Boarstream Open Air am 22.06.2024 auf dem Sportplatz Buchenbach

666 Metalheads feiern wie die Wutz

Festivalname: Boarstream Open Air

Bands: Anaal Nathrakh, Anheim, Convictive, Der Weg Einer Freiheit, Desaster, Drudensang, Hierophant, Home Reared Meat, Kampfar, KHNVM, Kvaen, Milking The Goatmachine, Muggeseggel, Theotoxin, Thormesis

Ort: Sportplatz Buchenbach

Datum: 21.06. – 22.06.2024

Kosten: Wochenendticket: 75,00 €, Freitag: 37,50 €, Samstag: 47,50 €

Genre: Black Metal, Death Metal, Grindcore

Besucher: 666 (ausverkauft)

Veranstalter: Hüttenfreunde Eberbach e. V.

Link: https://boarstream.de/

Home Reared Meat

Mit „von Metalheads für Metalheads“ bewerben die Veranstalter des Boarstream Open Airs ihr Festival auf ihrer Homepage. Schon bei meiner Ankunft am Samstagnachmittag in dem beschaulichen Örtchen Buchenbach wird mir schnell klar, hier wird nicht zu viel versprochen. Direkt vor der Einfahrt zum Backstagebereich geparkt, Pressepass abgeholt, kurz mit dem Veranstalter geschnackt und schon geht es los in den Konzertbereich. Ich glaube, einen unkomplizierteren Check-in hatte ich bisher noch nie! Als ich das Festivalgelände betrete, sind Convictive gerade in den letzten Zügen. Der Bereich vor der Bühne ist nicht groß, muss er aber auch nicht, denn es werden lediglich 666 Tickets verkauft.

Mein erstes Highlight sind Home Reared Meat. Die Rednecks aus Niedersachsen überzeugen mit ihrem Death/Grind und vor allem mit witzigen, selbstironischen Ansagen. Und als ob das nicht genug wäre, kommt auch noch hin und wieder ein Banjo zum Einsatz. Wer sich jetzt zu Recht fragt, wie passen Grind und Banjo zusammen, sollte auf jeden Fall mal reinhören. Mich hat die Inzucht-Bande, wie sie sich selbst gern bezeichnen, auf alle Fälle überzeugt.

Drudensang

Dass Black Metal nicht zwingend aus den skandinavischen Ländern kommen muss, beweisen Hierophant. Auch wenn es sich stilistisch um kein reines Schwarzmetall handelt, sondern Einflüsse von Death Metal und Hardcore mit einfließen, so weiß die italienische Formation um den Sänger und Gitarristen Lorenzo Gulminelli zu überzeugen.

Die beste Show am späten Nachmittag bieten uns Drudensang, denn die deutschen Black Metaller legen sich in Sachen Bühnengestaltung und -präsenz ordentlich ins Zeug. Krámpn entzündet Feuer, setzt sich eine Dornenkrone auf und spuckt Kunstblut ins Publikum. Dieser Auftritt hebt sich definitiv von den anderen eher statischen Black Metal Bands ab.

Kommen wir nun aber zu Black Metal aus dem hohen Norden. Kvaen aus Schweden stehen als Nächstes auf den Brettern des Boarstreams. Losgelöst von seinen Melo Death Roots bei The Duskfall, präsentiert Jakob Björnfot erstklassiges Material, was True-Puristen nur mit den Augen rollen lässt. Pünktlich zur Prime Time findet sich ein echtes Urgestein des deutschen Black/Thrash auf der Bühne ein. Desaster sind, mit kurzer Unterbrechung, bereits seit 1988 aktiv und haben immer noch mächtig Bock! Und auch vor der Bühne fliegen die Mähnen der Fans zu Hymnen wie Towards Oblivion, Teutonic Steel oder Hellbangers.

Desaster

Bevor ich nun zu den Headlinern des Abends komme, möchte ich die Organisatoren an dieser Stelle noch einmal für dieses tolle, kleine Festival loben. Wer kein Bock auf großen Schnickschnack hat und einfach die Musik genießen möchte, ist hier genau richtig. Von Underground kann man bei den ganzen namhaften Künstlern auf der Bühne fast schon nicht mehr sprechen, dennoch spürt man durchgehend das Herzblut, das die Verantwortlichen in ihr Festival stecken. Die Preise sind absolut fair, wenn nicht sogar „sau“günstig (ihr versteht den Wortwitz?!). Und wenn es selbst ein Mini-Festival mit nicht mal 700 Gästen auf die Reihe bekommt, eine fleischlose Alternative abseits der sonst üblichen Pommes zu organisieren, warum schaffen das teilweise die Größeren nicht mal? Aber kommen wir wieder zur Musik:

Der Weg Einer Freiheit

Ein Hauptgrund für meinen Besuch auf dem Boarstream Open Air sind meine Freunde von Der Weg Einer Freiheit. Da ich Nikita, Tobi und Co. schon bald zwei Jahre nicht mehr gesehen habe, wollte ich mir diese Chance nicht entgehen lassen. Zum Glück haben wir Backstage ein paar Minuten Zeit, um mal wieder etwas zu quatschen, bevor die Truppe um 21:45 Uhr auf dem Plan steht und schnell wird mir klar, dass DWEF nicht nur für mich ein Highlight an diesem Festivalsamstag sind. Der Platz vor der Bühne ist gut gefüllt, aber dank der begrenzten Tickets nie zu eng. Das Set beginnt mit Morgen vom aktuellen Album Noktvrn. Das lange, melodische Intro mit seiner klar gesungenen Passage läutet Repulsion ein, bevor der Track Fahrt aufnimmt und in Ekstase endet. Was mir schon bei den letzten Auftritten der Band aufgefallen ist, der Bass-Sound von Nico Ziska klingt absolut räudig (im positiven Sinne) und man spürt ihn bis ins Mark. Ich hoffe, dass Nikita das auch so auf dem nächsten Album einfangen kann.

Der Weg Einer Freiheit

Leider haben die Würzburger meinen Lieblingssong Neubeginn an diesem Abend nicht performt, was wohl einfach daran liegt, dass die Auswahl an erstklassigem Output mittlerweile einfach zu groß ist und die Band den Song nach so vielen Jahren wahrscheinlich selbst nicht mehr hören kann. Mit Zeichen, Aufbruch, Gegen Das Licht und Monument präsentiert die Band dennoch einen tollen Querschnitt durch ihr Schaffen. Grandioser Auftritt irgendwo zwischen wunderschönen Melodien, Wut, Zerstörung und ein klein wenig Verzweiflung. Ich liebe diese Band!

Anaal Nathrakh

Anaal Nathrakh starten etwas verspätet, denn was sich schon bei ihren Vorgängern angedeutet hat, setzt sich hier fort: Es gibt ein paar technische Probleme. Dafür kann die Band nichts und spätestens beim dritten Song im Set – Forward! – sind diese auch beseitigt. Das beeinflusst die Stimmung vor der Bühne aber zu keiner Zeit. Denn bereits zu den ersten Tönen der Briten fliegen förmlich die Fetzen! Die Briten machen einfach Laune, sei es mit witzigen Ansagen oder einfach ihrem ausdrucksstarken Sound. Die Band um die beiden Masterminds Dave Hunt und Mick Kenney zelebriert wahrlich ihren Grind/Black Metal, auch wenn mir die Setlist auf dem letztjährigen Tolminator Festival etwas besser gefallen hat. Aber auch hier ist es wahrscheinlich schwierig eine Auswahl zu treffen, dennoch wurde der Publikumsliebling Between Shit And Piss We Are Born nicht gespielt. Trotzdem, wer die Chance hat, die Band bei einem ihrer rar gesäten Auftritte zu bewundern, sollte sich diese Chance nicht entgehen lassen, denn eigentlich sollte das Projekt bereits begraben werden.

Als Fazit bleibt mir eigentlich nur eins zu sagen: Liebes Boarstream-Team, ihr habt hier ein tolles Festival geschaffen, das Fans der härteren Musik sehr glücklich macht. Ein klein wenig mehr Vielfalt auf der Bühne würde dennoch nicht schaden. Ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich darf, wiederkommen werde und bin gespannt, wen es die nächsten Jahre auf eure Bühne verschlagen wird. Macht weiter so und „Roar For The Boar“!