With Full Force 2012 vom 29.06.2012 bis 01.07.2012

Location: Flugplatz Roitzschjora bei Löbnitz

Homepage: http://www.withfullforce.de/

Datum: 29.06.2012 – 01.07.2012

Kosten: 3-Tages-Tickets: 79,00 € (inklusive Camping)

Besucher: ca. 25.000

Freitag

Zum 19. Mal öffnen sich vom 29.06.2012 bis zum 01.07.2012 die Pforten des With Full Force Summer Open Air auf dem Flugplatz Roitzschjora bei Löbnitz. Durch ansteigende Besucherzahlen wurde das Festivalgelände umstrukturiert, den hungrigen Besuchern soll in den nächsten Tagen durch hochkarätige Acts im Core-Bereich (Metalcore, Hardcore und Deathcore) kräftig eingeheizt werden. Unterstützung gibt es durch Highlights der Extreme Metal-Bands in Form von z.B. Immortal, Soufly, Debauchery oder Dark Funeral.

Eröffnet wird das With Full Force 2012 durch Skeletonwitch, die aus Athens, Ohio, stammen und mit Thrash Metal-Riffs bei Prosthetic Records unter Vertrag stehen. Gut gelaunt und aufgepuscht wechseln sich von nun ab mit nur kurzen Überschneidungen die Auftritte der Bands der Main und Tentstage ab. Erstes Highlight des Freitags, nach zwei guten Auftritten von Eyes Set To Kill und Skeletonwitch: Die Amerikaner von DevilDriver, die eindeutig zu früh ins Rennen geschickt werden. Der unverwechselbare Frontmann Dez Fafara führt seine Männer in die Hitzeschlacht von Roitzschjora. Eine schweißtreibende Angelegenheit, die auch durch den überaus beliebten Hit Clouds Over California nicht abgekühlt, sondern viel mehr noch angefeuert wird.

Die entfachte Euphorie von DevilDriver versuchen die Belgier von Do Or Die direkt für sich umzumünzen. Mit einer breiten Palette aus diversen Core-Bereichen stürmen sie auf die Bühne, um im Zelt eine große Feier zu entfachen. Um alle Einflüsse der Combo niederzuschreiben fehlt einfach die Zeit, aber um einfach ein Paar Bands zu nennen: Machine Head, Sepultura, Napalm Death und viele mehr.

Als Kontrastprogramm dürfen sich die finnischen Progressive Death Metaler von Insomnium versuchen, die in den letzten Wochen mit neuem Material und ein Dutzend Shows eine immer größer werdende Fanbase aufbauen konnten. Auch heute spielen sie bei brachialem Sonnenschein nicht vor leeren Rängen – nur die extreme Sonneneinstrahlung wirkt auf die düsteren Klänge abstrakt.

Madball, die bereits zum festen Inventar des With Full Force gehören und in der 19. Auflage ihre siebte Show absolvieren, geben sich gewohnt kraftvoll. Mit einer aggressiven, voller Hits gespickten Setlist machen sich die New Yorker auf in die Schlacht, die von den Anwesenden dankbar aufgenommen wird. Wild werden die Helden gefeiert als gebe es kein morgen mehr. Madball und das With Full Force – das passt einfach wie die Faust aufs Auge. Den Schlusspunkt des Hardcore-Kraftaktes setzt der Song Hardcore Still Lives, der durch die Bank weg zufriedene Gesichter zurücklässt.

Wie schon den ganzen Tag über, profitieren August Burns Red von einem echt genialen Sound, der kein Festivalstandard ist. Durch diesen akustischen Schmankerl beflügelt, wird fleißig bei beißender Frühabendsonne mitgegrölt. Die obligatorische Wall Of Death bei White Washed erschüttert den härtesten Acker Deutschlands und auch für ein kleines Schlagzeugsolo bei Composure hat die Kapelle aus Lancaster Zeit. Ein ereignisreicher Auftritt, welcher den Weg für We Butter The Bread With Butter und Pennywise ebnen soll.

Letztere präsentieren ein neues Gesicht in ihren Reihen. Kein anderer als Ignite-Sänger Zoli Téglás, der Pennywise mit seinem einmaligen Gesang einen ganz neuen Stempel aufdrückt. Seine Kollegen und er feiern wie die Weltmeister. Crowdsurfer sorgen für Arbeit bei der Security und erzeugen eine ausgelassene Stimmung, bei der bereits zu erkennen ist, dass es bei We Butter The Bread With Butter mächtig voll werden dürfte. Massive Menschenströme wandern in Richtung Tentstage! Als abschließender Song wird der fest im Set verankerte Track Bro Hymn in Gedenken des verstorbenen Bandkollegen Jason Thirsk eingestimmt.

We Butter The Bread With Butter, die in den letzten Monaten einen rasanten Aufstieg geschafft haben, was die meisten den Jungs nicht zugetraut haben, können sich über reges Interesse freuen. Das Zelt ist rappelvoll und alle, die keinen Platz im warmen Rund mehr gefunden haben, müssen mit dem sonnigen Außenbereich vorlieb nehmen, der nur den Vorteil hat, dass man der Tropfsteilhölle im Zelt entgeht. We Butter The Bread With Butter, die neben ernstzunehmenden Klängen mit unterhaltsamen Punkten keine Wünsche offen lassen, zeigen sich fannah.

Des einen Freud, des anderen Leid – besser kann man die Aussage zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht wählen. Alle Emmure-Fans klatschen in die Hände als sie erfahren, dass ihre Idole auf der Mainstage und nicht im Zelt spielen werden. Bei den Lamb Of God-Liebhabern hingegen sind lange Gesichter zu vernehmen, da die Truppe nach der Inhaftierung von Sänger Randy Blythe den Gig canceln mussten. Ihm wird vorgeworfen, am Tod eines Fans verantwortlich zu sein. Emmure hingegen nutzen die Gunst der Stunde und binden mehr Besucher als es in der Tentstage möglich gewesen wäre an ihre Klänge. Frontmann Frank Palmeri tritt immer wieder wirbelnde Moshpits vom Brett. Children Of Cybertron oder Chicago’s Finest lassen fette Riffs in den Ohren klingeln, die zu einer Wall Of Death und heftigen Tänzen aufrufen.

Nach Emmure dürfen sich alle über die Co-Headliner und Deathcore-Kracher Suicide Silence freuen, die es tatsächlich auf die With Full Force-Bühne geschafft haben. Von den enttäuschenden und kurzfristigen Absagen der letzten Jahre ist heute Abend nichts zu spüren. Suicide Silence räumen mächtig auf und zerlegen den Bereich vor der Bühne nach allen Regeln der Kunst. Wake Up bräuchte der Frontmann eigentlich nicht schreien, denn alle Anwesenden sind topfit und heiß auf die totale Zerstörung. Ein brachialer Live –Act, der nicht nur keine Wünsche offen lässt, sondern mit einer derart starken Live-Darbietung alles fesselt, was sich vor der Bühne befindet. Zufrieden kann die Band das Schlachtfeld verlassen. Die nachfolgenden Machine Head müssen die starke Leistung von Suicide Silence erst mal überbieten.

Der erste Headliner steht an und die Blicke in Roitzschjora richten sich gespannt auf die Leinwand, auf der der Name Maschine Head hell erleuchtet steht. Die Männer aus Oakland marschieren mit strammen Schritten zum Ort des Geschehens, der den Fans vor der Bühne durch heiße Pyrotechnik noch mehr Feuer unterm Arsch macht. Das Set der nächsten 75 Minuten ist hingegen breit gestrickt: Zwischen neuen Meisterwerken finden sich diverse alte Hits, die gleichermaßen verschlungen werden. Wer dieses Inferno der harten Musikkunst verpasst hat, kann sich gepflegt in den Allerwertesten beißen. Das Feuer, das mit I Am Hell zu brennen beginnt, wird erst mit dem letzten Hit Davidian gelöscht. In der Zwischenzeit wurden aber bereits diverse Biere gezischt, Nackenmuskeln gezerrt und lange Mähnen in Haarknäule verwandelt. Einfach eine fette Maschine Head-Party, die durch enormen Druck im Sound und zugleich gelungener Akustik lebt. Wer nach diesem langen Tag immer noch nicht genug hat und sich erst einmal mit heftigen Riffs durch schütteln lassen will, für den kommt nach diesem Kraftakt die legendäre Knüppelnacht grade recht!

Den Beginn der Knüppelnacht machen Dark Funeral. Mit dem neuen Frontmann Nachtgarm an Bord, ballern sich die Schweden durch eine Art Best Of ihrer Discographie – logisch, schließlich gilt es zu beweisen, dass Emperor Magus Caligulas einzigartige Stimme ersetzbar ist, wenn auch Nachtgarm bei den relativ bekannten Negator singt. Das wiederum ist live ein Vorteil, denn so abgeklärt wie Nachtgarm kann man nur mit Erfahrung sein. Er passt wunderbar in das Konzept der Band. Die Messlatte für die noch kommenden Bands der langen Knüppelnacht ist jedenfalls schon jetzt verdammt hoch.

Reign Supreme ist für mich eines der Highlights der letzten Monate. Unter dem Motto „Wir können den neumodischen Scheiß auch sinnvoll in unsere Lieder einbauen“ bietet das Album neben dem gewohnten Klang von Dying Fetus auch bei der Band noch nie gehörte Elemente wie Breakdowns, ohne dass mir davon schlecht wird. Live gibt es nicht allzu viel von der neuen Scheibe, dafür ist das alte Material einfach zu gut, Lieder wie Killing on Adrenaline DÜRFEN einfach nicht fehlen! Die Jungs spielen leider Gottes auch das Statuenspiel, das viele andere Death Metal-Bands spielen, aber wer will ihnen das bei dem technischen Anspruch auch verwehren? Für mich ist es immer wieder ein Genuss, so talentierten Musikern auf die Finger zu schauen, in Kombination mit geiler Musik vergeht die Zeit dann wie im Flug, nach gefühlten fünf Minuten hat die Band sich genug über die Welt ausgekotzt und räumt den Platz für Endstille.

An der Band scheiden sowieso schon die Geister. Außerdem sind Endstille das perfekte Beispiel, dass die Knüppelnacht ein Problem hat: Das sie, wer hätte das gedacht, nachts stattfindet. Sie endet erst um kurz nach 5 in der Früh und die nächsten Bands spielen schon wieder um 14 Uhr, auch wenn Eskimo Callboy vermutlich nicht die Besucher der Knüppelnacht ziehen wird. Aber Festivals sind nicht zum Schlafen da, deshalb hör ich mir Endstille mit Zingultus, dem ehemaligen Sänger der absoluten Black Metal-Legende Nagelfar und immer noch aktuellem Sänger bei Graupel, an und kriege wieder einmal meine eigene Cholerik zu spüren: Wie kann es sein, dass, als Iblis noch Sänger war, jeder Depp mit einem Endstille-T-Shirt durch die Gegend lief und jetzt, wo Endstille wirklich gut geworden sind, sie immer noch den Stempel einer überhypten Band tragen? Die Wut verfliegt, denn die Show ist wirklich gelungen: Panzersperren verschönen die Bühne, auch wenn sie fünf Minuten weniger benötigt werden als geplant. Endstille verkrümeln sich nach 35 Minuten. Aber lieber 35 gute, als 40 schlechte Minuten Black Metal!

Wenn Nasum auftreten, müssen eventuelle parallel spielende Bands weichen. Das wird in Wacken so sein (adé Amon Amarth), hier zum Glück nicht, denn wer spielt schon freiwillig um 02:45 Uhr? Da Nasum eigentlich schon seit Jahren aufgelöst sind und sich nur für eine Tour zusammengerauft haben, nutzen auch viele übermüdet aussehende Fans die Gelegenheit, sich das Gehör massieren zu lassen. Nach dem Auftritt erfasst mich sowohl die Zufriedenheit als auch Trauer, da ich genau weiß, dass ich diese Band noch ein einziges Mal sehen werde, bevor sie endgültig zu Grabe getragen zu haben. Diese Band gehört auf jeden Fall zu den Truppen, die ihren Ruf verdient haben! Viel Zeit darüber zu sinnieren bleibt mir allerdings nicht, denn Aborted gehen an den Start.

Das Bauernopfer des Abends: Da ich weiß, dass Debauchery eine wunderbar hübsche Frau in wunderbar wenig Kleidung mit wunderbar echt aussehenden Kunstblut mitbringen werden und der Abend schon so unfassbar weit vorrangeschritten ist, dass man schon „Morgen“ sagen könnte, gehe ich weiter nach hinten und kriege von Aborted so gut wie nichts mit. Vom Gefühl her scheine ich nicht viel verpasst zu haben, es wirkt alles eher durchschnittlich und das stundenlange hohe Tempo fängt an, an die Kondition zu gehen. An dieser Stelle ein Versprechen an die Jungs: Ich schau euch nochmal auf einem anderen Konzert zu, da wird sich garantiert was ergeben! Dann auch ohne Müdigkeit und Überfütterung.

Ja, endlich Frischfleisch! Mein Testosteron marschiert durch den ganzen Körper und tritt dem Adrenalin ordentlich in den Arsch, damit es mich wieder weckt. Obwohl es fast 5 Uhr in der Früh ist, bin ich hellwach – und hocherfreut. Wie schon angedeutet, ist der Grund nicht unbedingt die Musik, sondern die hübsche Dame mit ihrer Stripeinlage. Die Lieder sind wie üblich nicht so der Überflieger, was vor allem durch Germanys Next Death Metal noch verschlimmert wird. Man kann halt nicht alles haben, deshalb freue ich mich über die nette Optik und bin nicht allein: Es wird um Zugabe gebeten, die auch gewährleistet wird. Nach einem weiteren Lied ist die Show dann auch beendet und die Wartezeit bis zur nächsten Knüppelnacht beginnt: Nur noch 364 Tage!


Samstag

„Morgenstund hat Gold im Mund“ oder so ähnlich, jedenfalls pellen sich schon zu früher Samstagvormittags Stunde die ersten Musiksüchtigen aus den Zelten oder torkeln noch von der Knüppelnacht geprägt über das Gelände. Musikalisch gibt es pünktlich zur Mittagszeit Elsterglanz, die sich neben Eskimo Callboy als erste Band des zweiten Tages behaupten wollen. Eskimo Callboy aus Nordrhein-Westfalen, die mit tanzbarem Trance-Core in der Handtasche auf Brautschau gehen, lassen sich nicht lumpen. Vor dicht gedrängtem Publikum machen sich die Musiker daran, als Sensations-Akt die Zeltbühne zum Affenzirkus zu verwandeln. Ob man nun das Katy Perry-Cover California Gurls wirklich hören muss, ist eine andere Sache, die Umsetzung jedenfalls ist derart gut gelungen, dass es keinen mehr ruhig vor der Bühne hält. Auch der Rest des Sets lässt für Fans der chaotischen Klänge genug Platz zum Feiern.

Wer noch nicht genug von albernen Pop-Songs im Coverstil hat, kann sich direkt nach Eskimo Callboy auf zu den Grindfuckers machen, die wie jeher poppige Plagegeister im Grindcore-Gewand auf das betrunkene Publikum schleudern. Wer hat den nicht schon gerne am Samstagnachmittag nach einer durchzechten Nacht Looking For Freedom im Ohr? Anscheinend sehr viele, denn die Niedersachsen erfreuen sich großer Beliebtheit und können etliche angeheiterte Spaßgeister an die Bühne binden und für ordentlich Furore sorgen.

Wer jedoch lieber was mit Hand und Fuß auf die Mütze haben möchte, ist bei Texas In July besser aufgehoben. Gerade erst mit Nuclearblast das neue Album One Reality zusammengesetzt, lassen sie heute Metalcore-Fans wortwörtlich schwitzen. Ein kraftvoller Gig ihrer Europatour, der bei allen dankbar aufgenommen wird. Wer jedoch Texas In July verpasst hat, bekommt in den kommenden Tagen noch die Möglichkeit, die Band in Osnabrück, München oder Wiesbaden zu sehen.

Carnifex, die sicheren Garanten für eine Mittelohrentzündung, glühen neben der brachialen Sonne gleichermaßen auf. Von den Kaliforniern werden zwar fette Riffs produziert, jedoch wird dies eher weniger enthusiastisch gefeiert. Auf der Rückseite von Ryan Gudmunds Gitarre steht zwar „kill“, doch dieses „Killer-Feeling“ will sich nur bedingt einstellen. Hell Chose Me oder Names Mean Nothing können positive Akzente setzen, doch die körperliche Betätigung bei Carnifex hält sich vor der Bühne in Grenzen. Schieben wir es einfach mal auf die verdammte Hitze, denn an der Leistung der Amis kann man es nicht fest machen.

Nach Carnifex wird sich erstmals abgekühlt: Schuhe aus, Füße ins Planschbecken und Bierchen in die Hand – was für eine Genugtuung, wenn man mit einem Auge noch auf das heutige Programm schielt. Pünktlich zu Ektomorf und Meshugga geht es wieder auf den heißen Acker. Zoltán Farkas, der mit seinen ungarischen Landsleuten die Akustikstücke des letzten Albums Acoustic im Set hat, trumpft mit Outcast auf. Vor nicht ganz vollem Haus lassen sich die Fans zu einigen körperbetonten Einlagen hinreißen. Köpfe werden geschüttelt und der gut gemixte Sound genossen, der nach viel zu kurzer Zeit wieder verstummt. 45 Minuten sind für die Death-Thrasher einfach zu kurz, was dem Spaß vor der Bühne aber keinen Abriss tun soll. Einzig und allein ein Becherwurf, der sicherlich nicht böse gemeint war, bringt Zoltán aus der Fassung.

Gut gelaunt kann man auf das warten, was da kommen möge. Noch zwiegespalten vom neusten Werk Koloss lassen Meshuggah nicht lange auf sich warten. Der Sound jedoch ist so unterirdisch schlecht, wie man es bisher noch nicht erleben musste. Jens Kidman schreit sich die Kehle aus dem Hals, doch was raus kommt, ist nur dünne Luft, die erst nach ein paar Songs in Griff bekommen wird. Dieses Handicap kommt nicht bei allen gut an. Nach Behebung der Soundprobleme walzt der Mix aus Gesang und Melodien einvernehmlich aus den Boxen und gibt zum Ende hin noch Grund zum Feiern. Meshuggah zeigen einmal mehr, was sie auf dem Kasten haben – nämlich eine ganze Menge. Ein klasse Auftritt, der von rhythmischen Showeinlagen geprägt ist.

Neben der Mainstage wird es in der Tentstage wieder interessant All Shall Perish lassen die Puppen tanzen. Wie selbstverständlich verwandeln sie ihre Show in einen Hexenkessel, der durch maximale Interaktion im Publikum gefeiert wird. Blaue Flecken beim Circle Pit oder Crowdsurfen sind quasi vorprogrammiert. Wer All Shall Perish bis dato noch nicht live genießen durfte, wird die Band nach dem With Full Force nicht wieder vergessen. Fest im Gedächtnis haben sich die Szenen eingebrannt, die selbst auf der Rückfahrt noch bei dem Gedanken an Songs wie Deconstruction oder Wage Slaves noch eine Gänsehaut hervorrufen.

Vor der Mainstage ist schon wie bei Ektomorf und Meshugga noch Platz. Warum ausgerechnet diese Bands nicht die komplette Extase auslösen, ist mir ein Schleier, vor allem weil sich Cannibale Corpse in das ähnliche Verhältnis einreihen. Dabei ist doch bekannt: Wo Cannibale Corpse einmal hinstampfen, wächst kein Gras mehr. Dies beweist George ‚Corpsegrinder‘ Fisher allein bei dem Song Hammer Smashed Face, der von Stripped Raped And Strangled gefolgt, für eine neunminütige Death Metal-Kelle sorgt, die Seinesgleichen sucht. Wer ‚Corpsegrinder‘ etwas in Sachen Headbangen vormachen möchte, braucht auch heute einen Stiernacken oder einen großen Vorrat an schmerzlindernder Salbe, denn wenn Herr Fisher seinen Propeller erst einmal angeschmissen hat, gibt es kein Entrinnen mehr.

Die spannendste Frage des With Full Force wird direkt im Anschluss geklärt und das Fazit sieht wie folgt aus: Immortal, die Black Metal-Legende, die bei dem Billing des heutigen Abend fehlpalziert wirkt, wird misstrauisch beäugt. Eher mäßiger Sound wird durch aggressive Vorgehensweise der Norweger, die dennoch einen schweren Stand haben, was jedoch nicht an der ausgewogenen Songauswahl liegt, wettgemacht. Auf anderen Festivals wären die schwarzen Götter dafür auf Händen getragen worden, auf dem With Full Force 2012, welches einen anderen Schwerpunkt hat, wirken Abbath und Co. wie ein Act, der für Abwechslung sorgen soll, jedoch nur bei einem kleinen Teil der Festivalgänger für Begeisterung sorgen kann.

Heaven Shall Burn können dagegen von Beginn an den Nerv der With Full Force-Gäste treffen. Wie eine Naturgewalt brechen die Deutschen über das Festival ein und beschwören die bösen Wettergötter, die bereits zum Intro tiefschwarze Wolken senden, die wohl eher für Immortal bestimmt waren. Noch bevor Endzeit, der Megahit von Heaven Shall Burn vom Stapel gelassen wird, fallen die ersten dicken Regentropfen aufs Gelände. Wer dieses nicht als Warnung sieht oder die Musik der Band nicht verpassen möchte, bekommt in den nächsten Minuten einen wortwörtlich nassen Hintern. Es regnet wie aus Eimern. Standhaft bis aufs letzte Hemd verweilen die Hardcore-Fans vor dem leicht schlammig werdenden Stage-Bereich. Während Heaven Shall Burn routiniert ihre Show zocken, als wäre nichts, zieht sich die Time For Metal-Redaktion langsam zurück, um Schäden an der Technik zu vermeiden. Ein einfach anstrengender Tag, der in eine katastrophale Nacht übergehen soll.

Schwere Gewitter wüten in der Nacht von Samstag auf Sonntag über Roitzschjora – die Folge: 51 verletzte bis schwerverletzte Festivalgänger, wovon gar einige wiederbelebt werden mussten. Umgestürzte Bauzäune und diverse Sachschäden an PKWs und Campingausrüstung verhageln die bis dahin bombige Stimmung!


Sonntag:

Nach dieser ereignisreichen Nacht startet pünktlich in den letzten Abend die Band Guns Of Moropolis, die immer wieder mit Volbeat verglichen werden. Statt Starallüren sprudelt bei den Deutschen Leidenschaft kombiniert mir Spaß und Hingabe aus den Boxen, was zu früher Stunde eine willkommene Einleitung in den Tag darstellt.

Mit Tenside, die abwechslungsreichen Metalcore verkörpern und nach Guns Of Moropolis im Zelt auf Beutezug gehen, kann man ebenfalls nichts falsch machen. In den letzten Monaten haben sich die Männer in der deutschen Szene einen guten Namen auf diversen Shows und Touren als Supportact erspielen können, dem sie auch heute gerecht werden. Kein Mega-Act, aber eine talentierte junge Gruppe, die man sich ruhig öfter mal zu Gemüte führen kann.

Nach den beiden Eröffnungen auf den jeweiligen Bühnen sollen eigentlich Gojira den härtesten Acker Deutschlands erschüttern, jedoch wird daraus aufgrund von gesundheitlichen Problemen innerhalb der Band nichts. Kein Problem für die With Full Force-Organisatoren, die Neaera, welche bei vielen Besuchern höher als eine x-beliebige ErsatzKapelle eingestuft werden, aus dem Ärmel schütteln können. Einziger negativer Punkt ist mal wieder das Wetter, von dem auch Frontmann Benny und seine Mitstreiter nicht verschont bleiben: Es beginnt wieder zu regnen und nach drei Tagen ist sichtlich zu spüren, dass die Kräfte vor der Bühne allmählich schwinden.

Die nächsten Stunden werden aus der Ferne belauscht, denn während unter anderem Unearth und Pro Pain ihren Beitrag zum Festival leisten, werden Zelte abgebaut und die Autos eingeräumt. Ein Blick über den Campingpatz zeigt Lücken, einige sind bereits nach der chaotischen Nacht abgereist, andere müssen montags wieder arbeiten und treten Stück für Stück am Sonntag die Heimreise an.

Wie ich finde, lohnt es sich zu bleiben. Nachdem alles für die nächtliche Fahrt vorbereitet ist, lassen Trivium den letzten vorzeitigen Abreisegedanken im Keim ersticken. Passend zur letzten Nacht wird Rain angestimmt, der sich – genau wie der prägnante Song In Waves vom aktuellen gleichnamigen Album – in das mitreißende Set einfügt. Matt Heafy, der auf der Tour wohl seinen Rasierer vergessen hat, stolziert mit kleinem Bärtchen über die Roitzschjora Bretter. Der äußerlich ungewohnte Anblick wird durch die bekannte Power der Amerikaner ausgeglichen. Mit sichtlichem Spaß am Auftritt auf dem With Full Force 2012 zeigt die Band, die bei Roadrunner Records unter Vertrag steht, warum sie als gern gesehener Live-Act gehandelt wird.

Als abschließende Highlights darf man die Finnen Children Of Bodom und die Brasilianer von Soulfly, die das With Full Force 2012 durch ihre individuelle Klasse aufwerten, nicht unter den Tisch fallen lassen.

Children Of Bodom sind für mich ein Phänomen: Auf der Platte sagen sie mir einfach nicht zu, aber seitdem ich sie 2006 auf dem Wacken Open Air sehen musste (ich wurde gezwungen!), freue ich mich über jede Gelegenheit, diese Band live zu sehen. Zum einen liegt das am Klang, der live einfach viel passender zu den Liedern wirkt als der bis ins kleinste Detail durchgestylte Studioklang. Zum anderen liegt das natürlich an dem unanfechtbaren musikalischen Fähigkeiten, die vor allem Alexi als Leadgitarrist UND Sänger(!) und der Keyboarder Janne an den Tag legen. Es fetzt einfach, wenn sich die beiden ein Gitarre-Keyboard-Solo-Duell liefern und man den werten Herren dabei auf die Finger schauen kann und sich ähnlich wie bei Dragonball vorkommt: Die Bewegungen sind so verdammt schnell, dass man sie mit bloßem Auge kaum wahrnehmen kann. Aber sie sind da! Und die Lieder werden nicht auf dem ewigen Frickelfriedhof begraben, sondern haben immer eine klare Linie, wenn auch die Alben mittlerweile keine Granaten wie Hatecrew Deathrol mit sich bringen. Naja, so lange keiner der Mitglieder auf die Idee kommt, dass es eine gute Idee sei, wenn Children of Bodom zusammen mit Lou Reed ein Album aufnehmen, können sie gerne ihr altes Zeug immer wieder rauf und runter spielen, was sie auch auf dem With Full Force wieder tun (was unter anderem aber an der erst vor kurzem erschienen Best-Of-CD Holiday At Lake Bodom liegen dürfte). Der Auftritt ist wie erwartet: Weder überflügelt er einen bisher von mir gesehenen, noch ist er schlechter. Erwartungen erfüllt, Zuschauer zufrieden – bis zum nächsten Mal.

Soulfly mit Max Cavalera lassen sich wieder nicht lumpen: Alte abgöttisch geliebte Sepultura-Hammer-Songs wie Roots Bloody Roots dringen aus Max‘ Kehle – wenn das kein Grund zu feiern ist!? Nach dieser Abrissbirne wird es langsam Zeit, die letzten drei Tage Revue passieren zu lassen. Das daraus resultierende Fazit sieht für das With Full Force 2012 wie folgt aus:

Wie die anderen 18 Jahre hält das With Full Force, was es verspricht: Drei Tage Dauerparty rauben allen, die bei recht preiswerten Getränken und Speisen gestärkt werden konnten, die letzten Kräfte. Besondere Auftritte, die herauszuheben sind, gibt es einige: Nur um mal ein paar Namen zu nennen: Machine Head, Trivium, Heaven Shall Burn und Soulfly waren eine Macht! Negative Augenblicke gab es kaum und wenn basierten diese lediglich auf teilweise schlechtem Sound wie bei Meshugga. Was einem wirklich zu schaffen machte waren die Wetterextreme, die im heftigen Gewitter ihren Höhepunkt gefunden haben. Aber wie alle wissen: Wetter ist nun mal kein Metal und kann nicht beeinflusst werden. Da kann man nur hoffen, dass man den ersten für das nächste Jahr bestätigten Headliner In Flames 2013 ohne große Wettereinflüsse genießen kann!