Blizzarrrd Rock Festival vom 14.07. bis 16.07.2022 in Bornhöved

Schleswig-Holstein hat ein neues Rockfestival

„Noch nie hatte ein Festival, das bisher noch nie stattfand, so treue Fans. Und noch nie musste eine Festivalpremiere so oft verschoben werden.“

Nach den Verschiebungen von 2020 und 2021 ist es endlich so weit. Vom 14. bis 16. Juli 2022 heißt es: Willkommen beim ersten Blizzarrrd Rock Festival in Bornhöved! Aus dem ehemaligen Zwei-Tages-Festival sind mittlerweile drei Tage geworden. Das Festival startet nun bereits am Donnerstag. Auch am ursprünglichen Line-Up mussten aufgrund der Terminverschiebung natürlich leichte Änderungen vorgenommen werden.

Donnerstag, 14.07.2022

Wir kommen rechtzeitig zum Festivalgelände. Eine Ausschilderung ist vorhanden, allerdings ist die Schrift- und Pfeilgröße nichts für Sehschwache oder Hektiker. Platz ist hier genug. Das Gelände für Tagesparker ist riesig und kann das Festivalgelände zukünftig auf alle Größen erweitern. Auch der Campground bietet ausreichend Reserven. Die Regenfront, die den gesamten Norden unter Wasser setzt, kommt hier nur mit einem kurzen Guss an. Kaum auf dem Festivalgelände, steht Wacken Opa Günni mit seinem Spendenmobil für Lautstark gegen Krebs e.V. da und begrüßt die ersten ankommenden Gäste. Ein erster Orientierungsrundgang ist zügig beendet. Das Gelände ist übersichtlich, strukturiert und für mehr gerüstet. Der Campground ist schon mit den ersten Reihen gefüllt. Duschen, Dixies, Toilettenwagen. Bis auf einfache Waschmöglichkeiten entdecke ich alles mit einem Blick. Sofort laufe ich Bekannten über den Weg. So gibt es schon das erste Erfrischungsgetränk, bevor die erste Band das Festival eröffnet. In der schleswig-holsteinischen Musikszene ist man eine große Familie.

17:00 Uhr: Cockroach (dt. „Kakerlake“) ist eine Coverband aus Hamburg, die schon im 26. Bandjahr steht. Das Programm besteht ausschließlich aus bekannten Klassikern der Rockmusik. Von AC/DC, Creedence Clearwater Revival und Deep Purple über Status Quo und Whitesnake bis ZZ-Top reicht ihr Repertoire. Die vier Jungs wissen, was sie mit ihrer Frontfrau Celina Vox  haben und geben mächtig Gas. So kommt sofort Stimmung auf und der Platz vor der mächtigen Bühne füllt sich ständig. Die erste Stunde gehört ihnen und sie blasen die Regenwolken zügig weg.

18:15 Uhr: JedermannTheraPie kommen aus Almdorf, Kreis Nordfriesland. Sie selbst geben Husum als Heimatort an. Deutschrock in einem Crossover mit Rap/Hiphop, bei dem sie sich eines Gastsängers bedienen. Ihre Texte verkörpern den Anspruch an sich selbst. Jeder kann so sein, wie er mag. Tattoos stören nicht das Wesen und so treten sie selbstbewusst auf.

19:15 Uhr: Fin The Chaef aus Kiel spielen ebenso in diesem Genre. Harten, deepen Crossover aus einem Guss. Ihr Stil schlägt einen großen Bogen weg vom HipHop in Richtung Punk, was sie exemplarisch mit dem heutigen Opener Schlechter Tag belegen. Mit ihrem Debütalbum Spaß War Gestern aus Oktober 2020 legten sie sogar eine bemerkenswerte Headlinertour hin. Allerdings beschränken sie sich im Gegensatz zum Konzert auf der Platte nicht nur auf deutsche Texte.

20:30 Uhr: Extramensch kommen aus Frankfurt am Main. Ihr Genre fällt wohl am meisten in die NDH, Gothic und den Dark Rock. 2010 veröffentlichten sie ihr Debütalbum und bewiesen sich als Vorreiter der deutschen Texte im Metal. Nach einigen Besetzungswechseln wurde es ruhig um die Band. Mit teils neuem Line-Up und alter Energie wollen sie an die erfolgreichen Zeiten anknüpfen. Ihren Stil würde ich mit Melodic Gothic Metal mit deutschen Texten beschreiben. Sie sind heute nicht nur die Band mit der weitesten Anreise, sondern auch meine Entdeckung des Tages.

21:45 Uhr: Nidbild stammen aus Hamburg. Die Band setzt sich seit 2018 aus Mitgliedern der Bands Combichrist, In Death und Hanzel & Gretel zusammen. Ihr Debütalbum heißt Stand Our Ground und ist im Black- und Thrashmetal mit Wurzeln im Hardcore angesiedelt. Normalerweise besteht die Truppe aus dem Trio Björn Anders Hedén (Vocals & Guitar), Danika Ruohonen (Bass) sowie Yannik Fleming (Drums). Für den Auftritt beim Blizzarrrd Festival holten sie sich Verstärkung von Chris aus Dublin auf die Bühne.

23:00 Uhr: NoWar aus Kiel spielen „Positive Hardcore“. Ich schiebe sie mal in die Richtung Hardcore und Punk. Ihre Setliste besteht aus dem kompletten Album Don’t Lie, das sie erst am 13. Mai herausgebracht haben. Natürlich fehlt auch ihre erste Single Roses nicht. Am meisten Spaß macht mir aber die Zugabe. Eisbär, das Cover von Grauzone hat es in sich. Schade, dass sich schon sehr viele vom Festivalgelände zurückgezogen haben. Hier wird ein Highlight verpasst.

Freitag, 15.07.2022

Heute geht es schon mittags los. Der Campground füllt sich langsam, aber kontinuierlich. Etwa 300 Besucher verbrachten die erste Nacht auf der Wiese. Durch die Reihen laufen Catering-Mitarbeiterinnen mit belegten Brötchen. Auf Nachtruhe wurde geachtet und es ist überdurchschnittlich sauber. Jeder achtet auf seinen Müll und bringt ihn auf dem Weg in das Infield in die bereitgestellten Container. Einzig ein Mangel an Toilettenpapier in den Toiletten ist zu beklagen.

12:30 Uhr: Mit Blind Man’s Gun aus dem Hamburger Untergrund startet der heutige Festivaltag. Sie spielen seit 2011 knallharten Heavy Rock und Metal, ohne sich in bestimmte Richtungen drängen zu lassen. Ihre Sängerin Naddy Gunn, die auf dem Festival auch als Moderatorin fungiert, beherrscht die Setliste mit ihren Jungs mal in stampfenden Rockbeats, schweren Heavy-Riffs, aber auch in balladesken Stücken. Ihr 45-Minuten-Auftritt machte jedenfalls schon einmal Lust auf mehr.

13:30 Uhr: The Torch aus Göteborg sind der erste internationale Act des Festivals. Ihr kompromissloser, melodiöser Hardrock mit den Wurzeln im Grunge ist wohl nahezu jedem der Festivalbesucher unbekannt. Dies hat das Trio mit ihrem 45-Minuten-Auftritt geändert. Nach Beginn ihres Gigs füllt sich das Feld vor der Bühne stetig. Gegründet wurde die Band unter dem Namen Smash Atoms bereits im Jahr 2012. 2014 machte ihr Debütalbum Light That Fire nach einigen Mitgliederwechseln die Band national bekannt. Das zweite Album Chasing Light mit einem viel grungigeren Sound bedeutete 2018 auch hierzulande den Durchbruch. Ihr drittes Album soll nun nach der Pandemiepause kommen. Am Ende ihres Auftritts fliegen Drumsticks, Caps und Plektren in das Publikum. Die Schweden haben sich eine Menge neuer Freunde gemacht. In vier Wochen darf sich das Ackerbrand Festival ein paar Kilometer nördlich noch einmal auf die Show des Trios freuen.

14:30 Uhr: Lucifer Star Machine haben schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich. 2002 in London gegründet, veröffentlichte die Kapelle zwei Alben und tourte mehrmals durch Europa. 2012 zog es Gründer und Bandleader Tor Abyss zurück in seine Heimat Deutschland, während der Rest der Band in England blieb. 2013 folgte dann das dritte Album Rock’n’Roll Martyrs und im Folgejahr der Umzug nach Deutschland. So kommt das neue Personal nun aus Hamburg, Braunschweig, Hannover, Fulda und Ede in den Niederlanden. Lucifer Star Machine spielen feurigen Hardcore-Rock’n’Roll, beeinflusst von Punk und Hard Rock. Ihr Neustart war gleich mit einem Auftritt beim Wacken Open Air 2019 und dem vierten Album The Devil`s Breath 2020 begleitet. Hier legt die Truppe einen Auftritt hin, der nicht nur mich begeistert. Im Merch-Zelt nach ihrem Auftritt ist kurzzeitig kein Durchkommen.

15:45 Uhr: Sign X sind hervorgegangen aus der Hamburger Kultband Châlice, die seit Anfang der 90er sieben Alben veröffentlichte und diverse Touren absolviert hat. Heute sind sie mit ihrem zweiten Album Back To Eden am Start, das erst im März erschienen ist. Ihr Melodic Metal beinhaltet eingängige Parts, die von einer ganzen Reihe Fans gefeiert wird. Für mich zugegebenermaßen Neuland. Eine Stunde Werbung in eigener Sache, obwohl das Kontrastprogramm zur Lucifer Star Machine schon gewaltig ist.

17:00 Uhr: Einen weiteren musikalischen Sprung zu Mr. Irish Bastard aus Münster stecken viele Fans mit dem Gang zum Bierstand locker weg. Irish Folk Punk ist schon ein gewaltiges Kontrastprogramm. Die Band hat seit ihrer Gründung 2006 bereits eine wechselvolle Geschichte. Obwohl sie gefühlt eine reine Liveband ist, hat sie auch ein Album im Gepäck. The Desire For Revenge hat zwar nun schon einige Monde auf dem Buckel, konnte aber durch die pandemische Pause nur wenig supportet werden. In der heutigen Setliste verzichten sie komplett auf Coversongs und promoten ausschließlich eigene Songs. Schade, denn ich hatte so auf ihre Version von Temple Of Love von The Sisters Of Mercy gehofft, die richtig in die Beine geht.

18:30 Uhr: Mit April Art nimmt das Programm wieder so richtig Fahrt auf. Liveauftritte bedeuten bei April Art immer Vollgas. Das Quartett aus dem mittelhessischen Gießen fällt bereits mit seinem Outfit auf. Ganz in Rot kommt nicht nur Frontfrau Lisa-Marie Watz mit ihrer charismatisch rauen Stimme daher, auch der Rest des Quartetts fällt ins Auge. 2014 gegründet, machten sie sich durch die energiegeladene Show schnell einen Namen. 2019 das Album Rise & Fall, 2020 die EP Fighter und nun frisch auf dem Markt das zweite Album Pokerface markierten Meilensteine in ihrer noch jungen Karriere. Die Setliste ist ein Gemisch aus allen drei Alben. Ihre jetzige Festivaltour endet im Herbst mit einer Supporttour zu dem neuen Album Pokerface durch die Clubs Deutschlands. Offiziell im Alternative Rock geführt, spielen sie eine melodiöse, kraftvolle, emotionale und moderne Rockmusik. Sie sind die perfekte Vorlage für den nachfolgenden Act.

19:45 Uhr: Die Münchner Emil Bulls läuten die Headlinerrunde ein. Crossover, Nu- oder Alternative Metal. Ihre Bandbreite lässt sich nicht festlegen. Ihr letztes Album Mixtape ist zwar schon wieder drei Jahre alt, aber ich mag die Truppe sowieso am liebsten live. In ihren 27 Jahren Bandgeschichte gab es erst an zwei Stellen Personalwechsel, aber ihr Stil hat sich doch deutlich verändert. Frontmann Christoph von Freydorf spielte anfangs noch Gitarre und mit Paul Rzyttka gab es noch einen DJ. Erst deutlich nach diesen Breaks wurden die Bullen für mich interessant.

21:15 Uhr: Endlich kann ich die Burning Witches mit ihrem Power Metal aus der Schweiz einmal live sehen. Die aktuell laufende Tour musste durch noch bestehende Restriktionen später beginnen, und so wurde mein geplanter Besuch in Dänemark gestrichen. Aber halt, das ist doch nicht Lala Frischknecht dort hinter den Drums? Die kurzfristig Verhinderte wurde durch Eleni Nota vertreten. Das erst 27-jährige kleine Kraftpaket aus Griechenland spielt derzeit bei Nervosa, einer brasilianischen Thrash Metal Band, die im Vorprogramm der Hexen auftreten. Damit der heutige Auftritt nicht platzen muss, hat sie sich binnen zwei Tagen die komplette Setliste einverleibt und liefert eine grandiose Leistung ab. Sobald die Hexen wieder im Norden sind, hoffe ich irgendwie wieder dabei sein zu können.

22:30 Uhr: Von der Schweiz nach Finnland. Battle Beast spielen ihren 80er-Jahre Heavy Metal bereits seit 2008. Aber erst seit die stimmgewaltige Frontfrau Noora Louhimo dabei ist, kam der ganz große Durchbruch. Nicht nur das aktuell erschienene Album Circus Of Doom erreichte in Finnland Platz eins der Charts. Auch die drei Vorgängeralben erreichten die Spitze der Charts. Im Metal-verrückten Finnland trotzdem eine Spitzenleistung. Kannte ich bisher nur Auftritte in knappen Lederkostümen, kommt heute eine Darbietung mit Hornkrone dazu.

Pünktlich um Mitternacht ist der 90-minütige Auftritt zu Ende. Die Besucher vor der Bühne können allerdings noch eine Lasershow über beide Bühnen genießen, bevor für heute das Festival beendet ist.

Samstag, 16.07.2022

Mittags wieder auf dem Festivalgelände. Auf zum Endspurt mit einer frisch gegrillten Krakauer und einer Tüte Pommes. Grundlage muss sein. Auch wenn es das Festival der kurzen Wege ist, machen die altersschwachen Beine langsam nicht mehr mit. Auf zum Endspurt, heute warten noch einige Überraschungen auf die Besucher.

12:30 Uhr: It’s Only Rock ’n‘ Roll, But I Like It: Dieser 1974 von den Rolling Stones veröffentlichte Songtitel steht nicht nur vielfach auf der Hose der Frontfrau, es ist auch Programm. Rosy Vista aus Hannover treiben die Frauenquote weiter nach oben. Die reine Frauen-Hardrockband, die 1983 von der Frontfrau Anca Graterol in Hannover gegründet wurde, hat nunmehr die dritte Reunion hinter sich. Auch erschien 2019 nach 1985 ein zweites Album namens Unbelievable. Das Quartett kurz vor dem Renteneintrittsalter macht aber alles andere als ruhig. Was die Damen da abliefern, ist aller Ehren wert. 45 Minuten lang lassen sie das Gelände mit allerfeinstem Old School Hardrock erbeben. Die erste Überraschung des Tages.

13:30 Uhr: Eine weitere Band aus Hannover schließt sich an. Persona haben allerdings erst zehn Dienstjahre auf der Uhr der Geschichte. Modern-Female-Fronted-Metalcore mit der Frontfrau Jelena Dobric zeichnen ein anderes musikalisches Bild. Die Sängerin und Pianistin sowie Lead-Gitarrist Melik Melek Khelifa begegneten sich 2012 in Tunesien und stellten in Kürze eine Band zusammen, mit der sie schnell landesweite Bekanntheit in der Metalszene des Landes erlangten. 2019 zog es Persona dauerhaft nach Europa, worauf Jelena Dobric, Yosri Ouada und Melik Melek Khelifa sich in Deutschland und Frankreich niederließen. Mit Simon Schröder am Schlagzeug und Eike Nehen am Bass stießen zwei Einheimische dazu, worauf einen Monat später bereits das erste Konzert in der neuen Heimat Hannover gespielt werden konnte. Derzeit promoten sie ihr im Oktober 2019 erschienenes Album Animal. Kraftvolle und modern klingende Metalcore-Tracks überzeugen auch hier das Festival. Schnell sichern sich die Kuttenträger ihre neuen Patches einer weiteren Überraschungsband.

14:45 Uhr: Weiter geht es mit den Überraschungen. Amy Montgomery, die erst 21-jährige Irin aus Belfast kommt nicht akustikklampfend auf die Bühne, sondern kommt mit einer energiegeladenen Band in einem hauchdünnen Body auf die Bühne. Gut, dass die Bühnen hier groß genug sind. Wie am Gummiband aufgezogen, jagt sie von Seite zu Seite, gönnt sich keine Pause. Sie ist eine musikalische Naturgewalt, die neben dem Gesang sowohl auf der Gitarre als auch auf den Keyboards mit großer Intensität auftritt. Sie tritt mit Kriegsbemalung auf und präsentiert sich als selbstbewusste Persönlichkeit. Erst jetzt wird sie von einigen Fans wiedererkannt. Noch bei dem Auftritt von Persona hat sie sich als Crowdsurferin über die Menge tragen lassen. Auftrittsvorbereitung mal anders.

16:15 Uhr: Slade! Von vielen erwartet, endlich da. Ich musste nachlesen: 21 Top-Twenty-Hits hat diese Glam- und Hardrock-Truppe seit 1966 zur Welt gebracht. Im zarten Alter von acht Jahren kaufte ich mir mit dem ersten Top-Ten Hit Coz I Luv You eine meiner ersten Singles überhaupt. Nach 25 Jahren und drei Wochen sehe ich sie das zweite Mal live. Wie Hunderte andere mit mir auf dem Acker kennt man jede Silbe, jeden Akkord. Die vorderen Reihen bevölkern grau- und weißhaarige. Manche haben ihre Enkel mit, die genauso mitrocken und die Texte mitgrölen. Ach, is dat schön, Gründungsmitglied Dave Hill noch einmal in seiner Glitzerjacke auf dem Podest zu sehen. Von solchen Rockopas kann ich komischerweise nicht genug bekommen. Ach ja. Ich bin ja selber einer. Irgendwas ist immer …

17:30 Uhr: Vorbei der Ausflug in die Geschichte. Mit Mindcollision aus dem Kanton Zug in der Schweiz steht wieder eine moderne Spielart des Metals auf der Bühne. Die Rap-Metal-Band vereint musikalische Stile wie „Metal, Rap, Djent, DJ-ing und Hip-Hop“ so Wikipedia. Wenn ich Rap und Hip-Hop höre, schaltet mein Gehör eigentlich gleich auf Durchzug. Irgendwie ist es bei den Jungs anders. Sie schaffen es, nicht nur meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Seit 2009 haben sie drei Alben herausgebracht, die immer mehr Erfolge feiern.

18:40 Uhr: Rezet sind wieder auf meiner Linie. Thrash-Metal aus meinem Nachbarkreis Schleswig hier in Schleswig-Holstein. 2003 gegründet, läuft die Band dem geneigten Hörer immer mal wieder über den Weg. Ihr letztes Album Truth in Between landet als signierte „Glow in the dark“ Vinyl in meinem Beutebeutel. Auch wenn die Scheibe mit einer anderen Besetzung eingespielt wurde, ist sie derzeit das Nonplusultra. Die neue Besetzung brachte vor wenigen Wochen eine Vier-Track-EP namens New World Murder heraus. Für eine regionale, aufstrebende Band sind Rezet immer wieder ein „Support your local Hero“-Konzert gut.

19:50 Uhr: Bei Mono Inc. stehen nahezu alle Besucher vor der Bühne. Die Hamburger, die nun schon seit dem Jahr 2000 mit ihrem Dark- und Gothic-Rock die Massen auf Festivals wie das Mera Luna oder Wacken Open Air begeistern, wurden erst spät als eine Art „Ersatzheadliner“ für das Blizzarrrd Festival bestätigt. Viele sind nur für den heutigen Auftritt der Band gekommen. Mit neuem Personal am Bass (Val Perun ersetzt seit diesem Jahr Manuel Antoni) heizen sie dem Volk wortwörtlich richtig ein. Die einzige Band des Festivals mit Feuershow, die einzige Band, die dem Wort Drumsolo eine neue Dimension verleiht. Ein Drumsolo von Katha Mia, das mit Unterstützung von Carl Fornia und Val Perun zu einem Triell anwächst. Zu den Klängen von U96 – Das Boot beginnen die drei sich und das Publikum anzuheizen. Einfach klasse, einfach immer wieder lohnenswert. Den Abschlusssong Children Of The Dark singt wirklich jeder auf dem Acker mit. Mit ihrer Show überzieht Martin Engler die Zeit. Nur knapp fünf Minuten später geht das nächste Highlight an den Start.

21:25 Uhr: Die Ukrainer Jinjer konnten erst spät ihre Ausreisegenehmigung bestätigen. Heute stehen sie von vielen heiß erwartet auf der Bühne. Für mich Neuland, begeistern sie die Fans. Ihren Stil würde ich in ein Gemisch aus Metalcore und Death Metal einsortieren. Zumeist in Englisch, singt Tatiana Shmailyuk einen Teil auch in Russisch. Die Bühnenbeleuchtung ist erwartungsgemäß meist in Gelb-Blau gehalten.

23:00 Uhr: Die Happy gibt es nunmehr auch schon seit 1993. Die Ulmer Truppe um die tschechische Frontfrau Marta Jandová ist momentan wieder mit ihrem 2020er-Album Guess What unterwegs. Ein Mix aus den verschiedenen Stilrichtungen ist auch hier das Maß der Dinge. Alternative Metal gepaart mit Crossover und einem Sack voll Grunge bringt viel Spaß. Bilder sind Glückssache, denn Beleuchtung findet nur in blau-weißem Gegenlicht statt.

Festival Fazit

Ein perfektes Festival, das mehr Besucher verdient hat. Viele kamen mit Tagestickets nur für eine bestimmte Band. Eine Musikauswahl, die für ein Rockfestival nach Meinung vieler auf dem Campground zu Metal-lastig war. Positiv auch die Bandauswahl, die man nicht auf jedem Festival findet. Weiter positiv die Personalauswahl. Egal, ob Wegesicherung, Einlasssicherung oder Grabencrew. Immer freundlich, immer hilfsbereit. Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Grabencrew zum Crowdsurfen animiert oder ein Tablett mit Kuchen durch die ersten Reihen kreisen lässt. Die Preisgestaltung der Gastro war fair gegenüber beiden Seiten. Es ist halt alles derzeit nicht mehr auf Vorkriegsniveau. Veranstalter Joachim Krause war ständig auf dem Festivalgelände präsent und immer für ein Gespräch offen. Schon vor Öffnung des Infields lief er herum und sammelte achtlos weggeworfenen Müll ein. Direkt nach Ablauf des Festivals wurde der Vorverkauf für eine neue Ausgabe gestartet. Wir wünschen ihm und seinem Team weiterhin viel Erfolg. Wir werden im kommenden Jahr wieder dabei sein!

Bei so viel Lob gab es kaum Kritik an dem Festival zu hören. Nur Kleinigkeiten in der Anordnung des Aufbaus sind vielleicht verbesserungswürdig. Toiletten nur in einer äußersten Ecke waren für einige Besucher beschwerlich. Auf dem Campground war die Toilettenpapierversorgung nicht durchgängig sichergestellt. Der Festivalmerch unscheinbar direkt neben dem Einlass hätte einen besseren Platz verdient. Direkt neben dem Zelt für Bandmerch und der Mixed Zone wäre er immer präsent und schon von Weitem zu sehen. Auch die Merch-Auswahl sollte zumindest um einen Patch und einen Zipper erweitert werden. Wie gesagt, das ist Jammern auf ganz hohem Niveau. Für eine Erstausgabe gleich solch ein Format auf die Beine zu stellen, ist schon aller Ehren wert. Neben dem Wacken Open Air und dem Baltic Open Air machte es Spaß, bei der Etablierung des drittgrößten Festivals in Schleswig-Holstein dabei gewesen zu sein.

Wir sehen uns am 13. Juli 2023, wenn es wieder heißt: Doors Open zum Blizzarrrd Rock Festival!