Kraftwerk, 1970 in Düsseldorf von Ralf Hütter und Florian Schneider gegründet, gilt als eine der einflussreichsten Gruppen der elektronischen Musik. Aus dem Umfeld des Kling-Klang-Studios entwickelte die Band einen charakteristischen, technisch-minimalistischen Sound, der Synthesizer, Drum-Computer und Vocoder auf neuartige Weise verband. Bereits frühe Werke wie Autobahn (1974) machten Kraftwerk international bekannt. Der titelgebende, über 20-minütige Track wurde ein Überraschungserfolg und markierte den Durchbruch der Band. Mit Radio-Aktivität (1975) festigten Kraftwerk ihren Ruf als Pioniere, bevor Trans-Europa Express (1977) und Die Mensch-Maschine (1978) zu stilprägenden Klassikern wurden. Besonders das Album Die Mensch-Maschine, das Hits wie Das Model enthält, beeinflusste zahlreiche spätere Genres – von Synthpop bis Techno. 1981 erschien Computerwelt, ein weiteres Schlüsselalbum, das sich thematisch mit der zunehmenden Digitalisierung auseinandersetzte und international große Beachtung fand. Nach einer ruhigeren Phase veröffentlichte die Band Electric Café (1986) – später unter dem Titel Techno Pop wiederveröffentlicht – sowie das Remix-Album The Mix (1991). Für die Expo 2000 in Hannover erschien 1999 ein Titel als Erkennungsmelodie von Kraftwerk. Mit Tour De France Soundtracks (2003) meldeten sich Kraftwerk überraschend zurück. Seitdem gibt es keinerlei neue Songs der „Musikarbeiter“, wie Ralf Hütter und Florian Schneider 2015 betonten. Einen Personenkult um Mitglieder der Band sollte es nicht geben.
Jetzt sind sie wieder auf Tour. Sie nennen sich Audio- und Video Operator und stehen mit ihren Laptops seit Jahren mit ihren alten Tracks auf der Bühne. Ich bin Baujahr 1963, kaufte mir von meinem kleinen Taschengeld als Zwölfjähriger das Album Autobahn vor nahezu genau 50 Jahren. Von der damaligen Besetzung steht nur noch Gründungsmitglied Ralf Hütter in der Besetzungsliste. Henning Schmitz seit 1991, Falk Grieffenhagen seit 2012 und seit 2023 Georg Bongartz erstellen die Klangwelten bei den Livekonzerten.

Derzeit in Europa unterwegs, hatte ich ein Ticket für die StadtHalle Rostock ergattern können. Das CCH in Hamburg war schon ausverkauft, bevor ich überhaupt davon Wind bekommen hatte. Also die Metaller-Kutte in den Schrank gehängt und die alten Klamotten rausgeholt. Rotes Hemd, schwarze Hose und schwarze Krawatte. Sakko drüber – fertig. Wie auf dem Cover der Mensch-Maschine aussehend, war ich früh in Rostock. Ich erwartete wie bei früheren Konzerten, die ich schon in Berlin, Kopenhagen, Hamburg oder sonst wo gesehen hatte, mehrere Fans in derlei Outfit. Das war aber wenig geworden. Zwar begrüßte mich gleich zu Beginn jemand mit dem Spruch „Starkes Outfit“, wir blieben aber nahezu alleine. Hier waren viele Eventgänger und weniger Fans unterwegs. Natürlich gab es auch Fanshirt-Träger. 35 Euro bewegen sich da im mittlerweile „normalen“ Bereich. Es waren wie immer keine Journalisten zugelassen. So gibt es auch nur Handyfotos vom Rang als Erinnerung, statt perfekter Bilder aus dem Fotograben. Die vier Protagonisten stehen fest hinter ihren Pulten mit den Laptops. Bewegung oder Interaktion mit dem Publikum findet nicht statt. Erst der Abgang von der Bühne mit Verneigungen kann als solche gewertet werden. Auf die Songs brauche ich nicht einzugehen. Die Hits füllen die zwei Stunden ohne auch nur einen Füller. Ihre Installationen zu den Tracks sind natürlich genauso alt, wie die Tracks. Damals eine Weltsensation, spürt man noch heute eine Faszination, die davon ausgeht. Dabei ist es egal, ob der VW Käfer über die Autobahn oder der TEE in den Düsseldorfer Bahnhof einläuft. Zwar stehen nicht mehr Die Roboter auf der Bühne, wie bei meinem ersten Kraftwerk-Konzert 1981 in Kiel, aber die Zugabe mit dem Song wird von den 6.600 heutigen Gästen genauso gefeiert wie damals. Radioaktivität, Taschenrechner, Das Model, Tour De France – die Setliste des Abends lässt nichts aus. Natürlich landet auch das SpaceLab genau vor der Tür der StadtHalle. Das Album von 1981, Computerwelt, gilt noch heute als Vorläufer der Musikrichtungen Electro und Techno. Der Titelsong ist derzeit aktueller denn je und feiert genau heute seinen 44-jährigen Geburtstag! Bis heute gilt die Band als wegweisend für moderne elektronische Musik und als kulturelles Aushängeschild deutscher Klangkunst. Prominente Bands wie Daft Punk, Depeche Mode, Coldplay oder U2 hätte es ohne den Einfluss von Kraftwerk nie gegeben, wie sie selbst sagen.
Ich setze mich wieder hinter das Lenkrad, begebe mich wieder auf die Autobahn und werde die Augen offenhalten. Die nächste Tour, die nächste Location Europa Endlos. Egal wie, egal wo: Das muss man machen, solange es noch geht!


