Artist: Abglanz
Herkunft: Goslar, Deutschland
Album: Dawn Of Eternal Existence
Spiellänge: 50:17 Minuten
Genre: Black Metal
Release: 07.09.2024
Label: Eigenproduktion
Link: https://abglanz-official.bandcamp.com/
Bandmitglieder:
Gesang und Gitarre – B.L. – Pravum Noctis
Gitarre – K.B.
Bassgitarre – Mara
Schlagzeug – A.V.
Tracklist:
- Ruins
- From The Depth
- The Ride Of The Witches
- The Deepest Throne (fest. Niklas – Horn)
- Enter The Gates
- Pale Shadows
- I Am Their Ordeal
- Their Light
In den Untiefen der Harzer Wälder braut sich Unheil zusammen. Dass es Abglanz aus dem schönen Goslar ernst meinen, haben sie bereits Anfang letzten Jahres mit ihrer EP Call Of The Woods unter Beweis bestellt. Obwohl sich die vier Musiker erst 2020 zusammengerottet haben, waren die ersten Kompositionen schon sehr ausgereift. Auf dem Heimburger Metalnacht Festival 2023 war die Black-Metal-Band DIE Überraschung für mich. Wie in Trance stand ich vor der Bühne und lauschte andächtig dem atmosphärischen Sound. Ich bin gespannt, ob sich dieser positive erste Eindruck auf dem aktuellen Werk mit dem verheißungsvollen Titel Dawn Of Eternal Existence bestätigt. Doch zunächst verharrt mein Blick lange auf dem schaurig-schönen Artwork aus der Feder von Redamaut. Der Stil stimmt mich nicht nur perfekt auf die kommenden 50 Minuten ein, das Artwork wirkt auch wie ein altes Gemälde. Diese Tatsache kann in Zeiten seelenloser KI-„Kunst“ nicht genug betont werden.
Ohne Umschweife legen Abglanz im Opener Ruins los. Keine Zeit für bedeutungsschwangere Intros oder andere Spielereien. Das Quartett hat sich dem Black Metal der Neunziger – eher Schweden als Norwegen – verschrieben und trifft damit den richtigen Nerv bei mir. Pfeilschnelle Drums, Dissection-artige Gitarrenläufe und dazu feuerspeiende Vocals von B.L. aka Pravum Noctis. Die Lead-Melodie fräst sich erbarmungslos durch meine Schädeldecke. Kaum meint man, die Formel zu durchschauen, überrascht die Band mit einem akustischen Break und einem (Film)zitat, dessen Botschaft perfekt in die heutige Zeit passt: „Aus Feuer, Eis und Sturm haben wir dir einen Sarg gebaut …“ – meterdicke Gänsehaut. Der Einstieg ist mehr als gelungen.
Aus der Tiefe geht es weiter. From The Depth wartet mit einer weiteren einprägsamen Leitmelodie auf. Der langgezogene Schrei von Pravum Noctis geht unter die Haut. Der transparente Sound aus dem Goslarer Pure Sonic Studio sorgt dafür, dass sogar ab und an die tiefen Töne von Bassistin Mara durchschimmern. Das Genre ist ja sonst eher unterkühlt unterwegs, was Basssounds angeht. Der Sound auf Dawn Of Eternal Existence liefert den Beweis, dass Black Metal auch ohne Geschepper und Lo-Fi hervorragend schmeckt.
Abglanz entführen den Hörer gekonnt in längst vergangene Zeiten. Keine Harzer Sage ohne Hexen: The Ride Of The Witches führt uns in die Walpurgisnacht. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai zog das unmoralische Ritual, das Hexenfeuer, zahlreiche Hexen auf den Blocksberg (Brocken). Leider ist dieser Feuerbrauch heutzutage eher zu einem feuchtfröhlichen Volksfest verkommen. Die Musik von Abglanz würde dort eher nicht durch die Boxen dröhnen. Das gesprochene Intro erinnert mich an den Okkult-Klassiker Das Omen. Anschließend ist wieder das Riffing als Trademark im Sound der Goslarer zu erkennen. Der Midtempo-Einstieg wird durch ein Tom Warrior-mäßiges „Uh“ durchbrochen und auf einmal läuft der Hexenbesen mit Kerosin. Die Anschläge auf den Drums gleichen einer Explosion. Was für ein wilder Ritt.
Für die nächste Nummer haben sich Abglanz Verstärkung in Form von Niklas (Horn) ins Boot geholt. Der Multiinstrumentalist und Sänger steuert die Backgroundvocals in The Deepest Throne bei. Der Song ist schon fast ein Stilbruch zu dem bisher Gehörten. Wir bleiben in Schweden, aber eher bei Vintersorg als bei Dissection oder Bathory. Der auf der Metalnacht erwähnte Trancezustand ereilt mich wieder. Wie in Moria ertönen die Trommeln aus der Tiefe und verkünden den Untergang. Der gesprochene Text ist lediglich aus der Ferne zu vernehmen. Ein Grauen aus der Tiefe, welches von dichtem Nebel umhüllt wird. Anschließend gibt es kein Entrinnen: Enter The Gates fließt kochend heiß und zäh wie Lava aus dem Boden. Der Gesang zeigt sich von seiner dunkelsten Seite und lässt das Blut in den Adern gefrieren.
Das Unheil verkündende Intro, welches zu Beginn der Platte noch fehlte, wird in Pale Shadows nachgeliefert. Wieder spuckt Pravum Noctis Feuer und Eis zugleich ins Mikro. Die im mittleren Tempo gehaltene Geschwindigkeit liegt mir am meisten, wenn es um Black Metal geht. So kommen die Gitarrenläufe am besten zur Geltung. Und so schwelge ich für die nächsten knapp acht Minuten … tief verborgen, ganz allein.
Für das Grande Finale haben sich Abglanz erneut Gastmusiker eingeladen, um den Kompositionen noch mehr Tiefgang zu verleihen. So sind in den letzten beiden Liedern Lestaya (Ferndal) am Cello und Carmen Busch (u. a. Eluveitie) an der Violine zu hören. Zusätzlich steuerte ein gewisser oder eine gewisse N.J. Harmonien und Pianoklänge bei. Auf geht’s. I Am The Ordeal könnte man in einem Wort beschreiben: episch! Die bereits erwähnten Bathory und Dissection kommen hier noch stärker zur Geltung, ohne dass Abglanz ihre eigenen Stärken untergraben. Knapp neun Minuten wird hier eine Art Best-of des bisher Gehörten zelebriert und die nach Ruins stärksten Melodien abgefeuert. Erneut taucht ein akustisches Intermezzo auf der Bildfläche auf und hinterlässt durch die Hinzunahme der Streichinstrumente einen bleibenden Eindruck. Das Thema wird sogleich im abschließenden Their Light fortgeführt und zeigt als fast schon sinfonische Dichtung eine ganz andere, aber dennoch spannende Seite der Band.