Das Interview mit Todtgelichter zum aktuellen Album Rooms

Artist: Todtgelichter

Herkunft: Hamburg, Deutschland

Genre: Metal, Extreme Metal, Melodic Black Metal, Progressive Metal

Label: Supreme Chaos Records

Link: https://www.facebook.com/Todtgelichter/

Bandmitglieder:

Gesang – Marta
Gitarre und Backgroundgesang – Frederic
Gitarre – Floris
Bassgitarre – Guntram
Synthesizer, Programming – Frieder
Schlagzeug, Programming – Tentakel P.

Todtgelichter - Rooms

Time For Metal / Rene W.:

Moin Moin nach Hamburg,

ich freue mich, dass Ihr Zeit gefunden habt, über Euer neues Album Rooms und natürlich Eure Band Todtgelichter zu sprechen. Als Erstes möchte ich euch bitten, ein paar Infos zur Band für alle preiszugeben, die Euch noch nicht kennen sollten.

Todtgelichter / Tentakel P.:

Ist natürlich alles im Internet ausführlicher nachzulesen – Aber ein Kurzabriss wäre wie folgt: 2002 als Black Metal Band gegründet, nach einem Demo einen Plattenvertrag ergattert und zwei Black Metal Alben herausgebracht, 2010 dann der „Bruch“ ins Extrem/Avantgarde/Progressive. Zwei weitere Alben unter anderem Label – und um etliche Besetzungswechsel, Club- und Festivalgigs, Touren und Erfahrung reicher nun Rooms, ein sehr persönliches und für uns reifes Album, was unser bisheriges Schaffen ganz gut zusammenfasst und doch wieder andere Wege geht. Grundgedanke der Band sind die musikalischen Extreme und Kontraste zu vereinen und vor allem, uns immer wieder selbst zu überraschen; das hat sich seit Gründung nie verändert, nur der Ausdruck, den wir uns gesucht haben, hat sich gewandelt. Wir sind alle mit vielfältigen Interessen gesegnet und scheren uns nicht um Genregrenzen, sehen uns da auch keinem wirklich zugehörig. Wir machen Musik auf Metal-Basis, mit allen nötigen Experimenten und Überraschungen, die es erfordert.

Time For Metal / Rene W.:

Als Black Metal-Combo vor 14 Jahren gestartet, lebte Eure Kunst anderthalb Jahrzehnte von ganz anderen Einflüssen. Ganz wurden die schwärzesten Klänge auf Rooms jedoch nicht verdrängt, als Schwarz Metal kann man die neuen neun Stücke aber ebenfalls nicht durchwinken. Wie würdet Ihr selber die erschaffen Strukturen eingruppieren?

Todtgelichter / Floris:

Was die Einflüsse angeht ist es eh bei uns so, dass alles im Grunde Einfluss sein kann, sei es Lyrik, erlebte Situationen, Stimmungen, Bilder oder eben gehörte Musik. Das hat sich auch bei Rooms nicht verändert.

Es ist ja immer so eine Sache mit den ganzen Genres und Eingruppierungen im Allgemeinen. Du hast Recht – das Todtgelichter keinen Black Metal mehr spielen, sollte ja mittlerweile hinlänglich bekannt sein – klar sind jedoch durch unsere ganz verschiedenen Hörgewohnheiten innerhalb der Band auch Einflüsse aus den verschiedensten Musikrichtungen zu hören. Da ist dann auch sicherlich mal eine Nuance Black Metal dabei. Generell denke ich, ist Black Metal eh eher als Stimmung zu sehen und weniger eine in Stein gemeißelte Spielform des extremen Metals.

Das Genre zu benennen, in dem wir uns bewegen würde, ich somit eher Anderen überlassen. Ich glaube, es war der kürzlich verstorbene Lemmy Kilmister, von dem ich mal ein Zitat aus einem Interview aufgeschnappt habe, in dem er zu dem Thema Genres sagte, es gäbe eh nur eine Musikrichtung: „Rock ’n‘ Roll“. Ich finde das trifft’s ganz gut.

Time For Metal / Rene W.:

Wie hat sich von den ersten Stücken bis heute das Grundverhalten beim Songwriting verändert, und was macht das neue Werk Rooms so stark?

Todtgelichter / Tentakel P.:

Lustigerweise hat sich da im Kern eigentlich gar nichts verändert. Riffs und Ideen entstehen meistens bei den Gitarristen (vereinzelt auch am Bass), diese werden im Proberaum, wo wir uns stetig zwei Mal die Woche treffen, ausgearbeitet. Arrangiert wird also fast immer mit allen zusammen. Was sich aber enorm gewandelt hat, sind unsere Fähigkeiten, die sich über die Jahre entwickelt haben. Man kann uns im Rahmen der Diskographie tatsächlich beim Instrumente lernen zuhören – somit bieten sich uns heutzutage auch gleich ganz andere Möglichkeiten, unsere immer schon vorhandenen Einflüsse in die Musik einfließen zu lassen. Das Rooms am stärksten von allen Alben bisher davon profitiert, ist aber nicht zuletzt auch den neuen Mitgliedern geschuldet – Floris, der sich als Neuzugang an der Gitarre mit frischem Blut und Enthusiasmus super einbringt und uns über eine Sinnkrise 2013/2014 gerettet hat, das muss man so sagen; und in dem Zuge die Neuorientierung mit Guntram am Bass und Frieder an den Synths/Orgel, die beides unglaublich gute und vielseitige Musiker sind und unseren kreativen Fluss einfach enorm befeuert haben. Wenn ich daran denke, dass sich dieses Line-Up gerade erst so gefunden hat, freue ich mich jetzt schon auf das, was wir mit dem Nachfolger erreichen können.

Time For Metal / Rene W.:

In den letzten Jahren habt Ihr viel erlebt. Was waren sowohl positiv als auch negativ die einschneidensten Erlebnisse, die direkten Einfluss auf die neuen neun Songs haben?

Todtgelichter / Floris:

Es ist eine Menge passiert, zuerst einmal natürlich der Weggang von Claudio. Er hatte sich musikalisch umorientiert und arbeitete mich direkt ins alte Material ein. Mittlerweile ist er so etwas wie ein passives Mitglied, er feiert noch immer mit uns und trägt auch auf Rooms seinen Teil bei – Pacific ist bis auf den Text komplett von ihm.

Ich kann mich noch erinnern, dass wir gerade begonnen hatten, fürs anstehende Ragnarök Festival 2014 zu proben und nebenher so langsam in den Songwriting-Prozess einzusteigen. Ich glaube das war der Punkt, an dem sich klar herauskristallisierte, dass Frederic und Tobias in zwei unterschiedliche Richtungen tendierten. In dem Zusammenspiel funktionierte das dann nicht mehr, und dieses Line-Up musste sich trennen. Kurze Zeit nach Tobias‘ Weggang, ging dann auch Chris. Das war der Einschnitt, nach dem wir sozusagen Todtgelichter 2.0 – mit Guntram als neuem Bassisten und Frieder als Organisten/Keyboarder – aus der Taufe hoben.

Als wir uns dann eingegrooved hatten, war deutlich ein neuer Drive zu spüren – wirerlebten uns wieder als eine Einheit, was somit auch während des Songwriting- Prozesses von Rooms beflügelnd wirkte.

In der Rückschau betrachtet waren all diese Neuerungen sicherlich auch Einfluss für Rooms, gerade da es viel um die Vergangenheit und Veränderung ging.

Time For Metal / Rene W.:

Um noch weiter in Rooms hinabtauchen zu können, würde ich Euch einmal bitten, in einem kleinen Track-By-Track das Album zu durchleuchten und ein paar Details zu den Aufnahmen im Proberaum preiszugeben.

Todtgelichter / Floris:

Proberaum? Du meinst sicherlich die Aufnahmen im Studio, wobei es sich diesmal um drei Studios und eine Kirche handelte. Drums und Bass wurden zusammen in den Chameleon Studios von Eike Freese aufgenommen, die Gitarren in den YeahYeahYeah Studios von Siegmar Pohl. Die Hammondorgel sowie Fender Rhodes, weitere Bassaufnahmen und der gesamte Gesang (bis auf den in Lost) im Dying Lizard Studio, ebenfalls unter der Regie von Siegmar Pohl. Die Kirchenorgel wurde dann vor Ort in der St. Johanniskirche in Hamburg unter der Regie von Alex Henke aufgenommen. Gemixt wurde von Siegmar Pohl und unser langjähriger Begleiter und Freund Eike Freese hat das Mastern übernommen.

Insgesamt ist Rooms ja ein Konzeptalbum, das sich thematisch mit dem Vergangenen und Erinnerungen daran beschäftigt. Somit ist es generell so, dass die Tracks alle zusammenhängen und weniger losgelöst betrachtet werden können, aber ich gebe mal einen kleinen Einblick:

Ghost

Ist der erste Track des Albums und war auch im Songwriting-Prozess der erste Song, den wir fertiggestellt haben. Nachdem er geschrieben war, war sozusagen der Bann gebrochen und die Stimmung des Albums klar. Der erste Track eines neuen Albums ist eigentlich immer der Schwierigste. Wenn der erstmal steht, dann gehen die weiteren Songs deutlich einfacher von der Hand. Er ist einer der geradlinigsten Songs des Albums und kann am Ende mit einem Schluss aufwarten, der direkt zeigt, welch großen Anteil Frieder an den Kompositionen hatte.

Schrein

Beginnt mit einer Basslinie von Guntram, die einen direkt mit ihrer Stimmung in den Bann zieht und hat so manche Wendung und Überraschung innerhalb des Songs zu bieten. Viele ineinander fließende Gitarrenmelodien, große gesangliche Vielfalt und sogar Blastbeats gibt es hier zu entdecken!

Lost

In der Kirche mit vier Raummikrofonen aufgenommen, erstrahlt hier die Orgel in all ihren Facetten. Dazu Martas Gesang von der Empore aus in den Raum gesungen – direkter geht’s nicht. Lost ist als eine Einstimmung und Überleitung in den nächsten Song Shinigami zu sehen.

Shinigami

Beginnt mit sanften Klängen und einem bisher für uns unüblichen Taktmaß und entfaltet und entwickelt sich zu einem düsteren Werk. Marta zeigt hier auch wieder ein unglaubliches Gesangsspektrum.

Necromant

Teil drei des Triptychon und somit der Ausklang zu Shinigami. Aus einer invertierten Orgelidee von Frieder entstanden und in Zusammenarbeit mit Tentakel P. mit auf einem Elektrokit eingespielten Drumset veredelt setzt sich dieser elektronisch klingende Track zusammen.

Zuflucht

Ist der zweite deutschsprachige Song auf Rooms und beginnt mit Frederic‘ Gesang und einem eingängigen Riffing. Innerhalb des Songs entwickelt er sich genau wie Schrein in Richtungen, die vorher so vielleicht nicht erahnt werden können. Hier ist innerhalb des Textes von Frederic auch ein Gedicht Annemarie Süchtings eingeflossen, was sich wunderbar einfügt und die Stimmung des Songs sehr gut aufgreift. Wenn Frieder dann am Ende des Songs die Orgelregister zieht – das ist schon ein besonderes Hörerlebnis. Laut über eine gute Anlage hören, ist mein Tip!

4JK

Ein sehr eingängiger Song, den Frederic arrangierte, bevor wir ihn zum ersten Mal im Proberaum zusammen spielten. Marta singt hier komplett clean. Ich finde, einer der Songs, der sich sofort beim ersten Hördurchgang entfaltet.

Origin

Mit bluesigem Anfang (Hammondorgel), Blastbeats und einem Gastbeitrag an der Gitarre von Oliver Raddatz – unserem gutem Freund und Gitarrencoach – sowie einem enormen Gesangsspektrum Martas einer der Songs, indem es jede Menge zu entdecken gibt und eigentlich unsere gesamte Bandbreite umfasst.

Pacific

Von unserem Ex-Gitarristen Claudio komponiert sowie arrangiert, führt der Song Rooms mit einer träumerischen Stimmung Richtung Albumende – ein wunderbarer Abschluss.

Time For Metal / Rene W.:

Gesanglich basieren die Kompositionen auf dem Maingesang von Marta, der immer wieder von Frederic aufgemischt wird. Wie schwer war es, beide Gesangsfarben zu kombinieren und zum richtigen Zeitpunkt in Szene zu setzen?

Todtgelichter / Tentakel P.:

Überhaupt nicht schwer. Ich muss aber auch noch mal erwähnen, dass das „immer wieder“ irreführend ist, soviel ist das nicht. Frederic hat einen größeren Part auf Zuflucht als einzigen Abschnitt für sich alleine. Darüber hinaus unterstützt er beim Ende von Shinigami, und am Anfang von Ghost hat er ein paar Doppelungen – alles andere ist Marta!

Es stellte sich somit für uns eigentlich nicht die Frage, welchen Sänger wir einsetzen sollen. Wir haben früher schon den Fehler gemacht, Marta nicht die extremen Gesangparts machen zu lassen; das ist jetzt anders und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Und was den Einsatz von extrem oder clean angeht, das ist meistens ein No-Brainer. Bis der Gesang geschrieben wird stehen die Songs meistens so weit schon, dass wir alle instinktiv fühlen was es braucht; da gibt es sehr selten Diskussionen über Geschreie oder clean.

Time For Metal / Rene W.:

Ihr seid mit sechs Musikern bereits eine recht große Gruppe. Wie arrangiert Ihr die privaten Termine mit den Sessions im Proberaum? Wie viel Aufwand machen die Planungen von Auftritten, und seid Ihr auch neben Todtgelichter ein eingespieltes Team?

Todtgelichter / Floris:

Ja, mit Frieder an den Tasten sind wir nun wieder zum Sechser angewachsen. Im Grunde ist ein gut geführter Terminkalender das Geheimnis – wir haben unsere festen Tage, an denen wir proben und darum herum werden dann die privaten Termine gebaut. Genauso verhält es sich dann auch mit der Planung der Auftritte.

Da Frieder nicht in Hamburg wohnt und es somit etwas mehr Aufwand für ihn bedeutet zu den Proben zu kommen, gibt es dann meist eine Probe vor dem jeweiligen Gig, an der er dann teilnimmt. Funktioniert großartig und Absprachen können ja auch anderweitig im Vorfeld getroffen werden – Skype-Proben haben wir bisher noch nicht machen müssen, haha.

Neben der Band sind wir ebenfalls ein eingespieltes Team. „Band“ heißt ja auch nicht nur Musik zusammen zu machen, der gesamte kreative Prozess auf mehreren Ebenen, die Organisation und alles was sich sonst noch außerhalb des Proberaumes und der Bühne abspielt spielen auch eine große Rolle. Sicherlich gibt es auch Bands, in denen es funktioniert, dass man halt „nur Band“ ist und sonst privat nicht viel miteinander zu tun hat, jedoch denke ich, dass es generell fürs gesamte Bandgefüge deutlich zuträglicher ist, wenn man sich auch abseits des Proberaums etwas zu sagen hat.

Time For Metal / Rene W.:

Live-Termine sind ein gutes Thema: Wann dürfen Eure Anhänger das neue Material auf der Bühne bewundern, und steht bereits eine Tour bzw. Festival-Gigs auf dem Programm?

Todtgelichter / Floris:

Kürzlich haben wir mit dem Releasegig für Rooms in der Hamburger Markthalle die Live-Saison 2016 für uns eingeläutet und vorab sei gesagt, dass wir uns diese Jahr nicht ganz so rar machen werden, wie es in den letzten zwei Jahren der Fall war. Es hatte halt bei Marta und Tentakel, die verheiratet sind und eine kleine Tochter haben, erst mal das Eltern werden Vorrang. Mittlerweile ist die Kleine groß genug, dass weder Proben noch Live spielen ein Problem darstellt.

Mit Eld Events haben wir eine Booking-Agentur an unserer Seite, die sich ordentlich reinhängt und somit steht bereits jetzt eine Menge für 2016 in den Startlöchern: Am 1. April werden wir auf dem Ragnarök Festival in Lichtenfels spielen, wo wir wieder unseren traditionellen Slot haben (0:25 Uhr Stagetime) und somit den Abend beschließen werden.

Dann geht‘s am 20. Mai mit dem Tourstart für die „Wachkoma Tour 2016“ mit unseren Freunden von Agrypnie und Anomalie in Oberhausen los – checkt die Tourdaten auf unserer Facebookpräsenz (www.facebook.com/Todtgelichter). Im Herbst ist bisher das „Autumn Souls of Sofia“ in Bulgarien bestätigt.

Weitere Gigs und eine weitere Tour für den Winter sind in der Pipeline. Wir halten euch auf dem Laufenden!

Time For Metal / Rene W.:

Mit welchen Bands würdet Ihr gerne mal gemeinsam zocken bzw. welches Festival ist Euer Favorit, um es selber mal krachen zu lassen?

Todtgelichter / Floris:

Natürlich gibt es die sogenannten „All-Time-Favourites“, die bei uns jedoch ganz weit und unterschiedlich gestreut sind. Ich denke eine Band mit der wir alle gerne einmal live spielen würden ist Enslaved. Nachdem wir nun mit Truls Espedal schon Mal den gleichen Coverzeichner für Rooms haben – und auch musikalisch denke ich würde es sehr gut passen.

Einer meiner persönlichen Wünsche konnte mir Ende des letzten Jahres bereits erfüllt werden, als wir auf dem „Friction Fest“ in Berlin und Köln mit Katatonia gespielt haben.

Was Festivals angeht würde ich gerne einmal auf dem „Hellfest“ in Clisson (Frankreich) spielen – vom Billing her jedes Jahr ein echt interessantes Festival.

Time For Metal / Rene W.:

Ich bedanke mich für das Interview. Das letzte Wort gehört ganz traditionell Euch, und Ihr könnt es ganz frei an Eure Fans und unsere Leser richten.

Todtgelichter / Floris:

Vielen Dank für euren Support! Allen Lesern sei Rooms hiermit ans Herz gelegt. Checkt unsere Internetpräsenzen www.facebook.com/Todtgelichter und auch in Kürze wieder www.todtgelichter.de . See you on tour!