Eisregen – Grenzgänger

Keine unnötigen Experimente, dafür im altbekannten Spektrum unterwegs

Artist: Eisregen

Herkunft: Tambach-Dietharz, Deutschland

Album: Grenzgänger

Spiellänge: 62:59 Minuten

Genre: Dark Metal, Extreme Metal

Release: 13.01.2023

Label: Massacre Records

Link: http://www.fleischhaus.de/Eisregen/Willkommen.html

Bandmitglieder:

Gesang – Michael „Blutkehle“ Roth
Gitarre – El Hoppelo
Bassgitarre – El Loco
Schlagzeug – Ronny „Yantit“ Fimmel

Tracklist:

  1. Vorposten
  2. Grenzgänger
  3. In Einzelteilen
  4. Für Den Kaiser
  5. Als Ich Noch Kinder Fraß
  6. Die Frau Im Turm
  7. Vom Loch-In-Der-Wand-Club
  8. Wiedergänger
  9. Auf Galgengrund
  10. Kühlkammer
  11. Gegengift
  12. Stirb Lächelnd 2023
  13. Kadaverfrühling
  14. Blutsommer
  15. Herbstleiche
  16. Wintersabbat
  17. Rigor Mortis

Der Tod ist ein Meister aus Thüringen. Eisregen haben es zum 16. Mal getan und ihr neues Studioalbum Grenzgänger erfolgreich über Massacre Records veröffentlicht. Auf zwei CDs kommen die Deutschen auf 17 Werke, die in insgesamt 63 Minuten die Leichen zum Zucken bringen. Die morbide Kunst um den Sänger Michael „Blutkehle“ Roth sucht also ihre neue Geschichte, und das auf Pfaden, die längst gegangen wurden. So ist jedenfalls der Schein, wenn man nach dem ersten Durchlauf das Gehörte des Quartetts noch mal Revue passieren lässt. Sind Eisregen am Ende angekommen? Gibt es keine neuen Geschichten mehr? Bleiben selbst Experimente als nicht mehr lohnenswert auf der Strecke? Fragen, die man schnell klären sollte, schließlich feiern die Thüringer in zwei Jahren ihren 30. Geburtstag und wollen zu dieser Zeit ganz bestimmt nicht nur noch Schall und Rauch in der Szene sein.

Der Vorposten erzeugt die bekannte wie gewünschte gedrungene Stimmung und legt dem Titeltrack Grenzgänger kompromisslos wie blutig vor. Ja, Grenzgänger passt ins typische Konzept, trotzdem kann die Blutkehle ihre Meute auf die richtige Fährte führen. Wiederholungen bleiben bei 16 Studioalben nicht aus. Die Härte der ersten legendären Alben bleibt unerreicht, wer will auch einen neuen Indexeintrag riskieren? Eisregen bleibt da nur, die Härte im Erlaubten zu zelebrieren und gehen da weiter an die Grenze. Grenzgänger greift die Phase nach dem Zweiten Weltkrieg auf, als ein Mörder keine Schranken mehr kannte. Losgelöst von Landesgrenzen fielen die Frauen in seine Hände, um von dort aus das Leben zu lassen. Schneller und deftiger, als man es sonst auch schon mal gehört hat, darf In Einzelteilen den Häcksler anwerfen. Blutig wie die Vocals spritzt es feuchtfröhlich aus den geöffneten Adern. Dass Eisregen komplexere Kompositionen spielen können, offenbart Für Den Kaiser oder auch auf der zweiten Scheibe Wintersabbat. Im engen Spektrum nutzen Gitarrist El Hoppelo, El Loco am Bass und Schlagzeuger Ronny „Yantit“ Fimmel alle Möglichkeiten, um aus dem Korsett zu springen. Wenn wir schon am Anfang über Wiederholungen sprechen, muss man auf der Gegenseite neidlos anerkennen, dass in der deutschsprachigen Metalszene kaum eine andere Band ihre Handschrift derart zelebriert und standhaft umsetzt wie die Männer aus Tambach-Dietharz. Als Ich Noch Kinder Fraß und Die Frau Im Turm haben Luft nach oben, ohne das Niveau nach unten zu zielen. Die Blastbeats wie bei Als Ich Noch Kinder Fraß lassen aufhorchen, mit Vom Loch-In-Der-Wand-Club ein Höhepunkt. Harter Tobak, ein Loch in der Wand und das eigene Leben, das enden soll. Dass der Stillstand nicht einkehrt, beweisen zudem Wiedergänger und Auf Galgengrund. Ohne jetzt jeden Song durchzukauen, der Spagat zwischen „alles wie immer“ und neue Ideen prägt Grenzgänger mehr, als noch nach den ersten 60 Minuten gedacht.

Eisregen – Grenzgänger
Fazit
Im Westen nichts Neues? Kann man nicht zwingend auf Eisregen projizieren. In ihren Möglichkeiten geben die Vier alles, um explosive wie spannende neue Kompositionen zu kreieren. Das Ergebnis gefällt mir persönlich sogar besser, als auf den letzten Werken. Im Vergleich zu Schlangensonne, Rostrot, Todestage oder Marschmusik behält Grenzgänger die Nase vorne. Dafür können die Tracks zu sehr überzeugen - auch aus dem Grund, dass keine unnötigen Experimente vollzogen oder Lyrics zusammengerührt werden, die einem die Augenbrauen nach oben ziehen. Fans dürften auf ihre Kosten kommen. Für mich persönlich dürften Eisregen erneut noch weiter an die Anfänge heranrücken. Mit dem Blick zum Index kann man jedoch die aktuelle Ausrichtung absolut verstehen, die zumindest noch so morbid und tödlich ist, dass jeder Mainstreamgedanken als absurd abgeschüttelt werden kann. 

Anspieltipps: Grenzgänger und Wiedergänger
René W.
7.7
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