Der Aufstieg des Streaming und die Auswirkungen auf Fans und Bands

Eine Story über fairen Konsum und Bezahlung von Musikern

Wenn du ein Fan von Heavy Metal, Hard Rock oder jeder anderen Art von Musik bist, dann hast du schon lange bemerkt, dass Streaming-Dienste wie Spotify, Apple Music und Tidal die Art und Weise, wie wir unsere Genres konsumieren und mit ihm interagieren, völlig verändert haben. Durch Streaming ist es für Fans einfacher als je zuvor, auf die neuesten Veröffentlichungen ihrer Lieblingskünstler zuzugreifen und neue Perlen zu entdecken – ohne sich Gedanken über die Ausgaben für physische Medien wie CDs oder Vinyls machen zu müssen. Es hat auch die Branche verändert, indem es den Bands mehr Flexibilität bietet und es ihnen ermöglicht, schneller als je zuvor ein größeres Publikum zu erreichen. Aber was bedeutet das alles für die Metalfans? Und welche Veränderungen brachten dieser Wandel der Branche mit sich? Was kommt als Nächstes? In diesem Artikel gehe ich diesen Fragen auf den Grund und erörtere die Auswirkungen, die Streaming auf Fans und Unternehmen gleichermaßen hat.

Die verschiedenen Arten von Streaming-Diensten

Das digitale Zeitalter ist in vollem Gange und die Streaming-Dienste explodieren auf allen Plattformen. Von Musik, Hörbüchern und Videos bis hin zu Podcasts – du kannst praktisch auf jede Art von multimedialen Inhalten, die du konsumieren möchtest, zugreifen. Mit monatlichen Abonnementgebühren ab 4,99 Euro und Rabatten, die auf Jahresbasis noch günstiger sind, lohnt es sich, einen Blick auf die verschiedenen Angebote zu werfen. Aber welche Arten von Streaming-Diensten gibt es eigentlich? Die Liste ist lang: Streaming-Dienste für Filme, Nachrichten und Sport, Audio-Streaming-Dienste für Musik, Abo-Streaming für Fernsehsendungen und Serien, Gaming-Dienste für Online-Spiele und sogar solche, die speziell für Bücher und Comics entwickelt wurden. Da wir ein Musikmagazin sind, habe ich mich auf die Anbieter beschränkt, die in erster Linie Musik und unsere Genres im Fokus haben. In Deutschland ist der Platzhirsch ganz klar das schwedische Technologieunternehmen Spotify. Mit einem Marktanteil von knapp 31 % (Quelle: hier) steht das europäische Unternehmen weit vor Anbietern wie Apple Music (Platz 2) und Amazon Music. Doch das sind nur Anbieter, die den Fokus auf den klassischen Musikkonsum gelegt haben. Wenn wir jetzt das Feld um Musikvideos erweitern, dann ist YouTube sicher nicht zu vernachlässigen. Denn auch wenn via YouTube Music auch klassisch Musik gehört werden kann, ist Videostreaming ein riesiger Markt, der nicht zu vernachlässigen ist. Doch das sind „nur“ die Platzhirsche. Für den Metal-Underground ist die Plattform Bandcamp nicht unwichtig. Gerade in extremeren Gefilden wie dem Black Metal oder dem Thrash Metal greifen Bands häufig auf das Angebot des Online-Musikdienstes zurück. Dazu darf auch Soundcloud ein paar Bands mit ihren Fans connecten. Auch hier kann Musik direkt von der Künstlerseite des jeweiligen Albums gestreamt werden.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen: Die Anbieter Spotify und Amazon Music haben laut eigenen Angaben jeweils mehrere zehn Millionen Songs im Repertoire.

In dieser ständig wachsenden Welt der Medieninhalte ist für jeden etwas dabei. Wir müssen uns nur noch für unseren Lieblingsdienst entscheiden, uns zurücklehnen, entspannen und alles genießen, was diese unschätzbaren Plattformen zu bieten haben – was mich gleich zum nächsten Punkt kommen lässt.

Wie das Streaming die Art, wie Fans Musik konsumieren, verändert hat

Streaming-Plattformen haben die Art und Weise, wie Fans Musik konsumieren und genießen, revolutioniert. Man muss nicht mehr in einen Plattenladen gehen oder darauf warten, dass die neuesten Releases von Metallica, Iron Maiden, Parkway Drive und Co. per Post verschickt werden. Streaming-Dienste bieten sofortigen Zugang zu nahezu unbegrenzten Mengen an Musik auf Knopfdruck. Metalfans können ihre eigene Bibliothek zusammenstellen, Playlisten mit ihren Lieblingssongs und -alben erstellen, neue Künstler und Titel in personalisierten Radiosendern entdecken, kuratierte Playlisten (hier findest du unsere) anderer Fans und Firmen erkunden und sich auf Social-Media-Plattformen vernetzen – und das alles, ohne jemals das Haus zu verlassen! Wo früher Szenekneipen, Printmagazine und Clubkonzerte dafür sorgten, dass man wusste, was gerade auf den Markt gekommen ist, sind heute Social Media und die Algorithmen der Streaminganbieter diejenigen, die dafür sorgen, dass der „neuste Scheiß“ in die Ohren der Fans gelangt. So haben künstlich kuratierten Playlisten und Release-Radars den Mitarbeiter im Plattenladen oder den Musiknerd abgelöst, der einem mit den neusten Tipps versorgt hat. Das Streaming selbst bietet, dank der hohen Verfügbarkeit des Internets (nicht überall in Deutschland – ;-P) nicht nur eine bequeme Möglichkeit, Musik zu hören, sondern auch dafür, dass die Songs schneller als je zuvor ein Publikum erreichen. Man muss nicht mehr Monate oder Jahre warten, bis ein Album veröffentlicht wird – heute passiert alles in einem einfachen Upload und sofort liegt die Single der Welt zu Füßen. All diese Funktionen zusammengenommen verändern die Art und Weise, wie wir Musik konsumieren, enorm – und es sieht so aus, als würde sich das im Laufe der Zeit noch weiter verstärken.

Wie Algorithmen das Schreiben von Songs verändern

Der Musikkonsum hatte schon immer einen großen Einfluss auf die Gesellschaft und im Laufe der Jahre hat sich die Art und Weise, wie Songs geschrieben werden, aufgrund des technologischen Fortschritts drastisch verändert. Algorithmen und künstliche Intelligenzen werden immer mehr zu einem festen Bestandteil der Musikproduktion und des Songwritings und ermöglichen unglaubliche Fortschritte in der Branche. Doch die Frage bleibt: Schadet es dem künstlerischen Schaffensprozess, wenn die Art der Produktion von Songs von der kommerziellen Erfolgsmöglichkeit abhängig gemacht wird? Ich glaube ja, dass es so etwas schon immer gegeben hat. Es kennt doch jeder (mindestens) eine Band, die vor dem ersten Plattenvertrag noch richtig „gut“ gewesen sind und sich dann den Konventionen des Business so drastisch anpassen mussten, dass die Fans von neueren Outputs eher abgeschreckt waren. Früher wurden Songs zum Beispiel mittels Radioedit so gekürzt, dass sie möglichst von vielen Radiosendern gespielt werden konnten. Heute schaut man eben eher darauf, was ist via Spotify bewerbbar und wie muss ein Song strukturiert sein, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Also hat sich im Prinzip nicht wirklich was geändert – der Fokus ist nur heute ein anderer. Dazu kommt, dass man nicht mehr an die Grenzen eines physikalischen Mediums gebunden ist. Eine CD ist zum Beispiel auf maximal 74 Minuten beschränkt, eine Vinyl fasst ca. 25 Minuten pro Seite und bei einer Musikkassette können bis zu 180 Minuten aufgespielt werden. So ist das Format, das wir unter dem Titel „Album“ kennen, eigentlich auch nur eine künstlich produzierte Größe, die eben für das jeweilige technologische Format angepasst wurde.

Streaming ist für Jedermann

Mit dem Aufschwung der Streamingdienste in den letzten zehn Jahren haben Fans und Verbraucher gleichermaßen von den Vorteilen profitiert. Statt sich für den Kauf einzelner Songs oder Alben zu entscheiden, können Musikenthusiasten heute mit Abodiensten unbegrenzt Musik hören. Und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass du kein physisches Exemplar besitzt: Streaming ist nicht vom Besitz abhängig, sondern von der Möglichkeit, ein bestimmtes Medium zu hören oder zu sehen, wann immer es einem gefällt. Somit eröffnet sich der Musikmarkt allen Hörern, egal welchen sozialen Stand er/sie hat. Da es auch kostenfreie Dienste gibt (die sich zum Beispiel mittels Werbung refinanzieren), kann sich die neue „Platte“ sowohl der Millionär als auch der Geringverdiener leisten. Noch besser ist, dass diejenigen, die sich dafür entscheiden, für ihre Streaming-Dienste zu bezahlen, oft zusätzliche Vergünstigungen erhalten, die andere Nutzer nicht bekommen, wie zum Beispiel Zugang zu exklusiven Inhalten oder Bonusfeatures.

Foto von Brett Jordan auf Unsplash

Alles in allem ist es also leicht zu verstehen, warum so viele Menschen von physischen Käufen abrücken und den modernen Komfort des Streamings nutzen. Somit könnte man die Behauptung stellen, dass Musikstreaming die fairere Lösung für den Musikkonsumenten ist.

Wie sich Streaming auf die Tantiemen und Zahlungen der Künstler ausgewirkt hat

Das Streaming von Musik hat die Art und Weise, wie Künstler und Bands für ihre Arbeit „bezahlt“ werden, völlig neu erfunden. In der Vergangenheit waren physische Medien wie CDs und Vinyl vorherrschend und die Künstler wurden entsprechend der (voraussichtlichen) Verkaufszahlen bezahlt. Heutzutage macht das Streaming fast die Hälfte des gesamten Musikkonsums aus, was die Art und Weise, wie die Zahlungen an die Bands verteilt werden, grundlegend verändert hat. Die meisten Streamingdienste arbeiten mit einem viel niedrigeren Basissatz als die traditionellen Medien, wenn es um die Aufteilung der Tantiemen auf die an der Erstellung eines Songs beteiligten Künstler geht. Wenn ein einzelner Song mehr als 2.000 Mal gestreamt wird, bringt das in der Regel genug Geld für einen einzelnen Künstler ein, um sich im nächstgelegenen Café eine Tasse Kaffee zu kaufen – für ein Kaffeekränzchen einer durchschnittlichen Band mit fünf Musikern braucht es dann schon 10.000 Streams. Da zum Beispiel Spotify nach 30 Sekunden einen Stream als „berechtigt für Tantiemen“ bewertet, hat es eine Band des Genres Progressive Metals aufgrund der längeren Songs, die üblich im Genre sind, hier zusätzlich große Nachteile im Vergleich zu Bands, die relativ kurze Tracks haben. Ob das fair ist – das möchte ich mal nicht bewerten.

Der Vorteil gegenüber den klassischen Medien ist jedoch, dass auch das sogenannte Backlog weiterhin Geld einspielen kann. So verteilt sich die Auszahlung nicht in einem Wurf (wie bei der Veröffentlichung eines rein physischen Albums), sondern auf die gesamte Laufzeit, wie ein Song verfügbar ist, beziehungsweise dann auch gehört wird. So schaffte es zum Beispiel auch der aus den 1980ern stammende Kate Bush-Song Running Up That Hill im Mai 2022 millionenfach gestreamt zu werden, nachdem dieser in der Serie Stranger Things als ein Teil des Soundtracks plötzlich an Beliebtheit gewann. Wäre der Song nur in den 1980ern auf Vinyl gepresst worden, dann hätte auf die hohe Beliebtheit erst reagiert werden müssen – quasi neue CDs/Schallplatten produziert werden müssen. Ein solcher Hype wäre schwer zu kompensieren gewesen.

Zusätzlich schaffen junge Bands wenigstens ein paar Euro mit ihrer Musik zu verdienen, ohne ein großes finanzielles Risiko einzugehen. Das wäre in den frühen 2000ern noch undenkbar gewesen.

Fazit

Dass sich die Art des Musikkonsums verändert hat, bringt sowohl Vor- als auch Nachteile. Es liegt an den einzelnen Musikern/Bands sich zu entscheiden, wie sie sich in diesem neuen Markt positionieren wollen und welchen Ansatz sie in Bezug auf Streamingdienste wählen. Grundsätzlich scheint Musikstreaming jedoch eine fairere Lösung für den Musikkonsumenten zu sein, als der Kauf physikalischer Tonträger. Auch wenn die Künstler mit einigen der Aspekte, was ihre Tantiemen und Zahlungen betrifft eher negative Erfahrungen machen, profitieren sie davon, dass sie mit nur einem Klick ein globales Publikum erreichen können. Streaming wird sich auf jeden Fall weiter durchsetzen, und die Bands können sich entscheiden, ob sie es annehmen oder zusätzlich noch klassisch CDs oder Vinyls herausbringen. Ich gehe davon aus, dass die Relevanz dieser Tonträger mit den nächsten Jahrzehnten zurückgehen wird, da die einzelnen Dienste mit HiFi-Angeboten den qualitativen Nachteil gegenüber physikalischen Medien kompensieren werden. Somit lässt sich abschließend sagen, dass nicht alles Gold ist, doch dass aus meiner Sicht die Vorteile klar herausstechen – wie seht ihr das?

In unserer ersten Podcast-Folge habe ich mit Sebastian S. über das Thema Wie verdient man mit Musik Geld unterhalten. Höre doch einmal rein: