Im Gespräch mit Nino Helfrich von Skull Tone Studios (Teil 2 von 4)

Studiostart und Kooperationen

Artist: Skull Tone Studios, Nino Helfrich

Herkunft: Norderstedt, Schleswig Holstein

Links: https://www.skulltonestudios.com/
https://www.facebook.com/skulltonestudios

Im zweiten Teil unseres Gesprächs schwatzen wir über den Studiostart, Kooperationen mit anderen Studios und was man so alles an Geld für Plugins ausgeben kann.
Außerdem kommen wir drauf, wie wichtig es ist, sich als Musiker ein vernünftiges Studio zu suchen, das sich auch mit der selbst geschriebenen Musik auskennt.

Time For Metal / Lommer:
Gehen wir doch mal so ein bisschen auf das Studio ein. Am 01.06. hast du jetzt offiziell angefangen, oder wann war das?

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Website Launch war zum 01.06.22. Produzieren tue ich aber schon seit Jahren im Hintergrund.

Time For Metal / Lommer:
Was sind denn eigentlich die Basicelemente, die man jetzt für das Studio so braucht?
Zum Beispiel, was braucht man an Rechner, was braucht man allgemein und vor allem: Was ist für dich, für dein Studio wichtig?

Fotocredit: Butzinella

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Das Wichtigste ist der Rechner. Da habe ich auch dieses Jahr aufgerüstet und nutze ein Macbook Pro für rund 5.500 €. Da alle Studios hier in Hamburg auf Apple und Pro Tools laufen, bin ich da mitgegangen. Ich habe auch die DAW gewechselt, damit man kompatibel ist.
Viele arbeiten auch mit Cubase und ich habe vorher Reaper genutzt. Letztendlich muss da jeder seins finden.
Man braucht gar nicht so viel Hardware, denn die Plugins sind heute unglaublich gut. Natürlich braucht man ein gutes Interface, ich nutze da ein Universal Audio System.
Die machen die besten Plugins und die bilden die ganze Hardware am originalgetreuesten ab.
Die bekommen von Firmen die Schaltpläne, Referenzgeräte und so weiter.
Das heißt, wenn du die am PC bedienen kannst, dann kannst du tatsächlich in ein Studio gehen und es sieht alles gleich aus. Das ist wirklich praktisch.
Die größte Entdeckung für mich war im letzten Jahr Slate VSX.
Das ist ein Spezial-Kopfhörer, der komplette Studioräumlichkeiten simuliert. Das heißt auch Übersprechungen von zwei verschiedenen Speakern und Reflexionen von Wänden.
Das behebt sehr viele Probleme, die beim Mischen mit normalen Kopfhörern entstehen, weil dort das Stereo-Bild anders dargestellt wird. Ein kompletter Game Changer, da man selbst nachts arbeiten kann und keine Probleme mit Lautstärke hat.
Durch diese moderne Technik wird die Eintrittsbarriere immer geringer, aber das Niveau steigt immer weiter.

Time For Metal / Lommer:
Das stimmt, was du jetzt grade sagst, mit der Lautstärke.
Das ist natürlich dann halt noch ein Punkt, denn ich gehöre zum Beispiel zu Musikern, die im Studio waren und natürlich den Verstärker so richtig schön im Arbeitsbereich reinziehen. Das ist dann auch schon ganz schön laut.*lacht*
Da feiern die Nachbarn und deswegen sind auch die meisten Studios logischerweise so ein bisschen abseits gelegen.
Hast du irgendwie ein Haus?

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Eine Wohnung.

Time For Metal / Lommer:
Alles in der Wohnung?
*Nino nickt*
Abgefahren … ja, krass. *lacht*

Fotocredit: Butzinella

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Also es hat sich bisher noch niemand beschwert. *lacht*
Ich arbeite hauptsächlich im Mixing/Mastering-Bereich, deshalb geht das mit den beschriebenen Tools. Für Aufnahmen von Drums oder Vocals kollaboriere ich mit verschiedenen Studios. In Hamburg bin ich da sehr gut vernetzt.
Vocals machen wir auch oft bei den Bands direkt in den Proberäumen. Ich war im Dezember beispielsweise eine Woche in Dänemark und habe da mit einer Sängerin in ihrem Proberaum aufgenommen. Das ist heutzutage alles möglich.
Dieser ganze Home Recording Markt, der boomt und wenn man weiß, was man tut, dann kann man tolle Ergebnisse erreichen. Insbesondere, wenn man mit DIs und Midi arbeitet.

Time For Metal / Lommer:
Das ist schon ganz abgefahren. Ich habe mich lange gegen Plugins und so was gewehrt, weil ich mir dann immer dachte: Ja, dann hast du da jetzt so ein Plugin, aber ich bin halt tatsächlich noch so ein analoger Typ und das klingt ja anders. Auch vor allem, da ich mit einem Sound aufnehmen möchte, mit dem ich dann auch live spiele.

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Also bei Amps kann ich es absolut nachvollziehen. Das Problem ist beim Mischen: Du hast auf so einem Mix 200 bis 300 Plugins.
Wenn die Band jetzt irgendwelche Änderungen hat, dann musst du das alles noch mal neu einstellen.
Das Mixing-Equipment ist nicht gerastert, so wie Mastering-Equipment. Deshalb ist Mastering-Equipment teurer. Das heißt, du kannst nie wieder exakt die gleichen Settings herstellen und das würde unendlich lange dauern.
Plugins sind einfach vom Workflow her besser.
Deshalb arbeiten fast alle Leute beim Mixing in der Box. Wo das meiner Meinung nach noch wirklich Sinn ergibt mit Hardware, ist beim Aufnehmen. Dass man einen guten Preamp nimmt, ein gutes Mikro, gerne auch richtige Amps.
Wo es auch Sinn ergeben kann, ist im Mastering-Bereich, denn die Sachen sind gerastert. Da benutzt du einen EQ oder einen Kompressor nur einmal. Die fünf Schalter bekommt man schnell wieder hin, wenn Revisionen kommen. Aber dieses Equipment ist auch teuer.

Time For Metal / Lommer:
Was zahlt man da so?

Fotocredit: Butzinella

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Tausende!
Ein sehr, sehr beliebter Mastering-EQ ist beispielsweise der Manley Massive Passive. Der kostet so viereinhalb- bis sechstausend Euro.
Bei Neopera, meiner eigenen Band, habe ich das so gemacht: Ich habe die komplette EP produziert, gemischt, recorded und wir haben es zum Mastering an den Olman Wiebe gegeben, mit dem ich eng zusammenarbeite. Er mastert für Bands wie Caliban und Kreator.
Er hat hier in der Nähe ein Studio und besitzt die Geräte als Hardware.
Das heißt, ich kann das komplett digital mischen und mastern und ihm eine Session schicken. Deshalb bin ich auf Pro Tools umgestiegen.
Er kann meine Settings sehen und die 1 zu 1 auf die Hardware übertragen,
So kann man auch einer Band mit weniger Budget analoges Mastering ermöglichen. Aber man muss nicht die ganze Zeit durch diese Kette mischen, sondern man schickt es nur am Ende einmal durch und mischt vorher mit den digitalen Versionen. Dann müssen wir die Geräte nicht doppelt haben.
So bekommt eine Band einen analogen Sound für unschlagbare Preise.

Time For Metal / Lommer:
Das ist es, glaube ich auch so ein bisschen – diese Erfahrung, die dann noch mal damit reinspielt. Ich bin halt auch ein großer Freund von „nicht immer gleich direkt neu kaufen“ und „neu, neu, neu ist immer besser“, sondern erst mal alte Sachen so weit auszunutzen bist du wirklich an ihre Grenzen kommst.
Ich finde das ganz spannend, mit diesem Vernetzen und dann sich bewusst in eine Gemeinschaft von Studios zu integrieren, um in Kooperation mit ihnen zu arbeiten, um dann natürlich auch den Musikern ein bisschen mehr Möglichkeiten zu geben.
Ich habe so ein altbackenes Bild von Studio: Du hast halt deinen großen Aufnahmeraum, da stehen ein paar Boxen drin, die brüllen halt eine Menge rum, da ist auch der Schlagzeuger, der knüppelt seine ersten Tracks rein und dann irgendwann hast du natürlich auch den Regieraum. Das ist natürlich heutzutage alles vollkommen anders. Also finde ich es ganz spannend, wie viel sich da geändert hat.

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Solche Studios werden auch nach wie vor gebraucht. Es kommt halt drauf an. Du brauchst das nicht bei jeder Band, zum Beispiel bei Gitarren. DIs können viele Bands selber aufnehmen. Ich habe meine Gitarre noch nie in einem externen Studio aufgenommen, nicht einen einzigen Ton. Ich habe das immer selber gemacht.
Du brauchst dafür also keinen zweiten Raum nebenan, der dann die ganze Zeit leer steht. Bands sind immer beeindruckt von dem ganzen Equipment in großen Studios. Wenn man aber mal weiß, was dieses ganze Equipment macht und man feststellt: Ja, das leuchtet gerade, aber das macht hier gar nix. Die 15 Mastering Kompressoren in der Ecke, die sind ja schön, aber wir nehmen hier gerade Vocals auf und eigentlich braucht sie niemand *grinst*.
Ich schaue, was für jede Band das richtige ist und passe das an die Bedürfnisse an.

Time For Metal / Lommer:
Ja, das ist wahrscheinlich noch so ein bisschen das Ding und diese große Problematik, die damals Carcass mit der, ich glaub die Reek Of Putrefaction, hatten.
Die sind in dieses Studio gegangen und da war ein Typ, der dann auch keine Ahnung von Tuten und Blasen hatte, und dann ist der Sound des Albums eher so … naja geworden.
Und das ist ein guter Punkt. Ich wollte sowieso fragen, ob du dich dann wirklich ein bisschen spezialisiert hast, also machst du zum Beispiel konsequent nur Death Metal oder sagst du dann auch so: Ja ok, dann mal Heavy Metal oder so?

Skull Tone Studio / Nino Helfrich:
Ich lebe im Metal Bereich schon relativ flexibel, da ich in vielen Old School Bands gespielt habe. Klassischer Heavy Metal auf E Standard. Iron Angel waren ja auch Mitbegründer des Speed Metals.
Bei Neopera ist es Symphonic Metal mit Orchester und klassischen Stimmen. Das geht schon relativ weit weg von Metal. Diese Musik ist eine Herausforderung, denn Orchester und Band zusammenzumischen, ist sehr schwierig. Wir haben bis zu 250 Spuren pro Song.
Meine eigenen Sachen sind eher Modern Metal und 7-Saiter basiert. So wie ihr sie bei Critical Mess spielt. Deswegen kenne ich mich in den verschiedenen Subgenres sehr gut aus und kann mich frei bewegen zwischen Old School Metal und den moderneren Richtungen.
Man muss da einfach jahrelang drin sein und die Ästhetik kennen, denn selbst zwischen Death Metal, Heavy Metal und Metalcore liegen Welten. Du nimmst Sachen anders auf, du editierst sie anders. Ein Death Metal Drumset würde ich beispielsweise anderes mikrofonieren als von einer normalen Metal Band, da die Geschwindigkeit so hoch ist. Da ergibt es Sinn, jedes einzelne Becken zu mikrofonieren.
Das ist das, was du vorhin gesagt hast. Da kommen normale Studios an ihre Grenzen. Auch mit der Anzahl an Tracks, die sind das Halt gewohnt, dass eine Pop-Produktion auch mal nur 20 Spuren hat. Oder einfach nur noch Vocals und ein Stereo Beat wie bei Hiphop. Und dann plötzlich kommen 150 Spuren von einer Metal Band.

Das war Teil zwei von vier.