Kärbholz am 26.10.2024 im MAX Nachttheater in Kiel

Kärbholz ließen die Kieler beim Tourabschluss unfreiwillig lange warten

Die zweite Runde der Wunschkonzert-Tour führt die aus dem südlichen Nordrhein-Westfalen stammenden Kärbholz zum Tourabschluss in die Schleswig-Holsteinische Landeshauptstadt. Seit Wochen ist das Event ausverkauft. Ruppichteroth, einen Steinwurf vom Saarland entfernt, steht als Heimatadresse auf der Homepage. Die 10.000-Seelen-Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis erlangte durch die Band bundesweit Bedeutung.

Doppelbock @ Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Einlass 18 Uhr, bereits 19 Uhr geht es im MAX Nachttheater los. Der Club liegt mitten in einem Wohngebiet und es hat sich schon frühzeitig eine lange Schlange gebildet. Mit 1250 Besuchern ist das Konzert pickepackevoll und viele Kenner des Clubs möchten einen der begehrten Plätze vor der Bühne beziehungsweise auf dem umlaufenden Balkon ergattern.

Zum heutigen Tourabschluss hat das sympathische Deutschrock-Quartett eine bereits 2014 gegründete Folkpunk Band aus Gelnhausen mitgebracht. Doppelbock sind sechs Hessen, die die klassischen Rockinstrumente um ein Akkordeon und eine eigene Bar auf der Bühne erweitert haben. Sie fügen sich mit ihrem deutschsprachigen, druckvollen Gemisch aus Punk und Hardrock hervorragend in das Programm ein. Neun Songs, 30 Minuten, umfasst ihr Set. Sie heizen den sonst so kühlen Norddeutschen unnötig ein, denn es ist kuschelig warm in der Halle. Sie kombinieren folkartige Klänge mit druckvollen Riffs und treibenden Rhythmen. Obwohl sie bei den heutigen Gästen komplett unbekannt sind, kommen ihre Songs gut an. Den Refrain zu Getränkemarkt beherrschen die Gäste nach der ersten Strophe. Da irgendwer in der Truppe Geburtstag hat, kommen Kärbholz mit einem Tablett Schnaps auf die Bühne. Man versteht sich gut und stößt miteinander an.

Kärbholz @ Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Der Ab- beziehungsweise Umbau der Bühne erfolgt in Windeseile. Bereits 15 Minuten später soll es weitergehen. Mikrofone? Check. Gitarren? Check! Die Band kommt auf die Bühne und … es passiert nichts. Es ist der Albtraum eines jeden Tontechnikers passiert. Irgendein Kabel im Kosmos der Bühnentechnik hat kurzfristig den Geist aufgegeben. Schlagzeuger Henning Münch versucht die Zeit mit einem improvisierten Solo zu überbrücken, aber es dauert. Haustechniker kommen mit Messgeräten, es wird hektisch gearbeitet. 30 Minuten vergehen, dann sind es 45. Die Jungs von Doppelbock kommen mit einem Kasten Dithmarscher Urtyp an den Bühnenrand und verteilen großzügig das begehrte Kaltgetränk. Die Temperaturen sind auf sommerliche Strandtemperaturen gestiegen. Eine zweite und dritte Kiste sollte folgen. Dann plötzlich tut sich etwas. 70 Minuten nach dem letzten Ton des Supportes geht es mit einem neuen Versuch los. Kärbholz kommen erneut auf die Bühne, testen vorsichtig alles durch und legen mit ihrem Opener Überdosis Leben furios los. Der Inhalt der Setliste wurde bereits vorher durch ein Online-Voting der Konzertbesucher festgelegt. Vom ersten Moment an teilt sich der Club in zwei Hälften. Der Bühnenbereich mit den Musikern, der Gastbereich mit einem hundertfach mitsingenden Chor. Es geht im Zickzack durch die 20 Jahre Bandgeschichte, demzufolge sind die Fans auch textsicher. Bei Seele Auf Der Haut bildet sich auch noch ein Circle Pit. Ich werde nie verstehen, wie man das bei dem Gedränge hinbekommt.

Kärbholz @ Kiel; Foto: Norbert Czybulka

Zur „Halbzeit“ gönnt sich die Band eine kleine Pause. Zu Voran kommt Gitarrist Adrian Kühn mit einer Akustikgitarre auf die Bühne. Natürlich steht auch hier der Publikumschor wie eine Einheit hinter ihm. Gänsehautgefühl kommt allerdings noch mehrfach auf. Bestes Beispiel dafür ist das folkige Kind Aus Hinterwald gleich im Anschluss. Zu den Zugaben geht es noch einmal richtig rund. Nach den beiden Songs Tiefflieger und Vollgas Rock’n’Roll fragt man sich, warum der Schweiß noch nicht von der Decke tropft. Mit den Songs Mutmacher und Feuerräder ist dann nach über zwei Stunden wirklich Schluss.

Fazit: Kärbholz sind immer wieder für schweißtreibende Konzerte gut. Abende wie heute zeigen deutlich, dass in Kiel Hallen mit Kapazitäten um 2.000 Personen fehlen. Kärbholz? Immer wieder!