Equilibrium, Renegades Tour 2020 am 09.02.2020 im Capitol Hannover

Beeindruckendes Viererpackage

Event: Renegades Tour 2020

Headliner: Equilibrium

Special Guest: Lord Of The Lost

Supportbands: Nailed To Obscurity, Oceans

Ort: Capitol, Hannover

Datum: 09.02.2020

Kosten: 35,70 € VVK, 38 € AK

Besucher: ca. 500

Genre: Heavy Metal, Power Metal, Melodic Death Metal, Dark Rock, Dark Metal, Doom Metal, Progressive Metal

Vernstalter: Hannover Concerts Gmbh

Links: https://oceansofficial.com/
http://www.lordofthelost.de/
http://www.renegades-tour.com/
http://www.nailedtoobscurity.com/
https://www.capitol-hannover.de/

Setlisten:

Oceans:

  1. Intro
  2. Scars
  3. Take The Crown
  4. The Sound Of Your Voice
  5. We Are The Storm
  6. Hope
  7. Icarus

Nailed To Obscurity:

  1. Black Frost
  2. King Delusion
  3. iNnerMe
  4. Tears Of The Eyeless
  5. Desolate Rain

Lord Of The Lost:

  1. Lament For The Condemned
  2. Morgana
  3. Undead Or Alive
  4. Kill It With Fire
  5. The Love Of God
  6. Drag Me To Hell
  7. Under The Sun
  8. Loreley
  9. Full Metal Whore
  10. Ruins
  11. Fists Up In The Air
  12. Raining Stars
  13. Die Tomorrow
  14. La Bomba
  15. Trisma

Equilibrium:

  1. Renegades
  2. Tornado
  3. Himmel Und Feuer
  4. Waldschrein
  5. Freiflug
  6. Apokalypse
  7. Path Of Destiny
  8. Born To Be Epic
  9. Prey
  10. Heimat
  11. Der Ewige Sieg
  12. The World is enough
  13. Fineal Tear
  14. Blut Im Auge
  15. Ruf In den Wind
  16. Rise Of The Phönix

Der heutige Sonntag steht ganz im Zeichen des Sturmtiefs Sabine und trotzdem wollen 18 Musiker ihr heute Abend die Stirn bieten. Unterstützung bekommen sie von ca. 500 Gästen, die durch lautstarken Support den Kampf gegen die Urgewalten aufnehmen. So beginnen um kurz nach 18:00 Uhr Oceans ihren Auftritt, wenngleich noch einiges an Platz vor der Bühne frei ist. Nach einem längeren Intro geht es mit Scars los. Das Licht ist atmosphärisch blau und so bleiben die vier Musiker zunächst noch im schummerigen Licht. Direkt vor der Bühne ist der Sound gut, und später werde ich mich mal von weiter hinten von der Qualität des Mischers überzeugen. Derweil ist Timo Rotten, Patrick Zarske, Thomas Winkelmann und J.F. Grill keine Nervosität anzumerken. Abgeklärt stehen sie auf der Bühne und spielen ihr Set mühelos vor dem noch etwas verhaltenen Hannoveraner Publikum. Weiter geht es mit Take The Crown vom aktuellen und viel beachteten Debütalbum The Sound And The Cold, das natürlich am Merch Stand zu finden ist. Das Licht erlaubt es indes auch, ein paar gute Aufnahmen zu machen. Nach einer guten halben Stunde beenden Oceans mit Icarus den Auftritt. Das anwesende Publikum ist von dem Vierer ziemlich angetan und bedankt sich bei der Post Death Band mit ordentlich Applaus. Die nicht so dankbare Aufgabe, so früh zu beginnen, haben sie aber hervorragend gemeistert. Mal sehen, was da in Zukunft noch zu erwarten ist.

Der schnelle Umbau ist dem Umstand zu danken, dass alle Bands das gleiche Schlagzeug nutzen und nur auf den Bassdrums werden die Namensschilder ausgetauscht. Klar hat jeder Drummer noch spezielle Becken oder sonstige für den Sound maßgebliche Zubehörteile dabei, aber der ganz große Umbau entfällt. So können dann Nailed To Obscurity relativ schnell beginnen. Im Dunklen kommen die fünf Musiker auf die Bühne und beginnen mit ihrem Part. Mit Black Frost vom gleichnamigen Album starten die Ostfriesen und können sofort überzeugen. Sänger, Growler und Frontmann Raimund Ennenga beweist mal wieder ausdrucksstark, dass er für den Melodic Death Doom Metal die richtige Stimme hat. Die beiden Gitarristen Volker Dieken und Jan-Ole Lamberti stehen mit gesenkten Köpfen auf der Bühne und lassen ihre Gitarren sprechen. Ab und an werden die langen Mähnen nach hinten geworfen, je nachdem der Takt dies fordert. In der Mitte steht Carsten Schorn, der die in ihm steckende Erkältung gekonnt überspielt. Wir hatten ihn bereits im Vorfeld getroffen und da berichtete er von der um sich greifenden Erkältung, die bereits einige der Musiker aller vier Bands erwischt hat. Drummer Jann Hillrichs gerbt gewohnt kraftvoll die Felle und verleiht dem Sound die nötige Schwere. Weiter geht es mit King Delusion und iNnerMe. Die Songstrukturen sind komplex und die Stücke lang. Das inzwischen doch stark angewachsene Publikum lässt sich auf die Band ein und wird von den doomigen Klängen eingefangen. Nicht wenige bangen und feiern die Band. Die kann hier auf ganzer Linie überzeugen und lässt ihre teilweise hypnotischen, teilweise epischen Songs für sich wirken. Auch hier muss dem Mixer ein glückliches Händchen nachgesagt werden, denn die Gitarren sind präzise zu hören und Raimund wird ebenfalls gut ausgesteuert. Ganz vorne ist der Bass natürlich am dominantesten, aber trotzdem passt das zusammen. Nach Tears Of The Eyeless und Desolate Rain endet der Auftritt nach gut 40 Minuten. Der Beifall ist mehr als nur freundlich und so können Nailed To Obscurity einige neue Fans hinzugewinnen. Die Mehrzahl dürfte zwar wegen Lord Of The Lost und Equilibrium hier sein, aber bisher konnten die beiden Support Bands überzeugen.

Wieder geht der Umbau zügig vonstatten. Fast ohne Übergang geht das Licht aus und Lord Of The Lost kommen auf die Bühne. Dass sie hier mit als Headliner spielen, ist sofort zu merken, denn nun ist es voll. Vor der Bühne haben sich vor allem weibliche Fans eingefunden und nicht wenige von ihnen sind auch entsprechend geschminkt. Als Chris „The Lord“ Harms die Bühne betritt, ist kein Halten mehr. Der hat seine Untertanen sofort im Griff und die schmachtenden Blicke der teilweise noch pubertierenden Mädels sind ihm gewiss. Auch Pi an der Gitarre kann sich nicht beklagen, denn auch ihm fliegen die Herzen der Mädels zu. Nun kommt noch dazu, dass die Hamburger wissen, wie gute Musik gemacht wird. Der Dark Rock fegt wie Sabine durch das Capitol und mit Lament For The Condemned, Morgana und Undead Or Alive wird ein angemessener Start hingelegt. Dass sie das auch anders könnten, haben sie mit ihren akustischen, symphonischen Auftritten bereits bewiesen. Hier und heute ist Rock angesagt. Bassist Class Grenayde und Niklas Kahl an den Drums servieren einen soliden Boden. Gared Dirge liefert an seinem Arbeitsplatz entweder Beistand mit kräftigem Perkussion Einsatz oder entlockt seinem schräg nach vorn geneigten Keyboard die typischen LOTL Elektroklänge. Ganz ungewohnt ist der heute doch eher dialogarme Auftritt von Chris, der kaum Ansagen macht. Das haben wir auch schon anderes erlebt. Aber die Zeit ist knapp und die Musik steht im Vordergrund – weiter geht es mit vielen Krachern aus der Bandgeschichte. Nach dem zweiten Song entledigt sich Chris auch noch seiner um den Hals geschwungenen Federboa, sodass der Blick auf seinen knapp bekleideten und gut trainierten Oberkörper die Damen zum Schwitzen bringt. Auch auf dem Balkon des Capitol ist es voll und die sehen auf eine Menge, die in ständiger Bewegung ist. Köpfe nicken im Takt, Hände klatschen oder tanzende Menschen umlagern die Bühne. Es bedarf auch immer nur weniger Gesten, damit das Publikum klatscht oder mitsingt. Auch Springen ist drin, denn der kraftvolle Beat fordert das geradezu heraus. Drag Me To Hell, kommt immer gut an und auch Lorely, Ruins oder Fists Up In The Air lassen kaum Zeit zum Atemholen. Hier wird gerockt, was das Zeug hält. Dann springt Chris von der Bühne und zeigt sich fannah. Nicht wenige können den Moment nutzen um ihren Halbgott anzufassen oder einfach nur nah zu sein. Die Tomorrow und das unverwüstliche La Bomba folgen. Das Publikum ist voll in Feierlaune und so wird getanzt, gebangt und abgedreht. Die doch arg geschmolzene Kommunikation fällt da gar nicht weiter ins Gewicht. Es gibt nach Trisma, dem letzten Song, noch ein Selfie fürs Protokoll und dann ist das auch schon wieder, wie bei Sturm Sabine, vorbei, wobei wir von ihr noch länger gut haben.

Letzte Umbauaktion des Abends. Auffällig ist, dass es nun einen fast kompletten Publikumstausch in den ersten Reihen gibt. Die LOTL T-Shirt Fraktion verschwindet nach hinten und die Equilibrium Fans stehen nun dicht gedrängt vorne. Dann gibt’s eine Ladung Nebel dazu rotes und blaues Licht, welches die anwesenden Fotografen fast in die Verzweiflung treibt und mit Renegades, Tornado und Himmel Und Hölle fegen die ersten drei Songs von Equilibrium durch das Capitol. Robert „Robse“ Dahn ist gut bei Stimme und seine Mitstreiter stehen ihm musikalisch in nichts nach. Das hat sich auf der Tour bisher so bewährt und es soll auch hier so weitergehen. Es ist gleich viel Bewegung vor der Bühne und recht schnell ist der erste kleine Mosh Pit auszumachen. Soundtechnisch ist auch noch nichts auszusetzen und so machen die Bayern munter weiter. Waldschrein und Freiflug von dem Longplayer Armageddon reihen sich nahtlos an. Die Menge ist gut drauf und feiert Equilibrium frenetisch ab. Dazwischen gibt es von Robse ein paar passende Ansagen und nicht selten gibt es während des Songs eine typische Geste für einen Circle Pit. Da muss er nicht lange bitten, das geht zügig vonstatten und so ist die rotierende Menge kaum zu bremsen. Das versteht Robse gut und hat das Publikum hervorragend im Griff. Songtechnisch bieten Equilibrium eine Zeitreise durch ihre erschienenen Platten, nur das Debütalbum wird vernachlässigt. Die beiden Gitarristen René Berthiaume und Dom R. Crey bieten solide Arbeit und Bassist Markus „Makki“ Solvat überzeugt unter seiner schwarzen Wollmütze auf der ganzen Linie. Im Hintergrund beackert Tuval „Hati“ Refaeli das Fell und das alles zusammen gibt den nötigen Drive, um den Gästen die letzten Reserven herauszukitzeln. Dem kollektiven Arme von links nach rechts schwenken folgt dann sogar eine Wall Of Death, die dann in einen weiteren Circle Pit übergeht. Was fehlt, sind Crowdsurfer, aber dafür stehen die Reihen nicht dicht genug. Die Tour steht zwar im Zeichen von der letzten LP Renegades, aber die älteren Sachen wie Blut Im Auge, Ruf In Den Wind oder Heimat sind die Songs, die am meisten abgefeiert werden. Beim Blick vom Balkon des Capitol wird aber ersichtlich, dass bereits ein Teil der Gäste gegangen ist. Vermutlich sind einige der Lord Of The Lost Anhänger ob des brachialen Power Metal Bebens bereits verschwunden, denn mit Dark Rock hat dieses nichts mehr zu tun.  Auch die symphonischen Anteile, die es ja bei Equilibrium Songs gibt, sind ausgefiltert, hier wird pure Energie transportiert. Trotzdem ist dann nach gut 90 Minuten mit Rise Of The Phönix das Ende des Abends erreicht.

Die Security scheucht die noch im Saal stehenden Zuschauer schnell in den hinteren Bereich, damit zügig abgebaut werden kann. Am Merch Stand haben sich derweil einige der Protagonisten eingefunden. Mit dreien von Oceans können wir noch ein paar Worte wechseln und auch ein Bild ist drin. Drummer J.F. Gills fehlt, dem geht es, wie einigen anderen auch, nicht so gut. Auch von Nailed To Obscurity treffen wir noch Raimund und Volker, die anderen haben sich krankheitsbedingt ebenfalls bereits zurückgezogen. Wir versuchen zu ergründen, weshalb in Pratteln der Sound so schlecht gewesen sein soll. Davon haben Raimund und Volker aber nichts gehört und auch nur vom Feedback des Kollegen vor Ort gehört. Auch beim abschließenden Treff mit Niklas, Pi und Gared von LOTL gab es diesbezüglich keine Probleme zu vermelden. Die haben auch nichts gehört und sind mit ihrem Tonmann zufrieden. Aber somit kommen wir zum ersten Mal in den Genuss, etwas länger mit Niklas zu quatschen und der erweist sich als sympathischer, witziger Zeitgenosse. Chris und Class sind heute nicht mehr anzutreffen, denn auch da scheint der Virus zugeschlagen zu haben. Schnell ist auch die Wurzel des grippalen Infektes, die den Bands derzeit so zusetzt, auszumachen. Niklas outet sich als Patient Zero. Leider ist von Equilibrium keiner mehr anwesend, aber das mag auch daran liegen, dass im Capitol Feierabend gemacht werden soll.

Fazit: Ein Viererpack, das durch unterschiedliche Zielgruppen so interessant ist. Ein toller Newcomer, eine auf der Erfolgsschiene bereits fortgeschrittene Band, und zwei Headliner, die bereits allein für sich erfolgreich unterwegs sind. Dazu ein Preis, der für diese vier Bands unschlagbar ist. Hier wird den Fans etwas geboten und die danken es auch genreübergreifend. So kann ein Metal Abend gehen. Uns hat es mega Spaß gemacht und so wie draußen der Sturm wütet, so wurde hier drin ein Gegensturm entfacht. Alles richtig gemacht.

Wir wünschen an dieser Stelle allen Erkrankten eine schnelle Genesung und eine weiterhin erfolgreiche Renegades Tour, die ja noch ein paar Tage anhält.