Ragnarök Festival vom 05.04. – 06.04.2013

”Von kurzen Wegen und dem Wunsch nach Trompeten”

Bands: Abinchova, Agrypnie, Asenblut, Ava Inferi, Carpathian Forest, Darkest Era, Der Weg Einer Freiheit, Dornenreich, Eïs, Eluveitie, Fjoergyn, Hellride, Helrunar, Heretoir, In Vain, Maladie, Menhir, Midnattsol, Nocte Obducta, Northland, Nothgard, Obscurity, Rabenwolf, Riger, Secrets Of The Moon, Shining, Solefald, Under That Spell, Vreid, Winterstorm

Location: Stadthalle Lichtenfels

Homepage: http://www.ragnaroek-festival.com

Datum: 05.04.2013 – 06.04.2013

Kosten: VVK: 42,50 € Eintritt, 7 € Camping, 12 € Schlafhalle

Veranstalter: Nemeton Event GmbH

Die Tore sind geschlossen. Oder besser: Die Mauer ist weg. Auch am Tag der Abreise ist die Exekutive der Organisation fleißig und hat in einer Nacht– und Nebelaktion (ohne Nebel) schon den Zaun zum Gelände abgebaut. Die Metalheads packen ihre Sachen und reisen größtenteils sehr früh ab, wenn nicht sogar schon in der Nacht, um dem Ferienende und dem dazu gehörenden Stau zu entgehen. Auch ich bin in der Herrgottsfrühe (07:00 Uhr ist für einen Studenten echt kein Zuckerschlecken) aufgestanden, um mich auf den Weg zum Parkhaus zu machen, das ungefähr 1 – 1,5 km vom Gelände entfernt ist, gefühlt aber etwas mehr, da sich die Brücke und ihre Steigung extrem zieht. Dafür gibt’s auf halben Weg ein riesiges Einkaufszentrum mit bekannten Discountern, Schrotthändlern (wenn man Deko so bezeichnen möchte) und einem Geschäft einer bekannten Einkaufskette, hier in der roten Ausführung. Da man fürs Parken im Parkhaus zahlen darf und ich nicht auf die Idee kam, einfach schon bis Sonntag zu zahlen, eine gute Sache, denn so kann der Samstagseinkauf mit so etwas Sinnvollem wie Parkscheinerneuern kombiniert werden. Das kommt davon, wenn man zu spät ankommt. 😉

Denn aus der 4-Stunden-Fahrt wurde eine 5-1/2-Stunden-Fahrt, obwohl es keinen einzigen Stau gab. So ist das, wenn die Belegschaft immer älter und die Blase immer kleiner wird. Gott sei Dank bin ich von dieser Problematik nicht betroffen…noch nicht.

Wie dem auch sei, alles im grünen Bereich, da mein Minimalziel an zu sehenden Bands noch nicht in Gefahr ist (nachzulesen hier: https://www.time-for-metal.eu/include.php?path=article&contentid=8406)
Da Fjoergyn noch ein bisschen Zeit haben und auf meiner „darf ich nicht verpassen“-Liste stehen und laut Running Order als Erstes gesehen werden wollen, nutze ich die Zeit, mir bei eisigen Temperaturen die Umgebung anzuschauen und mich für die Nacht einzurichten. Los geht’s natürlich bei der Security am Eingang, die sich über lächelnde Leute freut und den Zutritt zu dem „vollen“ Parkplatz gewährt, der direkt vor der Halle ist. Naja, als „voll“ würde ich das nicht bezeichnen, ich hätte selbst mit meinem Mondeo 10-15 Stellen auf den ersten Blick gefunden, wo ich ohne zu stören hätte parken können.

Genug der Meckerei, ab zur Deponierung der Schlafsachen in der Schlafhalle, die eigentlich eine Turnhalle und sehr gut ausgelastet ist. Jeder findet seinen Platz, aber 3-4 Leute mehr hätten zu einer Katastrophe geführt. Eiskalt kalkuliert oder mehr Glück als Verstand – das werden wir wohl nie erfahren. Dank der Fülle kommt man auch direkt ins Gespräch mit Mitschläfern, die auch direkt eine Leidensgeschichte parat haben: Da sie die auf der Homepage angekündigte Mosher´s Night miterleben wollten, gab es eine Nacht im Freien inklusive: Die Schlafhalle wurde erst am Freitag eröffnet, weshalb die Gruppe auf dem Zeltplatz schlafen durfte, glücklicherweise aber ein Zelt dabei hatte und in den 12€ für die Schlafhalle auch der Zugang für den Campingplatz, der 7 € kostet, inbegriffen ist. Die Regelung gefällt mir persönlich nicht, da ich selber nichts davon wusste, mich Discos aber generell nicht interessieren und ich dadurch nicht in dieses Problem hereingeschlittert bin. Dafür hat sich der ein oder andere dann bei der Unterschriftenaktion zur Rettung des Ringens für Olympia mit äußerst kreativen Namen wie P.Enis oder Papst Ejaculatus IV. beteiligt.

Da die Truppe beim Maumau davon schwärmt, wie toll Der Weg Einer Freiheit (bei dem Namen krieg ich Herpes) live sei, wird der Rundgang vorerst eingestellt und sich auf dem Weg in die Halle gemacht. Vom Entschluss, sich die Band anzuschauen bis zur Bühne sind es alles in allem knapp zwei Minuten. Gilt übrigens auch für Camper (gut, hier könnten es mal drei oder vier Minuten werden) und die Halle scheint schallgeschützt zu sein, sodass man trotz der Nähe zu den Bühnen draußen nicht einen Ton hört. Geil!

Weniger geil ist, was ich dann sehen darf. Der Auftakt ist wie erwartet maumau (haha…), die Band konnte mich auf Platte nicht überzeugen und auch live gelingt ihr kein großer Coup. Dank der Bauweise der Halle kann ich mich auf die Tribüne verziehen, von der man ab der dritten von knapp 10 Reihen alles wunderbar sehen kann, bei den beiden unteren muss man Glück haben, dass keiner am Geländer steht. Die kuschelige Temperatur und die Dunkelheit machen es mir auch bei späterer Stunde nicht gerade leicht, immer vollständig wachzubleiben und eine Aversion gegen das zu Hörende macht es nicht gerade einfacher. Da die Band recht früh spielt, ist das Spektakel aber auch bald vorbei und der Vorhang wird verschoben.

Eine der Neuheiten seit 2007 ist das Verdoppeln der Bühnen: Wie in Wacken wird immer hin und hergewechselt, sodass während des Auftrittes einer Band die nächste schon aufbauen und stimmen kann. Die angekündigten 10 Minuten Umbaupause wurden daher fast immer eingehalten, was der brutalen, aber guten Politik des Veranstalters zu verdanken ist: Die Bands haben einen Countdown leicht Abseits der Bühne, sodass sie wissen, wann Schicht im Schacht ist. Find ich persönlich unendlich gut, da ich bei Bands, die ich gut finde, gerne weiß, wann der Spaß vorbei ist. Oder bei Der Weg Einer Freiheit, wann endlich Fjoergyn kommt. Trotz des tollen Sitzplatzes habe ich schnell keine Lust mehr und gehe zum Merchandise-Zelt. Dieses bietet verschiedene Stände, die das Übliche bieten: T-Shirts, Patches, Gürtel und CDs. Die Auswahl ist gut, sogar so gut, dass sie mit der neusten, noch unveröffentlichten Fjoergyn-CD Monumentum Ende aufwartet. Da ich nach den Jahreszeiten etwas misstrauisch gegenüber der Band bin, lasse ich meinen Kollegen zugreifen und entscheide mich, das neue Material erst einmal live zu sehen.

Für die genannte Gruppe verzichte ich auf die Ränge und marschiere in die vorderen Reihen. Auffällig ist, dass der Bass sehr viel einnehmender ist als auf den höheren Ebenen. Für meinen Geschmack sogar zu einnehmend. Ein Problem, das sich durch die gesamte Veranstaltung zieht. Der eigentlich wirklich gute Klang wird dadurch geschmälert. Für den faulen Metaller eine vorzügliche Begründung, vieles sitzend zu beobachten.

Aber schon bei meinem Lieblingslied Katharsis wird meine Faulheit ausgebremst und meine Gehirnzellen gezwungen, nachzudenken: Ein Gastsänger wird hinzugezogen und ich weiß zu 100%, dass ich die Person kenne. Ich kann den Namen aber nicht verstehen, weshalb ich innerlich weinend diese Zeilen verfasse und gestehen muss, dass ich es immer noch nicht weiß. Zumindest erhalte ich Einblick in das neue Material, so wird unter anderem der Titeltrack des neuen Albums gespielt. Er wirkt, wie auch der Rest der CD, wie eine Kombination aus Sade et Masoch und den Jahreszeiten, nur mit mehr Klargesang. Auf jeden Fall eine gute Ergänzung zum Liveset, aber die CD muss ich mir noch ein paar Mal bei besagtem Kollegen anhören, bevor ich sie mir am 31.05.13 zulege. Schade ist auch der Unterschied des Klargesangs zwischen live und Studio. Gefällt mir auf CD der Klargesang besser, ist es live das Gekrächze. Außerdem kommt das Keyboard vom Band. Ein solider, wenn auch nicht überragender Auftritt.

Agrypnie liefern ebenfalls einen soliden Auftritt ab, wobei das Auffälligste das fehlende Intro ist (es ist einfach nicht verfügbar). Dornenreich hadern aus meiner Sicht an zu wenig neuem Material. Wer die Band noch nicht gesehen hat, hat einen erneut hochwertigen Auftritt mit sehr gutem Songmaterial präsentiert bekommen, ich habe die Jungs mittlerweile schon ein paar Mal gesehen und langsam aber sicher ist die Luft raus. Sie scheinen dies aber auch selber erkannt zu haben und beschränken ihre Metal-Set-Shows dieses Jahr gänzlich aufs Ragnarök Festival. Hoffentlich arbeiten sie an Nachschub!

Eluveitie haben eben dieses Problem nicht. Mit Helvetios hat man erst im letzten Jahr eine Scheibe veröffentlicht, die allgemein gut ankam und das Liveset verstärkt. Schade, dass die Truppe auf Leierkastenspielerin Anna wegen Krankheit verzichten musste und bei der Autogrammstunde genervt wirkte, was aber beides die Performance nicht geschwächt hat (natürlich ist es mit Anna eine Spur besser!). An dieser Stelle wünsche ich ihr gute Besserung! Sobald sie wieder fit ist und wieder mit tourt, darf sie sicher auch wieder Headliner-Shows spielen, die ich für Eluveitie zumindest in der nahen Zukunft gesichert sehe. Für alles andere kommt die Gruppe einfach zu gut an!

Shining schaffen es zum wiederholten Male, mich live zu überzeugen. Man kann über Kvarforth sagen, was man will, aber seine Show ist immer ein Hingucker. Das ist mein viertes Shining-Konzert und garantiert auch nicht das letzte. Jeder Auftritt ist anders, aber jeder Auftritt ist gut. Diesmal brillieren die Gitarrenspieler mit optisch (und akustisch) sehr gut gespielten Soli, die Gitarre wie ein Fußballspieler beim Einwurf den Ball haltend und ein noch euphorischerer Kvarforth. Er ist so extrem vom Publikum angetan, dass er seine Spielzeit so massiv überzieht, dass nach For The God Below der Vorhang fast schon aggressiv zugezogen wird, damit er bloß nicht zu einem weiteren Lied ansetzt. Zwischendurch hat sich Nattefrost von Carpathian Forest auf der Bühne verirrt, der, nachdem er zwei Mal gen Boden segelte, von der Security liebevoll entfernt wurde. So kennt man ihn.

Den Abschluss machen Heretoir. Als Gastsänger bei Fäulnis in Oberhausen hat mich damals vor allem die Stimme von Eklatanz überrascht, die überragend gut war. Bei seiner eigenen Band hingegen bin ich davon nicht so angetan. Da ich nicht wirklich warm mit Heretoir werde, entschließe ich mich, meinen Rundgang endlich nachzuholen und packe meinen Kollegen ein.

Der Zeltplatz ist klein, aber fein und wird von der typischen Festivalatmosphäre heimgesucht, was mich ein bisschen traurig macht, da ich kein Zelt dabei habe und ich richtig Lust hätte, die Schlafhalle sausen zu lassen und zu zelten. Die Leute sind trotzdem cool drauf und wir versacken bei verschiedenen Gruppen, bevor es um halb 4 zurück in die Halle geht, in der jeder schon schläft, was das eigene Einschlafen komfortabel einfach macht. Einzig das nicht bestellte Schnarchorchester dürfte den einen oder anderen in den Wahnsinn treiben. Ich finde es irgendwie beruhigend.

Der Samstag beginnt um 7 Uhr, der fehlende Schlaf wird mit einem Hektoliter Kaffee bekämpft und der Parkschein erneuert. Auf dem Rückweg kaufen wir eine Armada an Brötchen ein, die wir besucherfreundlicherweise auch mit in die Halle nehmen dürfen. Da mein Programm erst um 15 Uhr wieder losgeht (die erste Band spielt zwar schon um 11 Uhr, aber mein Programm ist schon ganz gut beladen), heißt es: Was tun? Da, wie erwähnt, einige unserer Nachbarn richtig gut drauf sind, vergeht die Zeit durch soziale Interaktion wie im Nu, zumal jeder auch noch irgendwen kennt und der Zeltplatz von mir, meinem Bruder und meinem Kollegen + neu kennengelernte Personen besucht wird. Das macht wie immer Laune und klappt auch bei eisiger Kälte gut, vor allem wenn man Bekanntschaften von anderen Festivals unerwartet wiedertrifft oder sich fast schon zierlich wirkende Damen als Stabsunteroffiziere entpuppen.

Höhepunkt ist, so geil wie die Leute auch sind, das Miniinterview mit Nattefrost, das mein 16-jähriger Bruder ermöglicht hat, da er die Musiker auch ungeschminkt erkennt. Dabei stellt sich Nattefrost als ein sehr sympathischer und umgänglicher Mensch heraus, der aktuell an neuen CDs für Carpathian Forest und Nattefrost arbeitet, Letzteres soll diesen Sommer noch erscheinen. Wir sind gespannt! Des Weiteren muss man dem Herrn einen guten Whiskeygeschmack attestieren, die Sorte, die er dabei hat, ist richtig schmackhaft. Nach einer halben Stunde muss er weiter, allerdings reichte die Zeit aus, um zu vertrösten, dass er nicht zur Autogrammstunde auftaucht… Jedenfalls uns 😉

Die Band, die am häufigsten als Hinfahrgrund genannt wurde, hört auf den auf dem ersten Blick sehr einfallslos wirkenden Namen Eis. Ich kannte sie bisher nicht, erfahre aber, dass sie früher Geist hieß und sich wegen einer Klage umbenennen musste. Aus diesem Gesichtspunkt hat der Name etwas… Unter dem Motto „Ihr wollt unseren Bandnamen? Ihr kriegt nur zwei Buchstaben! HA!“. Gratulation an die kreative Abteilung. Auch für die Lieder muss ich der genannten Abteilung meine Gratulation aussprechen, die Band ist für mich die Entdeckung des Festivals! Vor allem das Geschrammel auf den hohen Saiten ist in der Form klangtechnisch einzigartig und erzeugt eine Gänsehaut. Die Band erinnert mich stellenweise an Helrunar, wobei mich die Livepräsentation von Eis insgesamt mehr überzeugt, womit auch schon alles über den Auftritt von Helrunar gesagt ist, der jedoch besser ist als auf dem Metalfest, den ich gesehen hatte (Skald Draugir geht diesmal viel mehr aufs Publikum ein). Ein weiteres Ausrufezeichen von Eis ist das Einsetzen von Gastsänger Seuche von Fäulnis, der heute erstaunlich gesund aussieht und das Lied gut rüberbringt, auch wenn man merkt, dass es für ihn ein Auswärtsspiel ist.

Obscurity kündigten im Vorfeld an, dass fünf Fans einen Refrain mitsingen dürfen. Das ist für mich auch der einzige Höhepunkt der Show, auch wenn die Band unheimlich viel Potenzial hat, vom Hocker reißt mich weder ihre Musik noch der Auftritt. Man kennt irgendwie alles schon irgendwo her. Riger haben seit 2009 nichts Neues mehr veröffentlicht, bis auf das Material von Streyf ist also alles beim Alten (ich habe die Gruppe 2007 auf dem Wolfszeit Festival gesehen). Gute Show, aber die Growls gefallen mir auch sechs Jahre später noch nicht.

Bei Menhir scheint dicke Luft vor zu herrschen. Die Jungs wirken angespannt und auch wenn die Performance hervorragend ist, so merke ich doch, dass die Wut nicht gespielt ist. Ein weiteres Indiz dazu ist das Verlassen der Bühne fünf Minuten vor dem eigentlichen Ende der Show, ohne dass das Hildebrandslied, das viele Fans sehnsüchtig erwartet haben, gespielt zu haben. Leider weiß keiner, was los ist, so scheint auch das ein Geheimnis zu bleiben.

Nocte Obducta fangen diesmal pünktlich an (habe ich bisher noch nicht erlebt) und bekräftigen meinen Eindruck, dass die Musik nicht unbedingt livetauglich ist, bzw. nicht das ist, was ich als livetaugliche Musik bezeichnen würde. Die instrumentalen Parts sind Dank des neuesten Albums Umbriel noch mehr in den Vordergrund gerückt worden und können ganz schön zermürbend sein. Dadurch erschafft die Band aber auch eine eigene Atmosphäre, weshalb ich sie mir immer wieder angucke, wenn sie zufällig spielen, ohne in der Lage zu sein, mich voll und ganz auf das Geschehen einzulassen, da mir das insgesamt eine Spur zu wenig ist, trotz zwei Sänger und einer halben Horde auf der Bühne.

Nach der vergeblichen Suche nach Nattefrost, der, wie bereits erwähnt, bei der auf knapp 90 Minuten angelegten Autogrammstunde fehlt, macht sich die Sorge breit, dass er seinen eigenen Auftritt verpassen könnte. Auch wenn die Umbaupause ein paar Minuten länger dauert – die Band ist vollständig und bereit loszuhaken. Dabei fällt auf, dass alle Mitglieder sich passende Outfits angelegt haben. Nur der Schlagzeuger Kobro nicht, was zu einem interessanten Kontrast führt. Interessant ist auch, dass Nattefrost während des Konzertes drei Mal dazu ansetzt, seine Band vorzustellen, dies aber jedes Mal nach Tchort wieder bemerkt und, abgesehen vom ersten Mal, die Vorstellung einstellt. Auch der unbemalte Schlagzeuger bereitet dem Herrn scheinbar Kopfschmerzen, so kann er ihn beim Vorstellen nicht auf Anhieb finden. Zugegeben, die Schießbude ist auch ganz schön groß, da kann der ein oder andere schon mal verloren gehen…

Doch der Show tut der offensichtlich nicht ganz klare Zustand des Fronters keinen Abbruch: Wird zu Beginn noch das Chaos heraufbeschworen und es für den Hörer nahezu unmöglich, zu wissen, welches Lied gerade gespielt, ändert sich dies gerade dann schlagartig als ich auf ein Medley tippe und es wird durch Ansagen eine gewisse Struktur erzeugt. Gewagter Auftakt, aber wirkungsvoll! Aussagen wie „Achtung, Achtung, Baby!“ oder Zwischenrufe in den eigentlichen Text („Selbstmord!“) wirken etwas befremdlich, brennen sich aber ins Gedächtnis ein.

Das Highlight für mich ist das extrem groovige Return Of The Freezing Winds, welches sich laut Ansage auf der fünften Demo befindet (es gibt nur drei Demos, er meint das zweite Album Strange Old Brew, egal wie ich es drehe, ich komme nicht auf die Nr. 5) und ein angenehmer Kontrast zum Restprogramm ist. Schön ist, dass die Musiker besser sind, als es sich auf den Alben oft anhört: Manche Lieder sind vom Schwierigkeitsgrad knackiger als sie sich auf dem ersten Blick anhören.
Somit schafft es auch der „Headliner der Headliner“ auf eine andere Art als erwartet zu überzeugen, die aber auf ihre Weise ebenfalls zufriedenstellend ist. Mit der Live-DVD von 2004 hatte der Auftritt nichts mehr zu tun, aber das ist bekanntlich beinahe eine Dekade her.

Zu guter Letzt (zumindest für mich, da ich der Fahrer bin) schaue ich mir Vreid an. Das sechste Machwerk ist gerade erst erschienen und weiß zu gefallen. Abgesehen von der Tatsache, dass die Band fast durchgehend eingenebelt im Dunkeln steht und die Scheinwerfer dafür gebraucht werden, das Publikum zu blenden, liefern Vreid eine richtig gute Show ab, was natürlich auch am starken Songwriting liegt. Auch wenn mir – Klischee, Klischee- die Lieder der älteren Scheiben an dem Abend besser zu gefallen wissen, was vermutlich an der „Gewöhnung“ an die Lieder liegt, liefern Vreid einen sehr guten Ausklang für das Festival.

Doch noch ist der lange Tag nicht vorbei, da einige Leute in der Schlafhalle mit dem Zug nach Hause fahren müssen und der ein oder andere dies zum Anlass nimmt, den Alkoholkonsum, der ihn im Alltag aus verschiedenen Gründen verwehrt bleibt, zu maximieren und sein Sprechorgan auf voller Lautstärke auszutesten. Das mag vielleicht spießig klingen, aber es hat schon so seine Gründe, warum das Ding Schlafhalle heißt. Nächstes Jahr packe ich eine Trompete ein, damit die Stimmbänder der egozentrischen Rumgröler verschont bleiben. Christliche Nächstenliebe <3. Und das als Atheist.

Fazit: Der Weltuntergang ist ein weiteres Mal zu Ende, die Spirale des Lebens dreht sich erneut, auf dass der Zyklus auch im nächsten Jahr wieder eintritt. Das Ragnarök Festival ist eine extrem gut organisierte Veranstaltung, die seit meinem letzten Besuch im Jahr 2007 immense Fortschritte gemacht hat. Abgesehen von dem durchgängig zu großzügig eingesetzten Bass war die Tonqualität immer gut, vor allem wenn man auf den Tribünen gesessen hat. Das Line-Up war, wie schon im Vorbericht erwähnt, extrem stark. Vor allem Eis stachen für mich heraus, was vermutlich daran lag, dass ich die Band im Gegensatz zu den restlichen Bands vorher noch nicht gehört hatte und deshalb doppelt überrascht wurde. Wer, wie die meisten Metalheads, nicht bis zum Sommer warten will, dass die Festivalsaison wieder beginnt, sollte sich auf jeden Fall das Ragnarök Festival angucken!