Uprising – III

Antifaschistischer Black Metal gegen die Aluhüte dieser Welt

Artist: Uprising

Herkunft: München, Deutschland

Album: III

Spiellänge: 40:27 Minuten

Genre: Black Metal

Release: 19.07.2024

Label: AOP Records

Link: https://uprisingblackmetal.bandcamp.com/

Bandmitglieder:

Bass, Gitarre und Gesang – W
Schlagzeug – Austin Lunn

Tracklist:

  1. Eternal Mantra
  2. Uprise III
  3. Raise A Glass
  4. A Message To The Hypocrites
  5. While The World Is Burning
  6. Brace Yourself

Wie am Albumtitel III abzulesen ist, existiert das Projekt Uprising schon eine Weile; 2014 war das Jahr nach dem erstmaligen Auftreten einer gewissen deutschen Partei, die hier aus Prinzip und Abscheu mit keiner namentlichen Erwähnung gewürdigt wird. Ob nun als konkrete Gegenreaktion auf diese oder andere politische Gruppierungen, oder auf entsprechende Vibes in der Gesellschaft – worum es Uprising geht und dass dies kein guter alter Black Metal ist, wird ganz schnell klar.

Mit jenem hat das vorliegende antireligiöse Ein-Mann-Projekt zwar die essenziellen Punkte gemeinsam, aber die ebenso essenziellen auch nicht: Während so mancher „guter“ alter Black Metal auf einer Seite spielt, deren Linie schlichtweg nicht zu überschreiten ist, positioniert sich Uprising mit antifaschistischer Kompromisslosigkeit.

Das Anschwellen des RABM (Red and Anarchist Black Metal) ist in Zeiten schlechter Zeichen ein gutes – ohne Anführungszeichen. Und hier haben wir noch dazu ein verdammt gutes.

Es beginnt mit einem sechsminütigen Kampfschrei in alle pro-kapitalistischen Richtungen: Gegen das Eternal Mantra des Gewinnens, unter dem sich die Egel-haft Mächtigen selbst berechtigen, sich am Körper der Masse zu ergötzen, und welches Habenichtse in die Illusion einer Welt der tausend Möglichkeiten einlullt. Aus diesem Rausch gilt es aufzuwachen, „scream with us to tax the rich“! Der Song kommt schnell ins Rollen, es bleibt weder Zeit zum Eingewöhnen noch für irgendwelche Skepsis: Die Dynamik ist fesselnd und die Wut zeigt ihre hundert Fratzen.

Und das durch das gesamte Album hindurch:
Ein über allem erhabenes Gefühl von Bedrohung wird greifbarer in Rhythmen, die kein Marschtempo sein müssen, um den Drang zum Mitmarschieren zu wecken – der Antifaschismus schreitet nicht gemütlich, sondern mit Überzeugung und Selbstsicherheit voran. Die Songs wandeln sich ab und an in kurze, aber intensive Rasereien und wieder zurück und noch bevor sie Gefahr laufen könnten, das Ohr abzunutzen, nimmt sich dessen eine Gitarrenmelodie an, die fast schon etwas Tröstliches hat. Um das Feuer in der Dunkelheit am Lodern zu halten, braucht es schließlich auch ab und zu einen Hoffnungsschimmer.

Besonders Uprise III glänzt kompositorisch sowohl durch Momente monolithischer Schwere, als auch durch Geschick in der Gestaltung von Atmosphäre mithilfe einfacher Details: Die Blast Beats bspw. verleihen den dahinschreitenden Passagen eine gefährliche Unruhe – es brodelt im Untergrund. In seiner Majestät ist der Song unerwartet erhebend, und das fühlt sich in der Düsternis der Musik und der Zweitausendzwanziger Jahre absolut notwendig an.

Das Schwarzmetall von Raise A Glass weist musikalisch und rhythmisch keine groß ausholenden Verkünstelungen auf und ist, vorsichtig gesagt, der Partysong des Albums. Ein Eindruck, den die Simplizität und Melodik der Strophen sowie der live sicher problemlos mitsingbare Schunkel-Refrain bestätigen. Das ist möglicherweise nicht jedermanns und jederfraus Sache, und damit meine ich nicht nur die puristischen unter den Black-Metal-Fans, sondern auch diejenigen, die nach den vorangegangenen beiden Songs stilistisch schlichtweg eingegroovt sind. Für Jene-Welche gibt es instrumental donnernde Zwischenteile, die allerdings auch funktionieren, weil sie wie aus dem BM-Katalog bestellt herüberkommen und einen in dieser Welt halten. Aus der Struktur erschließen sich mir die Gründe für sechseinhalb Minuten Songlänge trotzdem nicht ganz. Durchquälen muss ich mich zum Glück aber nicht, denn insgesamt ist der Track recht süffig und flutscht der Thematik angemessen und in seinen gegensätzlichen Aromen ausbalanciert gut durch – Wenn es schon auf den Weltuntergang zugeht, dann lieber so als anders, nicht?

Songs wie diesen empfinde ich als gute Übung, den eigenen Geschmack unter die Lupe zu nehmen und sich entweder überzeugen zu lassen, oder wenn nicht, dann hinterher wenigstens eine noch präzisere Vorstellung davon zu haben, was gefällt und was nicht. Ich schunkle nicht mal betrunken, insofern ist das hier nicht mein Lieblingstitel auf III, aber dann proste ich eben den Drums zu.

Mit gewaltiger Punk-Energie drischt A Message To The Hypocrites erbarmungslos in die Magengegend und nach dem vorigen Song bin ich nun wieder voll dabei. W keift und rotzt sich fast den Kehlkopf aus dem Hals, die Drumfills und dissonanten Gitarren schwirren umher wie ein Tornado und stürzen auf jeden ein, der sich ergibt, noch wehrt, oder schlicht nach Katharsis lechzt. Mit vier Minuten ist dieser der kürzeste Track, und mehr braucht dieses ordentliche „Fuck you“ auch nicht.

Wer auf seinem Cover Aluhüten und Klimakatastrophe-Ungläubigen den Kopf abschlägt (illustriert von Misanthropic-Art), weckt Erwartungen. While The World Is Burning führt in seiner apokalyptischen Kampfstimmung das Album-Narrativ übergangslos weiter. Gegen wen der Hass gerichtet ist, erzählen eindeutige Lyrics und News-Samples (das einzige, was das Stank Face noch mehr zu verkrampfen vermag, ist Donald Trumps Stimme). Gleichzeitig spielen uns die Gitarren den Schrecken unserer Verdammnis in klagenden Weisen und irritierenden Dissonanzen vor, die an jene anklingen, in denen die Welt auf uns einwirkt. Rhythmisch schleppen wir uns mit hypnotischer Stetigkeit dem Ende entgegen. Das ist nicht einmal eine Drohung, denn auf diesem Album werden im Grunde nur Versprechen gegeben. Das Wichtigste von allen: Es geht um alles, und darum werden wir auch jetzt nicht nachlassen. Welches Genre wäre für diese Art der wutgetragenen Bedingungslosigkeit besser geeignet, als Black Metal?

Brace Yourself fühlt sich sofort an, als wäre man Teil des Sturms, der gerade heraufbeschworen wird. In den Blast Beats, den hellen Tremolos und dunklen Gitarrenanschlägen des kurzen, aber effektiven Intros liegt ein Zerstörungswille, der unwiderstehlich ist. Im Hinblick auf den roten (!) Faden des Albums endet es in diesem Track mit einem Treffer ins Schwarze: Vor allem, wenn man auf dem politischen Spektrum weiter links steht, bläst hier der Rückenwind, den man gerade jetzt braucht, um sich aufzurichten und nach rechts zu stemmen. Die Vocals erreichen einen Augenblick lang eine Intensität, in der man von Ws antifaschistischer Überzeugtheit den letzten Rest an Fassung abfallen spürt, weil sie sich so in ihn (und durch ihn in andere) einzufleischen scheint, dass die einzige Konsequenz eine Explosion der Körperzellen ist. Großartige Darstellungskunst! Auch die kurzen Passagen an cleanen Vocals und subtiles Summen im Hintergrund entfalten eine Wirkung, die prophetisch anmutet.
Der Track ist eine Balance aus Zorn, Unnachgiebigkeit und Herzblut. Das Outro erwischt mich mit seinem trotz Fade-out und Fade-in doch etwas plötzlichen Übergang zu Akustikgitarren und filmischem Voiceover zwar ziemlich kalt und lässt mich stirnrunzelnd zurück, weil das alles für meinen Geschmack einfach zu viel zu sehr zu wollen scheint, aber da das Timing der einzelnen Songabschnitte bisher nahezu perfekt war, behalte ich den Song einfach so in Erinnerung, wie ich ihn bis dahin kannte.

Reflexartiges Mitnicken, weil der musikalische Nerv getroffen wurde, ist bei diesem Album eine natürliche Reaktion, aber ohne jeglichen Inhaltsbezug bleibt dieses Zeichen der Zustimmung ein leeres. Hinzu kommt, dass gerade im Black Metal die Trennung von Musik und Gesinnung, sagen wir, schwierig sein kann, und absichtliches Übersehen von vielsagend mehrdeutigen Textreferenzen somit ignorant, feige oder schlimmeres.
Dagegen lässt Uprising hier niemanden so leicht vom Haken: Die Message des Albums ist eine von ambivalenzlos antifaschistischer und antikapitalistischer Standhaftigkeit, die auch der Kunst nicht geopfert wird: Die Lyrics lassen absolut keinen Raum für Fehlinterpretation und genau das ist auch ein wichtiger Teil dieser gesamten „No Bullshit“-Linie, die kein Abrücken erlaubt. Einige Zeilen würden sich verdammt gut auf Demo-Plakaten machen, für kollektive Momente mit Parolengesängen und Fäusten in der Luft.

Hinsichtlich des Gesangs musste ich mich ein wenig eingewöhnen, wo es sich um cleane oder kieselige Vocals handelt – wohlgemerkt aber nicht, WEIL es sich um solche handelt! Grundsätzlich ist es keine Sünde, „fremde“ Elemente in den Black Metal aufzunehmen oder das Regelwerk mal zuzuklappen (liebe Gatekeeper!). Mir geht es vielmehr um die Gestaltungsweise:
In der Melodieführung des Klargesangs hört man zeitweise Pagan-Anklänge heraus, die an Ws Projekt Waldgeflüster erinnern. Für mich laufen eben solche Melodien Gefahr, in den Kitsch zu kippen, und so befand ich mich anfangs ein wenig in Habachtstellung, um vor potenziell cringigen Kompositionen in Deckung zu gehen. Dies ist letztlich aber nur bei Raise A Glass wirklich nötig. Der klare(re) Gesang ist in den überschaubaren Momenten wirkungsvoll eingesetzt und rüttelt fast noch mehr auf, da er im Kontrast zu den im Genre (von wem auch immer) zum Standard erklärten Screams heraussticht, und mich nicht auf monströse Weise aufreibt, sondern auf menschlicher Ebene anspricht.

Mehrmaliges Durchhören muss ich aber gar nicht erst empfehlen. III ist nicht nur stilistisch eine Wonne des Black Metal, sondern kann sich auch soundtechnisch hören lassen: Die Distortion klingt in der Studioproduktion nicht wie im Oldschool derer, die es mit der „Authentizität“ ihrer Musik etwas zu gut meinen, sondern vielmehr wie eine Hommage daran. Die Soundqualität ist dadurch relativ warm, was der Wucht der Musik sehr zuarbeitet. Das Ohr dankt es und wird von sich aus nach mehr verlangen.

Uprising – III
Fazit
III ist ein Faustschlag. Die bodenständige Produktion und geschickte Kompositionsweise haben unheilvolle Hooks und Arrangements hervorgebracht, die mit Klarheit fesseln. Natürlich sind da die zu erwartenden Beats, die blasten, und die Tremolos, die rauf- und runtertanzen. Wie das halt im Black Metal so ist. Die einzelnen Elemente für sich sind nicht neu, aber das müssen sie auch nicht sein! Wer die Musik dieses Genres liebt, hat schließlich Gründe und wird daher mit diesem Album absolut glücklich! Überschwänglich sogar, wer sich in der BM-Szene nach einem von scharf links wehenden Gegenwind Richtung nicht tolerierbarer Meinungsposten sehnt. Die explosive Energie packt und reißt einem das Innere nach außen. Wie das halt im Black Metal verdammt noch mal so ist!
Die eingestreuten Klargesangslinien mögen anfangs etwas theatralisch anmuten, aber bitte was ist Black Metal, wenn nicht genau das? Mit offenen Ohren riskiert man lediglich, überrascht zu werden, und falls nicht, kratzt der beeindruckende Fry immer noch genug am Trommelfell.

Insgesamt haben wir hier einen in seinem Stolz absolut gerechtfertigten Genrevertreter mit musikalischer Stilsicherheit, inhaltlichem Gewicht und tiefempfundener Wut. Wer angesichts der aktuellen Weltzustände nicht ohnehin schon in Rage war, wird es nach dieser Platte definitiv sein.

Anspieltipps: Uprise III, A Message To The Hypocrites und Brace Yourself
Eva B.
8.5
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