Event: Deaf Forever Birthday Bash
Bands: Cirith Ungol, Asphyx, Ram, Ultha, Kerrigan
Ort: Markthalle, Klosterwall 11, 20095 Hamburg
Datum: 21.09.2024
Kosten: VVK 64,25 €, AK 66 €
Zuschauer: ca. 700
Genres: Heavy Metal, Epic Metal, Doom Metal, Death Metal, Black Metal, Epic Doom Metal
Link: https://markthalle-hamburg.de
Warum feiert ein Printmagazin seinen zehnten Geburtstag mit einem Festival? Das Deaf Forever hat eine Besonderheit. Die Betreiber des Magazins haben seit ihrer Gründung ein Forum laufen. Über dieses Forum haben sich viele musikinteressierte Menschen kennengelernt. Dabei geht es über alle Genres und auch nichtmetallische Töne sind ein Thema. Es wird sich für Konzerte verabredet, Tourdaten gepostet und über die neuen Veröffentlichungen fabuliert. Ein Treffen vor einer derartigen Veranstaltung, wo das eine oder andere gemeinsame Kaltgetränk genommen wird, gehört ebenfalls dazu.
Das Deaf Forever hat sich um Götz Kühnemund und Wolf-Rüdiger Mühlmann aus dem Rock Hard herausgebildet und konzentriert sich primär auf den Underground. Zu Nightwish gibt es eine Rezension, aber das große Interview im Hochglanzformat ist eher nicht zu finden. Es geht bei den Festivals um das Hell Over Hammaburg, Keep It True oder Headbangers Open Air. Bei den Touren und Konzerten sind Berichte von Jag Panzer und Heathen zu finden, aber nicht von Parkway Drive oder Powerwolf.
Das Marx, welches beim Hell Over Hammaburg ebenfalls Konzerte bietet, ist heute der Merchstand. Alle Bands sind hier zu finden, stehen für Gespräche, Bilder oder Autogramme gerne zur Verfügung. Cirith Ungol und Night Demon Bassist Jarvis Leatherby ist bereits zum Start des Festivals in der Markthalle unterwegs und schaut sich das bunte Treiben an. Wer Hunger bekommt, wird mit veganen, vegetarischen oder fleischigen Angeboten versorgt. Ein Teller Bandnudeln mit Gemüse für 6,50 € klingt eher nach vergangenen Zeiten als nach einem Festival anno 2024. Willkommen beim Deaf Forever Birthday Bash.
Bereits den fünften Geburtstag feierten das Deaf Forever und seine Anhänger in der Hamburger Markthalle. Der traditionsreiche Club unweit des Hamburger Hauptbahnhofs ist auch Schauplatz des Hell Over Hammaburg und ein sehr beliebter Club bei der Leserschaft. Die Fans kommen aus ganz Deutschland nach Hamburg, trotz Reeperbahnfestival, Linkin Park und ähnlichen Veranstaltungen. Die lokale Metalszene, die im Bambi Galore zu finden ist, lässt sich ebenfalls nicht zweimal bitten. Konzerte von Cirith Ungol wird es in der Zukunft nicht mehr so oft geben. Der Auftakt obliegt dem Newcomer des Jahres 2023.
Kerrigan kommen aus Freiburg und haben mit Bloodmoon ein bockstarkes Debüt im klassischen Segment im Jahr 2023 rausgehauen. Irgendwo in den Tiefen der NWoBHM gegraben, haben Jonas Weber und Bruno Schotten aus Spaß eine Scheibe als Duo aufgenommen. Die Herren agieren auch in der Doom Band Lone Wanderer. Der Erfolg überraschte wahrscheinlich die Herren sogar selbst. Mittlerweile sind Kerrigan zu einem Quartett angewachsen und erfreuen sich über weitere Konzerttermine. Neben dem Gig heute in Hamburg sind Kerrigan auch für das Keep It True Rising Anfang Oktober gebucht.
Was beim Genuss des circa 45-minütigen Gigs auffällt: Das Quartett benötigt Zeit, um sich auf der Bühne zurechtzufinden. Kerrigan fehlt die Bühnenerfahrung, ähnlich wie Smoulder beim Headbangers Open Air 2022. Mit jeder Zeigerumdrehung trauen sich die Herren mehr und spielen sogar zwei Nummern von ihrer 2020er-Demo mit Heavy Metal 2020 und dem Wolf-Cover Rest In Peace. Für die Anhängerschaft von traditionellem Stahl sind die Herren auf jeden Fall ein Tipp. Sollte es dem Quartett gelingen, mehr Gigs zu bekommen, dürfte sich die Performance weiter verbessern. Eine spannende junge Band hat ihre Visitenkarte abgegeben, und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Headbangers Open Air oder Trveheim Festival zuschlagen.
So vielfältig wie der Musikgeschmack der Leserschaft vom Deaf Forever, so vielfältig das Billing beim zehnten Geburtstag. Ultha aus Köln gibt es seit zehn Jahren. Das Quintett liefert schwarzes Metall, wobei die Nummern allesamt eine gewisse Überlänge haben. Fünf Songs schaffen die Herren in 50 Minuten und präsentieren sich im gedämpften, vernebelten, roten Licht. Der Auftakt nennt sich Der Alte Feind (Jeder Tag Reißt Wunden), wobei die Lyrics in Englisch sind. Vorher bedankt sich die Band beim Deaf Forever, die Ulthar seit ihrer Gründung unterstützen. Nach klassischem Metall ist Black Metal ein starker Kontrast, sodass sich das Publikum im großen Saal der Markthalle austauscht. Fans der Band haben ihre Stunde und moshen zum melodisch angehauchten Black Metal.
Das eigentliche Highlight des Tages liefert keine Band. Im stillen Kämmerlein haben sich Forumsmenschen zum Geburtstag des Magazins etwas ausgedacht. Während Covid ist eine Ausgabe des Deaf Forever ausgefallen. Die Ausgabe haben verschiedene Forumsmenschen aufbereitet und circa 500 Exemplare gedruckt. Der Chefredaktion des Magazins wird auf der Bühne der Markthalle jeweils ein Exemplar überreicht. Offiziell nennt sich die Ausgabe „Einmalige Sonderausgabe“ und beinhaltet unter anderem ein Special über japanische Metal Bands. Details sind hier zu finden, inklusive Bestellmöglichkeit.
Der Trubel um die Sonderausgabe hat sich gelegt, hinterlässt vor allem bei den echten Redakteuren des Magazins offene Münder. So eine Ausgabe auf die Beine zu stellen, ist nahezu unglaublich. Doch es geht um Musik und auch die Bands haben einiges zu bieten. Aus Schweden kommen Ram nach Hamburg zum Feiern.
Göteborg wird auch als Wiege des Melodic Death Metal bezeichnet. Der traditionelle Stoff ist aber ebenfalls in der zweitgrößten Stadt Schwedens zu Hause. Ram existieren bereits seit 25 Jahren und gehören zur ersten Welle des schwedischen True Metal. Sechs Longplayer haben die Herren bisher veröffentlicht, zuletzt 2019 The Throne Within. Zwischen 2015 und 2019 lieferte das Quintett im zweijährigen Rhythmus neuen Stoff. Dafür ist es aktuell erstaunlich ruhig um die Truppe um Sänger Oscar Carlquist.
Das hindert das Quintett aber nicht daran, ein ordentliches Brett auf die Bühne der Markthalle zu legen. Defiant vom 2012er-Release Death eröffnet die Sause. Sänger Carlquist ist sehr agil und wandert ständig auf der Bühne von links nach rechts, bis er irgendwann auf dem Zaun steht und die Fans vor der Bühne anfeuert. The Trap, Blades Of Betrayal und Gulag. Die Herren liefern einen Querschnitt ihrer Schaffensphase und sorgen dann für eine Überraschung. Ein neues Album ist in Arbeit und mit Night Blades gibt es einen ersten Eindruck. Ein ordentlicher Stampfer, der live auf jeden Fall mundet. Zum Ende des Sets springen die Herren in ihre frühe Phase und Forced Entry. Das Album wird kommendes Jahr 20 Jahre alt und Machine Invaders und Infuriator bilden den Abschluss eines bärenstarken Gigs, bei dem die Anhängerschaft von traditionellen Tönen begeistert mitgeht.
Als Schreiberling treiben manche Bands einen in die berühmte Zwickmühle. Egal, was die schreibende Zunft tut, es ist verkehrt. Dumme Sprüche und der Versuch, das Publikum zu animieren, gehören zum normalen Handwerk. Dabei schießt der eine oder andere Musiker über das Ziel hinaus. Entscheidet sich die schreibende Zunft dafür, auf die deplatzierten Bemerkungen einzugehen, hagelt es Kritik, dass nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen ist. Entscheidet sich der Schreiberling umgekehrt und ignoriert derartige Bemerkungen, dann wird ihm fehlende Sensibilität vorgeworfen. Der Ausweg: Wir lassen zum Auftritt von Asphyx ausschließlich Bilder sprechen.
Derartige Festivals und Veranstaltungen haben immer wieder das gleiche Problem. Die sind viel zu schnell vorbei. Die Zeit verrinnt – schon ist es 22:30 Uhr und der Headliner steht auf dem Programm. Im vergangenen Jahr kündigten Cirith Ungol das Ende ihrer Liveaktivitäten an. Die jetzt laufende Tour durch Europa endet am 04.10.2024 auf dem Keep It True Rising in Würzburg. Ob Cirith Ungol eventuell nochmals ein Studioalbum aufnehmen oder ob sich die Band komplett zur Ruhe setzt, haben die Herren offengelassen. Lediglich Jarvis Leatherby und Live-Gitarristen Armand Anthony (Night Demon) sind jüngeren Alters. Sänger Tim Baker und Drummer Robert Graven waren schon in den 70ern aktiv. Gleiches gilt für den eigentlichen Gitarristen Greg Lindstrom, der heute durch Anthony ersetzt wird. Cirith Ungol sind zu einem Quartett geschmolzen. Gitarrist Jim Barraza ist auf Dark Parade aus dem Jahr 2023 zu hören, anschließend trennten sich jedoch die Wege.
Heute stehen Cirith Ungol als Quartett auf der Bühne. Leider ist die Markthalle nicht so voll wie zum Beispiel bei Ram. Bei einigen Menschen hat der Genuss von Alkohol eindeutig Spuren hinterlassen. Der Tag ist lang, sodass anscheinend nicht mehr alle Maniacs sich zum Gig von Cirith Ungol motivieren können.
Atom Smasher und I’m Alive sorgen schnell für eine kochende Atmosphäre. Dann gibt es die erste Kostprobe von Dark Parade mit Sailor On The Seas Of Fate. Ein besonderes Lob geht an den Live-Gitarrist Anthony, der seine Saiten so bearbeitet, dass die Nummern mit ausreichend Volumen ausgestattet sind. Das Volumen fehlt bei Bakers Vocals. Es ist kein Vergleich zum Auftritt vor einigen Jahren im Hamburger Kronensaal. Das liegt zum Teil an der Abmischung des Sounds, aber auch die Stimme von Baker kann sich dem natürlichen Alterungsprozess nicht entziehen. Die Sirene ist immer noch da, pfeift die Maniacs aber nicht mehr aus den Schuhen.
Trotzdem liefern Cirith Ungol einen starken Gig. Dafür sorgt allein das Set mit Black Machine, King Of The Dead oder Down Below. Zum Ende des Konzerts wird zum Beitritt aufgerufen. Join The Legion ist einer der Übertracks von Cirith Ungol und ein würdiger Abschluss. Ein weiterer Wermutstropfen fällt jedoch ins Glas. Cirith Ungol verabschieden sich von ihren Fans in Europa. Es fallen keine Worte zum Abschied und überhaupt ist die Kommunikation von Leatherby und Co. mit den Fans gering.
Gegen kurz vor Mitternacht ist der musikalische Teil Geschichte und die Markthalle leert sich relativ schnell. Hamburg bietet genügend Möglichkeiten für Nachtschwärmer. Die meisten Fans zieht es jedoch in die Unterkünfte. Der Tag hat seine Spuren hinterlassen und eine mehr als würdige Geburtstagsfeier geht zu Ende. Das Highlight war keine Band. Das waren die Menschen, die für ein Magazin ein Magazin geschrieben haben und damit sowohl bei Organisatoren als auch Besucherschaft für offenstehende Münder sorgten. Mehr Enthusiasmus geht nicht!