Artist: Hills Like White Lions
Herkunft: Amstetten, Österreich
Album: Hills Like White Lions
Spiellänge: 54:23 Minuten
Genre: Progressive Metal, Post Metal
Release: 01.05.2020
Label: Eigenproduktion
Link: https://www.facebook.com/HillsLikeWhiteLionsMusic
Bandmitglieder:
Gesang und Gitarre – Florian Wagner
Bassgitarre – Alexander Augustin
Schlagzeug – Hannes Lettner
Tracklist:
- Sonnentau
- Steep
- Cave
- Dark
- Light
- Flower Garden
- Waterfall
- Cliffs Bursting
- Float
- Shaman
Da ich in unserem Time For Metal Team mittlerweile die erste Adresse für den Underground bin, landen Anfragen von eben diesen Undergroundbands meistens bei mir. So darf ich dann auch Bands entdecken, die normalerweise wohl eher an mir vorbeigegangen wären. So wäre es wahrscheinlich auch mit Hills Like White Lions passiert, die aus dem österreichischen Amstetten grüßen und bei uns anfragten, ob wir zu ihrem selbst betitelten Debütalbum unsere Meinung kundtun möchten. Das Pressekit, das mit dieser Anfrage kam, war sehr umfangreich befüllt, sogar die Lyrics wurden geliefert. Hut ab und danke dafür!
Als Genre schreiben Hills Like White Lions mal ganz nüchtern Progressive Metal und unter „Ähnliche Künstler“ unter anderem Astronoid und The Ocean. Erstgenannte haben mich mit ihrem letzten Album ziemlich enttäuscht, das ist bei Weitem nicht an das Meisterwerk Air rangekommen. The Ocean haben mit Phanerozoic I Palaezoic allerdings ein Meisterwerk abgeliefert, das seinesgleichen sucht. So sind die Erwartungen an Hills Like White Lions gleich mal ziemlich hoch, und ich bin sehr gespannt, wie die Jungs den Progressive Metal ausfüllen. Das Genre habe ich gleich mal um Post Metal ergänzt, das trifft es, zumindest musikalisch, nicht minder gut.
Auf dem CD-Cover wird auch das Konzept des Albums erklärt, und der Text startet mit den Sätzen „Carnivorous sundew grows in marsh. Like greed, egoistic humans, the plant catches its prey and withers its life.“ Und genauso, wie dieser fleischfressende Sonnentau, verhält sich auch der Hauptprotagonist mit gleichem Namen. In den zehn Songs des Albums werden verschiedene Stationen einer Reise beschrieben, auf die er sich begibt, und die man auch mit einer Reise durch die verschiedensten Gefühlswelten vergleichen kann.
Als ich mir das wunderbare Video zu einem meiner Anspieltipps, nämlich Sonnentau, zum ersten Mal anschaute, fiel mir sofort diese ganz besondere Stimme von Florian auf. Die bewegt sich auf dem gesamten Album – abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen – wohl nur innerhalb einer Oktave, kommt manchmal ein wenig kehlig daher und steht mit diesem Stil auch oft in krassem Kontrast zu dem, was die Jungs da mit den Instrumenten veranstalten. Sofort eingefallen ist mir Mariusz Duda (Riverside, Lunatic Soul), der ja auch meistens recht bedächtig und zurückhaltend agiert und sich auch in etwa in der gleichen Tonlage bewegt.
Bei den ersten Hördurchläufen, denen noch sehr viele folgen sollten, ist mir die Zeit dann tatsächlich auch sehr lang geworden. Aber diesem Album muss man wirklich Zeit geben, Hills Like White Lions haben hier musikalisch sehr viel in die Waagschale geworfen. Mag auch zunächst alles ziemlich gleich klingen, verstehen sie es innerhalb der einzelnen Songs wunderbar, harmonisch zu agieren und die Stimmung musikalisch darzustellen. So baut sich Sonnentau fast unmerklich auf, und die Doublebase vermittelt vielleicht ein klein wenig die Aufregung des Protagonisten, der in diesem Song dabei ist, zu seiner Reise aufzubrechen.
Einer meiner Favoriten ist dann gleich das folgende Steep. Hier kann man tatsächlich eine Verbindung zu Astronoid ziehen, die mit ihrem Debütalbum Air das Genre „Dream Thrash“ erfunden haben. Großartige Uptempo-Nummer, die aber auch von ihren Tempowechseln lebt. Auch Flower Garden stößt immer mal wieder in diese Astronoid-Richtung vor. Bei diesen Tempoausbrüchen kann ich dann wieder mal nicht umhin, die Leistung von Hannes am Schlagzeug zu bewundern.
Abgesehen von diesen beiden Songs bleibt man bei Hills Like White Lions allerdings musikalisch tatsächlich eher bei The Ocean. So kann zum Beispiel Cave ein wenig an Cambrian II: Eternal Recurrence erinnern. Aber man muss sich nicht nur an andere Bands anlehnen. In Waterfall wagen die Jungs mit wunderbaren Gitarrenläufen auch mal einen Ausflug in Richtung Post Rock, während man bei einigen Riffs in Float tatsächlich einen kurzen Gedanken an Meshuggah haben kann.
Das alles, und noch vieles mehr, erschließt sich noch nicht beim ersten Hören. Da muss man noch sehr viel Geduld aufbringen. Aber wer auch gern mal Musik hört, die sich abseits der ausgetrampelten Pfade bewegt, wird die sicherlich haben, so wie ich sie auch hatte.