“In Flames oder nicht In Flames?“
Artist: In Flames
Herkunft: Göteborg, Schweden
Album: Siren Charms
Spiellänge: 44:58 Minuten
Genre: Melodic Death Metal, Alternative Metal
Release: 05.09.2014
Label: Sony Music Entertainment
Link: http://www.inflames.com
Produktion: Hansa Studios, Berlin
Bandmitglieder:
Gesang – Anders Fridén
Gitarre – Björn Gelotte
Gitarre – Niclas Engelin
Bassgitarre – Peter Iwers
Schlagzeug – Daniel Svensson
Tracklist:
- In Plain View
- Everything Is Gone
- Paralyzed
- Through Oblivion
- With Eyes Wide Open
- Siren Charms
- When The World Explodes
- Rusted Nail
- Dead Eyes
- Monsters In The Ballroom
- Filtered Truth
Im Jahre 1990 erblickte das Melodic Death Metal-Projekt In Flames zum ersten Mal das Licht der Metal-Welt. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass diese Gruppe sich zu einer der wichtigsten Bands für den melodischen Death Metal, aber auch zu einem extrem unterschiedlich angesehenem Projekt, entwickeln würde. Schon immer Stand der Name In Flames für Veränderung und so klang kein Album wie die anderen. Dadurch hat die Band um Sänger Anders Fridén mit viel Gemecker der Hörer, aber auch mit einem Haufen Anerkennung für den stetigen Wandel zu tun. Auch mit dem nun erscheinenden, bereits elften Silberling der Schweden- Siren Charms – hat man den Pfad beibehalten und begibt sich wieder stellenweise auf neuen, bisher unbetretenen und vor allem ruhigeren Boden für die Band.
Mit dem Opener In Plain View startet das Album mit einem kurzen Synthesizer-Intro um danach direkt in die Vollen zu gehen. Schlagzeug und Gitarren klingen anfangs dominant wie man es von den beiden Vorgängern A Sense Of Purpose und Sounds Of A Playground Fading gewohnt ist, doch mit Einsetzen des Gesangs schwindet der erste Eindruck und das Ganze wird doch wieder eine ganze Ecke ruhiger, jedoch keineswegs schlechter und spätestens mit dem Einsatz des Refrains steht auch für diesen Song – und somit auch das ganze Album fest: Ja, das ist In Flames. Wiedermal ein wenig anders, aber immer noch top! Gewohnt gut mixt die Band instrumentale Parts mit dem Gesang von Anders. Doch wirklicher Melodic Death Metal wird hier vergebens gesucht, teilweise könnte man der Band sogar einen leichten Pop-Einschlag vorwerfen. Kaum springt das zweite Lied an und Everything Is Gone beginnt mit seinem kräftigen, basslastigem Sound, erinnert man sich fast wieder an Reroute To Remain-Zeiten oder noch weiter zurück. Dieser Song sollte auch verkappten „Ich find immer nur den alten Krams gut“-Hörern wiedermal ein Grinsen auf das Gesicht zaubern. Das gerade veröffentlichte Through Oblivion kommt dann relativ ruhig daher und mag für den einen oder anderen schon nahezu langweilig klingen, fügt sich jedoch gut in das Gesamtkonzept des Albums ein und wirkt hier ganz anders, als es als alleinige Auskopplung daherkommt. Außerdem ist ein „ruhiger“ Titel ja schon fast Pflicht für den schwedischen Fünfer aus Göteborg. So überrascht es auch nicht, dass man sich bei When The World Explodes erneut weiblichen Gesang mit ins Boot geholt hat und so, wie schon mit dem auf dem Album Come Clarity erschienenen Song Dead End, ein extrem stimmungsgeladenes Lied entstand, welches sich hier mit bedrückender Stimmung durch den Raum walzt. Auch die folgenden Songs sind Titel, die sich in keiner Weise verstecken brauchen und auch immer wieder an vergangene Zeiten der Band anknüpfen, dabei jedoch trotzdem volkommen anders sind. In Flames gelingt somit wieder einmal der Spagat zwischen 1a treibendem Sound und mittlerweile fast schon chartkompatiblen Sounds.
Zu Beginn fällt auf, dass In Flames merklich an Speed zurückgenommen haben und ihre Härte mit sehr charttauglichen Melodien kombinieren. Klar, es gibt noch Gitarrensoli und Riffs, der richtige Doublebass-Hammer geht aber völlig verloren. Dummerweise versucht Fronter Anders Fridén immer mehr zu singen, was der gute Mann einfach nicht kann. Mit melodischem Death Metal hat das Album Siren Charms absolut nichts mehr zu tun, die Göteborg-Wurzeln glitzern nur noch ganz marginal durch das, zugegebenermaßen, anspruchsvoll kombinierte Material. Das Album klingt dagegen sehr modern und dürfte, ähnlich wie seinerzeit Clayman, die Gemüter spalten, da In Flames konsequent ihren Weg weitergehen, der bereits auf Sounds Of A Playground Fading in Songs wie Where The Dead Ships Dwell eingeschlagen wurde. Im Gesamtkontext gefällt mir dann sogar der neueste Single-Rohkrepierer Through Oblivion, der sich zwar als schwächer im Vergleich zu beispielsweise In Plain View oder Everything Is Gone erweist, dennoch durch seinen chilligen Groove besticht. Eine Halbballade und wie für das Radio gemacht ist With Eyes Wide Open, schnell weiter und Schwamm drüber, furchtbar. Namensgeber Siren Charms beginnt mit einem ziemlich coolen Gitarrenriff, der gleichzeitig Basis des gesamten Songs ist und Raum für die Entfaltung der anderen In Flames-Mitglieder bietet. Ein guter Song, der sich in durchaus ungeahnte Richtungen entwickelt und gleichzeitig absoluter Livekiller werden wird. When The World Explodes beginnt im Verhältnis zu den anderen Songs ziemlich hart, überrascht dann mit einem tollen Refrain, der von einer Gastsängerin mit einem warmen Timbre in der Stimme eingesungen wurde und einen angenehmen Gegenpol zu Fridéns kalter Gesangsfarbe bildet. Bisher der beste Song, der zusätzlich mit sphärischen Keyboardparts im Hintergrund in epische Tiefen einlädt. Absoluter Käse ist die bereits im Vorfeld ausgekoppelte Single Rusted Nail, die nicht zu Unrecht heiß diskutiert wurde, denn gut ist anders. Dead Eyes changiert zwischen „ganz ok“ und seltsamer Teenieschmerzballade, auch hier langweilt man leider mit Midtempo und verpulvert Platz auf dem Album. Monsters In The Ballroom transportiert eine eigentümlich dissonant-sperrige Atmosphäre, die dann im Refrain zu Gunsten eines durchaus schönen Refrains aufgelöst wird. Ganz leichtes Metalgeschreddere am Ende ist zu vernehmen, das war es dann aber leider auch schon. Filtered Truth versteckt sich zu Unrecht am Ende der Platte, denn eigentlich müsste man diesem Song mit seinem bohrenden Riff einen besseren Platz geben, ist wohl aber „zu hart“ für die relativ zahnlose Platte des einst so golden strahlenden Göteborg Fünfers.