Anno dazumal …, 31.05.1984: Pink Floyd – Movie The Wall kostet Lehrerin den Job

Skurrile Geschichten aus der Welt der Musik

Es ist der 31.05.1984, ein Tag vor den Ferien. Lehrerin Jacqueline Fowler will ihren Schülern etwas Gutes tun und so dürfen sich die Racker einen Film aussuchen, den sie während des Unterrichtes schauen dürfen. Die Gelegenheit lassen sich die 14- bis 17-jährigen nicht entgehen und wählen The Wall der britischen Prog Götter Pink Floyd. Die Lehrerin, die seit vielen Jahren an der staatlichen Highschool in Kentucky Sozialkunde und Latein unterrichtet, stimmt zu …, ein folgenschwerer Fehler, wie sich später herausstellt.

Es ist eine alte Tradition, dass sich die Schüler am letzten Schultag einen Film aussuchen können, damit die Lehrer in der Zeit noch die letzten Zeugnisse schreiben können. Was nach einem ruhigen Schultag und nach entspannter Arbeitszeit für die Lehrerin klingt, soll für Fowler noch eine viel entspanntere Zeit nach sich ziehen. Die Lehrerin hat den Film bisher nicht gesehen und auch die Band Pink Floyd kennt sie nur vom Namen her und deshalb weiß sie nichts von dessen nicht ganz jugendfreiem Inhalt. Ein Schüler versichert ihr, es gäbe darin nur eine bedenkliche Szene und deshalb begibt sie sich in die örtliche Videothek, um den Film auszuleihen. Die Mitarbeiterin des Filmverleihs klärt sie noch auf, dass es in dem Film einige Nacktszenen gäbe, der Inhalt aber durchaus wichtig für Teenager wäre, da sich der Streifen mit sozialen Themen auseinandersetze.

Während der Vorführung bittet Fowler den Schüler, der den Film bereits kennt, die Bilder der bedenklichen Szenen unkenntlich zu machen, indem er einen Ordner davor halten soll. Ein vertrauensvoller Job, dem 14- bis 17-jährige Schüler natürlich ganz zielsicher und getreu nachgehen. Der Streifen ist von der MPAA (Motion Picture Association of America) mit einem R gekennzeichnet, welches für Restricted steht und bedeutet, das Jugendliche unter 17 Jahren den Film nur im Beisein einer Aufsichtsperson sehen sollten, da er Darstellungen von Gewalt, Sexualität und Drogenkonsum enthält. Erziehungsberechtigten wird davon abgeraten, ihren Kindern diesen Film zu zeigen. Nun sind Lehrer zwar Aufsichtspersonen, aber doch keine Erziehungsberechtigte, ein weiterer folgenschwerer Denkfehler …, die Lehrerin verlässt während der Filmstunde das Klassenzimmer und widmet sich ihren Zeugnissen.

Die Kinder haben mächtig Spaß mit Pink Floyd, allerdings ist nicht überliefert, ob der stellvertretende Schuldirektor auch Spaß hat, der während der Vorführung das Klassenzimmer betritt. Eher nicht, denn der Film wird eingezogen und mit dem Schulausschuss vom Lincoln County geschaut. Das Urteil, der Film richtet sich gegen Bildung, gegen Familie, gegen Gesetz, gegen Polizei und ist völlig unmoralisch. Da die Lehrerin den Film auch nicht mit den Schülern nachbespricht, wird ihr Arbeitsvertrag aufgelöst und hat nun viel Zeit, The Wall zu schauen.

Sie erklärt dem Gremium, dass der Film wertvoll sei, weil er von Entfremdung der Menschen und den Gefahren eines repressiven Schul- und Erziehungssystems handele. Sie erklärte, gäbe es den Film in einer jugendfreien Version, würde sie diesen mit den Teenies schauen und nachbesprechen, doch alle Erklärungsversuche und Entschuldigungen bringen nichts. Fräulein Lehrerin zieht vor Gericht und beruft sich auf den ersten Artikel der amerikanischen Verfassung, dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Der Richter gibt ihr Recht und so erhält sie ihren Job zurück und zudem 10.000 Dollar Schmerzensgeld für die seelische Belastung während der Arbeitslosigkeit.

Ente gut, alles gut, sollte man meinen, doch das Urteil wird vom Bundesgerichtshof wieder aufgehoben. Begründung: Die Meinungsäußerung passiere nicht durch das Zeigen des Filmes. Da die Lehrerin den Inhalt des Streifens nicht kannte, konnte sie somit auch keine Meinung oder Nachricht transportieren. Die Schule bekam Recht, so ein Film, der durch lästerliche Sprache, Gewalt, Sex und vulgäre Bilder besticht, darf solch jungen Menschen nicht gezeigt werden und schon mal gar nicht, ohne eine entsprechende Aufklärung und Nachbehandlung.

Fowler geht bis zum Obersten Gerichtshof, doch Schulklassen bleiben auch in Zukunft von Pink Floyd`s The Wall und ihr als Lehrerin verschont.