Wacken Open Air 2024 vom 31.07. bis 03.08.2024 in Schleswig-Holstein (Freitag und Samstag)

Das größte Musikfestival Schleswig-Holsteins führt in sieben Tagen durch ein buntes Musikprogramm

Festivalname: Wacken Open Air 2024

Bands: 5th Avenue, Accept, Alcatrazz, Alligatoah, Amon Amarth, Ankor, Anneke Van Giersbergen, April Art, Aquilla, Archaic, Architects, Armored Saint, As Everything Unfolds, Asagraum, Asenblut, Asrock, Avantasia, Ax ’n Sex, Axel Rudi Pell, ÆoniK, Bai Bang, Baroness, Beast In Black, Beasto Blanco, Beguiler, Behemoth, Betontod, Blaas Of Glory, Black Sabbitch, Black Tooth, Blackbriar, Blind Channel, Blind Guardian, Blues Pills, Bokassa, Brutus, Bülent Ceylan, Bury Tomorrow, Butcher Babies, Cherie Currie, Chuan-Tzu, Corvus Corax, Cradle Of Filth, Crisix, Crystal Viper, Dear Mother, Deimos Dawn, Die Habenichtse, Dokken, Doomsday Astronaut, DragonForce, Drone, Einherjer, Embryonic Autopsy, Emil Bulls, Endstille, Equilibrium, Etterna, Evile, Extrabreit, Exumer, Feuerschwanz, Fiddler’s Green, Five Penalties, Fleshless Entity, Flogging Molly, Flotsam And Jetsam, Future Palace, Gaupa, Gene Simmons, Girlschool, Grillmaster Flash, Growling Creatures, Half Me, Hämatom, Heidevolk, Hellripper, Hirax, Hitten, Ignea, In Extremo, Incantation, Infected Union, Info, Inherited, Insomnium, Jaya The Cat, Jesus Piece, Jet Jaguar, John Coffey, Jungle Rot, Junkwolvz, Karabiner, Kasck, KK’s Priest, Knorkator, Koenix, Korn, Kupfergold, Liv Kristine, Massive Wagons, Mayhem, MegaBosch, Messiah, Metaklapa, Misery Oath, Mister Misery, Motionless In White, Mr. Big, Nachtblut, Necrotted, Objector, Oomph!, Opeth, Paddy And The Rats, Pain, Paramena, Persefone, Phantom Excaliver, Planet Of Zeus, Portrait, Poseydon, Prey For Nothing, Primal Fear, Primordial, Rage, Raven, Red Fang, Robse, S.D.I., Scorpions, Sebastian Bach, Shredhead, Sick Of It All, Skeletal Remains, Skiltron, Skyline, Soil, Sonata Arctica, Source Of Rage, Spiritbox, Sunken State, Suzi Quatro, Svartsot, Swartzheim, Sweet, Tankard, Tessia, Testament, Textures, The 69 Eyes, The Amity Affliction, The Baboon Show, The Black Dahlia Murder, The Darkness, The Waltons, The Warning, Thyrfing, Tina Guo, Tragedy, Trelldom, Tri State Corner, Turbowitch, Uada, Uli Jon Roth, Unleash The Archers, Van Canto, Vanaheim, Varang Nord, Vio-Lence, Vogelfrey, Voidwomb, Vreid, Wacken Firefighters, Walkways, Wasted Land, Watain, Whitechapel, Wolf, Xandria, Zebrahead

Ort: Wacken, Schleswig-Holstein

Datum: 31.07.2024 – 03.08.2024

Kosten: Vier-Tages-Ticket inklusiv Camping: ab 333 €

Genre: Heavy Metal, Power Metal, NWoBHM, Rock, Hard Rock, Thrash Metal, Rock, Fun Metal, Rock Death Metal, Doom Metal, Mittelalterrock, Classic Rock, Metalcore, Hardcore

Besucher: ca. 85.000 Besucher

Veranstalter: ICS Festival GmbH

Link: https://www.wacken.com/de/

Freitag

Kay L.: Der heutige Tag beginnt für mich mit der Parkplatzsuche im Ort. Die 3,5 km will ich mir nicht noch mal antun. Ich finde etwas im Neubaugebiet und wenn ich mir die Kennzeichen so ansehe, bin ich nicht der Einzige. Der Weg zum Festivalgelände ist dadurch um einiges kürzer. Die Sonne scheint und so komme ich gut ohne Gepäck, ohne schwere Kamera, nur Hoodie für abends und Telefon aufs Gelände. Da es bereits früher Nachmittag ist, gehen ein Burger und ein Pils schon mal als Wegzehrung in den Körper rein. Ohne richtigen Plan gehe ich einfach mal los. Ich verpasse leider Sonata Arctica und auch Betontod, die mit einem auf dem Kopf liegendem Streifenwagen ihre Bühnenshow beginnen. Zu Alcatrazz bin ich vor der Headbangers. Ich habe noch die alten Platten zu Hause stehen. Doogie White, seit 2020 an den Vocals, hatte damals Graham Bonnet ersetzt, der auch für seine Arbeit mit Rainbow, Schenker und Impelliteri bekannt ist. Ähnliches gilt übrigens auch für Doogie, der ist derzeit neben Alcatrazz bei Schenkers Fest und bei der Deep Purple Coverband Demons Eye am Mikro. Alcatrazz bieten eine schöne Hommage an guten alten Hard Rock inklusive Hammondorgel-Einsatz. Es werden Songs vom erfolgreichsten Album No Parole From Rock’n’Roll aus 1983 von den letzten beiden Platten V und Take No Prisoners gespielt und auch von Disturbing The Peace gibt’s einen Track. Der Platz ist nicht sehr voll, aber es gibt mehr als nur wohlwollenden Beifall.

In den kommenden Stunden stehe ich noch kurz vor den Textures, die dieses Jahr ihre Wiedervereinigung feiern. Ich gebe ihnen zwei Songs ihres Polyrhythmic Metal Madness Stils und befinde, das ist nichts für mich. Ich sitze ein wenig in der Gegend herum, bis es mich zur Wackinger Stage zieht. Da ist Liv Christine dran. Sie präsentiert nicht nur Shaolin Me und River Of Diamonds, es sind vor allem Theatre Of Tragedy und Leaves‘ Eyes Songs, die hier zum Besten gegeben werden. Weiter geht es zur Faster, auf der Feuerschwanz gleich spielen werden. Es ist brechend voll, aber ich schaffe es trotzdem recht weit nach vorn. Es geht unter lautem Klatschen mit SGFRD Dragonslayer und nahtlos mit Memento Mori los. Feuersäulen, Ritterrüstungen, Fahnenschenkerinnen, das ganze Programm wird aufgefahren. Das begeistert und somit ist der gesamte Auftritt der aus dem Raum Erlangen stammenden Mittellerrockband als Erfolg zu verbuchen. Mir ist es zu voll vor der Bühne und ich mache mich nach hinten auf. Ich komme an der Wasteland Bühne vorbei, auf der Megabosch auftreten. Das ist auch gut besucht und die Dustland Outfits passen zum Auftritt. Inklusive Pils warte ich dann auf den Auftritt von April Art. Da treffe ich auch auf Ariane Blumenau und Bärbel Jürgens, die als Fotografinnen die Band ablichten. April Art können ab der ersten Minute begeistern. Ich habe die Band dieses Jahr auf den 700000 Tons Of Metal gesehen und Sängerin Lisa-Marie Matz ist schon ein gutes Fotomotiv. Ihre langen Dreadlocks wirbeln um den Kopf, während der Alternative Rock uns um die Ohren knallt. Im Oktober erscheint ihre neue Platte Rodeo, von der es bereits eine Kostprobe gibt. Sie sind auf dem besten Weg, die Karriereleiter steil zu erklimmen.

Dann steht eine Institution an. Auf der Harder ist Gene Simmons angekündigt. Er bringt ein Kiss-Special auf die Bühne, wobei es aber auch Songs von Led Zeppelin, Van Halen und Motörhead gibt. Er schafft es auch, einiges in Deutsch zu sagen. Gene fragt dann, wo er ist und zählt einige Städte auf, bis er nach Wacken kommt. Mit Glitzerjacke und Gitarre gibts Deuce und War Machine, bevor er einige Kinder auf die Bühne holt. Die Vorstellungsprozedur zieht sich dann etwas hin, bis alle zusammen Shout it Out Loud mehr oder minder gut singen. Für die Kids, gerade die etwas Älteren, sicherlich ein Highlight, aber die Kleinen wissen da noch nicht so viel mit anzufangen. Ihre Eltern wohl schon eher. Tja und der Rest ist dann gute Rockmusik von einer der größten Bands ever, Kiss.

Blind Guardian, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Seit 1987 treiben Blind Guardian ihr Unwesen im progressiven Power Metal. Hansi Kürsch und seine Weggefährten gehören zur absoluten Spitze des Genres und haben nicht nur in der Vergangenheit auf dem Wacken fulminate Live-Darbietungen abgehalten. Die prägnanten Werke mit und ohne Orchester haben viele Metalheads geformt und ganze Generationen geprägt. An Blind Guardian kommt man schlicht und ergreifend nicht vorbei, wenn man auf bombastischen Power Metal mit symphonischen Elementen steht. Epische Klänge machen sich schnell breit, das Infield füllt sich bis auf den letzten Platz und die Musiker aus Krefeld steigen ohne Vorgeplänkel ein. Mit Imaginations From The Other Side, Blood Of The Elves und Nightfall geht bei vielen die Kinnlade herunter. Blind Guardian kleckern nicht, sie klotzen. Marcus Siepen und André Olbrich bearbeiten die Gitarren wie junge Götter. Schnell wird klar, einen der Höhepunkte des ganzen Festivals erleben wir gerade hier und jetzt. Kurz vor dem Ende lässt das Trio The Bard’s Song – In The Forest, Majesty und Lost In The Twilight Hall von der Kette. Vor allem The Bard’s Song ist ein Festivalkracher, je voller, desto intensiver ergießt sich der Alltime Hit. Wenn es schön ist, rennt die Zeit am schnellsten, Blind Guardian und Hansi sind am Ende angelangt. Valhalla und Mirror Mirror beflügeln die Sinne und lassen nicht nur mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge vor der Bühne stehen.

Pain, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Mastermind Peter Tägtgren hat mit Pain wieder eine grandiose Liveband zusammengestellt. Der lebendige Auftritt mit viel Freude und Abwechslung vom Rockharz ist da noch ganz frisch im Kopf. Genauso motiviert legen die Schweden auch heute los. Die Sonne steht tief und Peter beschwört die Aliens herauf. Der Alternative Metal mit Dark Metal und Industrial Elementen wird zum Partymonster. Das liegt nicht nur an der Hymne Party In My Head, die ich seit vier Wochen nicht mehr aus meinem Kopf kriege, sondern auch an End Of The Line oder The Great Pretender. Vor dem letzten Song Shout Your Mouth gibt es die Have A Drink On Me (Blues Version). Der Stress der letzten Jahre hatte Peter oft gezeichnet, diesen Sommer hingen ist er völlig ausgeglichen und entspannt.

Den Abend stehen dann noch Korn und Avantasia als Headliner an. Zu Korn kann ich nicht viel sagen, da es so gar nicht meine Musik ist. Der Auftritt soll wohl gut gewesen sein. Bei Avantasia hingegen ist das schon etwas anders. Tobias Sammet, mit pinken Schuhen, hat wieder keine Kosten und Mühen gescheut und fährt Gastsänger auf. Adrienne Cowen bei Reach Out For The Light, Geoff Tate bei Alchemy und Invinsible. Ronnie Atkins und Bob Catley haben auch ihren Part. Dazu gibt’s immer wieder die Ermahnung an sich selbst, nicht so viel zu reden und die Musik in den Vordergrund zu stellen. Das klappt bei Tobi nur bedingt und das ist gut so. Ansonsten alles, was das Herz begehrt. Klasse gemacht. Und dann ist da noch mein Favorit, die Band, deren Shirt ich den ganzen Tag anhabe. Unto Others. Endlich schaffe ich es mal, die amerikanische Band, die aus Idle Hands hervorgegangen ist, zu sehen. Ich stehe zwar nicht vor der Bühne, aber bei Magenta TV wird das gesamte Konzert übertragen. Irgendwann schaffe ich es mal, sie live und in echt zu sehen. Es macht Spaß und Songs wie Nightfall, Butterfly oder Jackie kommen gut an. Der Auftritt geht von 01:00 bis 02:00 Uhr und die Fülle vor der Headbangers Stage spricht Bände. Damit endet mein Tag (auch wenn es mittlerweile vor dem heimischen TV ist). Morgen geht‘s weiter.

Metality, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Norbert C.: Auch heute gehen wir getrennte Wege. Ich beginne mittags mit Sonata Arctica, wechsele aber schnell noch zu Betontod auf die Louder Stage. Hier wird im Anschluss rollifahrenden Metality-Mitgliedern zum Konzertstart von Blues Pills das Crowdsurfen ermöglicht. Durch ein Spalier der anwesenden Mitglieder und Gäste, die spontan diese Aktion unterstützen, werden die Rollis zur Bühne getragen. Zurück zur Hauptbühne erwarten mich über den Tag verteilt Beast In Black, Feuerschwanz, Gene Simmons, Blind Guardian, Pain und Korn. Einen Abstecher zur Wackinger belohne ich mir mit dem Besuch bei Nachtblut. Es war ein verdammt langer Tag.

Samstag

Kay L.: Samstag, letzter Tag auf dem Wacken Open Air, das so ganz anders ist ohne Fotoerlaubnis. Das stört mich so gar nicht und ich bin froh ob der Losgelöstheit vom Druck, in den Graben zu müssen, der Enge, den vielen Fotografen. So ist es auch mal fein und lässt ganz andere Perspektiven zu. Ich parke wie gestern im Wohngebiet und nach Burger und Bier, einer liebgewonnenen Angewohnheit, treibt es mich über das Gelände. Es wurde schlechtes Wetter für den Nachmittag angekündigt, was ich mit regenfester Kleidung wettmachen wollte. Bedacht habe ich nicht, dass, wenn ich die Sachen im Auto lasse, ich sie nicht schnell holen kann.

Oomph!, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Aber zunächst ist alles gut und so erreiche ich fast pünktlich die Louder Stage, auf der Emil Bulls ihren Auftritt haben. Mit Donner und Blitz (vom Band) geben sie einen möglichen Ausblick auf das, was am späten Nachmittag noch kommen könnte. The Ninth Wave und The Age Of Revolution lassen die Massen vor der Bühne warm werden. Ich erhasche einen Blick von der Seite, denn um weiter nach vorn zu kommen, ist es zu voll. Euphoria und Hearteater setzen den Nu Metal- und Core-Reigen fort. Ich schlängele mich weiter hinten durch die Reihen, um mal zur Faster Stage zu gehen. Da sind gleich Oomph! mit dem Frontmann Der Schulz zu Gast. Das Backdrop ziert das aktuelle Cover der neuen Platte Richter Und Henker von dem auch der Opener Soll Das Liebe Sein? stammt. Noch in graue Pelzmäntel (Imitat hoffe ich) gekleidet, heizen sie der Menge ein. Es werden schon mal die ersten Flammensäulen gezeigt, um die Anlage für Amon Amarth am späten Abend zu testen. Trotz des sich langsam zuziehenden Himmels ist es lauschig warm und die Mäntel sind zum zweiten Song Träumst Du bereits ad acta gelegt. Dafür darf dann gesprungen werden. „Wacken, macht Krach“, fordert Der Schulz auf. Noch etwas schräg gesungen macht es der Crowd sichtlich Spaß und sie singen mit. Neue Deutsche Härte geht immer und so wird die Stunde kurzweilig. Wem Die Stunde Schlägt, Gott Ist Kein Popstar, gerade die älteren Songs sind noch die angesagtesten. Bei Mitten Ins Herz lässt sich Der Schulz über die Menge tragen. Letzter Song ist Augen Auf!. „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein“. Damit geht es los. Mir haben gerade die älteren Songs gut gefallen.

DragonForce, Wacken 2024, Pic by Kay L.

Ich bleibe im Infield, denn da sind als Nächstes DragonForce dran. Die sehe ich in zwei Wochen noch mal beim Jailbreak in Horsens, aber schon jetzt will ich mir ein Bild machen vom Gitarrenhexer Herman Li. Als der Vorhang fällt, stehen links und rechts zwei riesige Drachen und auch zwei Slotmaschinen sind aufgebaut. Schon bei Fury Of The Storm zeigen die Power Metaller, wo die flinken Finger sind. Unglaublich, welche Geschwindigkeit da aufgerufen wird, nicht mit Griffen, sondern von oben auf dem Griffbrett treiben sie den Song nach vorn. Herman Li und Sam Totman schenken sich nichts und mit- neben- und hintereinander lassen sie die Noten aus ihren Instrumenten in den Nachmittag entweichen. Auch Basserin Alicia Vigil lässt sich nicht lumpen und versucht da an den vier Saiten mitzuhalten. Das eine oder andere Mal stehen die Jungs und das Mädel auf den riesigen Slotmaschinen oder lassen sich auf irgendeinem Podest blicken. Das ist kurzweilig und schnell. Cry Thunder von The Power Within und Power Of The Triforce vom neuen Album Warp Speed Warriors lassen die Warp-Geschwindigkeit wie ein Tretauto zum Ferrari aussehen.

Mich treibt es weiter und während ich langsam das Infield in Richtung Louder verlasse, sehe ich eine lange, lange Schlange am Autogrammstand. Dort sind gleich Amon Amarth zu Gast und ich bezweifele, dass alle, die hier anstehen, etwas signiert bekommen. An ziemlich vorderster Front entdecke ich Max nebst Freundin Toni, die wohl Glück haben werden. Auf Louder sind Red Fang, die ich nicht kenne. Deshalb gehe ich weiter zur Headbangers, um ein paar Töne von The Black Dahlia Murder zu erhaschen. Melodic Death aus den USA steht an. Um 16:00 Uhr fangen die mit Verminous und Aftermath an. Mir fehlt etwas Melodic und so ist es Death Metal. Der Blick gen Himmel zeigt mir, dass ich wohl doch besser Regenklamotten mitgenommen hätte. Da ich in der Nähe vom EMP-Stand bin, hole ich mir schnell einen Regenponcho für acht Euro und kaum habe ich den an, fallen die ersten Tropfen. Schnell entwickelt es sich zu einem stetigen Regenfall, der viele von vor den Bühnen vertreibt. Sänger Brian Eschbach versucht die Zuschauer vor seiner Bühne zum Bleiben zu animieren, was teilweise auch gelingt. Die, die da sind, versuchen mit einem Regen-Circlepit diesen zu vertreiben, was nicht gelingt. Spaß haben sie aber. Aber der Strom von regendurchnässten Gestalten aus dem Infield reißt nicht ab. Viele gehen wohl mal zum Zelt, um sich entsprechen auszurüsten. Mein Poncho ist gut, auch wenn mein Schuhwerk davon nichts hat. Nun interessiert mich noch der Auftritt von Sebastian Bach. Der Vorteil des Regens ist ganz klar. Der leichte Staub, der überall war, ist weg. Es gibt keinen Matsch, aber doch ist es feucht genug, um die Trockenheit aus dem Boden leicht zu vertreiben.

Nun zu Sebastian, der auf Faster auftritt. Der ehemalige Frontmann von Skid Row kommt aus der Nummer nicht raus und so sind es vor allem gerade die Songs, die hier gefeiert werden. 18 And Life, Monkey Business, Sweet Little Sister oder Slave To The Grind lassen die Hochzeit des Hairy Metal aufleben. Solo ist er nicht ganz so erfolgreich wie mit Skid Row, aber immerhin hat er bereits fünf Alben herausgebracht, von denen auch das eine oder andere Stück auf der Setlist zu finden ist. Ich hadere mit mir selbst, bleiben oder gehen? Die Entscheidung fällt zugunsten gehen. Schuhe und Socken sind nass und Lust habe ich auch keine mehr. Zu Hause kann ich über Magenta TV noch den Amon Amarth Auftritt oder auch Cradle Of Filth noch sehen. Dazu eine bequeme Couch und auch keinen Stress mit den bereits vorzeitig abfahrenden Campern. Ich verprasse mein letztes Geld von Chip, 10 Euro für einen schlechten Wacken Nacken. Gummibrötchen mit winzigen Nackenschnitzeln lassen mich wissen, weshalb ich der Speisenaufnahme auf dem Festivalgelände so ablehnend gegenüberstehe. Für den Rückweg benötige ich noch gut 45 Minuten, wobei die Dorfstraße im Ort schon fast als leer bezeichnet werden kann. Der Regen begleitet mich fast bis zum Auto, aber es klart bereits auf.

Behemoth, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Es wird Zeit für den polnischen Superstar Adam Michał Darski alias Nergal und seine unheiligen Behemoth. Die Black Metal Band setzt auf Nebelwerfer, imposante Bühnenoutfits, die während des Konzertes gewechselt werden, und einen brachialen Sound, der alles wegbläst. Dem immer weiter gewachsenen Anspruch werden sie stets gerecht und legen die Faster Stage gleich mit der ersten Nummer Once Upon A Pale Horse in Schutt und Asche. Böse Miene zum bösen Spiel. Teuflisch treiben die Polen Ora Pro Nobis Lucifer aus der Anlage. Schnell folgt Ov Fire And The Void, Verschnaufpausen gibt es keine, Behemoth wollen keine Zeit verlieren. Demigod regt zum Headbangen an, während Nergal die giftigen Ansagen heraushaut. Viel Zeit bleibt ihm und seiner Band nicht, nach 13 Songs ist Feierband, da wird in letzter Sekunde noch O Father O Satan O Sun! herausgedrückt. Ohne diesen kann eine amtliche Behemoth-Performance kein Ende finden.

Cradle Of Filth zeitgleich mit dem Headliner Amon Amarth. Wer dachte, dass der liebe Dani baden geht, liegt falsch. Zwar übertreffen sich die Schweden einmal mehr, für Herr Filth kein Problem, denn auch vor der Louder Stage drücken sich die Körper Richtung Boxen. Bei diesem Duo wird einem noch mal bewusst, wie viele Metalheads in Wacken sind – unglaublich. Zurück zu den britischen Schwarzmetallern. Die symphonischen Atmosphären steigen gen Himmel auf. Dani zwar sofort agil, gesanglich dreht er bei The Principle Of Evil Made Flesh erst richtig auf. Wie viele Bands lassen sich auch Cradle Of Filth nicht lumpen, im zweiten Part des Konzerts jagt ein bekannter Track den Nächsten. Das Fanherz schlägt höher und zufrieden dürften nach dem Abschluss mit Born In A Burial Gown und Her Ghost In The Fog alle Anwesenden sein.

Amon Amarth, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Gestern noch auf dem Full Rewind heute in Wacken. Amon Amarth, die Wikinger aus Tumba, wollen uns auf eine Reise durch mittelalterliche Gefilde und heidnische Schlachten mitnehmen. Das Interesse an den schwedischen Wikingern ist ungebrochen. Menschen, so weit das Auge reicht, das hätte sich so mancher Stammesvater für seine blutige Schlacht geträumt. Die größte Band des Genres lässt für die nächsten 75 Minuten die Muskeln spielen. Neben neuem Liedgut gibt es auch alte Schinken, The Pursuit Of Vikings oder Death In Fire halten die Fahne der ersten Tage hoch. Johan Hegg growlt sich warm und die Stimmung explodiert. Rudernde Pagan Fans verwandeln den Bereich vor der Stage in eine riesige Seeschlacht. Im Einklang und brüderlich vereint zeigt das Wacken-Publikum sinnbildlich seine Geschlossenheit. Viele Crowdsurfer werden nach vorne getragen, während Amon Amarth einen Kracher nach dem anderen landen. Die Feuershow erhitzt die Gesichter, die Gemüter sind eh schon am Überkochen. Alles geben und den letzten Headliner gebührend abfeiern. Die Protagonisten dürften sich nicht beschweren, denn das, was hier abgeht, ist allererste Sahne.

Tankard, Wacken 2024; Foto: Norbert Czybulka

Norbert C.: Ich beginne den Tag mit Tankard auf der Harder Stage. Die Frankfurter Thrash-Metal-Band sind mein Himbeergeist Zum Frühstück. Danach dann einen Irish Whiskey bei Fiddler’s Green auf der Louder Stage. Langweilig wird es hier nie. Nach Raven gehe ich erst einmal etwas essen. Das ist in der ganzen Woche viel zu kurz gekommen. Mit ein paar Kollegen sitzen wir zusammen, vernichten die wahllos zusammengewürfelten Restbestände an Nahrungsmitteln. Mein Camp ist im Trockenen verstaut, denn es ist ein Gewitter mit Starkregen angesagt. Auf dem Rückweg zur Bühne ist noch ein Freundestreffen des Burning Pants Festival angesagt, bevor es dann fix in den Fotograben zu Oomph! geht.

Genau zu Konzertbeginn von Sebastian Bach beginnt dann der Starkregen. Ich breche meinen Einsatz im Graben nach Sekunden ab, um meine Kameraausrüstung zu retten. Bevor die Headliner Behemoth und Amon Amarth dann wieder im Trockenen spielen, stehen noch Testament auf meinem Zettel. Ein Pflichtprogramm, denn die kalifornischen Thrash-Metaller faszinieren mich schon seit den Achtzigerjahren.

Fazit

Kay L.: Mit wenig Matsch und mehr Shine als Rain endet das Wacken 2024 nach einer Woche. Wie schon am Anfang des Artikels erwähnt, muss man die positive Anfahrtssituation auch hier noch einmal positiv hervorheben. Das neue Konzept des Veranstalters ist zu 100 Prozent aufgegangen und hat die Anreise für alle zu einem Kinderspiel gemacht. Das bunte Musikprogramm aus Metal, Mittelalterrock, Classic Rock, Metalcore und Hardcore lässt Freunde Genre-übergreifend zusammen feiern. Mit weiteren Exoten wie Bülent Ceylan und Peter Maffay, Alligatoah (auch wenn der schon mal ein Metal-Album gemacht hat) oder Finch gehen die Veranstalter weiter vom klassischen Metal Festival weg und suchen den Weg in der Breite. Diverse Bühnen und Themen wie die Wackinger Stage oder Wasteland Stage bereichern das Open Air und sorgen für ein volles Programm. Zum Abschluss des Wacken werden natürlich auch die Bands fürs nächste Jahr bekannt gegeben, den aktuell größten vier Acts kommt eine Laser- bzw. Drohnen-Show zu Ehre. So werden Machine Head, Papa Roach, Saltatio Mortis und Gojira den Holy Ground entern. Nach dem Wacken ist es bekanntlich vor dem Wacken und die prägnanten Erinnerungen dürfen noch lange von einem sauberen wie friedlichen Wacken im Kopf bleiben, bis es am 30.07.2025 wieder laut „Wacken“ über das falsche Land Schleswig-Holsteins schallt.

Mein persönliches Fazit: Als Redakteur bei so einem riesigen Festival hast du keine Chance, auch nur ein Drittel der Konzerte zu sehen. Es ist unmöglich, einen umfassenden Bericht abzuliefern, geschweige denn, auch noch alles in Bildern festzuhalten. Aber da dies auch nicht das Ziel ist, war ein Wacken ohne Kamera und ohne feste Ziele auch mal schön. So gibt es einen Eindruck und wer mehr will, der darf sich ein Ticket holen und selbst ein Bild machen.

Wacken Open Air 2024 vom 31.07. bis 03.08.2024 in Schleswig-Holstein (Sonntag bis Donnerstag)