Full Force Festival 2019 vom 28. – 30.06.2019 in Ferropolis

Wenn die Eiseninsel zum Leben erwacht

Eventname: Full Force 2019

Bands: Alcest, Animals As Leaders, Annisokay, Any Given Day, Amenra, Amorphis, Arch Enemy, At The Gates, Bad Omens, Batushka, Beartooth, Behemoth, Billybio, Black Peaks, Bleeding Through, Bury Tomorrow, Cane Hill, Cannibal Corpse, Carach Angren, Crowbar, Crystal Lake, Drug Church, Flogging Molly, Gutalax, Harakiri For The Sky, Kadavar, Harm’s Way, Ignite, Infected Rain, Jinjer, Knorkator, Lamb Of God, Landmvrks, Limp Bizkit, Malevolence, Mambo Kurt, Mantar, Massendefekt, Municipal Waste, Napalm Death, Our Last Night, Orange Goblin, Parkway Drive, Polaris, Perturbator, Power Trip, Sick Of It All, Smoke Blow, Sondaschule, Terror, Tesseract, The Amity Affliction, The Ocean, To The Rats And Wolves, Turnstile, Ultha, Walking Dead On Broadway, While She Sleeps, Whitechapel, Wolfheart, Zeal & Ardor

Ort: Gräfenhainichen, Ferropolis

Datum: 28.06 – 30.06.2019

Kosten: 119,95 € Festival Ticket, Tagestickets ab 69,00 €

Genre: Metal, Rock, Hardcore

Link: https://full-force.de/

Warum heißt es eigentlich nicht mehr With Full Force? Dass die Location vor einigen Jahren gewechselt hat und auch der Veranstalter in diesem Jahr wohl auch ein neuer ist, das war mir bekannt. Es ist mein erstes (With) Full Force überhaupt. Bisher hatte mir persönlich das doch überwiegend Hard- und Metalcore lastige Line-Up immer nie so zugesagt, aber dieses Jahr lockten vor allem Bands wie Amorphis, Ignite, Behemoth, Wolfheart, Zeal & Ardor und Perturbator.

Ich reise Freitag früh an und bestaune zunächst einmal das absolut abgefahrene Gelände auf der Eiseninsel Ferropolis. Da stehen überall Bagger und Kräne und es ist einfach mal völlig anders, als andere Festivalgelände, direkt am See. Ne starke Industrial-Location. Auf drei Bühnen geht es dieses Jahr rund:

Die Mad Max Bühne auf dem amphi-artigen Hauptplatz ist die größte von allen, umrahmt von besagten Bagger-Kränen. Dazu gibt es eine kleinere Zeltbühne (Hardbowl) und eine Open Air Bühne direkt am See (Medusa) – man kann quasi im Wasser paddelnd oder mit den Füßen im Sand stehend den Konzerten der Medusa-Stage lauschen. Sensationell oder?! Da das Wetter am Freitag auch eh schon sommerliche 26 Grad bietet, nutzen schon einige Besucher das kühle Nass zur Abkühlung. Rund um die Bühnen gibt es eine wirklich schöne Auswahl an Food-Containern zu recht humanen Festivalpreisen. Von Fleisch über Fisch bis Eis und Veganes ist alles zu finden. Und nun zu den Bands:

Freitag

Landmvrks

Diese Band war mir bisher unbekannt – ich gebe aber auch zu, im Bereich Metalcore nicht so mega bewandert zu sein. Aber da ich meinen Horizont gerne erweiter, beginne ich das Festival mit dieser Combo aus Marseille, die auf der Zeltbühne spielet. Die Franzosen sind weniger progressiv wie befürchtet und gar nicht mal übel – Sänger Florent Salfati hat eine gut wiedererkennbare und angenehme Stimme. Nicht nur die Band ist recht dynamisch auf der Bühne unterwegs, auch im Publikum geht es gut zur Sache – entweder, weil es ihnen wirklich gefällt oder auch, weil es noch kein Alternativprogramm gibt – das Zelt ist jedenfalls proppenvoll. Landmvrks zocken ihr neues Album Fantasy und können sich über mangelnde Resonanz nicht beschweren.

Bleeding Through

Ach, die gibt’s noch? Ich dachte, die hatten sich aufgelöst. Ja stimmt, es gab einen Split vor vier Jahren, die Jungs aus Orange County haben sich aber wieder berappelt zum 01.01.2018 und geben hier ihre Scheibe Love Will Kill All zum Besten. Klingen, als wären sie nie weg gewesen. Sie werden als Opener der Mad Max Stage nicht nur von der Sonne beschienen, sondern freuen sich auch selbst – trotz der recht überschaubaren Zuschauermenge.

Wolfheart

Die Finnen – die mag ich! Zwar wirkt die etwas melancholische Musik bei strahlendem Sonnenschein als Opener auf der Seebühne am Strand etwas fehl am Platz, dennoch geht alles, was Herr Saukkonen an seiner Gitarre macht, unter die Haut. Schöne Melodien mit brachialen Riffs liegen den Finnen generell einfach im Blut. Moment, den dunkelhaarigen Gitarristen kenn ich doch… eine kurze Recherche ergibt, dass es Vageliss Karzis, der Ex-Bassist von Rotting Christ, ist. Lustig. Wolfheart spielen zum ersten Mal auf dem Full Force und bringen das neueste Werk Constellation Of the Black Light mit. Soundtechnisch gibt es das eine oder andere Problem, was sich ein wenig auf die Stimmung der Musiker niederlässt. Egal, finnischer Melo-Death ist und bleibt (für mich) schön!

Any Given Day

Zweiter Act auf der Main Stage sind Any Given Day aus Gelsenkirchen. Der Platz ist nun etwas mehr gefüllt, dennoch kann ich persönlich nicht so viel Eifer aufbringen. Diese Metalcore/Djent-Mischung reicht mir für die drei Songs, die ich sie fotografieren darf. Wahrscheinlich tu ich denen Unrecht, dennoch ist ja auch alles Geschmackssache. Dicke Muckis und viele bunte Tattoos sind mir davon noch in Erinnerung geblieben. Die Fans jedenfalls freuen sich über das erst jüngst erschienene dritte Album Overpower.

Als Nächstes will ich mir eigentlich Black Peaks anhören. Deren Auftritt wird jedoch kurzfristig abgesagt, da gibt es wohl einen Notfall  – mehr lässt sich leider nicht herausfinden. Dann wünschen wir von Time For Metal einfach mal “alles Gute”!

While She Sleeps

Hier geht es mir ähnlich wie bei Any Given Day – rein musikalisch. Ein bisschen melodischer, aber eben Metalcore. Ich erfreue mich eher fotografisch an dem ultrabunten Backdrop und den schwarz lackierten Fingernägeln. Die Jungs aus Sheffield haben aber auf jeden Fall Bock – das merkt man. Wo sie doch 2017 wegen schlechten Wetters nicht anreisen konnten, haben sie nun ihre Premiere beim Full ForceSo What, das vierte Album, erscheint noch in diesem Jahr.

Sondaschule

Na, das ist mal eine positive Überraschung! Ich weiß vorher, dass die Punk machen. Aber dass es so unterhaltsam und Ska-angehaucht wird, das ist dann doch unerwartet. Schönes Ding! Die Jungs aus Mühlheim ziehen das Publikum an, dass das Zelt voll ist und in den ersten Reihen der Mob tobt. “Fabian, ich will ein Bier von dir” liest man auf einem Plakat, in einer anderen Ecke sieht man ein Pärchen knutschen – im Hintergrund der Song Hallo Arschlochmensch – ein Song gegen Nazis. Herrlich! Da bin ich dann nicht traurig, dass ich die parallel auf der Seebühne spielenden Municipal Waste verpasse. Hab zudem gehört, dass Sound und Stimme nicht so doll gewesen sein sollen.

Sick Of It All

Sick Of It All sind immer ein Garant für gute Laune! Die Jungs aus New York darf man nicht verpassen. Was die in ihrem Alter noch an Dynamik und Spielfreude mitbringen und wie Gitarrist Pete Koller über die Mad Max Bühne springt, das ist unglaublich! Nach drei Jahren Pause beehren sie das Full Force wieder und lassen sich im Sonnenschein feiern.

Amenra

Ich muss gestehen, dass mir die Entscheidung schwerfällt: Amenra oder Napalm Death. Gesehen und fotografiert habe ich beide Bands schon. Ich entscheide mich für Amenra (Amen und Ra = Licht und Dunkelheit). Ich möchte wissen, ob Sänger Colin H. v. Eeckhout damals nur durch Zufall die ganze Zeit mit dem Rücken zum Publikum stand, oder ob das Plan ist. Es ist Plan. Auch hier beim Full Force dreht er dem Strand, dem See, der Sonne und dem Publikum den Rücken zu. Die doomige und wenig lebensbejahende Musik wirkt leider nicht bei diesem Wetter; der Schmerz mag auch nicht so wirklich auf das Publikum übergehen, das sich hier und da mit Erdbeerbowle erfrischt. Schade, ist eher was für nen intimen, dunklen Club.

Behemoth

Erst im Februar durfte ich die neue Show der Polen in Hamburg bewundern und freue mich sehr über ihre Anwesenheit hier beim diesjährigen Full Force. Mit ihren letzten beiden Scheiben The Satanist und I Loved You At Your Darkest brettern und flambieren sie alles weg, was zu nah kommt. Sänger Nergal hat dazu eine außergewöhnliche Bühnenpräsenz, die gleichzeitig mystisch und einschüchternd ist. Auch dem Full Force Publikum gefällt, was Behemoth hier bieten: Perfektion in Show und an den Saiten. Immerhin dürfen die Black-Metaller über eine Stunde performen.

Cannibal Corpse und The Amity Affliction ebenfalls vor Ort, haben es aufgrund des straffen Rahmenplanes nicht in meine Ohren geschafft.

Parkway Drive

Waren die nicht schon im letzten Jahr Headliner beim Full Force? Richtig. Das Festival hat ihre Argumente und offenbar war das auch von den Fans gewünscht. Da Parkway Drive dieses Jahr gefühlt auf jedem Metal-Festival zugegen sind, kommt es dann auf dieses eine hier auch nicht mehr an. Sie stellen sich nicht einfach auf die Bühne und legen los, nein. Sie schreiten, umgeben von Securities und Fackelträgern, durch die gesamte Fan-Masse einmal über das Infield zur Bühne und klettern auf die Bühne. Sie haben ihr Album Reverence im Gepäck und rocken sich einen vom Latz, so dass auch der letzte Besucher sich vor der Mad Max Stage einfindet. Untermalt von viel Peng, Knall und Pyro geht der erste Tag zumindest auf den großen Bühnen zu Ende.

Die danach noch im Zelt stattfindende Knüppelnacht mit Batushka, Carach Angren und Ultha gönne ich anderen. Da ich die Bands auch alle schon gesehen hab, bin ich nicht sonderlich traurig. Morgens um 7 Uhr aus Hamburg hier zum Force zu düsen, war einfach zu früh, so dass ich erst noch 45 min auf den Shuttle zum Tagesparkplatz warten darf, um dann noch eine halbe Stunde zum AirBnb zu fahren. Ja, man wird alt.

Samstag

Gut genächtigt, frisch geduscht und ordentlich ernährt begebe ich mich zum frühen Nachmittag wieder auf die Eiseninsel. Es sind flauschige 34 Grad. Gerade angekommen, kann man quasi wieder neu duschen. Auch das Festival erkennt die prekäre Wetterlage und hat hier und da Wasserduschen aufgestellt, auch die Security an der Mad Max Bühne beglücken die ersten Reihen stetig mit einer Erfrischung aus dem Wasserschlauch. Sehr nötig, sehr gut. Das muss ich eh mal lobend erwähnen: Alle Menschen, die ich hier so an Orga oder Crew erlebe, sind superfreundlich! Das Festival selbst und auch die Leute hier sind sehr entspannt und friedlich, ich entdecke eigentlich keine Reibereien oder dumme Sprüche, die Toleranz hier ist hoch und das finde ich gut. Ebenso gibt es extrem wenige Alkoholleichen, was ich auch sehr positiv finde. Die Leute nehmen das Wetter ernst, trinken viel (Wasser) und laufen teilweise sogar komplett blank rum – ob man das nun sehen will oder nicht. Wir sind ja tolerant, soll jeder so rumlaufen, wie er/sie sich wohlfühlt 🙂

Crystal Lake

Ich beginne den heutigen Tag mit Crystal Lake – habe absolut null Erwartung und weiß gar nicht, was da auf mich zukommt. Zack, da wird man wieder überrascht! Hinter Crystal Lake verbirgt sich eine Metalcore-Combo aus Tokio, die es faustdick hinter den Ohren hat. Die Japaner spielen sehr abwechslungsreiche und energiegeladene Songs, springen munter über die Zeltbühne und haben richtig Bock. Das und die letzte Scheibe von 2018 Helix kommen auch im Publikum mächtig gut an! Ich denke, von denen wird man noch öfter was hören.

Annisokay

Hmja, wieder so eine Band, die mich persönlich nicht so vom Hocker haut und noch nie vom Hocker gehauen hat. Die Jungs aus Sachsen-Anhalt haben Heimspiel und zocken das neueste Werk Arms. Ich finde ja schon immer, dass der Zweitsänger eine viel schönere Stimme als Frontmann Dave Grunewald hat. Aber hier auch wieder reine Geschmackssache. Ist ja nicht schlecht, was sie spielen.

Billybio

Billybio – das hat nix mit Kondomen aus veganem Ökomaterial zu tun, sondern ist das neue, im Juni 2018 gestartete Soloprojekt, von William “Billy” Graziadei, der den meisten als Gitarrist und Sänger von Biohazard bekannt sein dürfte. Entweder ist es vielen doch unbekannt oder nicht interessant, denn das Zelt ist nur sehr überschaubar gefüllt. Dabei bietet es angenehmen Schatten. Billy selbst hat mit massiven technischen Problemen an seiner Gitarre zu kämpfen, was den Start ein wenig verzögert. Dazu wird spontan noch ein Song aus der Setlist gestrichen. Aber all das hält Billy nicht ab, auf die Boxen zu hüpfen und den wenigen Leuten einzuheizen – erfolgreich. Zum Abschluss gibt es den Biohazard-Song Punishment.

Crowbar

Sludgecore, ah was es nicht alles gibt. So wird das bezeichnet, was Kirk Windstein und Co. von Crowbar hier auf unsere Ohren geben. Zwar schon ein paar Tage alt, die Herrschaften aus New Orleans, können sie aber noch absolut mit dem jungen Gemüse mithalten und heizen dem Publikum zum wiederholten Male kräftig ein.

Infected Rain

Massendefekt oder Infected Rain – allein schon aus Fotografensicht fällt die Entscheidung hier nicht schwer, denn mit Sängerin und Model Lena Scissorhand ist immer ein Topshot garantiert. Aber ich möchte die Band hier nicht nur auf die bunte auffällige Frontfrau reduzieren, denn auch musikalisch geben Infected Rain aus Moldawien mächtig Gas. Leider zickt das Mikro anfangs ziemlich rum, doch das bringt die Musiker nur kurz aus der Fassung und auch das Publikum flippt trotzdem aus.

Animals As Leaders

Jinjer oder Animals As Leaders, schwere Entscheidung. Jinjer kenne ich schon, weiß, dass es gute Fotos gibt, allerdings sind sie musikalisch nicht ganz so mein Ding, daher entscheide ich mich für Animals As Leaders, die ich noch nicht gesehen hab. Ich sag mal so, fotografisch wären Jinjer auf jeden Fall die bessere Wahl gewesen. Und musikalisch? Tosin Abasi hat das Gefrickel auf den 7-Saitern ja drauf, schöne Melodien zwischendurch, aber so im Ganzen ist es mir viel zu progressiv und technisch, das löst Synapsenfasching aus. Ok, vielleicht ist es auch die Sonne. Die Jungs aus Washington D.C. sind definitiv technisch fett, aber das ist eher schon gehobene Musik 😀

At The Gates

Schwedentot geht immer, hier bin ich eher in meinem Element. Doch offenbar interessiert sich nur ein Bruchteil der Gesellschaft für Thomas Lindberg und Co. Der Mad Max Vorplatz ist erschreckend leer und das tut mir für die Band schon ein wenig leid. Aber hilft ja nichts, To Drink From The Night Itself wird in gleißender Sonne dem harten Asphalt gnadenlos entgegengeballert.

Smoke Blow

Im Zelt geht es weiter mit den Kielern Smoke Blow. Das ist schon unvergleichlich, was die Hardcore Punks machen. Absolut ekstatisch krachpoltern sie über die Bühnen, dass man gar nicht weiß, auf wen man nun gucken soll, weil sich einfach jeder bewegt. Großartig! Den einen oder anderen Crowdsurfer reißt es auch mit, so dass auch die Secus ins Schwitzen kommen.

Leider kann ich nicht lang bleiben, denn ich bekomme die Möglichkeit eine Führung auf einen der Bagger zu bekommen, um von dort das Gelände von oben bei Sonnenuntergang betrachten zu können. Das lass ich mir doch nicht entgehen! Mit zehn Mann stiefeln wir da die schmale Wendeltreppe hoch und können straight auf die Mad Max Bühne blicken, wo Knorkator sich gerade aufbauen und in wenigen Minuten anfangen. Hier oben ist auch endlich eine herrlich angenehme Brise zu spüren. Fotos hier, Fotos da. Die Sonne geht unter, die Bagger bekommen Beleuchtung, auf die Bühne treten Knorkator und ich beneide den Lichtmann, der hier oben den schönsten Arbeitsplatz der Welt hat. Nach einer halben Stunde geht es wieder zurück zur Erde und ich stiefel gemütlich runter an den See, um mir gleich Zeal & Ardor anzuschauen.

Zeal & Ardor

Längst kein Geheimtipp mehr, sind die Schweizer mit ihrer verrückten Mischung aus Black Music und Black Metal. Klingt komisch? Es ist faszinierend und funktioniert! Allein die drei Sänger jagen einem Gänsehaut ein mit ihren wahnsinnig tollen Stimmen. Man kann das eigentlich gar nicht so genau beschreiben, man muss den Groove wirklich erleben. Zeal & Ardor werden jedenfalls hart gefeiert und es ist sehr gut besucht vor der Medusa-Stage. Der Klang ist 1A, die Band ist voll in ihrem Element und einfach alles stimmt!

Arch Enemy

Den Abend schließen Arch Enemy auf der großen Stage ab. Die spielen auch überall, ne? Egal, man weiß, was man kriegt und wird eigentlich nie enttäuscht: große Show, große Riffs, große Sprünge, große Pyro. Blau-Frau Alissa beeindruckt mit neuem Drachenlady-Kostüm, hüpft auf Knopfdruck und Herr Amot schrammelt dazu professionell sein Ding. Routinierte aber gute Show und zu Recht Headliner des Samstagabends.

Die Saturday Night Fever Show mit Kadavar und Orange Goblin schenk ich mir. Sind zwar nette Bands, aber der Tag war anstrengend genug bei 36 Grad, der Heimweg dauert ja auch immer noch ne Ecke. Wisst ihr was? Der Sonntag soll NOCH heißer werden!

Sonntag

Ich möchte den Morgen und Vormittag so lang es geht im Haus bleiben, um der Wahnsinnshitze fern zu bleiben. Erst mal auf dem Festivalgelände ist es nur schwer – denn auch im Zelt oder VIP oder Pressebereich ist es zwar schattig, aber furchtbar heiß. So viel kann man kaum trinken, um sich innerlich runterzukühlen. Angenehm, dass ich mir die erste Band des Tages im Hardbowl Zelt ausgesucht hab.

Drug Church

Die Musik klingt so, wie es der Bandname vermuten lässt: schräg! Was ist das… Hardcore? Noiserock? Punk? Von allem ein bisschen. Erst denke ich, da stehen noch ein paar Stagehands auf der Bühne, aber das sind schon die Jungs um Frontmann Patrick Kindlon selbst. Interessante Hooks mit wuchtigen Gitarren – es gefällt!

Ignite

Ignite sind immer wieder toll! Es hätte auch kaum besser treffen können: Sonniger California Hardcore bei mittlerweile unglaublichen 39 Grad auf brennendem Asphalt – dazu Zoltans unglaubliche Stimme – großartig! Nicht zum ersten Mal sind Ignite hier und egal, wo sie sind, es ist immer Partystimmung vorprogrammiert. Hier drehen die Fans durch, ich staune sogar, was in der ersten Reihe trotz Extremhitze mobilisiert wird. Zoltan kann zufrieden sein. Das nächste Album ist schon in den Startlöchern, man darf gespannt sein!

Gutalax

Man sagte mir, hier gäbe es richtig was zu sehen. Aber mehr als ein paar Maleranzüge und Klobürsten gibt es auf der Seebühne nicht, auch nicht im Publikum. Gutalax aus Tschechien finde ich geradezu enttäuschend. Das Grind-Gegrunze mag ja auch kurzzeitig amüsant sein, man darf es einfach nicht zu ernst nehmen. Aber so im Großen und Ganzen geht es mir auf den Keks – ich hatte mir dazu mehr Action auf der Bühne versprochen. Also, wenn abspacken bzw. -kacken, dann richtig!

Whitechapel

Zurück zur Mad Max Stage, hier haben Whitechapel ihre Premiere beim Full Force. Die Deathcore-Jungs aus Tennessee bemühen sich, das Level nach Ignite aufrechtzuerhalten, gelingt ihnen jedoch nur bedingt. Es mag aber auch einfach an der Hitze liegen – ich möchte noch mal betonen: 39 Grad auf blankem Asphalt! Es gibt auf jeden Fall eine Fanbase, die sich bei Whitechapel nicht davon stören lässt.

Ich selbst bin völlig im Eimer, ich kann gar nicht so viel Wasser trinken, wie ich schwitze. So setze mich in den schattigen und um 0.5 Grad kälteren VIP-Bereich, von welchem man eine schöne Aussicht auf den See, den Strand und die Medusa-Seebühne hat, um von dort The Ocean zu lauschen. Klingt schön. Und ohja, ins Meer, da möchte man jetzt springen. Der ansässige See ist in den ersten Metern auch nur piwarm, da muss man schon weit raus schwimmen für eine Abkühlung. Vorbildlich, dass DLRG-Rettungskräfte permanent mit einem Boot dort unterwegs sind und zur Not helfen können, falls sich einer seiner Kräfte oder des Alkoholpegels übernimmt.

Beartooth

Etwas erholt begebe ich mich wieder auf den knallharten Asphalt, um mir Beartooth aus Ohio anzuschauen und anzuhören. Netter ambitionierter Metal-/Hardcore, melodisch, etwas poppig und offenbar Full Force-tauglich. Die Crowd singt und surft. 2016 waren Beartooth schon beim Full Force, damals noch recht unbekannt und heute mit drittem Album Disease im Gepäck.

Power Trip

Jetzt wird gethrasht – als Alternativprogramm zu den technisch-progressiven Tesseract. Power Trip sind nicht zu Unrecht schon im Vorprogramm von Napalm Death und Anthrax gewesen. Die Jungs aus Dallas/Texas sind zum ersten Mal beim Full Force und rocken mit ihrer Crossover-Thrash-Mischung das Zelt. Power, Bock, Dynamik – das steckt auch das Publikum an, welches sich das Moshen und Crowdsurfen nicht nehmen lässt. Power Trip machen Spaß!

Lamb Of God

Schon oft gesehen, gucke ich mir trotzdem gern erneut Lamb Of God auf der Mad Max Stage an. Der Bühnenvorplatz ist gut gefüllt, es hat sich wohl rumgesprochen, dass dies die einzige Festivalshow ist, die Lamb Of God in diesem Jahr spielen. Also eine seltene Chance, die Songs des jüngsten Albums Legion: XX live zu hören. Grooviger Death-Thrash, so würde ich das bezeichnen, was Randy Blythe und Co. seit 1994 schon auf die Beine stellen. Unverkennbar wird gerockt, gerotzt und gesprungen.

Turnstile

Hmm, hier muss ich mich wieder entscheiden: Turnstile oder Mantar. Letztere kenne ich gut, mag sie musikalisch sehr und habe sie auch live schon oft gesehen. Allerdings erscheint mir die Vorstellung, die beiden Herren auf der Seebühne bei Strand und Wasser und Sonnenuntergang zu sehen, doch etwas unpassend für die Art der Mucke, so dass ich mich zu Turnstile ins Zelt begebe. Es ist eine gute Wahl, denn die Jungs aus Baltimore sind längst kein Geheimtipp mehr. International etabliert, fetzen sie einem ihre ganz spezielle Art von Hardcore entgegen, dabei unheimlich abwechslungsreich. Kurzweilig und ansteckend! Der Full Force Gesellschaft und mir gefällt es.

Flogging Molly

Als Grüne-Insel-Gebürtige sind Flogging Molly für mich natürlich ein Pflichtprogramm – Celtic Folk-Punk geht doch immer. Die Temperatur hat sich mittlerweile von unerträglich heiß zu angenehm warm abgekühlt, aber die Combo aus Dublin schafft es mit ihrer Lebenslust und Spielfreude das Klima wieder in die Höhe zu treiben. Ich bin ganz positiv überrascht, wie viele Full Forcer diesem Konzert beiwohnen – sowohl Metaller als auch Hardcore-Menschen singen und tanzen zum Sonnenuntergang gemeinsam, Arm in Arm – mit grünen Flauschhüten, Irland-Flaggen und Bierchen in der Hand. Herrlich schön!

Amorphis

Von Irland gehts nach Finnland zurück zur Seebühne – zu meinem persönlichen Highlight des Festivals. Es ist mein 19. Amorphis-Konzert und ich freue mich sehr, die Songs ihres neuesten Werkes Queen Of Time live zu hören. Anfangs vermisse ich Tomi Koivusaaris Gitarre – die Medusa-Stage scheint generell etwas soundproblem-anfällig zu sein. Das legt sich aber schnell und der progressive Melo-Death geht in Mark und Bein über, ich schmelze dahin. Ein wenig witzig finde ich es Black Winter Day an diesem heißen Sommertag zu hören. Nach 50 Minuten ist leider schon wieder Schluss und Tomi Joutsen verabschiedet sich wie gewohnt mit House Of Sleep.

Limp Bizkit

Das Finale wird eingeläutet, Limp Bizkit sind der letzte Act auf der Hauptbühne, der Headliner des Tages und endlich kommt eine erfrischende Brise auf. Fred Durst erzählt mehr, als dass er singt, aber so kennt man das von ihm. Dennoch hat er eine unglaubliche Präsenz auf der Bühne und schafft es gefühlt jeden Full Force Gast in seinen Bann zu ziehen. Ein Klassiker folgt dem nächsten und alle Kräfte werden am letzten Abend mobilisiert. Großartige Show!

Gerne hätte ich mir noch Perturbator gegeben, aber mir wurde das dann echt zu spät und das Wetter hat mich ziemlich zerstört.

Das war also mein erstes Full Force. Auch wenn die Bandberichte ein wenig negativ rüberkommen, so bin ich aber sehr begeistert! Das Gesamtkonzept, die Location, die Orga ist – bis auf den sehr unregelmäßig frequentierten Shuttle-Service – vorbildlich und gut! Ich hoffe inständig, dass das Billing für 2020 ebenso bunt gemischt ist, so dass ich mich sehr gerne wieder auf die Eiseninsel begebe! Gute Heimreise für alle!

Schaut euch auch das After-Movie an.

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