Timor Et Tremor – For Cold Shades

“Überragende BM-Hoffnung“


Artist:
Timor Et Tremor

Herkunft: Deutschland

Album: For Cold Shades

Spiellänge: 44:00 Minuten

Genre: Black Metal

Release: 29.07.2016

Label: Trollzorn Records

Bandmitglieder:

Gitarre – Martin Stosic
Gitarre – Marco Prüssing
Gesang- Hendrik Müller
Schlagzeug – Jan Prüssing
Bass – Florian Bauer

Tracklist:

  1. Yearning
  2. Fen Fire
  3. Alpha And Omega
  4. Oath Of Life
  5. The Ghost In All That Dies
  6. The Soaring Grudge
  7. Etheral Dome
  8. Pale Faces

Timor Et Tremor - For Cold Shades

Kaum ein Genre ist so ausgelutscht wie Black Metal.
Mangelnde Kenntnisse an der Gitarre, dem Mikro oder Aufnahmegeräten kann man schnell als „trve“ abtun, um ausredend ja nicht der Menge zu gefallen (mit dem aberwitzigen Prinzip, trotzdem Platten zu veröffentlichen… also schon irgendwie Aufmerksamkeit anzustreben). Umso überraschender ist es, wenn man nichtsahnend vor eine unscheinbare Perle gesetzt wird, die einen musikalisch umpustet. Beispielsweise beim neuen Silberling von Timor Et Tremor.

Man kann im Intro-Song Yearning noch nicht einmal erahnen, in welche Richtung For Cold Shades führt. Lahm und doomig angehaucht? Experimentell aus der Post-Ecke? 08/15-Gulasch, das so raw gekocht wird, dass es sonst keiner haben will? Nur soweit lässt es sich aus Chattic Black Metal (Bezeichnung der Band) interpretieren, dass es sich lyrisch um die Chatten dreht. Seinerzeit waren die Chatten ein germanischer Volksstamm, der vor allem „im Bereich der Täler von Eder, Fulda und des Oberlaufes der Lahn“ herumlungerte (danke Wikipedia). Das ist grob ausgedrückt das Stückchen Land, was wir heute nördliches Hessen nennen. Wieder was gelernt.

Fen Fire diktiert jedoch ziemlich klar und deutlich, was man von For Cold Shades noch erwarten kann. Angenehme Disharmonien, durchgängige Doublebass und immer eine melodiösere Leadgitarre darüber. Obendrein ist man mit dem Klargesang noch recht spendabel. Bereits im zweiten Titel gekonnter und erwachsener als Minas Morgul, Negator oder Varg.
Timor Et Tremor zeigen Abwechslung durch Tempo- und Stimmungswechsel. Riffs werden nicht dreimal wiederholt, sondern gekonnt rar eingesetzt. Die gute Produktion vereinfacht den Hörgenuss, kein Instrument kommt dabei zu kurz.

Als dritter Titel läuft Alpha And Omega an. Timor Et Tremor gehen dabei immer nach gleichem Prinzip vor: Eine Gitarre spielt all die leicht abgeänderten Powerchords für die Hintergrundkulisse, darüber klampft sich die Lead-Gitarre ihren Arm mit schnellsten 16tel-Noten ab und die Drums schaufeln im Wechsel zwischen Midtempo und Doublebass-Gewitter vor sich hin. Was gut zehn Prozent aller BM-Bands so handhaben (alle anderen haben gar keinen zweiten Gitarristen), gelingt dennoch nur wenigen Bands so klasse wie Timor Et Tremor. Diese bestechen mit gut durchdachten Melodien der einsaitigen, aber auf keinen Fall einseitigen Arbeit der Lead-Gitarre. Auch die sonst eher unspektakulären Akustikteile in den Songs wissen zwar nicht zu begeistern, sind aber keineswegs zum Skippen langweilig.

Doch noch doomig, aber gleichermaßen atmosphärisch, wird es mit Oath Of Life. Innerhalb der sechs Minuten kann man die volle Bandbreite des Schwarzmetalls erleben. Beziehungsweise betritt man hier bereits viele Gefilde des Melodic Death-Sumpfes. Wer Alternativen zu Dissection sucht, findet in Timor Et Tremor eine fähige und erfrischende Ablösung. Melancholisch, vor Hass triefend und doch erhaben. Gleichzeitig können Timor Et Tremor aber auch anders. Denn Nachfolge-Track The Ghost In All That Dies präsentiert sich als lebhafte Hymne wie aus der Feder von Skyforest oder Fjoergyn.

Doppelte Gitarrenspuren, klar hörbare Riffarbeit und durchdachte Drums untermauern nur den zutiefst angenehmsten Clean-Gesang, ohne dabei musikalisch einen neuen Stil zu erfinden. Timor Et Tremor leisten sich einfach keine Fehler. Liefern sie live genauso ab, wie auf Platte, sind sie wohl ein kleiner Geheimtipp in der BM-Szene. Gerade Songs wie The Soaring Grudge könnten dabei genauso gut von den norwegischen Progressive Black-Meistern um Enslaved stammen, denen Timor Et Tremor musikalisch in nichts nachstehen und verdächtig nahe kommen. Den Übersong des Albums haben sich die Hessen mit Pale Faces obendrein für den Schluss aufgehoben.

Fazit: Verglichen mit den vorherigen Veröffentlichungen haben Timor Et Tremor sich nicht nur gesteigert: Hier erwächst Potential, den üblichen Verdächtigen, die man hierzulande als Black Metal deklariert, eine starke Konkurrenz zu werden. For Cold Shades wird gerade durch gedoppelten Gitarren und Klargesänge nie langweilig, in den Riffs finden sich überragende Melodien und zahlreiche Tempowechsel runden das Ganze nicht nur ab, sondern verleihen Gänsehaut für jeden, der mit Black Metal etwas anfangen kann. Weitere Alben sind hocherwünscht, unbedingte Kaufempfehlung für hartgesottene Enslaved-Fans!

Anspieltipps: Fen Fire, The Soaring Grudge und Pale Faces
Glenn V.
9.2
Leser Bewertung0 Bewertungen
0
9.2