gig. Wir wollen das aber gar nicht so an die große Glocke hängen. Das sind einfach zwei Mittwochs-Gigs, und wer kommt, der kommt. Zum einen sind dann auch schon Ferien, und beim Gig in der KuFa ist der Eintritt frei, so dass wir zumindest aus der Umgebung von Krefeld einige Besucher ziehen sollten. Da geht es dann aber wirklich hauptsächlich darum, die neuen Songs mal live zu spielen und zu testen, wie wir das auch als Gruppe hinbekommen. Und dann haben wir Zeit bis zur Release Show im September. Da werden wir das neue Album komplett durchspielen und noch einige alte Hits, so dass wir insgesamt auf eine einstündige Show kommen. Das wird insbesondere für Bruno an den Drums und für Gogo mit seinen Soloparts hart.

Um noch einmal auf die Verhandlungen mit der Booking-Agentur zurückzukommen, da hoffen wir schon, dass die erfolgreich sein werden, denn wir wollen auch definitiv aus dem Underground-Bereich raus. Mit einem Bein haben wir das schon geschafft, aber das andere Bein steckt da noch drin, und da muss man sehr viele Kompromisse eingehen, muss manchmal mit Bands spielen, bei denen man sich fragt, was die eigentlich vorhaben, und auch in teilweise recht dubiosen Läden spielen. Da wollen wir raus, und wir haben definitiv die Ambition, professionell Musik zu machen und auf die Fresse zu hauen.

Was bei der ganzen Entwicklung zum Profi-Musiker sicherlich auch ein Thema ist, sind unsere Frauen. Mit den Frauen wird das dann vielleicht nicht so ganz einfach, wenn man 24/7 nur Musik macht. Die Frauen haben dann teilweise den Eindruck, dass sie nicht mehr interessant genug sind, aber das stimmt nicht. Wenn man zum Beispiel gerade im Studioprozess ist, ist man halt sehr fokussiert und hört nur noch die Musik. Und wenn dann auch noch das Studium mit Musik zu tun hat (Oliver absolviert gerade in Bochum ein Studium zum Soundengineer), dann geht es wirklich rund um die Uhr nur um Musik und es ist manchmal schwer. Aber wenn die Frauen dann vielleicht auch in das Bandgeschehen involviert sind, z. B. gestaltet ja Julia (die Freundin von Dave) das Cover, oder halt auch ein komplett eigenes Hobby haben, erleichtert das die Sache auch wieder.

Jetzt ist ja noch nicht mal das aktuelle Album veröffentlicht, geschweige denn, fertig produziert, da geht es aber schon an das Songwriting für das folgende Album. Einige Riffs stehen schon, auch Bruno hat schon einige Ideen zu Papier gebracht. Dieser Songwriting-Prozess hört halt nie auf, und wir haben da auch richtig Bock drauf.

Time For Metal / Heike L.:

Das ist halt genau das, worum es geht. Man muss einerseits sehen, dass man nicht in Vergessenheit gerät, dass aber andererseits die Leute nicht genervt sind und sagen, „boah, schon wieder ein neues Album?“.

Sunchair / Oliver, Gogo:

Richtig. Wir haben bislang im Zwei-Jahres-Takt veröffentlicht, was ja ok ist. Vor allem ist das jetzt auch unser erstes richtiges Album, so von der Laufzeit und der Anzahl der Songs her. Dafür haben wir fünfzehn Jahre gebraucht bzw. ich (Oliver) habe diese Zeit gebraucht. Das ist auch immer so ein Problem mit der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, so nach dem Motto „Euch gibt’s doch schon fünfzehn Jahre!“. Im Grunde gibt es Sunchair aber konstant erst seit 2012, als auch Bruno zu uns gestoßen ist. Wir waren immer ambitioniert, irgendwelche Shows zu spielen, aber dabei ist es mehr oder weniger geblieben und wir haben eigentlich mehr Partys gefeiert als wirklich professionell an uns und an der Band zu arbeiten. Außerdem hatte die Band auch eine ziemlich große Fluktuation, denn es ist ja doch sehr schwierig, die richtigen Leute zu finden, mit denen es auch persönlich passt. Von 2008 bis 2010 lag die Band komplett brach, und dann rief mich 2010 auf einmal Beray an und fragte, was mit Sunchair los sei. Da wir damals weder einen Bassisten noch einen Schlagzeuger hatten, hat Beray dann auf Evolution die Drums eingespielt. Dann kam noch Andreas (Thalamus) dazu, der bei uns dann auch eine Zeitlang Gitarre gespielt hat, und mit der Zeit wurde es immer besser und besser. Und da Beray ja keine halben Sachen macht und auch schon damals sehr professionell gearbeitet hat, konnte ich auch eine Menge von ihm lernen. Wir waren dann auch die erste Metalband, die er recordet hat. Schon damals hatten wir auch eine Menge Potenzial, und das Grundgerüst war schon sehr gut, wir haben es nur nicht auf den Punkt gebracht. Aber zum einen ist Beray ja ein vielbeschäftigter Mann und zum anderen zwar ein sehr guter aber eben kein Metal-Schlagzeuger, so dass wir dann doch neue Bandmitglieder brauchten. So kam halt erst Bruno, dann kam Peter dazu, Dave war ja schon durch die Sessions vorher dabei, und dann kam auch Gogo. Der war damals mit Schismophilia in den Recording-Sessions und hat einen Gitarristen gesucht. So kam ich dann zu Schismophilia.

Gogo: Damals habe ich allgemein für Schismophilia eine feste Bandbesetzung gesucht. Es gab nur einen Schlagzeuger, um das Album einzuspielen, Andreas hat dann noch den Bass eingekloppt, weil ich keinen Bock hatte, alles zu machen, ich hatte so schon genug. Dann habe ich Oliver für Schismophilia gewinnen können.

Ja, und im Gegenzug habe ich Gogo gefragt, ob er nicht bei Sunchair mitspielen möchte. Er hat vorher schon den einen oder anderen Gig als Ersatzmann mitgemacht, wenn Andreas nicht konnte. Und wir haben auch ähnliche Interessen, was Bands oder Riffs usw. betrifft, und wir passen halt auch stilistisch zusammen. Aber um die beiden Bands nicht zu vermischen, bleibt das Songwriting auch weiterhin getrennt, d. h. Gogo ist Haupt-Songwriter bei Schismophilia und ich bei Sunchair. Seit ich denken kann, bin ich Soulfly– bzw. Sepultura-Fan, und ich wollte diesen Stil auch auf Sunchair übertragen. Dann kam aber doch die Erkenntnis, dass man durchaus mal das eine oder andere übernehmen kann, grundsätzlich aber was Eigenes machen muss. Es ist z. B. auch so, dass viele mit dem Gesang von Dave nicht klar kommen. Er kommt ja nicht aus dem Metal, sondern aus dem Progressive Rock und hört diese Musik auch privat. Ich bin mit Bruno auf einer Schiene, wir hören beide die Richtung Lamb of God/Machinehead, Gogo ist nach eigenem Bekunden der „klassische Brüllaffe“, der Cannibal Corpse und Death Metal hört. Das beeinflusst dann auch den Stil von Schismophilia. Auch bei Liveshows von Sunchair ist das alles gut aufgeteilt, ich (Oliver) bleibe eher etwas im Hintergrund bei Bruno, und der Rest der Band kann sich gern vorne austoben. Mit Gogo sind wir auch besser aufgestellt, was die Backingvocals bei Liveshows betrifft. Vor seinem Einstieg musste Dave live immer allein singen, auch wenn wir auf den Alben Backingvocals hatten, aber das konnten wir live nicht umsetzen. Da ist Gogo jetzt auch voll involviert, weil er ja auch gut singen kann. Er ist auf jeden Fall eine echte Bereicherung für die Band.

 

Zum Schluss landen wir dann noch kurz bei dem ja immer wieder aufkommenden Thema „Schubladen, Kategorisierungen und Genres“. Oliver sieht auch, dass es im Metal gefühlt nur noch einen Old School-Bereich und einen Djent-Bereich gibt, wo dann aber auch wiederum alles gefühlt gleich klingt. Einige Bands ragen hier vielleicht noch heraus, aber insgesamt spiegelt sich das auch im Publikum wider. Wenn Sunchair vor Oldschool-Publikum spielt, finden die zwar die Musik klasse, denen gefällt aber der Gesang nicht, und das Djent-Publikum findet den Gesang zwar klasse, mag die Musik aber überhaupt nicht. Da sind wir uns dann zum Schluss leider alle einig, dass Metalheads überhaupt nicht mehr tolerant sondern sehr engstirnig geworden sind. Diese Entwicklung hat so in den letzten 10 Jahren stattgefunden, vorher hat man einfach Musik gehört, egal, aus welchem Genre. Entweder, die Musik hat gefallen und man hat Spaß oder nicht. So sieht Oliver das heute immer noch, aber leider wird diese Ansicht nur noch von einem geringen Anteil der Fans geteilt.

An dieser Stelle müssen wir dann unser sehr nettes Gespräch allerdings relativ abrupt beenden, denn Gilbert weist darauf hin, dass schon die nächste Band auf der Matte steht und wir die „heiligen Hallen“ jetzt ziemlich zügig verlassen müssen. Für mich waren das auf jeden Fall sehr interessante Einblicke in die Arbeit im Studio, wobei das sicherlich nur ein minimalster Teil von dem war, was hier wirklich alles passiert, bis die ganze Chose im Kasten ist. Ein ganz herzlicher Dank geht an die drei Jungs von Sunchair und insbesondere an Oliver für die offenen Worte, die hier leider nur sehr komprimiert wiedergegeben werden können. Jetzt bin ich sehr auf das neue Album und die anstehenden Live Shows gespannt 🙂