Hypocrisy – Worship

Peter präsentiert seine Version des überirdischen Death Metal auf beeindruckende Weise

Artist: Hypocrisy

Herkunft: Stockholm, Schweden

Album: Worship

Spiellänge: 50:27 Minuten

Genre: Death Metal

Release: 26.11.2021

Label: Nuclear Blast

Link: https://www.facebook.com/hypocrisy

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Keyboard – Peter Tägtgren
Bassgitarre – Mikael Hedlund
Schlagzeug – Horgh

Tracklist:

  1. Worship
  2. Chemical Whore
  3. Greedy Bastards
  4. Dead World
  5. We’re The Walking Dead
  6. Brotherhood Of The Serpent
  7. Children Of The Gray
  8. Another Day
  9. They Will Arrive
  10. Bug In The Net
  11. Gods Of The Underground

Hypocrisy. Selten steht ein Bandname ganz alleine bereits für einen musikalisch ganz eigenen Weg. Auch wenn die geliebten alten Werke von Anfang der Neunziger Penetralia und Osculum Obscenum nur noch wenige Einflüsse auf die Kunst der Schweden reflektieren. Die Sucht nach den fetten Riffs der Stockholmer bleibt nach drei Jahrzehnten immer noch ungebremst. Schnell kristallisierte sich ein melodischer Todesblei aus der Kunst, der jedoch nicht in die typischen Subgenre-Atmosphären verfiel. Klare Death Linien ziehen durch die Alben und lassen trotzdem viel Platz für bombastische Momente, zudem gibt es vom Trio eine extra Portion Science-Fiction, schließlich leben die Außerirdischen schon unter uns, oder nicht? Die produktiven Jahre wurden ab Virus langsam gedrosselt. Peter Tägtgren, der zudem noch erfolgreicher Produzent ist, hatte ein Auge auf weitere Musikprojekte geworfen. Außerdem schmiedete er seit 1997 am zweiten Mainprojekt, das mit Pain in die gleichen Thematiken griff, nur technisch andere Wege geht. Als Produzent des Abyss Studios arbeitete Peter mit Bands wie Amon Amarth, Destruction, Dimmu Borgir oder Sabaton zusammen. Gesundheitlich, was viele Anhänger wissen, stand es um den 51 Jahre alten Musiker nicht immer rosig. Jedes Album und jede Show ist somit ein Geschenk für alle Headbanger, die seine Kunst immer wieder aufs Neue zelebrieren. Seit dem 26.11.2021 steht mit Worship das nächste Manifest auf dem Plan, welches über Nuclear Blast veröffentlicht wurde. Der Nachfolger vom starken End Of Disclosure hat alle Fans acht Jahre warten lassen.

Wird diese lange Pause in Gold aufgewogen? Der Titeltrack Worship lässt jedenfalls keine Wünsche offen. Langsam läuft der Track warm, um dann im geliebten Hypocrisy Stil zu zünden. An Bord neben dem Mastermind bleiben der Mitgründer Mikael Hedlund und Reidar „Horgh“ Horghagen, der 2004 dazustieß, um die finsteren Gedanken aus den unendlichen Weiten in ein Death Metal Korsett zu zwängen. Der Gesang drückt einen fest in den Sitz, während die Gitarre von Herrn Tägtgren als Kettensäge durch die Nacht heult. Stets gewillt, tödliche Akzente zu setzen, treiben die drei Skandinavier die einzelnen Passagen aus den Boxen. Kräftige Refrains, bombastische Himmelsfeuer und der kompromisslose Wille, die Invasion auf unseren Planeten anzutreiben, machen Hypocrisy in ihrem Schaffen einzigartig. Chemical Whore steigt wie der Opener vorsichtig, aber konzentriert ein, um dann immer wieder fiese Nadelstiche zu setzen. Die Arbeit am Keyboard bringt Peter in Fahrt. Elektrisierende Sounds und fundamentale Beats peitschen das Trio über das Schlachtfeld, auf dem sie wie die kleinen Figuren strategische Aufgaben übernehmen. Irgendwas zusammenrühren und den treuen Anhängern als neue Wunderwaffe vorstellen, ist eben nicht die Art der Nordeuropäer. Greedy Bastards bringt Horgh in Position, der die Dominanz ohne Frage genießt. Peter ist gesanglich absolut auf der Höhe und geht ohne Probleme über die 100 Prozent. Mit der Wohlfühlbasis im Background laufen Hypocrisy zur Höchstform auf. Das Einzige, was ein wenig fehlt, ist der ganz große Hit, der sonst gerne mal in den eh schon starken Werken herausblitzt. Potenzial dafür hätten Dead World oder Children Of The Gray. Letzterer lebt von der mystischen Handschrift in Kombination mit der unberechenbaren Härte, die scheinbar spielend aus dem Ärmel geschüttelt wird. Wenn ein Titel die Krone verdient hätte, dann Children Of The Gray, der mehr als ein gutes Wort als Anwärter der Platte mitzureden hat. Kurz, schnell, präzise – Another Day schüttelt alle positiven Gedanken ab. Feuer frei, die Läufe laufen heiß, viel Platz zum Abkühlen hat die Komposition nicht parat, dafür groovende Headbang-Momente, die alle alten Knochen wieder auf den richtigen Fleck schieben. Wehmütig muss man erkennen, dass mit Bug In The Net und Gods Of The Underground bereits das Finale in vollem Gange zum Ende des Silberlings drängt. Bug In The Net ist für mich persönlich der Nachfolger vom Roswell 47. Mit Gods Of The Underground wird ein letztes Mal der Schlund zur Hölle geöffnet. Doch nicht Satan wartet im glühenden Feuerball. Die außerirdischen Herrscher, die jeden einzelnen von uns manipulieren, ziehen fleißig die unsichtbaren Seile und lassen uns als Marionetten über diesen Erdball wandern.

Hypocrisy – Worship
Fazit
Fazit René W.:
Der nächste Geniestreich von Hypocrisy hört auf den Namen Worship. Vor wenigen Tagen habe ich erst die neue Platte von Unleashed hoch gelobt, da muss ich hier mit Peter gleich weitermachen, alles andere wäre absolut unfair. Die Scheibe ist von Anfang bis Ende spannend, die Refrains krachen und die vielen geilen Hooks hämmern das Gehirn wie einen kleinen Pingpong-Ball durch die Schädelhöhle. Was als negativer Punkt bleibt und einzig und alleine aufgezählt werden könnte, ist die Tatsache, dass eben kein Roswell 47 oder Eraser die Platte schmückt. Dafür ist das Gesamtbild sehr authentisch und auf selbem Niveau. Hört rein, wenn eure wehrlosen Seelen aufs Neue von unseren eigentlichen Herrschern dazu gebracht werden, dem außerirdischen Leben bis in die Unendlichkeit zu huldigen. 

Anspieltipps: Worship, Children Of The Gray und Gods Of The Underground

Fazit Florian W.:
Es gibt nicht viele Bands, für die ich mich auf einem Festival in den strömenden Regen stellen würde. Hypocrisy ist eine davon. So geschehen auf dem 2011er Rockharz, bei dem es nicht nur aus Eimern goss, sondern die Schweden auch ihre einzige Festivalshow des Jahres spielten. Das nahmen sie zum Anlass, um das Set gleich mal mit einem potenziellen Zugabenteil zu eröffnen: Roswell 47, Valley Of The Damned, Fire In The Sky – einfach nur legendär!

Über acht Jahre mussten Fans der schwedischen Ausnahmeband Hypocrisy warten. Jetzt steht das 13. Album Worship in den Regalen und Mastermind Peter Tägtgren rechnet mal wieder mit allem ab. Musikalisch haben die düsteren, schleppenden Arrangements die Oberhand, was mir als Fan von ähnlich gelagerten Großtaten wie Let The Knife Do The Talking oder Fire In The Sky sehr entgegenkommt. Der eröffnende Titeltrack hinterlässt nach kurzem Intro allerdings erst mal nur Asche und Staub. Drummer Horgh verdrischt die Felle, dass das Material nur so splittert und Peter bleibt gesangstechnisch in den Untiefen seiner Growls. Chemical Whore ist ein perfektes Beispiel für den eingangs erwähnten, schleppenden Sound. Für mich kommt da keiner an Hypocrisy heran. Allein das eröffnende Riff: melodisch, aber gleichzeitig so abgrundtief böse. Lyrisch rechnet Meister Tägtgren mit der Pharmaindustrie ab. Diese ist angesichts der aktuellen Lage natürlich präsenter denn je, umso erstaunlicher, dass der Song vor der Pandemie entstanden ist.

Es gibt auch ein bisschen durchschnittliche Hausmannskost, was aber bei weiteren Highlights wie We’re The Walking Dead oder Another Day zu verkraften ist. Alleine durch die markerschütternd geschriene Zeile „What a beautiful day to die“ kann man auch Children Of The Gray dazuzählen. Das grandiose Video von Costin Chioreanu rundet die Singleauskopplung gekonnt ab. Peter und seine Mannen haben es immer noch drauf, und wenn Feuer, Eis und Regen vom Himmel fällt, stehe ich ohne Zweifel wieder bei Hypocrisy vor der Bühne – Worship!

Anspieltipps: Worship, Chemical Whore und Children Of The Gray
René W.
8.8
Florian W.
8.5
Leser Bewertung1 Bewertung
8.8
8.7
Punkte