Anvil auf „One And Only“ Europe-Tour am 01.12.2024 im Logo, Hamburg

Metal On Metal Never Will Die

Event: Anvil – One And Only Europe Tour 2024

Bands: Anvil, Jet Jaguar, Viva La Wolfe

Ort: Logo Hamburg, Grindelallee 5, 20146 Hamburg

Datum: 01.12.2024

Kosten: VVK 30 €, AK 35 €

Zuschauer: ca. 200

Genre: Heavy Metal, Speed Metal, Power Metal, Hard Rock, Alternative Rock, Stoner Rock

Links: https://www.logohamburg.de/

Setlist Anvil:

1. March Of The Crabs
2. 666
3. School Love
4. Legal At Last
5. Truth Is Dying
6. Badass Rock ‚N‘ Roll
7. Winged Assassins
8. Free As The Wind
9. On Fire
10. Forged In Fire
11. Mothra
12. Bitch In The Box
13. Swing Thing
14. Jackhammer
15. Metal On Metal

Es gibt Bands mit einer derart langen Geschichte, dass es nicht so einfach ist, den Anfang herauszufiltern. Die Band Lips ist der Vorgänger von Anvil. Die beiden dauerhaften Bandmitglieder waren bereits 1978 der Drummer Rob Reiner und Gitarrist Steve „Lips“ Kudlow, der mittlerweile 68 Jahre alt ist und augenscheinlich gesundheitlich nicht mehr 100 % fit. Doch dazu später mehr. Reiner ist zwei Jahre jünger, und die beiden Herren haben ihre gesamte musikalische Karriere miteinander verbracht. Wie oft oder ob eine Band wie Anvil noch mal in Europa auftaucht, das steht in den Sternen. Folglich gilt für die alten Haudegen: Besuche die Konzerte, solange es sie gibt.

Viva La Wolfe – Logo, Hamburg – 2024

Der Auftakt kommt aus Dänemark und nennt sich Viva La Wolfe. Das Kudlow gerne junge Musiker fördert, ist nicht nur seit der Wacken-Dokumentation zum Metal Battle bekannt. Warum er einer Alternative & Stoner Band den Auftakt überlässt, sorgt bei vielen Fans für Fragezeichen. Die junge Truppe wäre auf zum Beispiel dem Desertfest in Berlin gut aufgehoben. Technisch ist das Dargebotene ebenfalls gefällig, nur passt die Musik überhaupt nicht zu Anvil. Das insgesamt eher gesetzte Publikum ist aber gnädig mit den dänischen Musikern und verabschiedet die Truppe mit Applaus nach 30 Minuten.

Jet Jaguar aus Mexiko haben vor einigen Jahren den W:O:A Metal Battle gewonnen. Der gewünschte Erfolg ist ausgeblieben. Vor circa 15 Monaten waren Jet Jaguar auf dem Headbangers Open Air. Was sofort auffällt: Das Personal hat erneut rotiert. Einen neuen Sänger und Gitarristen haben Jet Jaguar. Im Vergleich zum Auftritt in Brande-Hörnerkirchen steht eine andere Band auf den Brettern. Klar, so eine Tour will finanziert werden, sodass Livemusiker je nach Verfügbarkeit aushelfen. Das sind alles andere als gute Vorzeichen für eine kontinuierliche Entwicklung.

Jet Jaguar – Logo, Hamburg – 2024

Zumindest gibt es jetzt Metal. Aber wie schon auf dem Headbangers Open Air scheinen Jet Jaguar ihren Style noch nicht gefunden zu haben. Blast Beats sind irgendwann zu vernehmen, genauso Keyboardklänge aus der Konserve, die ein Hard-Rock-Stück in Richtung Gothic hieven. Insgesamt setzt das Quartett auf eine dunkle Attitüde, die fast alle metallischen Spielarten streift. Die 40 Minuten der Truppe hinterlassen ähnliche Fragezeichen wie beim Festivalauftritt. Eventuell sollten Jet Jaguar sich auf eine grobe Richtung fokussieren. Wenn es eher das schwarzmetallische Dasein ist, dann sollten die Nummern entsprechend aus den Boxen knattern. Der aktuelle Genremix sorgt für einen ständigen Richtungswechsel und ermüdet auf Dauer.

Anvil – Logo, Hamburg – 2024

Die Menschen, die erst gegen 21 Uhr in den Club kommen, haben bezüglich der Vorbands nicht viel verpasst. Der Club ist für einen Sonntagabend im Dezember gut gefüllt, aber weit von einem Sold Out entfernt. Gegen 21:15 Uhr kommen die drei Protagonisten auf die Bühne und Kudlow schnappt sich seine Gitarre und stürmt erst mal ins Publikum. Das instrumentale March Of The Crabs vom 1982er-Bestseller Metal On Metal eröffnet den Gig von Anvil. Was sofort auffällt: Kudlow scheint keine ruhige Hand mehr zu haben. Es reicht, um die Saiten zu bearbeiten, aber insgesamt macht Kudlow gesundheitlich nicht den besten Eindruck. Ob eine 46-tägige Tour für ihn das Beste ist, ist auf jeden Fall mit einem Fragezeichen zu versehen. Aber Kudlow scheint hier ähnlich unterwegs zu sein, wie andere Musikerkollegen. Solange es irgendwie geht, geht es auf die Bühne. Es wird früh genug nicht mehr funktionieren. So ähnlich sieht es auch das Publikum, bei dem die Haarfarbe grau oder keine Haare dominiert.

Anvil – Logo, Hamburg – 2024

666 ist der nächste Kracher, dieses Mal mit Vocals. Stimmlich hört sich Kudlow aber nach wie vor gut an. Dass er den Zahn der Zeit nicht aufhalten kann, versteht sich von selbst. Ein Vergleich zu den Vocals auf den Scheiben aus den 80ern verbietet sich aus Respekt vor dem musikalischen Gesamtwerk.

Wir sind bei einem Old-School-Konzert, wo es nicht nur ein Gitarrensolo gibt. Kudlow ist im Erzählmodus. Es gibt diverse Anekdoten und Geschichten zu den jeweiligen Songs. Das betrifft den Oldie des Sets (School Love) genauso, wie den recht aktuellen Titel Truth Is Dying. Kudlow bemängelt, dass in allen möglichen Medien kaum mehr Wahrheit von Lüge zu unterscheiden ist.

Anvil – Logo, Hamburg – 2024

Anvil liefern ein ziemliches Old-School-Set, bei dem insgesamt neun Tracks von den ersten drei Longplayern stammen. Forged In Fire bildet mit dem Titeltrack, Free As The Wind und Winged Assassins den Mittelteil. Metal On Metal konzentriert sich auf den Anfang und das Ende, das natürlich nur Metal On Metal sein kann. Kudlow steht zum Ende der Nummer erneut im Publikum und feiert mit den Fans zu Sweet Caroline (Neil Diamond) als Abspann. Fotos, Autogramme etc. sind alles kein Problem. Anvil sind auch in ihrem fünften musikalischen Jahrzehnt eine Band mit dem Draht zu den Fans.

Was gibt es zu kritisieren? Natürlich haben Anvil ihre Blütezeit hinter sich. Ob das x-te Gitarrensolo, der gefühlt zehnte endlose Redebeitrag und dazu noch ein ausgiebiges Drum-Solo zeitgemäß sind, steht auf einem anderen Programm. Auch der Sound wackelt gelegentlich, ist aber insgesamt für das Logo okay. Erlaubt ist, was Spaß macht und Spaß haben Anvil und ihr knapp 100-minütiges Programm gemacht. Die Kunstpausen bei Soli oder Redebeiträgen erlauben den Herren, Luft zu holen.

Es bleibt festzuhalten, dass die Anfänge der metallischen Musik so langsam, aber sicher auf ihre Lebenszielgeraden kommen. Das trifft nicht nur auf Anvil zu, auch Iron Maiden, Jag Panzer oder Saxon dürften nicht mehr oft zu sehen sein. Daher gilt: Hingehen, solange es möglich ist.