Das Interview mit Marco Grasshoff von AngelInc zum Album Resistance For All

Artist: AngelInc

Herkunft: Duisburg, Deutschland

Genre: Modern Metal, Groove Metal

Label: RMB Records

Link: https://www.facebook.com/AngelInc2012 und http://www.angelinc.de

Bandmitglieder:

Gesang – Marco Grasshoff
Leadgitarre und Gesang – Jean Bormann
Gitarre – Mike Burns
Bassgitarre – Ilker Ersin
Schlagzeug – Guido Gallus
 

Time For Metal / Heike L.:

Hallo Marco, zunächst einmal herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Anscheinend bist Du ja ein vielbeschäftigter Mann, wenn man sich so anschaut, mit welchen Bands Du unterwegs bist. Kannst du vielleicht einmal grob zusammenfassen, um welche Bands es sich handelt und wie es dann dazu kam, dass Du die Band AngelInc gegründet hast?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Hi, ich nehme mir die Zeit natürlich sehr gerne. Schließlich sollen die Leute erfahren, was es mit AngelInc auf sich hat. Neben meinen Aktivitäten bei AngelInc bin ich Keyboarder bei Redrum, Powerworld und Michael Bormann. Keys waren bis dato immer mein       Hauptinstrument, und ich hätte mir in dem einen oder anderen Projekt manchmal mehr Härte gewünscht. Als ich irgendwann eingesehen hatte, dass keiner im Powermetal oder Hardrock auf meine Growls oder Groove Metal Riff-Ideen eingehen wird, hatte ich beschlossen, mir ein wenig Gitarre und Studio Know-How anzueignen, um meine eigenen Songs zu schreiben. Auch gesungen hatte ich vorher noch nie. Die ersten Growls habe ich morgens nach einer Party versucht und einfach mal aufgenommen. Daraus entstand dann später der erste Song des Debutalbums: Motherland.
Am Anfang ging alles sehr schleppend voran, wir sprechen hier von einigen Jahren, aber als ich dann ca. Mitte 2012 genügend Songs zusammen hatte, um ein Album zu recorden, habe ich begonnen, nach den richtigen Musikern für AngelInc zu suchen. Als erstes war Guido im Boot, danach Jean und dann Ilker. Mike kam als letztes hinzu.

Time For Metal / Heike L.:

Die Erklärung zum Bandnamen AngelInc auf Eurer Homepage habe ich schon verstanden, aber es hätte ja auch einige andere Möglichkeiten gegeben, diesen schmalen Grat zwischen „Gut und Böse“ in einen Bandnamen zu packen. Wer kam denn auf AngelInc und vor allem, wie?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Ja das war funny, viele meiner Freunde sagen, ich wäre ja solch ein netter Kerl, aber wenn sie mich nicht kennen würden, wollten sie mir nicht im Dunkeln begegnen. Außerdem könne ich schreien wie der Teufel. Hahaha.
Sätze dieser Art kamen nicht selten und da ich songwriting-technisch auch geplant hatte, sowohl Growls als auch Melodien einzuflechten, war klar, dass ich die Gratwanderung zwischen Gut und Böse zum Thema machen wollte. Irgendwas mit Angel sollte es werden. Als ich dann letztlich einen Metaller kennen lernte, der auf einem Arm Angelus und auf dem anderen Arm Incubus tätowiert hatte, und wir eine nette Unterhaltung über die Findung des Bandnamens führten, kam dabei dann AngelInc heraus.

Time For Metal / Heike L.:

Der Stil von AngelInc ist ja nun ein ganz anderer als der von Michael Bormann und Redrum, und auch zu Powerworld gibt es doch einige Unterschiede. In welche Richtung gehst Du denn persönlich am liebsten?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Mein Musikgeschmack ist wirklich sehr breit gefächert, und es kommt immer auf die Stimmung an, worauf ich gerade Lust habe, wenn ich etwas komponiere. Ursprünglich war ich immer sehr Prog-geschädigt. Und ich spiele nach wie vor gerne Keys, aber momentan fühle ich mich immer mehr zur härteren Gangart hingezogen. Und da ich bei AngelInc letztlich auch entscheide, wie die Songs arrangiert sind, kann ich mich dort auch besser verwirklichen. Außerdem finde ich es auch sehr spannend, mich mit meinem neuen Instrument, meiner Stimme, auseinanderzusetzen.

Time For Metal / Heike L.:

Ich hatte ja schon in meinem Konzertbericht zu Eurer Double-Headlinershow (hier) geschrieben, dass auch andere Mitglieder von AngelInc noch in weiteren Bands involviert sind, wobei Ihr auch da teilweise wieder zusammen spielt. Ist es Dir eher leicht oder schwer gefallen, sie auch für eine Mitarbeit bei AngelInc zu gewinnen?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Nun, was Guido und Jean angeht, ist mir diese Entscheidung sehr leicht gefallen. Guido ist einer meiner langjährigen Begleiter und einer meiner besten Freunde. Außerdem grooved er ohne Ende. Ein State-of-the-art Drummer, wie er sein sollte. Und Jean kam irgendwann in das Studio, was ich mir mit seinem Onkel Michael teile. Als ich sah, was der damals noch 17jährige Jean für ein Talent mitbringt, war mir sofort klar, dass er der Richtige für den Job sein wird. Ich werde nie vergessen, als er mir sein allererstes selbst komponiertes Solo zu Against the Stream vorspielte. Da war die Sache klar. Ich brauchte einen Gitarristen, der motiviert und talentiert ist. Dass er sich zu der Rampensau entwickeln würde, die er heute ist, habe ich kommen sehen, und bin froh, ihn dabei zu haben. Mit Ilker hatte ich den Deal, dass ich bei Powerworld Keys spiele und er im Gegenzug den Bass bei AngelInc spielt. Letztlich ist es immer eine gute Entscheidung, zuerst im eigenen Umfeld die richtigen Leute zu suchen. Da weiß man im Vorfeld schon ziemlich gut, was man kriegt und kann sich viel Ärger mit Leuten ersparen, die nicht funktionieren.

Time For Metal / Heike L.:

Erschwert es die Sache nicht erheblich, wenn man auch noch in anderen Bands ist? So könnt Ihr z. B. momentan keine eigenen Shows veranstalten, weil ja Jean Bormann mit Fallbrawl unterwegs ist. Und wenn Michael Bormann seine nächste Tour startet, sind ja gleich zwei Mitglieder von AngelInc mit eingebunden, bei Powerworld wären es sogar drei (falls ich mich nicht verzählt habe)…

AngelInc / Marco Grasshoff:

Nun, es könnte tatsächlich irgendwann zu einem Problem werden, allerdings werden alle Termine vorher abgeglichen. Und es wissen alle Bescheid, dass AngelInc für Jean, Guido und mich im Moment am wichtigsten ist. Das wird respektiert und im Terminkalender entsprechend berücksichtigt.

Time For Metal / Heike L.:

Bei den anderen Bands stehst Du ja immer auch am Keyboard, bei der Double-Headlinershow hattest Du nur das Mikro in der Hand. Wie fühlst Du Dich denn auf der Bühne wohler?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Ich fühle mich auf der Bühne immer wohl, egal ob als Tastenquäler oder Schreihals, allerdings ist das mit dem Gesang noch immer ziemlich neu für mich, und genau das reizt mich momentan sehr. Man hat halt mehr Möglichkeiten zur Interaktion, und letztlich hält man alle Zügel in der Hand, um die Show zu steuern. Ich lerne im Moment bei jeder Show etwas Neues dazu. Das macht echt Bock! Es erinnert mich auch daran, wie ich damals als Keyboarder anfing, die ersten Bühnenerfahrungen zu sammeln.

Time For Metal / Heike L.:

Bis auf zwei Lieder hast Du zu allen Songs sowohl die Texte als auch die Musik geschrieben. Was ist denn zuerst da? Und hast Du überall kleine Zettel liegen, damit Du Dir eventuelle Ideen sofort aufschreiben kannst? Und wie war es bei den zwei Songs, wo die Musik gemeinsam von Dir und Mike Burns bzw. Jean Bormann geschrieben wurde? Kamen die mit ihren Ideen zu Dir?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Texte und Musik entstehen zunächst getrennt. Das mit den Zettelchen stimmt auch. Manchmal sitze ich rum und ich ärgere mich über irgendetwas, dann bring ich ein paar Zeilen zu Papier und fotografier es mit dem Handy ab. Später schau ich, was zur komponierten Musik passen könnte und überarbeite den Text dann entsprechend, damit die Silben auf den Groove passen. Die Songs, die ich mit Mike und Jean geschrieben habe, liefen so ab, dass Sie mir die Riffideen einspielten und ich daraus letztlich ein Arrangement gemacht habe, was in Groove und Lyrics für mich stimmig war. Damit fahren wir momentan ganz gut, und so wird es beim zweiten Album auch größtenteils ablaufen.

Time For Metal / Heike L.:

Du hast ja auch alles andere rund um das Album gemacht, also Produktion, Mix, Mastering. Wie lange hat es denn insgesamt von den ersten Ideen für das Album bis zum finalen Produkt gedauert? Und denkt man dann vielleicht bei den finalen Arbeiten doch noch ab und zu, dass man dieses oder jenes auch anders hätte machen können?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Ich habe alles gemacht außer das Mastering. Das hat Michael Bormann übernommen. Dies lag nah, da er entsprechenden Abstand zum Songmaterial hatte und man auch als Songschreiber einfach nicht objektiv genug sein kann, um es selbst zu erledigen.
Die Zeit von den Ideen bis zur fertigen Produktion kann man heute gar nicht mehr nachvollziehen, da ich die ersten Ideen schon vor 8 Jahren hatte, während ich mir ein wenig Gitarre beibrachte. Zu dem Zeitpunkt muss Jean ca 12 Jahre alt gewesen sein, hahaha… Dann hatte ich auch dazwischen mal 2 Jahre Pause. Und erst, als ich Jean 2012 kennenlernte und ins Boot holte, war mir klar, dass aus meinem Nebenher-Projekt nun eine richtige Band werden würde. Letztlich waren wir dann ca. zwei Jahre beschäftigt, alles neu zu recorden und zu mischen, da auch das Mixen ein Lernprozess für mich war, der mehr Zeit kostete, als ich vorhergesehen hatte. Wir hatten währenddessen auch schon angefangen zu proben, weil das Set ebenfalls stehen sollte, bis die Platte fertig werden würde. Einen Festplattencrash gab’s in der Zeit auch noch, da mussten dann plötzlich noch einmal 3 Songs neu aufgenommen werden. Und ja, ich habe im Mixingprozess tatsächlich noch den einen oder anderen Part ergänzt oder entfernt. Resistance For All war echt ein Mammutprojekt. Aber letztlich habe ich mein Ziel erreicht. Ich lernte, wie man recordet, mischt und produziert, meine Stimme wirkungsvoll einzusetzen und habe es tatsächlich geschafft, auch noch eine funktionierende Band auf die Beine zu stellen. Das hat mir wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, niemals aufzugeben.

Time For Metal / Heike L.:

Die Texte auf Eurem Album Resistance For All behandeln ja Themen, die man nicht wirklich als „leichte Kost“ bezeichnen kann. Es geht um Kriegstreiber, korrupte Politiker, sexuelle Gewalt, Totalüberwachung usw., und jeder halbwegs gebildete Mensch sollte die von Dir besungenen Tatsachen längst kennen. Meinst Du denn, dass Du trotzdem mit diesen Songs irgendetwas bewirken kannst, oder musstest Du Deine Wut einfach „nur“ mal rauslassen?

AngelInc / Marco Grasshoff:

AngelInc ist, was meine Wut in Bezug auf Lyrics und Musik angeht, tatsächlich ein echtes Ventil für mich. Eine Ballade kann ich mir von uns nicht vorstellen. Ich bin ein Mensch mit einem sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, und all diese Dinge kotzen mich einfach so sehr an, dass ich AngelInc natürlich zum Anlass nehme, mir das alles von der Seele zu schreien. Wenn ich damit auch nur eine einzige Person zum Nachdenken anregen kann, ist das mehr als willkommen – wenn nicht, ist mir das auch egal. Ich mach’s trotzdem! Und ich werd’s immer wieder tun. Ich weiß nicht, was ich beängstigender finden soll: Dass es auf dieser Welt so viel Ungerechtigkeit und Ausbeutung gibt, oder dass es sich die Leute einfach viel zu wenig bewusst machen und nicht mehr fähig sind, für gewisse Dinge auch mal auf die Straße zu gehen? Die meisten Menschen sind leider überhaupt nicht daran interessiert, darüber nachzudenken oder gar zu versuchen, etwas zu ändern, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt sind, in diesem System zu funktionieren, als es zu hinterfragen.

Time For Metal / Heike L.:

Für das „Wut rauslassen“ spricht ja auch die musikalische Ausrichtung und auch Dein Gesangsstil. In anderen Reviews tauchte des Öfteren mal der Name Sepultura auf, ich hatte auch noch Lamb Of God und Disturbed genannt. Schmeicheln solche Vergleiche, können sie vielleicht auch zu Missverständnissen führen oder interessieren sie Dich eher weniger?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Ich finde, die genannten Bands können geschmeichelt sein, dass sie mit uns in Verbindung gebracht wurden! Hahaha, das war natürlich nur ein Scherz. Nein, aber im Ernst: das ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal. Wir sind AngelInc und Punkt.

Time For Metal / Heike L.:

In meinem Review (hier) hatte ich ja auch geschrieben, dass man sich ruhig mal des Öfteren in der lokalen Musikszene umschauen sollte. Ich mache das mit Begeisterung und habe dabei schon viele tolle Bands entdeckt. Wie siehst Du denn die Szene hier im Pott? Über zu wenige Locations und Veranstaltungen können wir uns ja nicht beklagen, im Gegenteil…

AngelInc / Marco Grasshoff:

Die Musikszene im Pott ist riesig. Was ich nur echt nicht mehr hören kann, ist dieser ganze Singer/Songwriter Kram, der einem fast an jeder Ecke begegnet. Aber das ist rein persönlich und letztlich Geschmacksache. Ansonsten gebe ich Dir Recht, dass man sich wirklich als Konsument mehr mit der lokalen Szene beschäftigen sollte. Man entdeckt dabei so einiges an guter Musik und Musikern.

Time For Metal / Heike L.:

Apropos Veranstaltungen: Ist denn schon irgendein weiterer Auftritt mit AngelInc geplant? Oder wird man Dich erst mal nur mit Michael Bormann wieder auf der Bühne sehen?

AngelInc / Marco Grasshoff:

Gigs sind definitiv in Planung. Wir versuchen gerade einige Gigs an Land zu ziehen und anhand der ersten Zusagen eine kleine Tour drum rum zu planen. Ihr dürft also gespannt bleiben. Als nächstes kommt außerdem noch eine Single-Auskopplung auf Youtube und ein neues Video. Da verhandeln wir gerade Konditionen und müssen schauen, wann es zeitlich passt. Allerdings wollen wir auf jeden Fall so schnell wie möglich zurück auf die Bühne. Das ist im Moment das Allerwichtigste für uns.

Time For Metal / Heike L.:

Und das war es auch schon. Die letzten Worte hast Du.

AngelInc / Marco Grasshoff:

Tja, was soll ich sagen. In AngelInc steckt sehr viel Herzblut. Dieses Album ist vielschichtiger, als es beim ersten Hören vielleicht scheinen mag. Nehmt Euch die Zeit!

Ich hoffe, vielen von Euch „on the road“ zu begegnen. Ich freue mich auf Euch!

Stay loud! Stay metal! Stay „Resistance For All“!

Cheers Marco