Obscure Sphinx – Epitaphs

“Ausufernde Emotionen erzeugen packende Höhepunkte!“

Artist: Obscure Sphinx

Herkunft: Warschau, Polen

Album: Epitaphs

Spiellänge: 57:21 Minuten

Genre: Post Metal, Progressive Metal

Release: 04.10.2016

Label: Eigenproduktion

Link: http://www.obscuresphinx.com/

Produktion: Instrumente im Custom 34 Studio von Kuba Mańkowski. Gesang im Nebula Studio von Maciej Karbowski und Tomasz Stołowski. Gemischt und gemastert von Sebastian Has.

Bandmitglieder:

Gesang, Sampling – Zofia „Wielebna“ Fraś
Gitarre – Tomasz „Yony“ Jońca
Gitarre und Backgroundgesang – Aleksander „Olo“ Łukomski
Bassgitarre – Michał „Blady“ Rejman
Schlagzeug – Mateusz „Werbel“ Badacz

Tracklist:

1. Nothing Left
2. Memories Of Falling Down
3. Nieprawota
4. Memorare
5. Sepulchre
6. At The Mouth Of The Sounding Sea

Es ist eine nicht zu verachtende Leistung der fünf Polen von Obscure Sphinx, dass sie mit Epitaphs bereits das dritte komplette Album in Eigenregie veröffentlichen: Bis zu hundert Päckchen verschicken die Musiker angeblich täglich selber und zwar in alle Welt. Damit sind sie Vorzeigevertreter einer neuen Musikkultur: Produktion ist erschwinglich geworden und völlig dezentralisiert möglich – wenn man nur die anfallende Arbeit bewältigen kann und möchte. Natürlich macht ein großes Label im Rücken das Rockstartum, wie wir es klassisch besetzen, viel leichter zugänglich, doch der neue Rockstar ist möglicherweise nicht mehr der koksende, hurende, dauerbetrunkene Dandy, sondern ein Mittelklassearbeiter mit einem ganz gewöhnlichen, künstlerischen Beruf.

Und wie klingt die Musik solcher Arbeitermusiker? Ziemlich großartig! Zumindest, wenn sie immer so klingt wie bei Obscure Sphinx. Mit viel Liebe zum Detail hauen die Künstler progressive Formen in den Körper der musikalischen Skulptur – ein Bild, das Gitarrist Aleksander „Olo“ Łukomski in Interviews gerne bemüht. Und der organische Charakter dieser doch recht komplexen Songstrukturen gibt ihm Recht: ruhige, atmosphärische Teile mäandern langsam in doomig groovende Riffs hinüber, die wiederum von Metalcore-artigen Breakdowns unterbrochen werden, welche sich wiederum in einem Wimpernschlag in flirrende Akustikpassagen verwandeln.

Über all dem trohnt der vielseitige und stets beeindruckende Gesang von Zofia „Wielebna“ Fraś: Was diese Frau aus ihrer Stimme herausholt, wirkt bisweilen so um Welten voneinander entfernt, dass man es kaum glauben kann, wenn man es nicht erlebt hat. Das Zusammenspiel der beiden Gitarren ist äußerst abwechslungsreich und lotet die Möglichkeiten einer Stereoanlage zur Zufriedenheit aus. Bass und Schlagzeug spielen selten Überraschendes, aber immer zweckmäßig Begeisterndes. Einzig der Sound der Platte ist insgesamt für meinen Geschmack etwas trocken und klinisch geraten. Außerdem klingen die Akustik-Overdubs eine Spur zu groß.

Dennoch entfaltet das Album seine größte Stärke in den ausufernden Emotionen, die die Songs bis ins Mark durchdringen. Die Platte teilt ihre Stücke zur Hälfte in einen „Pre-Mortem“-Teil und einen „Post-Mortem“-Teil ein. Und diese Schnittstelle zwischen Leben, Sterben und Tod (möglicherweise sogar der Geisterwelt) illustrieren Obscure Sphinx hör- und fühlbar. Trauer und Schmerz quellen aus den Akkorden, Rhythmen und Melodien und bilden dabei die unterschiedlichsten möglichen Formen: Da ist das zornige Aufbäumen in Nothing Left, das lethargische Herabsinken in Memories Of Falling Down und das matte Siechen in At The Mouth Of The Sounding Sea.

 

Fazit: Mit Epitaphs liefern Obscure Sphinx eine beeindruckende und vielseitige Platte ab, die Fans verschiedener Spielarten harter Musik an einen Tisch (oder besser vor eine Bühne) bringen kann. Die größte Stärke des Albums ist seine Atmosphäre, die über kleinere technische Mängel hinwegtrösten kann und das Album zu einem intensiven Erlebnis macht. So können Rockstars der Zukunft gerne häufiger abliefern!

Anspieltipps: Nothing Left, Memories Of Falling Down, At The Mouth Of The Sounding Sea
Sören R.
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