Stefán über seine Band Árstíðir Lífsins und die EP Þættir úr sögu norðrs

Artist: Árstíðir Lífsins

Genre: Black Metal

Label: Van Records

Link: http://www.arstidirlifsins.net/

Bandmitglieder:

Gesang – Marsél,
Gitarre, Bass, Gesang – Stefán
Schlagzeug, Gesang – Árni

Arstidir Lifsins  Band Bild 2014 April

Time For Metal / Dominik B.:

Hallo Stefán,

erst einmal Glückwunsch zur sehr gelungenen EP – Þættir úr sögu norðrs. In welchem Kontext steht die EP in eurer Diskographie? Auf eurer Homepage gebt ihr bereits einen Bezug zu eurem letzten Album an, wo liegt hingegen die Brücke zum kommenden dritten Album, das im Sommer 2014 zu erwarten ist?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Hallo  Dominik,

vielen Dank für dein außerordentlich positives Review. Die nun kürzlich veröffentlichte EP ‚Þættir úr sögu norðrs‘ stellt in gewisser Weise das Bindeglied zwischen der 2013 veröffentlichten Split CD/LP mit Helrunar und dem nun im Spätsommer anstehenden dritten Album dar. Diese Bindung ist sowohl musikalischer als auch persönlicher Natur: Die ersten zwei Stücke sind in derselben Aufnahme wie das kommende Album entstanden und weisen einige neue Merkmale unseres Stils auf (mehr Chöre und Sprecher-Parts), während das letzte Lied noch von den Aufnahmen unseres letzten Albums ‚Vápna lækjar eldr‘ von 2012 her stammen. Dort hatte noch das weitere Gründungsmitglied Georg (Drautran) mitgesungen, der aber vor den neuen Aufnahmen ausgestiegen ist.

Time For Metal / Dominik B.:

Musikalisch werdet ihr unter dem recht weitgreifenden Titel „Black Metal“ geführt, meiner Meinung nach wird dieses Label euch aber nur bedingt gerecht, zumal euer textlicher Ansatz in eine völlig andere Richtung geht und dabei vom Konstrukt viel eher Gemeinsamkeiten zu den frühen Amorphis aufweist. Wie würdet ihr euch selber beschreiben?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Die musikalische Eingrenzung ist bei Árstíðir Lífsins wirklich nicht einfach. Black Metal allein ist da sicher genauso wenig zutreffend wie etwa Folk Metal oder Pagan Metal (was auch immer diese beiden Terms genau bedeuten mögen). Ich denke, dass man unsere Musik und inhaltliche Ausrichtung in ähnlicher Weise als Black Metal bezeichnen kann, wie dies etwa bei Enslaved oder Primordial betrieben wird, die ja jeweils auch historisch-literarische Motive in ihren Lyrics aufgreifen. Black Metal in seiner ursprünglich satanischen Ausrichtung ist daher alles andere als passend, aber heute in seiner großen Diversität immerhin auch nicht gänzlich falsch.

Time For Metal / Dominik B.:

Die Struktur der Lyrics steht aufgrund eures Interesses an altisländischer Kultur logischerweise auch im kulturellen Kontext derer. Könnt ihr unseren Lesern erklären, warum die Arbeit mit Versen und Reimbildern des Altisländischen/Altenglischen reizvoller ist und warum man sich darin ziemlich prägnant ausdrücken kann?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Unsere Lyrics sind nur in Ausnahmefällen von einem altnordischen Stabreimshema bestimmt, etwa bei der nun kürzlich erschienenen ‚Þórsdrápa‘ im hochmittelalterlichen Hofton des Dróttkvætt. Überwiegend werden zwar skaldische Strophen in den Text eingearbeitet, ansonsten schreibe ich aber im Fließtext mit Rückgriff auf einer Vielzahl an Kenningar und Heiti (poetische Umschreibungen). Der Reiz, diese vergleichsweise archaischen Ausdrucksformen zu wählen liegt für mich vor allem darin, die direkteste Sprachform zu wählen, die vorhanden ist, um den tatsächlichen Inhalt der Texte so konform wie möglich wiederzugeben. Außerdem eignet sich die isländische Sprache aufgrund ihres melodiösen Klangs hervorragend für die Musik von Árstíðir Lífsins. Andere Sprachen wie etwa Norwegisch, Englisch oder Deutsch würden den Charakter der Band nur sehr ungenau einfangen.

Time For Metal / Dominik B.:

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei der Komposition der Titel mitunter zu Schwierigkeiten kommen kann, zumal alle Mitglieder recht weiter voneinander in Deutschland, Schweden und Island zerstreut wohnen. Wie laufen Arbeitsprozesse ab? Wer ist der Chef innerhalb der Band? Wie realistisch sind Live-Aktivitäten?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Die Mitglieder leben derzeit nur in Deutschland und Island, was aber ohne Frage bereits eine riesige räumliche Distanz darstellt. Da jedoch der kompositorische Kern der Band nur aus mir, Marsél und Árni besteht, müssen glücklicherweise zu den Kompositionsprozessen immer nur wir drei uns treffen, was gewöhnlich in Reykjavík/Island oder Hamburg/Deutschland geschieht. Danach werden alle Instrumente in Deutschland und Island aufgenommen. Erst zum Schluss kommen die Gesänge hinzu, die jedoch mit Abstand am meisten Arbeit erfordern. Bzgl. der Live-Aktivitäten ist es bisher nicht realistisch erschienen, zu spielen, da insbesondere die Kosten für Flüge usw. doch relativ hoch sind. Vollkommen vom Tisch ist diese Angelegenheit aber nicht und wir arbeiten bereits seit einer geraumen Zeit daran, ein stabiles Line-Up zusammenzustellen.

Time For Metal / Dominik B.:

Wird auf der kommenden CD die Konzeptgeschichte um die Blutfehde der ersten beiden Alben weitergeführt oder bleibt der textliche Inhalt bis zum Release unter Verschluss, zumal auf der Homepage nur kryptisch gesagt wird, dass es thematisch erneut um die Vergangenheit der Isländer gehen wird?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Ja, die Konzeptgeschichte, die auf den bisherigen Alben erzählt wurde, wird konsequent weitergeführt: Wie bereits in den letzten Zeilen von ‚Vápna lækjar eldr‘ erwähnt, überleben zwei Brüder einen Mordbrand am Hof des Protagonisten. Diese stellen die zwei Hauptprotagonisten auf dem dritten Album namens „Aldaföðr ok munka dróttinn“ dar, welches historisch die turbulente Zeit der Christianisierung Islands im Jahre 999/1000 beschreibt. Dabei habe ich besonders darauf geachtet, dass sowohl vor-christliche als auch eben christliche Denkweisen und Ansichtspunkte zur Geltung kommen und vor allem durch die vielen skaldischen Verse, die wir verwendeten, bestärkt werden.

Time For Metal / Dominik B.:

Wie schwerwiegend ist der Abgang eures Mitglieds Georg gewesen? Zumal er hauptverantwortlich für die Lyrics war? Ist zu erwarten, dass er zumindest textlich weiter im Hintergrund wirken wird?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Georgs Weggang von der Band war für uns eine persönliche Herausforderung, da er mir, Árni und Marsél ein wirklich guter Freund geworden ist, nicht nur durch seinen Beitrag zu Árstíðir Lífsins. Aus lyrischer und musikalischer Hinsicht war dies jedoch weniger dramatisch, da die Lyrics von mir geschrieben werden. Einzig die Lyrics zu dem Song ‚Hrafns þáttr réttláta‘ hat er geschrieben. Alle anderen stammen aus meiner Feder oder einiger längst verstorbener isländischen Autoren des 10.-13. Jahrhunderts.

Time For Metal / Dominik B.:

Wo lässt sich musikalisch der größte Entwicklungsschritt sehen? Ich finde, dass insbesondere die Metal Vocals eine eindeutige Steigerung durchgemacht haben und sehr druckvoll produziert worden sind, wie seht ihr die Sache? Was ist für euch der größte Entwicklungsschritt, in welchen Bereichen wolltet ihr euch verbessern?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Ich denke, dass wir insbesondere zwischen dem ersten und zweiten Album einen großen Schritt getan haben und wesentlich direkter und kompakter geworden sind. Seit der Split CD/LP mit Helrunar wiederum haben wir mehr Wert auf Chorarrangements gelegt, genauso wie wir uns mehr und mehr um die Einbindung der klassischen Instrumente wie Geige oder Cello bemühten. Das nun bald kommende Album wird all das wesentlich stärker beinhalten als alle anderen vorherigen VÖs.

Time For Metal / Dominik B.:

Ist die Band mittlerweile mehr als nur Hobby und lässt sich bereits davon leben?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Nein, leben lässt sich von der Band selbstverständlich nicht. Glücklicherweise fallen aber auch keinerlei Produktions-, Reise- und Aufnahmekosten an, da diese samt und sondern von Ván Records übernommen werden. Über diese Umstände sind wir bereits außerordentlich dankbar.

Time For Metal / Dominik B.:

Kurioserweise lässt sich eure Musik komplett im Spotifykatalog finden, was nicht unbedingt angesichts des sehr speziellen Adressantenkreises zu erwarten ist. Hat man als Band darauf einen Einfluss oder sorgt das Plattenlabel, in diesem Falle Ván Records, für die Lizensierung auf der Plattform? Was fällt mehr ins Gewicht in puncto Finanzen, Direktkäufe beim Label oder Spotifyklicks? Wieviel überweist der Musikdienst pro Titel?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Wir als Band bekommen soweit keine Anteile an den digitalen Verkäufen, die gehen komplett an Ván Records. Da aber der Kundenkreis größtenteils aus Käufern besteht, die unsere CDs und LPs bei Ván Records direkt oder eben über andere Mailorder oder Shops kaufen, ist mir der Umstand der bezahlten digitalen Downloads auch relativ egal.

Time For Metal / Dominik B.:

Vielen Dank für die Auskünfte. Die letzten Worte im Interview gehören euch, was möchtet ihr den Time For Metal-Lesern abschließend mitgeben?

Árstíðir Lífsins / Stefán:

Vielen Dank für das Interview. Hört in ‚Þættir úr sögu norðrs‘ rein; die EP wird euch nicht enttäuschen.