Powerwolf, Hammerfall & Wind Rose: Die Wolfsnächte am 04.10.2024 in der Barclays Arena Hamburg

Gibt es irgendetwas auf dieser Bühne, was *nicht* brennt?

Event: Wolfsnächte Tour 2024

Headliner: Powerwolf

Vorbands: Hammerfall & Wind Rose

Ort: Barclays Arena Hamburg

Datum: 04.10.2024

Kosten: ab 60 Euro – gute Plätze deutlich teurer

Genre: Power Metal 

Besucher: Schätzungsweise um die 10.000

Veranstalter: Hamburg Konzerte

Setlisten: Powerwolf | Hammerfall | Wind Rose

Die meisten Bands hoffen zu Tourbeginn vermutlich, dass sie gesund bleiben. Powerwolf scheinen nicht wie die meisten Bands zu denken. Ansonsten würden sie wohl nicht ihren Organisten und Keyboarder, Falk-Maria Schlegel, zum Tourauftakt an einen Pfahl im Scheiterhaufen binden und letzteren dann anzünden. 

Doch bevor es dazu kommt, muss erst einmal eine sehr lange Schlange überwunden werden. Wer aus dem Shuttlebus zur Barclays Arena steigt, steht eigentlich direkt in dieser Schlange, die sich mehrere hundert Meter lang zum Eingang windet. Die Barclays Arena ist eine riesige Sporthalle, mit zwei Ebenen an Rängen auf allen Seiten und Platz für bis zu 15.000 Menschen. Wo sonst die Handballer:innen des HSV spielen und ihre Fans sitzen, sind jetzt ein Pit und Ränge voller Metalheads.  

Auch wenn die Halle – bis auf ein paar abgesperrte Ränge (vor allem hinter der Bühne) – nahezu ausverkauft ist, ist es bei Wind Rose um 18:30 Uhr noch ziemlich leer. Das liegt nicht an ihrer Show: Für mehr als eine halbe Stunde bringen sie eine ordentliche Zwergen-Party in die Halle, besonders Drunken Dwarfes und (selbstverständlich) Diggy Diggy Hole sorgen für viel gute Laune. Fans von ganz ganz klein bis zum erwachsenen Zwerg schwingen ihre Aufblas-Spitzhacken im Takt, so wie fast alle auf dem Handballfeld ihre Fäuste in die Luft recken. Wer jetzt schon hier ist, ist vermutlich auch wegen der italienischen Zwerge hier. Die Stimmung ist gut, aber es ist nur die erste Vorband eines langen Abends.

Joacim Cans und HammerFall haben extrem viel Energie auf die Bühne gebracht.

Nach den Zwergen wird kurz umgebaut und dann fällt der Hammer: HammerFall, Powermetal-Legenden aus Schweden, liefern ein Konzert, das genau so ist, wie ein Heavy Metal-Konzert sein sollte. Eine Stunde purer Energie, Party und Kraft. Für mich persönlich das Highlight des Abends. Als Teenager lief bei mir gefühlt ständig HammerFall, trotzdem habe ich es, wie viele der Anwesenden, bisher nie auf ein Konzert geschafft. Und jetzt spielen sie einfach all die Songs, die sich in mein Gehirn eingebrannt haben (Any Means Necessary, Heeding The Call, Renegade, …) – und ein paar neue Songs wie Avenge The Fallen, die sich perfekt ins Set einfügen. Die Fäuste werden in die Höhe gereckt, alle Kehlen singen mit und Hearts (are) on Fire. 10/10. Einziger Makel für mich: Sie sind nicht die Headliner und nach einer guten Stunde ist Schluss. 

All das soll das Kommende nicht schmälern: Bei Powerwolf fällt zwar um 21:05 Uhr kein Hammer, doch dafür der sprichwörtliche Vorhang, und Sänger Atilla Dorn fährt auf einem Podest aus den Himmeln einer gigantischen Kathedrale. Die ganze Bühne ist verwandelt: Entweder man blickt auf eine brennbare Oberfläche, einen Flammenwerfer oder einen Bildschirm (der oft genug Flammen zeigen wird). Die riesige Videowand im Hintergrund zeigt die Wände einer gigantischen Kathedrale und die Werwölfe beginnen ihre “Heavy Metal Messe” mit Bless ’Em With The Blade und einigen Explosionen und Flammen.

Falk-Maria Schlegel sorgt immer wieder für gute Stimmung

Was jetzt folgt, sind zwei Stunden purer Metal-Wahnsinn samt einer ordentlichen Portion Größenwahn. Es ist nicht einfach nur ein Konzert, sondern eine bombastische Show. Flammen schießen aus der Bühne, aus den Traversen, aus den Rohren einer gigantischen Orgel. Mönche entzünden mit ihren Fackeln einen Scheiterhaufen samt Falk. Weihrauch wird geschwenkt und ein riesiges Schauspiel abgezogen. Falk und Atilla sind Fokuspunkte der Show, treiben so einiges an Schabernack und Stimmungsmache. Und es funktioniert. Manchmal singt das Publikum lauter als die Anlage, auf allen Rängen wird geklatscht und gewunken. 

Und bei allem Größenwahn wirken die Wölfe nicht zwingend unnahbar. Als sie, wie wohl jede Band, das Publikum gegeneinander ansingen lassen (Männer, Frauen, links, rechts, …), rufen sie auch Feuerwehr und Security auf, alleine zu singen. Ein witziger Weg, diese wichtigen Gruppen anzuerkennen, die auf vielen Konzerten untergehen. Wie viel man von den Musikern sieht, hängt jedoch auch sehr vom Platz ab: Von ganz hinten sind selbst die beiden gigantischen Monitore, die die Saarländer zeigen, gar nicht mehr so groß. Die riesige Videowand jedoch, die zu jedem Lied ihr Aussehen wechselt, und die Masse an Pyrotechnik beeindrucken nichtsdestotrotz. Und so stehen und tanzen auch auf den Sitzrängen so einige – zumindest auf der unteren Ebene, die obere wirkt sesshafter. 

Ständig schießen Flammen in die Höhe, während die Videowand ihr Aussehen immer wieder wechselt.

Und das ist der Knackpunkt: Würde ich für eines der kommenden Konzerte der Tour um die 70 Euro ausgeben, um einen der letzten noch freien hinteren Sitzplätze zu bekommen? Die Show ist bombastisch, großartig, keine Frage. Ständig brennt etwas, am Ende regnet ein Funkenvorhang hernieder, die Setlist hat alles zu bieten: alte Klassiker wie Amen & Attack, Party-Hits wie Demons Are A Girl’s Best Friend und ganz neue Songs wie 1589. Oder würde ich probieren, doch noch irgendwie an eine teure Karte für die Stadionsmitte zu kommen? Mit Freund:innen, die die Stimmung mitbringen, sind vielleicht auch die äußeren Ränge ihr Geld wert, man kriegt immerhin über dreieinhalb Stunden Musik und Show geboten. Alleine würde ich aber definitiv näher heranwollen, dichter an die Party, an die Crowdsurfer und den (gar nicht mal so großen) Circle Pit. Es ist schließlich eine Metal-Messe und keine Pyro-Vorführung.