🤘🎸🎄 Adventskalender 2025 🎄🎸🤘

Amorphis – Listening Session zu „Borderland“ bei Reigning Phoenix Music

Eine Erlebnisreise

Wie es im Leben manchmal so spielt: Bei einem Konzert von Simon McBride habe ich Alexander Stock getroffen, der für das Hardline Magazin unterwegs war. Im Gespräch erwähnte er die Listening Session von Helloween und dass er dazu eingeladen wurde. Er durfte sich die neue Platte mit allen Helloween-Jungs anhören und hatte diverse Gespräche, u. a. mit Michael Kiske und Marcus Großkopf (okay, den trifft er öfter, sie wohnen fast nebeneinander) führen.
Da kam schon ein wenig Neid auf, denn so etwas gab es in dieser Art bisher für unser Magazin nicht. Na ja, wir hatten auch schon die eine oder andere Release-Party – meist aber eher im kleineren Rahmen. Aber so eine Pre-Listening-Session? Nicht, dass ich wüsste.
Bisher also noch nichts Spannendes. Aber eines Tages treffe ich einen Kollegen, der mir etwas von einer Pre-Listening-Session von Amorphis erzählt und dass sein bisheriges Magazin dafür eine Einladung bekommen hat – aber wohl keiner Interesse oder Zeit hat.

Nun frage ich mich, warum in aller Welt das nicht auch für uns möglich ist. Immerhin ist unser Magazin kein kleines lokales Blättchen mehr, sondern ein angesehenes Magazin, das mit seiner Performance und auch mit Know-how bei diversen Labels, Agenturen, Plattenfirmen und Veranstaltern hoch im Kurs steht.

Also fix den Chef angetriggert – er soll sich doch mal schlaumachen. Der nimmt seine Aufgabe ernst, und innerhalb kürzester Zeit ist eine Antwort da: Klar, gern dürft ihr kommen. Es gibt ein paar Win-win-Klauseln, die für mich aber eher nur ein Win sind. Vanessa Christodoulou von RPM ist meine Ansprechpartnerin, und von ihr erfahre ich alles Wichtige. So, wie ich das dann höre, übernimmt die Firma die Übernachtung, die An- und Abreise und auch die Verpflegung vor Ort. Damit habe ich ja nun überhaupt nicht gerechnet und freue mich natürlich noch mehr. Ich wäre auch bereit gewesen, Teile selbst zu übernehmen. Zeitlich passt alles – und als Rentner ist das ja auch alles nicht so wild.

Allerdings liegt das Headquarter von RPM tief im Baden-Württembergischen. Wenn ich Hamberg suche, kommt: „Meinten Sie Hamburg?“ – Google denkt bestimmt, ich habe mich verschrieben. Aber mit Postleitzahl findet das System den richtigen Ort, der eine gute Dreiviertelstunde westlich von Stuttgart in Richtung Pforzheim liegt.
Da Vanessa inzwischen mein Faible für Amorphis kennt, freut sie sich, mir das zu ermöglichen.

Noch haben wir über die Reisemöglichkeiten nicht gesprochen, also gehe ich auf Recherche im Netz. Auto ist mir zu weit, Flug lasse ich als letzte Option – die Deutsche Bahn wird befragt. Da gibt es einiges, wobei die Reisedauer doch schon arg lang ist. Diverse Male umsteigen, und nach gut zehn, elf Stunden wäre ich da. Aber egal – was macht man nicht alles! Dafür plane ich dann zwei Übernachtungen ein und bin natürlich bereit, das alles auf mich zu nehmen. Das teile ich so Vanessa mit, die dann aber sagt: „Och, ich denke, wir lassen dich fliegen.“
What? Einfach so? Ja, warum nicht. Das nenne ich spendabel und großzügig.

Ich gehe erneut auf Suche und schaue, wie ich von Hamburg – dem richtigen – nach Stuttgart komme. Hm, früher Flug hin, früher Flug zurück. Dann trudelt bereits von RPM die Reisebuchung für mich ein, und das sieht gut aus: kleines Gepäck, früh nach Hamburg, und dann ab nach Stuttgart.

Die Vorfreude ist groß, und ich mache mich daran, intelligente Fragen für die möglichen Interviews zu finden. Immerhin geht es um das 15. Studioalbum von Amorphis, von dem bisher weder Titel noch Erscheinungsdatum bekannt sind. „Irgendwann im September“, heißt es.

Amorphis, Pre-Listening, Pic: Kay L.

Der Termin für die Listening Session ist der 04.06., und am 06.06. soll dann die erste Single erscheinen – verbunden mit den offiziellen News zum Album. Alle geladenen Magazine sollen genau das dann am Freitag berichten. Dann dürfen wir – natürlich noch nicht inhaltlich – über die Listening Session und die neue Single berichten und alle News veröffentlichen. So der Plan. Ich überlege bereits, was ich alles mitnehme: Welches T-Shirt für den Flug, welches für das Treffen mit der Band, welches für das Dinner? Welche Platten kann ich noch zum Signieren einpacken? Vielleicht die Autobiografie von Amorphis? Stifte zum Unterzeichnen. Kopfhörer für den Flug? Powerbank, damit ja nichts schiefgeht. Batterien fürs Aufnahmegerät, alles dabei und Dinge, die mich bereits Tage vor dem Termin beschäftigen.

Dazu überlege ich mir, dass ich das Interview ja eigentlich auch auf Video aufnehmen kann. Dazu brauche ich eine Kamera – meine ist zu schwer, und das Stativ hält nicht richtig. Also schnell meine anstehende Mobilfunkvertragsverlängerung ausgenutzt und ein neues Telefon mit Top-Kamera bestellt. Das kommt tatsächlich auch noch rechtzeitig an – und tut genau das, was es soll.

Inzwischen ist es das Wochenende vor der Fahrt, und was sehen meine Augen auf den Seiten des großen F? Genau – bereits die Bestellmöglichkeit für ein neues Amorphis-Album mit dem Namen Borderland, inklusive Coverbild. Echt jetzt? Das sollte doch eigentlich erst kommende Woche bekannt gegeben werden! Die ganze Spannung schon im Keim erstickt.

Flugs Vanessa angeschrieben – die genauso überrascht ist. Der Berliner Versandhändler hat irgendwoher bereits die Infos bekommen und bietet die Platte an. RPM versucht zwar, das irgendwie zu verhindern, aber zunächst ist die Information lange Zeit online zu finden.

Am Montag kommen dann aus dem Hause RPM die offiziellen News zur neuen Platte. Es musste reagiert werden – und so sind die Infos eben schon ein paar Tage früher da. Schade, so geht ein Teil der geballten Info für Freitag verloren. Hilft nichts – passiert halt.

Nun ist es also Mittwochmorgen. Der Wecker klingelt rechtzeitig, meine Sachen sind bereits seit Tagen fertig gepackt, das Outfit liegt bereit, und die Parkmöglichkeit in der Nähe des Flughafens ist gebucht. Das Parken und der inkludierte Transport zum Flughafen verlaufen problemlos, und auch die Kontrolle am Flughafen – inklusive Leibesvisitation (ich hatte das Geld nicht aus der Hosentasche genommen) – bringt meinen Zeitplan nicht durcheinander. Auf der Anzeigetafel suche ich nur noch mein Gate und habe eigentlich noch eine halbe Stunde Zeit. Und dann? Super – der Flieger hat Verspätung. Zunächst nur eine Stunde, aus der dann aber fast zwei werden.
Bereits in Stuttgart gab es einen technischen Defekt, der den Austausch der Maschine notwendig machte, so erzählt es der Kapitän später.

Über die Verspätung informiere ich Vanessa, da zwei Kollegen und ich ja am Flughafen Stuttgart abgeholt werden sollen.
Aus der geplanten Ankunft um 09:40 Uhr wird mal eben halb zwölf. Super. Das hatte ich mir anders vorgestellt.

Na ja, ich erspare mir die zweistündige Beschreibung der Wartezeit und des ruhigen Fluges.
Zum Glück habe ich Musik dabei, und auch etwas zum Lesen ist im Gepäck (die Autobiografie habe ich dann doch noch mitgenommen).
Meine Fragen überarbeite ich auch noch etwas, und inzwischen weiß ich auch bereits, dass ich zwei Gesprächspartner haben werde: Santeri und Tomi Koivusaari werden mit mir das Interview führen. Darauf freue ich mich sehr. 
Mit Santeri hatte ich schon zur Halo-Platte ein tolles Gespräch, und Tomi habe ich während der Aufnahmen zum neuen Album in Kolding beim Konzert von Iotunn (Tipp: unbedingt reinhören!) gemeinsam mit dem neuen Produzenten Jacob Hansen getroffen.

Tomi Koivisaari, Jacob Hansen, Kay L. im Godset, Kolding beim Iotunn Konzert. Pic by M. Jansen

Während des Transfers vom Flughafen Stuttgart zum Headquarter im beschaulichen – und heute leider verregneten – Hamberg lerne ich einen spanischen Kollegen kennen: Jason Cenador vom Printmagazin Heavy sowie eine tschechische Kollegin.
So ergibt sich bereits beim Transfer eine lustige Mischung aus Anekdoten und Geschichten rund um Hamberg, Metal, Musik und allem Möglichen sonst – natürlich in bestem Schulenglisch.

Bei der Ankunft in Hamberg sehen wir kein typisches Bürogebäude, sondern eher eine – tja, wie soll ich das beschreiben – Ansammlung untypischer, aber irgendwie passender Gebäude:
Eine urige Gaststätte, ein Hotelkomplex, eine Brauerei und Lagerräume – das alles gehört irgendwie zu RPM.
Erst später erfahre ich, dass sich die Büroräume in einem derzeit als Rockhotel geführten Gebäude befinden und vieles auch im Homeoffice erledigt wird.
Die Gaststätte und das Hotel sind auch für die Öffentlichkeit zugänglich, gehören aber irgendwie mit dazu – genauso wie die Brauerei: die Hamberger Brauwerkstatt mit dem Calva Nigra, einem Bier mit dem Totenschädel (hoffentlich nicht am nächsten Tag im eigenen Schädel …).

Schnell das modern eingerichtete Zimmer bezogen – und dann haben wir, genau: zehn Minuten Zeit, um uns frisch zu machen.
Vanessa sammelt uns im Foyer ein und überreicht eine Infomappe mit allen wichtigen Informationen.

Als wir das Hotelgebäude verlassen, trifft die Band ein – sie kommt aus Frankfurt. Eine erste kurze Begrüßung – man kennt sich ja (hüstel) – und während ein Teil der Musiker ihre Unterkünfte bezieht, gehen wir zum Mittagessen ins Gasthaus.
Dort bekommen wir Getränke – das Helle ist klasse –, Flammkuchen und jede Menge Unterhaltung untereinander.

Wir sind zwölf Kollegen, wobei die Mehrheit aus Online-Magazinen stammt. Frank Hameister nebst Tochter von Powermetal ist auch da – den habe ich bereits das eine oder andere Mal getroffen. Der Berliner Kollege vom Legacy ist unterhaltsam und ebenfalls schon viel herumgekommen. Dann betritt Tomi Joutsen den Raum – und auch Vanessa ist mit dabei. Inzwischen ist auch Philipp Adelsberger eingetroffen, und auch Markus Wosgien lässt es sich nicht nehmen, hier zu sein. Anschließend geht es in das gleich nebenan liegende Privathaus von Sven Bogner, in dem sich ein richtiges Heimkino befindet. Das darf RPM nutzen, um genau solche Veranstaltungen durchführen zu können. Es fehlt eigentlich nur noch das Popcorn, während wir in den bequemen roten Sesseln Platz nehmen.
Auf der Leinwand ist das Cover der neuen Platte zu sehen – und bereitet uns auf das Kommende vor.

Tomi Joutsen sitzt in der ersten Reihe, hat Unmengen an Zetteln dabei, die sich als Songtexte entpuppen – und dann geht es los:
Das Album wird abgespielt. Bereits der erste Track verspricht Neues – ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail gehen zu wollen (das folgt, sobald offiziell gereviewed werden darf). Es bleibt spannend. Track um Track wird gespielt. Dabei laufen auf der Leinwand die Songtexte mit – die, so viel sei gesagt, kaum vollständig aufzunehmen sind. Inhaltlich geht es um den täglichen Kampf zwischen Gut und Böse, um Endlichkeit und teilweise auch um finnische Mystik. Tomi macht sich zu fast allen Songs Notizen und ist hochkonzentriert.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist es auch das erste Mal, dass die Band das Album in Gänze hört.

Song um Song vergeht – und es wird klar: Amorphis beschreiten mit dem Produzenten Jacob Hansen neue Wege.
Die anfängliche Skepsis nach dem ersten Song The Circle (leicht poppig) weicht einer gewissen Erleichterung. Denn das, was diese Band ausmacht, ist wiederzufinden, gekleidet in ein modernes Gewand, produziert mit frischer Energie, aber trotzdem tief verwurzelt in der finnischen Weite, die Tomi Joutsen stimmlich so eindrucksvoll transportiert.

Gitarren, Keys und Drums erklingen in harmonischer Art und Weise. Es gibt immer wieder spannende Wendungen – etwa bei der groovigen Nummer Dancing Shadow oder The Lantern. Mit dem Ende der Plattenvorstellung kommen auch die restlichen fünf Musiker dazu und stellen sich den ersten Fragen, die von Vanessa nach dem aufbrandenden Applaus gestellt werden. So darf sich jeder noch äußern – und es entsteht ein erster Eindruck, warum es Jacob Hansen sein sollte, warum Tomi Joutsen diesmal in Finnland und nicht wie gewohnt in Schweden seinen Gesang aufgenommen hat, warum es einen Arbeitstitel Disco Tiger gab, weshalb Pekka Kainulainen alle Texte auf Finnisch schreibt und warum das Album deutlich organischer klingt als die vorhergehenden. Interessant, und das alles nicht ganz ohne Witz.

Amorphis

Nachdem im Vorgarten von Sven – der übrigens auch der Eigentümer von RPM ist – noch Fotos mit der Band für die örtliche Presse gemacht worden sind, geht es zurück in den Gastraum. Es folgen die Einzelinterviews, die in einer späteren Veröffentlichung Thema sein werden. Zwischen den einzelnen Interviews müssen die Musiker noch in einem separaten Raum gut 1500 Autogrammkarten unterschreiben, die später in die Borderland-Boxen gelegt werden. Auch das gehört eben dazu. Nach dem interessanten, leider viel zu kurzen Interview mit Tomi Koivusaari und Santeri, ist der offizielle Teil vorbei. Jetzt darf es ein großes Helles sein – denn so viel reden macht durstig, und die Arbeit ist getan. Das anschließende Dinner wird vom Sternekoch des dazugehörenden Restaurants Grüner Wald ausgerichtet. Amorphis sitzen in einem angrenzenden Raum und kommen leider nicht mit dazu – was aber vollkommen in Ordnung ist.

Ich habe bisher natürlich noch nichts unterschreiben lassen, aber wir bekommen von Vanessa eines der frisch signierten Bandfotos – und das ist doch schon etwas sehr Besonderes.
Trotzdem bekomme ich später noch ein paar Autogramme auf einer Testpressung der Circle-Platte, die bereits für einiges an Bewunderung gesorgt hat.

Im Laufe des Abends kommt auch Philipp noch einmal dazu, und mit Tetzel von Asenblut bzw. All For Metal findet sich ein prominenter Abnehmer für die restlichen Speisen. Die Portion ist beachtlich, aber der Mann ist auch ein Berg. Viele Gespräche und interessante Einblicke später verabschiede ich mich und gehe, bevor der kommende Tag mit Kopfschmerzen beginnt, ins Bett.
Die Eindrücke verfolgen mich noch eine Weile, bevor mich im Schwarzwald die Ruhe in den Schlaf begleitet.

Am nächsten Morgen, kurz vor sieben, ist es Vanessa, die mich – obwohl sie selbst noch deutlich länger verweilte – pünktlich zum Flughafen bringt. Der Rückflug nach Hamburg verläuft reibungslos, und schnell bin ich wieder in gewohnter Umgebung.
Der Trip kommt mir fast unwirklich vor.

Ich bin RPM und der lieben Vanessa mehr als nur dankbar für diese Erfahrung – und die Möglichkeit, meiner neuzeitlichen Lieblingsband Amorphis so begegnen zu können.
Das wird in meiner Erinnerung einen Rang weit oben einnehmen – denn so eine Gelegenheit ist alles andere als alltäglich.