Eventname: Modern Primitive Tour
Headliner: Septicflesh
Vorbands: Equilibrium, Oceans, Scar Of The Sun
Ort: Halle 02, Heidelberg
Datum: 29.10.2024
Kosten: 38,40 €
Genre: Symphonic Death Metal
Link: www.septicflesh.com
Setlisten:
- Swansong Of Senses
- Inertia
- I Am The Circle
- Transition To Turbulance
- Anastasis
- Gravity
- Parasite
- We Are Not Okay
- Breed Consume Die
- Icarus
- I Sing Alone
- The Awakening
- Spit
- Intro (inkl. Percussion)
- Legends
- Renegades/Tornado Renegades – A Lost Generation
- Gnosis
- Born To Be Epic (inkl. Percussion)
- Awakening
- Blut Im Auge
- Cerulean Skies
- Shelter (inkl. Percussion)
- One Folk
- The Vampire From Nazareth
- Neuromancer
- Pyramid God
- Hierophant
- Portrait Of A Headless Man
- Coming Storm
- Prometheus
- Martyr
- A Desert Throne
- Communion
- The Collector
- Persepolis
- Anubis
- Dark Art
Seit Anfang Oktober sind die Symphonic-Death-Metal-Titanen Septicflesh mit ihrem aktuellen Album Modern Primitive auf gleichnamiger Tour und haben mit Equilibrium, Oceans und Scar Of The Sun reichlich Support im Gepäck.
Heute Abend gastiert die Modern Primitive Tour in der Halle 02 in Heidelberg, deren Hauptraum für das Konzert auf ein Drittel verkleinert ist. Nicht unüblich, außerdem ist Dienstagabend. Beste Partytime ist anders.
Als Scar Of The Sun pünktlich um 19:15 Uhr die Bühne betreten, stehen die meisten der bereits anwesenden Besucher:innen noch eher an der Bar oder sitzen an den Seiten des Konzertraums. Sänger Terry Nikas (auch Sound Engineer von Septicflesh) muss das Publikum aufwecken und nach vorne bitten. Die griechische Band spielt einen Mix aus Melodic Death, Gothic und Doom Metal mit einer Prise Prog. Der Sound ist vor allem laut, sehr laut und lässt kaum Feinheiten heraushören. Schade. Denn was Scar Of The Sun präsentieren, ist durchaus hörenswert. Nikas erwähnt, dass er einst in Heidelberg gelebt hat und daher sehr glücklich ist, heute Abend in dieser Stadt zu spielen. Sympathisch. Mittlerweile ist es vor der Bühne voller geworden, einige Menschen headbangen ausgiebig und das Publikum lässt sich langsam aber sicher animieren und reckt Fäuste und Devil Horns in die Luft. Am Schluss ist die Band verausgabt und sichtbar zufrieden mit dem Publikumszuspruch, der überschaubar, doch herzlich ausfällt.
Danach sind Oceans an der Reihe – und nicht The Ocean, wie zuvor von Scar Of The Sun Fronter Nikas angekündigt. Wie oft diese Bands wohl verwechselt werden? Egal. Oceans, die Sänger Timo Rotten mit den Worten “Wir sind Oceans aus Berlin” vorstellt, eröffnen mit Parasite vom aktuellen Album Happy und schieben direkt den 2021-Hit We Are Not Okay hinterher. Nice. Während einige Konzertgänger:innen noch mit Oceans fremdeln, freut sich vor allem der jüngere Teil der Anwesenden über den Auftritt. Frontman Rotten ist ein Energiebündel und wechselt mehrfach die Position, bei jedem Song feuert er das Publikum an, versucht es einzubinden. Die Aufforderung zum Mitsingen bei Breed Consume Die braucht einige Anläufe, doch langsam wird das Publikum warm und lässt sich mitreißen. Der Sound ist im Vergleich zu Scar Of The Sun besser geworden, gut ist aber anders. Backing Tracks gehen beispielsweise unter. In Windeseile ist das Set vorüber und offenbar selbst für die Band zu schnell. Oceans haben sich bereits verabschiedet, um kurz darauf wieder auf der Bühne zu erscheinen. Guter Gag. “Wir haben noch Zeit für einen, dann spielen wir jetzt was Schnelles”, sagt Rotten und grinst. “Will hier jemand einen Circle?” Obwohl der Großteil im Publikum sichtbar nur bedingt Lust auf einen Moshpit hat, schreit natürlich jemand “Jaaaaaaaaaaaaaaa” und die Halle 02 hat ihren ersten, wenn auch kleinen Circle des Abends.
Equilibrium sind nicht nur einfach Support, sondern begleiten die Tour als “Special Guest.” Die im Publikum vertretenen Equilibrium-Shirts lassen ahnen, dass heute Abend wohl nicht alle Besucher:innen primär wegen Septicflesh erschienen sind. Equilibrium haben also leichtes Spiel. Drummer Tuval „Hati“ Refaeli thront auf seinem Schlagzeug (eine Frau neben mir wispert scherzhaft: “Whoa, ist das Jesus?”) über der Bühne und breitet die Arme aus, während die Saitenfraktion um Dominik „Dom“ Crey und René Berthiaume zum Intro auf die Pauke haut. Pauken sind es zwar nicht wirklich, doch die Percussion-Showeinlage prügelt die Stimmung gut ein. Dann erscheint Fronter Fabian „Fabi“ Getto auf der Bühne, die Gitarren sind längst wieder umgeschnallt und los geht die Party. Das Publikum ist endgültig aufgetaut. Klatschen, Singen, Springen, Headbangen, Taschenlampenmeer. Egal wozu Getto animiert, die Menge ist dabei. Freilich feiern die Fans vor allem Klassiker und die Moshfreudigkeit im Publikum steigt. Die Circlepits bleiben jedoch klein und es sieht so aus, als ob das den meisten Menschen im Publikum auch recht ist. Stunteinlage bei Blut Im Auge: Die Kickdrum muss gewechselt werden. Die Band nimmt es gelassen und die Fans sind ohnehin am Feiern. Auch der Sound ist maßgeblich besser geworden, die Backing Tracks kann man aber weiterhin mitunter nur erahnen.
Um 21:55 Uhr dimmen sich die Scheinwerfer, atmosphärische Ambientklänge kündigen den Auftritt von Septicflesh an. Das Publikum hat richtig Lust, die Fans jauchzen und pfeifen. Dann stehen Spiros „Seth“ Antoniou, Christos Antoniou, Kerim „Krimh“ Lechner und Dinos „Psychon“ Prassas auf der Bühne (nein, Sotiris Vayenas ist hier wenig überraschend nicht am Start). Auf in die Knüppelnacht. Gleich vorweg: Was Schlagzeuger Lechner mal wieder abliefert, lässt Kinnladen bis zum Ausrenken hinuntersacken. Brutal. Nach dem Opener The Vampire From Nazareth folgt mit Neuromancer der erste Track vom aktuellen Album, das der Tour den Namen gibt. Doch obwohl Fronter/Bassist Spiros Antoniou anfangs erläutert, dass Septicflesh heute vor allem Songs von Modern Primitive spielen werden, machen diese Lieder nicht einmal die Hälfte des Sets aus. Damit bleibt Raum für alte und ganz alte Hits, die der Meute allesamt gut reingehen. Septicflesh wirken auf der Bühne routiniert, die Show ist einstudiert, die Riffs sitzen. Für Instrumentenwechsel ziehen sich die Saitenmeister hinter Backdrops am Bühnenrand zurück, was der Stimmung zwischen den Stücken ein wenig Energie raubt. Doch Spiros Antoniou, der seine herrlich gurgelnden Schreie vermutlich aus der Hölle heraufbeschwört, hat seine charakteristischen Ansagen mitgebracht und sichert Sympathie und Begeisterung. Er schwört die Menge auf Gemeinschaft ein, spricht das Publikum konstant als „My friends“ an und, cuuuuuuute, will einen „moshing circle“ sehen. Der harte, kleine Kern vor der Bühnenmitte rauft sich immer wieder zu kleinen Pits zusammen, ständig reißt das Publikum die Devil Horns nach oben, was in den satten roten Farben und Stroboblitzen der Lightshow ein echter Hingucker ist. Und den schauen sich die meisten Konzertbesucher:innen – whoa, krass – doch tatsächlich mit den eigenen Augen an und nicht durch die Bildschirme ihrer Smartphones. Persepolis markiert das Ende des regulären Sets, das sofort in Sprechchöre übergeht. Die einen rufen „Septicflesh„, die anderen „Zugabe“ und ernten die Fanlieblinge Anubis – die Halle 02 singt „whohohohoooooo“ – und Dark Art. Grüße an all die Physiotherapeut:innen, die am nächsten Tag jene Fans behandelt haben, die sich mit Septicflesh den Head weggebangt haben.
Fotos: Steve Leiner