“Große Atmosphären und ganz viel Gefühl“
Artist: Amor
Herkunft: Arizona, USA
Album: Love Vs Logic
Spiellänge: 36:87 Minuten
Genre: Post-Hardcore, Alternative
Release: 02.02.2018
Label: Arising Empire/Nuclear Blast
Link: https://www.facebook.de/whatisamor
Bandmitglieder:
Gesang – Dillon Conneally
Gitarre, Produktion – Ryan Daminson
Bassgitarre – Tre Scott
Tracklist:
01. Poison Play
02. Clockwork
03. At Odds With Self
04. Frequency
05. Twice, Again
06. Look Alive
07. Tonight Always
08. Heart Locker
09. Living Lies
10. Collisions
11. The Exit
Valentinstag ist jedes Jahr das Fest der Lieben und ein nerviges Thema für all die, die eben nicht so wirklich etwas mit diesem Thema anfangen können. Irgendwie scheint es fast ein wenig zu passend, dass ich für die neue Platte von Amor Love Vs Logic genau jetzt kurz vor Valentinstag Zeit finde. Aber manchmal ist Timing eben alles und ab und zu auch ironisch. Amor ist eine Rock bzw. Alternative Gruppe aus Phoenix, Arizona und sollte eigentlich ihr Album Love Vs Logic bereits im Jahre 2017 herausbringen. Aufmerksamkeit konnte die Band unter anderem durch ihren Song Clockwork erwecken, welcher ein Feature mit The Word Alive Fronter Telle Smith liefert. Schön und gut bisher. Aber folgt die Platte einer Logik oder lassen Amor ihre Herzen sprechen?
Der Opener Poison Play zeigt bereits vom ersten Ton an, in welche Richtung Amor sich bewegen. Statt auf „typischen“ Metalcore zu setzen, setzt man auf Atmosphären, leichte, seicht wirkende Gesangsstrukturen, die aber durchaus sehr harmonisch daherkommen und stimmlich kann Dillon Conneally hier zeigen, was er drauf hat – und ja, ein wenig denkt man da durchaus an The Word Alive und ihre letzte Platte Dark Matter – nur halt eben ohne die Metalcore Einlagen.
Und wenn man schon an The Word Alive denkt, so ist der zweite Track auch direkt das bereits zu Beginn erwähnte Clockwork mit Fronter Telle Smith. Dennoch zeigt sich der Song ganz klar als Amor Song und wohl nur Kenner werden Telle hier wohl wirklich heraushören und auch zuordnen können. Clockwork behält die atmosphärischen Strukturen, wirkt in sich noch ein wenig zurückhaltender als Poison Play. Telle als Feature funktioniert hier perfekt, da durch seine Stimme eine weitere Nuance dem Song hinzugetan wird, der somit mit Eindringlichkeit im Kopf bleibt.
At Odds With Self, Frequency und Twice, Again lassen sich ähnlich genießen wie die Songs davor, auch wenn sie eben nicht wirklich für Abwechslung sorgen. Amor konzentrieren sich weiterhin auf textliche Überbringung, zeigen Herzschmerz, statt auf Härte oder gar Tempo zu legen. Spätestens jetzt weiß man ganz gut, womit man es eben zu tun hat. Hier kommt es also auf den Zuhörer an, wie er zu dem eher sanften Post-Hardcore steht. Amor haben jedoch mit Dillon einen begnadeten Sänger am Start, der irgendwo zwischen Telle Smith und Chester Bennington von Linkin Park wohl einzuordnen wäre, und es schafft, die Songs zu tragen und das nötige Feeling zu geben.
Look Alive bringt wieder etwas stärker die Gitarren und Energie zurück, insbesondere das Intro lässt da den Zuhörer doch sofort aufhorchen und fesselt mit Erwartung durch den Song hinweg. Insbesondere die Screams hier im Hintergrund stehen Amor unglaublich gut, ohne dass die Jungs an Gefühl und eben diesem speziellen Post-Hardcore Charakter verlieren. Dillon bewegt sich hier interessant an der Grenze zum Screamen, was seiner Stimme eine gewisse Zerbrechlichkeit gibt. Look Alive ist definitiv ein Song, der Amor wunderbar steht und den man danach nur noch auf Repeat hören möchte.
Sobald Heart Locker loslegt, ist man dann doch zunächst verwirrt, ob man die Platte gewechselt hat. Die Gitarren zu Beginn treffen einen jedenfalls kalt, genauso wie die hier eingebauten Screaming Parts. Es ist wohl das etwas alte Amor, was in Heart Locker durchblitzt und es fühlt sich wunderbar an – und ja, ein wenig ist der persönliche Wunsch da, es gäbe mehr solche Songs wie diesen, der eben das Gefühl, die großen Atmosphären mit Gitarren und Screams zu verbinden weiß. Düster klangen Amor bisher noch nicht und Heart Locker gleicht einer Erfüllung, auf die man bisher noch gewartet hat.
Living Lies kommt da natürlich nicht ganz heran, was Heart Locker soeben präsentiert hat. Dennoch überraschen Amor, dass sie eben nicht zu den sanfteren Tönen komplett zurückgehen, sondern weiterhin Gitarren spielen lassen, mit leichten Breakdowns und Dillons Stimme an der Grenze zum Scream arbeiten. Und insbesondere die zweite Hälfte lässt Breakdowns und Growls aufleben, die man in den ersten fünf Song von Love Vs Logic so niemals erwartet hätte. Die Liste der Favoriten wird damit immer länger. Auch The Exit als Schlusslied bietet noch einmal die volle Palette an Energie, Screams und einer Ehrlichkeit, die fast weh tut. Zwischen Kontrolle und Kontrollverlust bewegt sich Dillon durch die Zeilen und er schafft es, als Sänger im Gedächtnis zu bleiben. Am Ende ist man etwas baff, weil man vielleicht nicht mit so einer Leistung gerechnet hatte. Die innere Wertung musste ich jedenfalls dreimal höher stellen.