Ivanhoe – 7 Days

“Sehr schwere Kost“

Artist: Ivanhoe

Herkunft: Bietigheim-Bissingen, Deutschland

Album: 7 Days

Spiellänge: 57:26 Minuten

Genre: Progressive Metal

Release: 16.10.2015

Label: Massacre Records

Link: https://www.facebook.com/ANGELSHOLOGRAM und http://www.ivanhoe.de/

Produktion: The Red Room, Ahorn-Berolzheim von Andy Horn (Mix und Mastering)

Bandmitglieder:

Gesang – Alex Koch
Gitarre – Chuck Schuler
Bassgitarre – Giovanni „Gio“ Soulas
Keyboard – Richie Seibel
Schlagzeug – Rob Kudlek

Tracklist:

  1. Alert (Instrumental)
  2. Light Up The Darkness
  3. No Sorrow
  4. See The Truth
  5. Overrun
  6. Innocent
  7. 7 Days
  8. Dancing With A Ghost
  9. The Great Admit
  10. Last Warning
  11. Left Behind
  12. Whipping The Flies (Bonustrack)

Ivanhoe - 7 Days

Die Band Ivanhoe wurde bereits im Jahr 1986 gegründet. Mit verschiedenen Besetzungen wurden in den Jahren 1988, 1989 und 1992 drei Demos veröffentlicht. In 1994 erschien das Debütalbum der Band, damals noch mit Andy B. Franck (Brainstorm) am Mikrofon. Aber im Jahr 1997 löste sich die Band auf. Auch seit der Neugründung in 2001 gab es noch einige Besetzungswechsel, der letzte nach dem in 2013 veröffentlichten sechsten Album Systematrix. Seitdem steht Alex Koch am Mikrofon, die Felle werden von Rob Kudlek verprügelt, und beide machen ihre Sache definitiv sehr gut, so viel kann ich schon mal sagen. Am 16.10.2015 erscheint über Massacre Records mit 7 Days das siebte Studioalbum der Band.

Es gibt ja so Progressive-Bands, deren Songs kann man, ohne die Leistung der Bands herabsetzen zu wollen, auch gern einfach mal laufen lassen. Dazu zählen für mich Bands wie Symphony X, Myrath, Seventh Wonder oder Daedalus. Bei Ivanhoe geht das nicht, zu komplex und anspruchsvoll sind die Songs, die die Männer da mehr oder weniger regelmäßig in Form von neuen Alben veröffentlichen. Zu den einzelnen Songs könnte man ein neues Encyclopaedia Metallum anlegen, wollte man beschreiben, was genau zu welchem Zeitpunkt wie passiert. Die Grundstimmung ist allerdings nicht wirklich fröhlich. Wenn man allerdings bedenkt, was das Thema von 7 Days ist, nämlich der Tag, an dem wir wissen, dass wir nur noch eine Woche, eben sieben Tage, haben, bis die Welt untergehen wird, dann ist das nachvollziehbar. Wir müssen uns eingestehen, dass wir die Erde nur ausgebeutet und seine Geschöpfe mit Füßen getreten haben. Im Namen der Religionen wurden Kriege geführt und damit Familien zerstört. Im Angesicht des nahenden Untergangs werden wir unsere Götter anflehen und hoffen, dass uns vergeben wird.

Die Darstellung dieses Szenarios geht schon mit dem ersten Stück Alert (Instrumental) los, das wohl eigentlich eher als Intro gedacht ist. Es nur als solches zu bezeichnen, würde aber der Klasse dieses zweieinhalb Minuten dauernden Werkes nicht gerecht. Darum ist das auch eines der wenigen Intros, die es in meine Anspieltipps schaffen. Der Song schafft es, eine sehr unheilvolle, drohende Atmosphäre aufzubauen, bei der man wirklich das Gefühl bekommen kann, in einen tiefen Abgrund zu schauen. Auch bei Light Up The Darkness fühle ich mich wie von einer Dampfwalze überrollt. Der Song kommt größtenteils sehr schwerfällig daher, hat aber auch Passagen, die ihn mit mächtig viel Groove vorwärts treiben. Beim ebenfalls sehr getragenen No Sorrow muss ich des Öfteren mal an Dream Theater denken, im Chorus klingt Alex Koch ansatzweise wie James LaBrie, auch das hin und wieder mal eingesprenkelte Keyboard erinnert mich an die amerikanischen Genrekollegen. Eine andere Band kommt mir bei dem Downtempo-Track See The Truth in den Sinn, denn die Gitarren bei ca. der Hälfte des Songs erinnern mich ein wenig an Meshuggah. Sehr gelungen auch dieser Takt, den ich jetzt allerdings nicht in Zahlen ausdrücken kann. 😀

Zu Overrun haben Ivanhoe ein Video veröffentlicht, das mich zugegebenermaßen beim ersten Anschauen etwas ratlos zurückgelassen hat. Im Kontext des Albums klärt sich aber so einiges, und auch das sehr ungewöhnliche Cover des Albums, das im Übrigen von Sua Balac gestaltet wurde, bekommt jetzt ansatzweise einen Sinn. Nach diesem mal etwas schnelleren Song kommt mit Innocent eine reinrassige Ballade, bei der es nur Gesang und Keyboard auf die Ohren gibt. Der Titeltrack 7 Days ist mit etwas über acht Minuten der längste auf dem Album. Allein das instrumentale Intro, das einen schön zum eigentlichen Song hinführt, nimmt schon ca. drei Minuten Spielzeit in Anspruch. Hier kann man sich auch mal wieder voll auf die Instrumentalfraktion konzentrieren, die natürlich eine hervorragende Leistung abliefert. Und wenn man dann mal denkt, man hat endlich den Rhythmus gefunden und zumindest mal lässig mit dem Kopf nicken, kommt schon wieder der nächste Wechsel. Die Tempo- und Rhythmuswechsel bei Dancing With A Ghost sind dagegen fast schon vorhersehbar, weil ziemlich regelmäßig, aber ich empfinde diesen sehr getragenen Song fast als den „schwierigsten“ des gesamten Albums. Schön sanft mit Klavier und Geigen startet The Great Admit, dann steigen aber auch schon Gitarre und Bass ein. Auch hier wieder dieser heißgeliebte und nichtsdestotrotz vertrackte Rhythmus, bei dem ich weder mit dem Kopf nicken noch mit dem Fuß wippen kann, sondern meinen Kopf nur wie ein Wackeldackel bewegen kann 😀 Sehr gelungen auch dieses in meinen Ohren schon völlig gegensätzliche Spiel von Bass und Gitarre bei ca. der Hälfte des Tracks.

Mit einem mächtigen Gewitter und unheilvollem Sirenengeheul startet Last Warning. Auch das danach einsetzende Gitarrenspiel klingt nicht wirklich beruhigend. Sehr gediegen allerdings der fette Bass, der den Gesang von Alex Koch in den Strophen sehr gut hörbar begleitet. Mit dem letzten regulären Track Left Behind gibt es dann das zweitlängste Stück des Albums. Auf all das Flehen und Bitten um Vergebung hat Gott nur eine Antwort, nämlich dass wir selbst die Erde zerstört haben. Bei diesem Rhythmus habe ich immer das Gefühl, da steht eine große, alte und mächtig schwere Dampflok auf den Schienen, die eigentlich losfahren soll, deren Räder aber immer auf den Schienen durchdrehen. Zum Ende des Songs nimmt die Lok dann aber doch noch Fahrt auf, bevor der Song abrupt abbricht und man eine sehr alte Aufnahme des Weihnachtsliedes Silent Night (Stille Nacht, Heilige Nacht) hört. Da habe ich wohl mächtig viele Fragezeichen in den Augen…

Beim Bonustrack Whipping The Flies handelt es sich um eine Liveaufnahme, bei der man sich auch gleich von den Live-Qualitäten von Alex Koch überzeugen kann, die mich ein wenig an Fish (Ex-Marillion) denken lassen. Ich denke aber mal, dieser Uptempo-Song an sich hat mit dem Thema des Albums nichts zu tun, er passt auch nicht wirklich zu den anderen Songs.

Fazit: Wie schon das Vorgängeralbum Systematrix ist auch 7 Days nicht wirklich leicht zugänglich. Es gibt zwar auch hier nicht die verfrickelten Passagen, die man von anderen Progressive-Bands um die Ohren gehauen bekommt, aber einfach ist anders. Von daher richten sich Ivanhoe wieder einmal an den eher etwas anspruchsvolleren Hörer, der sich knapp eine Stunde lang voll auf die Musik konzentrieren und an intelligenten Songs erfreuen möchte. Mit diesem Album beweisen Ivanhoe jedenfalls wieder einmal, dass sie richtig gute Songschreiber am Start haben.

Anspieltipps: Alert (Instrumental), No Sorrow, Overrun und The Great Admit
Heike L.
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