Artist: Diamonds Hadder
Herkunft: Los Angeles, USA
Album: Beyond The Breakers
Genre: Heavy Metal, Prog-Metal, NWoBHM
Spiellänge: ca. 55 Minuten
Release: 22.11.2024
Label: No Remorse Records
Bandmitglieder:
Gesang, sowie alle Instrumente – John Evermore
Tracklist:
- City Of Fire
- 200 North
- Long Is The Road
- Evermore
- Master Of Illusion
- Rivers End
- Ballad Of The Dead Rabbit
Das Plattencover hinterlässt bei mir einen düsteren bis nachdenklichen Eindruck, im Hintergrund scheint es wolkenverhangen und einige Vögel flattern schier verzweifelt ihres Weges. Ich erinnere mich über die Jahre an keinen Künstler zurück, der bei No Remorse Records unter Vertrag steht, und nicht irgendwie auf meiner persönlichen Geschmacksbaustelle tanzt. No Remorse verfügen über ein Händchen für kleine und edle Perlen. Punkt. Ich staune bei den wenigen Zeilen der Promoinfo über Diamonds Hadder nicht schlecht – es handelt sich um einen Einzelkämpfer namens John Evermore – der da im Alleingang das ganze Album komponierte und einspielte. Die weiteren Infos sind recht spärlich – es geht wohl in erster Linie um die intime Erfahrung mit der Musik als Lebenshilfe – um Rettung und Erlösung, Träume und Prophezeiungen und der Ankunft eines Jonathan Hadder. Da steckt offensichtlich viel Herzblut drin und hier wird ganz tief in die Gefühlswelt eingetaucht und eine Metal-Geschichte und eigene Welt performt. Spätestens beim Namedropping der Einflüsse von Herrn Evermore gibt’s bei mir kein Halten mehr: Rainbow, Queensrÿche, Dio, Savatage und Fates Warning.
City Of Fire leitet mit einem Erzähltext ein, den man eigentlich via separates Tracking als Intro mit eigenem Titel hätte benennen können, wie andere das in der Regel so zelebrieren, klagende Streicher und jammerndes Klavier münden in dem lachenden Satz: Kill Them all! Und dann stürzt die Welt über den gewogenen Hörer ein, preschende Drums und schreiende Gitarren und kurz darauf startet der Gesang mit einer Stimmgewalt, die mich an den leider so früh verstorbenen Ronnie James Dio erinnert. Klasse, das Ganze mündet recht schnell schier orchestral und bombastisch in den Refrain City Of Fire. Der Track hat einen erheblichen Speed und ist der perfekte Einstieg ins Album. Der Refrain entpuppt sich als Ohrwurm, das Thema geschickt arrangiert, samt der eingespickten frickelnden Sologitarre und dem ständig wuselnden Bass. Hier und da obendrein perfekt punktierte orchestrale Einwürfe – da weiß einer, was er macht!
Man hört schon heraus, das wurde nicht in einem Mega-Millionen-Dollar-Studio erschaffen, sondern klein vom Budget gehalten – aber genau das tut der Scheibe gut. Old School. Da ist noch Schweiß in Strömen geflossen. Zum Schluss des ersten Tracks gibt’s einen gehörigen Wumms und sich hysterisch steigernde Stimmen. 200 North heißt der zweite Track – der eigentlich ein 55-Sekunden-Intro zu Long Is The Road darstellt, und mich an Soundeffekte aus Blade Runner erinnert. Der Einstieg ins metallische Hauptthema des dritten Tracks will für mich dann erst mal gar nicht passen und ist wie ein kleiner Schock – ein Fall ins kalte Wasser – aber dennoch richtig gut. Long Is The Road ist dann auch recht abwechslungsreich durchkomponiert und erinnert mich an einige Sachen von Blaze. Man bekommt die schönen Gitarrenlinien der NWoBHM geliefert, dazu diesen herrlich opernhaften Gesang, der zwischen den Großen hängen bleibt, wie Fates Warning, Maiden und Blaze inklusive herrlicher Wendungen zwischen „geht ab wie Sau“ und Schwebezustände bei einer Ballade. Weiter geht’s mit Evermore. Ein Schelm, wer sich was dabei denkt, ob da jemand über sich selbst singt.
He Is A King To Evermore: großartiger Refrain, satte und wirklich klassische Gitarrenriffs. Besser kann man Hard Rock und Metal kompositorisch kaum machen. Das zündet und Herr Evermore hat von der Stimme her eigentlich fast alles drauf, was die Skala hergibt – klingt nie wirklich angestrengt und kann sowohl rau und kauzig als auch opernhaft „Dickinson-like“ passt das – auch wenn er fast in Erzählmodus schaltet. Mit dem Track Evermore sind wir dann auch sehr mutig unterwegs – eine Viertelstunde Spielzeit. Der Herzschmerz und die Power kommen schon rüber – aber das letzte bisschen „Mega Power“ vermisse ich an dieser Stelle dann doch noch ein wenig. Im Prinzip versucht Herr Evermore in Evermore wohl etwas in Richtung der alten Queensrÿche zu performen und legt einen Mix von Dickinson, Alder und Tate hin. Dann breitet sich Master Of Illusion wie eine Wall of Sound im Zimmer aus (was eine Hommage an die X-Factor von Iron Maiden!) diese herrliche, im Stilistischen typische Steve-Harris-Basseinlage zu Beginn und dieser mönchmäßige Sprechchor am Anfang, da wird erst gar nicht versucht zu verstecken, woher die Roots kommen. Dennoch nimmt das Stück recht schnell eine andere Wendung – und es geht von den Drums her eher verschachtelt in Fates-Warning-Gefilde. Trauernd, wie in einer Dio-Ballade, geht es in den vorletzten Track: Rivers End
Das hätte sehr ähnlich in den 80er-Jahren von Dio stammen können. John Evermores stimmliche Darbietung ist immer souverän und glaubwürdig. Rivers End wirkt erst mal beruhigend und gibt dem geneigten Hörer eine Verschnaufpause, bis gegen Mitte des Tracks die Drums loskesseln und wieder richtig Leben in die Bude gezaubert wird, wobei Evermore ein Händchen dafür hat, einen Song in Richtung Ekstase zu steigern. Live würde das mit Sicherheit super funktionieren. Zum Ausklang dann die Ballad Of The Dead Rabbit. Hier wird aufgefahren, was das Zeug hält – sehr intensive Vocals, riesige Klangteppiche, orchestrale Vollausleuchtung und Herzschmerz bis zum Abwinken – einzig und alleine die kleine Produktion limitiert hier und die gesampelten Instrumente könnten realistischer rüberkommen. Sozusagen mit Pauken und Trompeten werden wir als Hörer aus dem Werk entlassen und mit einem Gong und Sturm schier aus der Rille geblasen.
Das Review stammt von Werner B.