Fool The Masses – It’s All Lost

Alles verloren auf diesem Planeten?

Artist: Fool The Masses

Herkunft: Duisburg, Deutschland

Album: It’s All Lost

Spiellänge: 45:05 Minuten

Genre: Industrial Metalcore

Release: 07.06.2024

Label: Dr. Music Records

Link: https://www.foolthemasses.com/

Bandmitglieder:

Gesang – Niklas Ratsch
Gitarre und Gesang – Raphael Moujou
Gitarre – Lea Karla
Bassgitarre – Lucas Grünke
Beats, Synthesizer – DJ Vornax

Tracklist:

  1. It’s All Lost
  2. Into The Void
  3. Shape Me
  4. Dream Talker
  5. Just A Silhouette
  6.  I Fall Apart
  7. Confessions
  8. Black Soul
  9. God Has Left Us
  10. Seven
  11. W.S.T.N.O.F.
  12. Death Of Me
  13. Shallow Skin

Ein Konzertabend beim „ersten Date“ mit einer Band ist immer etwas Besonderes. Das Knistern ist spürbar, die Blicke wie durch eine rosarote Brille und die Energie unbeschreiblich. So geschehen, als die im Ruhrpott beheimatete Band Fool The Masses auf ihrer Tour Station in meiner Nähe im Harz machte. Die Dynamik des jungen Quintetts um Shouter Niklas, Gitarrenduo Lea und Raphael sowie dem Fundament von Bassist Lucas und DJ Vornax hat mich sofort überzeugt. Damit das zweite Date noch intimer verläuft, wurde es im Rahmen einer Podcastfolge abgehalten. Die liebe Kollegin Pia von Leise War Gestern und ich plauderten mit Lea und Raphael über Gott, Satan und die Welt. Eine Welt, die dem Untergang geweiht ist? Das wird uns das vorliegende dystopische Zweitwerk des Fünfers namens It’s All Lost aufzeigen.

Das Artwork aus der Feder von Kamil Wilde von Heart Taped Designs verbreitet direkt „wohlige“ Weltuntergangsstimmung und das titelgebende Intro setzt noch einen drauf. Im Kopf bin ich gefangen zwischen Leinwand-Klassikern wie Terminator oder modernen Dystopien à la Tribute Von Panem oder Maze Runner. Die Stimmung passt. Bedrohlich anmutend legt Fronter Niklas die Grundlage mit seinen verzweifelten Screams, die mich bereits live abholen konnten. Dicke Riffs starten mit Into The Void die Reise in eine ungewisse Zukunft. Anders als in den meisten Metal(Core)-Bands werkelt hier kein Drummer an seiner Schießbude, sondern ein DJ, der mit treibenden Beats und Synths für den Industrial-Einschlag im Sound der Band sorgt. Im Refrain komme ich zum ersten Kritikpunkt, der sich durch das gesamte Album zieht. Der Cleangesang, egal ob in dieser Nummer von Gitarrist Raphael oder im Verlauf der 13 Songs von Sänger Niklas dargeboten, erreicht leider zu keiner Zeit das Niveau der Harsh Vocals. Dennoch bleibt der Refrain im Ohr und ein amtliches „Blegh“ darf auch nicht fehlen. Obwohl ich viel und gerne Metalcore höre, schaffen es Fool The Masses von Anfang an, ihren eigenen Sound in meinen Gehörgängen zu etablieren.

Photo Credit: Fool The Masses ©Daniel Sadlowski

Shape Me hält das Niveau trotz des fetten Aufreißer-Leads zu Beginn nicht ganz und nimmt mir etwas zu viel Luft aus dem Konzept. Das Gegenteil ist in Dream Talker der Fall. Ein Song, der mir seit dem Gig in Goslar nicht wieder von der Seite weichen möchte. Die einleitenden Riffs und vor allem der Rap-artige Gesang erinnern etwas an Slipknot. Die Lyrics wirken durch den Hintergrund der persönlichen Erfahrung von Frontmann Niklas noch beängstigender. Den Protagonisten plagen lebhafte Albträume, sodass dieser voller Selbstzweifel und Scham zurückbleibt. DJ Vornax gibt in der Halbballade Just A Silhouette den Ton an. Seine Soundlandschaften bilden neben dem treibenden Rhythmus den Gegenpart zu den leidend intonierten Gesangspassagen. Zu jeder Sekunde kann man die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur nachvollziehen und mitleiden. Noch weiter in den schwarzen Abgrund gerissen wird der Hörer im nachfolgenden I Fall Apart. Hört euch nur mal Niklas‘ Aufbäumen und Pushen ab Minute 1:10 an. Wer mag da noch still sitzen? Die Beats wirken jetzt noch stimmiger integriert und geben dem Gesamtsound die nötige Fülle.

Düstere Streicherklänge mischen im Intro von Confessions mit, ehe Technobeats das Geschehen dominieren. Durchladen und Feuer! Der Moshpit kann starten. Leider kann ich der Struktur nur schwer folgen, sodass mich diese knapp vier Minuten etwas ratlos zurücklassen. Wie in Just A Silhouette werden auch in Black Soul nachdenklichere Töne angeschlagen. Passend zur lyrischen Thematik der Reue und Abrechnung mit vergangenen Taten wurde das Musikvideo in einer Kirche gedreht und verstärkt zusätzlich die Stimmung. Geflüsterte Vocals leiten schnellere Passagen ein und auch Streicher bekommen erneut ihren Platz. Was hier aber den Biber richtig zum Steppen bringt, ist Leas wundervolles Solo – einfach nur zum Niederknien! Gott hat uns verlassen und die sanften Töne ebenso. Es darf wieder aus voller Kehle gescreamt und gegrowlt werden. Das, was Niklas am besten kann. Immer wieder wird das Tempo variiert und Nadelstiche in Form von Breakdowns gesetzt. Mein absoluter Wohlfühlbereich, den die Band damit entert. An dieser Stelle kommt auch die Produktion von Bassist Lucas Grünke richtig zum Tragen. Druckvoll, aber nicht zu poliert, scheppert It’s All Lost aus den Boxen.

Seven schlägt leider wieder den leicht orientierungslosen Weg ein, der mich schon bei Confessions aus der Bahn geworfen hat. Ich bin zwar als eingefleischter Prog-Fan wirre Passagen gewohnt, das hier wirkt aber doch eher kopflos. Die pechschwarzen Beats und die wütenden Shouts holen mich in W.S.T.N.O.F. wieder zurück in die Spur. Peter Tägtgren und sein Projekt Pain lassen grüßen. Death Of Me groovt wie Sau und setzt die Endzeit-Visionen mit bitterbösem Vocal fry und Growls aus der Hölle fort. Im Refrain werden die Fäuste schön synchron in Richtung des verhangenen Himmels gestreckt. Den Rausschmeißer markiert die bereits vor einem Jahr erschienene Single Shallow Skin. Sprechgesang und knallharte Riffs dominieren den doch eher klassischen Metalcore-Song. Für Aha-Momente sorgen wie so häufig die wabernden Synths und Leas starke Soli. Besonders die Zeile „Wearing a mask, to hide all my pain having to lie and say: I am okay“ spricht mir aus der Seele. Der Breakdown boxt noch einmal den stärksten Endgegner aus der Umlaufbahn und sorgt für einen gekonnten Abschluss.

Fool The Masses – It’s All Lost
Fazit
Fool The Masses haben auf ihrem zweiten Album NOCH kein absolutes Meisterstück abgeliefert. Jedoch muss man der Band hoch anrechnen, dass sie eben nicht auf den Random-Metalcore-Zug aufspringt oder auf längst ausgetretenen Pfaden wandelt. Das Konzept auf It’s All Lost beinhaltet genügend Stoff zum Nachdenken, Abmoshen und zur Selbstreflexion. Ich freue mich weiter auf abwechslungsreiches Material unter dem Banner des Industrial Metalcore und bin bei Livegigs im Moshpit dabei.

Anspieltipps: Into The Void, Dream Talker und God Has Left Us
Florian W.
8.2
Leserbewertung1 Bewertung
9.3
8.2
Punkte