“Das nenne ich treue Selbstneuerfindung mit Abrisscharakter!“
Artist: Heaven Shall Burn
Herkunft: Saalfeld/Saale, Deutschland
Album: Wanderer
Spiellänge: 52:58 Minuten
Genre: Metalcore, Melodic Death Metal
Release: 16.09.2016
Label: Century Media Records
Link: https://www.heavenshallburn.com
Bandmitglieder:
Gesang – Markus Bischoff
Gitarre – Maik Weichert
Gitarre – Alexander Dietz
Bassgitarre – Eric Bischoff
Schlagzeug – Christian Bass
Tracklist:
- The Loss Of Fury
- Bring The War Home
- Passage Of The Crane
- The Shall Not Pass
- Downshifter
- Prey To God
- My Heart Is My Compass
- Save Me
- Corium
- Extermination Order
- A River Of Crimson
- The Cry Of Mankind
Deutschland ist eindeutig ein Metal-Land. Wenn ich allein überlege, wie viele Releases wir pro Jahr auf dem Tisch liegen haben, die ihren Ursprung in unserem Land haben, dann wird klar, dass bei der Masse sicher einige Bands untergehen. Die wenigen – aber wichtigen – Vertreter, die hervorstechen sind für mich klar Kreator im Bereich des Thrash Metals, Blind Guardian, Powerwolf und Avantasia wenn es um Power Metal und Melodic Metal geht, Equilibrium als Vertreter des spaßigen Pagan Metal und um nicht alle Genres erfassen zu müssen, dürfen abschließend Caliban und Heaven Shall Burn das Gerne des Metalcores vorantreiben. Genau um die letztere Truppe geht es heute, denn die am 16.09.2016 erscheinende Platte Wanderer macht gerade – alleine schon durch die beiden vorveröffentlichten Tracks ihre Runde. Nach dem letzten extrem erfolgreichen Release (Veto) im Jahr 2013 folgten aus unserer Sicht unzählige Headliner-Tourneen und Festivals, auf denen sich die Saalfelder immer im oberen Drittel des Posters befanden.
Mit einer künstlerisch nicht unanspruchvollen und netten Berg-Fotografie auf dem Cover ist es rein optisch irgendwie sehr ruhig geworden. Wo vorher ein menschliches Herz bei Invictus und ein Pferd samt nackter Reiterin auf Veto bis in die Charts auf Platz zwei vordringen durfte, ist man nun irgendwie erwachsener geworden.
Dann will ich mal das auseinandernehmen, was der Käufer/Streaming-Kunde hier musikalisch vor sich hat. Beim Introsong The Loss Of Fury startet man bereits sehr atmosphärisch, um dann – und das relativ schnell – dem Hörer klarzumachen, dass es sich noch immer um Heaven Shall Burn handelt und nicht um eine CD für autogenes Training (obwohl – das wäre auch mal eine lustige Idee). Hier bleibt man noch im MidTempo und durch eingepackte Sprechgesangpassagen und den für die Band bekannten Shouts von Markus Bischoff verkauft man das, was ich schon fast Hardcore nennen würde. Doch mit dem direkt anschließenden Bring The War Home werden alle Freunde von experimentelleren Gernemixes ihre Freude haben. Erst beginnt man mit einem Industrial-Part, um dann mit einer total eingängigen Melodie und einigen modernen Breakdowns das Paket komplett zu verschnüren – was für ein genialer Mix.
Nach dem akustischen Start von Passage Of The Crane läutet ein markerschütternder Schrei einen – in meinen Augen – perfekten Start ein. Hier hier sind die Tempowechsel und die ausgiebigen Schlagzeug-Wechsel das, was das Lied besonders machen. Oh was ist das? – Eine Bridge mit einem Sampler – echt cool, der Song über das Origami-Figürchen.
Das was Heaven Shall Burn gelernt haben, ist es mit Eingängigkeit und Einfachheit zu spielen. Das ist alles andere als schlecht, denn je eingängiger etwas ist, um so eher ist es greifbar für Hörer, die nicht audiophil sind. Absolutes Highlight ist dabei klar das Schlagzeug, denn da, wo die Gitarren und der Bass zumeist eingängige Melodien (nicht unanspruchsvoll) aufs Band bringen, ist gerade das Schlagzeug das, was man den Antriebgeber nennen kann.
Der bereits veröffentlichte Song Downshifter beschreibt eigentlich genau das, was ich meine. Ein schön ausgebauter Melodiebogen wird zwischen den rhythmischen Parts platziert, um dann vom Schlagzeug abgeholt zu werden – man kann sich wieder auf Circle Pits und ordentliche Wall Of Deaths gefasst machen.
Grund zu feiern gibt es bei Prey To God, denn wenn Heaven Shall Burn und das Urgestein des US-Death Metals Cannibal Corpse zusammen einen Song raushauen, dann kann das nur auf die Mütze geben – oder? Wenn Mr. Corpsegrinder mit Herrn Bischoff sich am Mikrofon abwechseln, dann macht das einfach richtig Spaß – was für ein Abriss-Song.
Einziger griff ins Klo ist das Interludium My Heart Is My Compass. Nicht, weil der instrumentale Track schlecht wäre, nein, sondern nur, weil er so abrupt endet, dass selbst meine Katze mich verdutzt anschaut.
Es folgen weitere Muskelkater im Nacken und den Beinen. Ein – ich schau mal über den Tellerrand – gibt es mit Corium. Denn hier gibt es mal nicht nur auf die Fresse. Die Melodie ist mal wieder schön greifbar und auch irgendwie ein wenig poppig (dies ist nicht negativ gemeint). Ich könnte mir vorstellen, dass hier eine spätere Single schlummert, die irgendwie ein wenig an These Fighting Words von Devildriver erinnert.
Der fast schon anmutende Track A River Of Crimson bringt Melodic Death Metal-Allüren mit und das ohne zu deprimieren – Gitarrensolo inklusive.
Um so langsam zum Ende zu kommen – das haben sich Heaven Shall Burn beim letzten Song sicher auch gedacht – tritt man ordentlich auf die Bremse und entlässt den Hörer bei The Cry Of Mankind atmosphärisch spielerisch und mit einem Duett. Zweistimmig und wieder im Midtempo gehalten wird Wanderer mit einem fast progressivem-Riff und einer klaren Stimme abgeschlossen – wer der Gastsänger hier ist oder ob Markus Bischoff hier selbst den klaren Gesang singt, werden wir noch herausfinden und nachreichen.