Interview mit Frank Thoms, Sänger und Gitarrist der deutschen Thrash-Metal-Band Accu§er

Wenn die 13 zur Glückszahl wird! Schnörkelloser Thrash der Marke Accu§er und der Kampf gegen Gut und Böse

Artist: Accu§er

Herkunft: Deutschland

Genre: Thrash Metal

Label: MDD Records

Link: https://www.facebook.com/accuser2008

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Frank Thoms
Gitarre – Sascha Stange
Bassgitarre – Frank Kimpel
Schlagzeug – Olli Fechner

Time For Metal / Michael E.:
Moin, schöne Grüße aus Ostfriesland und danke, dass du Lust hast, ein kleines Interview für Time For Metal zu führen. Wie ist es, wenn man aus einer Stadt kommt, deren Name einen verpflichtet, zu gewinnen? (Anm. der Red.: Es ist Siegen) Da darf man doch nur geile Alben schreiben, oder?

Accu§er / Frank Thoms:
So gesehen ja! Aber trotz unseres Stadtnamens läuft hier auch schon mal was schief. Der Name bietet halt der Stadt und den Bewohnern weder Vor- noch Nachteile, ha, ha!!! Wir gehen hier unserem Ding nach und können nur versuchen, unserem Stadtnamen alle Ehre zu machen. Ich schätze, wir haben mit dem letzten Album eine wirklich runde Sache abgeliefert und sind damit äußerst zufrieden.

Time For Metal / Michael E.:
Für mich ist es das erste Interview mit euch und ich glaube, es ist auch das Erste für Time For Metal. Fangen wir ein wenig von vorne an. Ich glaube, dass ich euch keinem mehr vorstellen muss und wenn ja, hat er hier nichts verloren, aber wir galoppieren da mal durch. Seit 1986 seid ihr dabei und habt bis 1995 sechs Alben rausgehauen. Und dann kam der Break. Wie kam es dazu und warum habt ihr euch 2004 in Scartribe umbenannt? Und dann 2008 wieder in Accu§er?

Accu§er / Frank Thoms:
Genau genommen kam der Break 1996, kurz nach der Overkill-Tour. Nach zehn Jahren wollten wir eigentlich nur eine kurze Pause machen, die sich allerdings stark verlängerte, sodass wir schließlich ohne großartige Absprache aufgehört haben. Eine offizielle Auflösung hat nie stattgefunden und somit gab es uns eigentlich immer, aber ohne Aktivitäten. Scartribe war der Versuch, eine andere, etwas rockigere Richtung einzuschlagen. Dies scheiterte allerdings daran, dass das Songwriting immer mehr und mehr in die Accu§er-Richtung driftete. Um dann unserer ursprünglichen Band wieder Leben einzuhauchen, starteten wir dann mit der damalig aktuellen Besetzung wieder als Accu§er durch. Auf unserem Reunion-Album Agitation ist teilweise noch das zu Scartribe-Zeiten entstandene Material zu hören. Dies war der Start in eine neue Ära.

Time For Metal / Michael E.:
Wie ist es, wenn kein Mensch euren Namen richtig schreiben kann, hehe oder habt ihr gehofft, dass ihr so bekannt werdet, dass sich euer S-Symbol eines Tages fest auf den Tastaturen der Weltgeschichte befinden wird? Wie kam es dazu?

Accu§er / Frank Thoms:
Genau das haben wir geschafft. Weltweit befindet sich seit Accu§er auf jeder Tastatur ein Paragrafenzeichen über der 3, ha, ha, ha! Wir haben eigentlich nach einem Logo gesucht, um die Band gleich erkennbar zu machen. Etwas später hatten wir die Idee, ein Zeichen direkt in den geschriebenen Bandnamen zu integrieren und kamen zum Schluss, etwas zu verwenden, was zum Thema Ankläger passt. Wir haben dann das S in Accu§er durch einen Paragrafen ersetzt. Dieses Symbol war schon auf Schreibmaschinen zu finden, da es gerade im Gebiet des Rechts essenziell ist. 1986 hätten wir uns allerdings noch nicht gedacht, dass der Austausch des S in ein § zu technischen Problemen führen könnte. Sonderzeichen dieser Art sind bis heute in einer Mail-Adresse oder in einer URL nicht möglich. Also gehen wir flexibel mit diesem Thema um. Accuser ist unser Bandname und Accu§er ist unser Logo und egal wie es geschrieben ist, jeder weiß, um wen es geht.

Time For Metal / Michael E.:
Werden wir ein wenig aktueller. Eurer zwölftes Album Accuser erschien im Jahre 2020, und auf diesem Album war der alte Gitarrist René Schütz wieder zu hören. Im Jahre 2023 stieß der FireScent-Gitarrist Stefan Stange zur Band. Was ist geschehen?

Accu§er / Frank Thoms:
Als wir in der Vorbereitungsphase zu den Rebirthless Recordings waren und bereits die erste Studiosession absolviert hatten, wurde René bewusst, dass die Art von Musik nicht mehr seinem Geschmack entsprach. Er zog die Reißleine und stieg aus. Für solch eine Entscheidung gibt es keinen richtigen Moment, denn für die Band bedeutet das immer, eine Lücke zu füllen. Und das, durch viel Zeit und Arbeit. Glücklicherweise ging alles recht schnell, denn ich hatte Sascha auf dem Schirm und da er ein top Gitarrist aus nächster Nähe ist, habe ich ihn einfach gefragt, ob er sich vorstellen könnte, bei Accu§er zu spielen. Er meinte, dass er es auf einen Versuch ankommen lässt und packte sich Material drauf, das wir dann gemeinsam probten. Es funktionierte sehr gut und auch menschlich merkten wir, dass das passt. Er spielte dann die anstehenden Gigs mit uns und konnte sich schließlich in unser neues Album einbringen. Letzten Endes haben wir doch noch einen glücklichen Moment für diesen Wechsel erwischt.

Time For Metal / Michael E.:
Album Nummer 13 namens Rebirthless ist seit dem 21.11.2024 veröffentlicht. Wie sind die Reaktionen? Seid ihr zufrieden? Flattern einige Angebote für Gigs und Festivals ins Haus?

Accu§er / Frank Thoms:
Die Reaktionen sind sehr gut. Wir sind total geflasht mit dem, was wir hören und lesen konnten. Wahnsinn! Einige Termine für 2025 stehen ja bereits und wir hoffen selbstverständlich auf mehr. Wir starten im Januar in unserer Heimatstadt Siegen und wollen natürlich dem Stadtnamen alle Ehre machen, ha, ha! Dann geht es im März mit Tankard auf Tschechien-Tour und weitere Acts sind noch in Planung. Wir merken, dass die Nachfrage wächst.

Time For Metal / Michael E.:
Ich bin schwer angetan vom Cover des Albums. Wie kam es zur Idee? Wie war die Umsetzung und wer hat es gezeichnet? Wie seid ihr an den Künstler gekommen?

Accu§er / Frank Thoms:
Eigentlich ist die Idee einem Zufall zu verdanken. Meine Frau Carina ist Lehrerin und war mit ihrem Kurs in Brüssel. Durch einen Geheimtipp haben sie dann das Museum von Antoine Joseph Wiertz besucht. Sie hat mir während der Besichtigung Bilder per WhatsApp gesendet, da sie von der Größe und der Art der Kunstwerke stark beeindruckt war. Unter anderem bekam ich auch ein Bild von dem größten und mittig hängenden Gemälde La révolte des Enfers contre le Ciel. Dieses Werk hat mich komplett umgehauen und ich habe Carina geschrieben, dass das unser neues Cover sein wird. Allerdings musste dieser euphorische Gedanke erst mal überprüft werden, da man nicht einfach Originale für die eignen Zwecke verwenden darf. Da haben sich schon einige Bands die Zähne dran ausgebissen. Glücklicherweise hat Wiertz immer für die Allgemeinheit gearbeitet und seine Kunst sollte für jeden Menschen zugänglich und benutzbar sein. Dies wird bis heute berücksichtigt und ein Museumsbesuch ist kostenlos. Wir haben den Kontakt zum Museum hergestellt und ihnen unsere Idee unterbreitet. Uns wurde das Material zur Verfügung gestellt und wir durften es nutzen.

Time For Metal / Michael E.:
Neben den gelungenen Songs, wie ich finde, hat euch Martin Buchwalder wieder eine absolut fette Produktion geliefert. Wie läuft die Zusammenarbeit mit ihm? Wie lange läuft das schon mit ihm? Habt ihr bestimmte Voraussetzungen, wie ein Album zu klingen hat?

Accu§er / Frank Thoms:
Die Zusammenarbeit mit Martin ist absolut genial und die Studioaufnahmen mit ihm immer ein Highlight in unserer Schaffenszeit. Seit der Dependent Domination nehmen wir bei ihm auf und der Sound eines jeden einzelnen Albums entwickelt sich im Prozess. Es gibt also keine Vorgaben, sondern wir bringen die Songs mit und er macht zwischen den Alben Updates im Studio, die wir dann gemeinsam testen und einsetzen.

Time For Metal / Michael E.:
Ich habe euch zu Recht neun Punkte für das Album gegeben (Review hier nachlesen), da ich finde, dass eben dieses Zusammenspiel von geilem Songwriting, fetter Produktion und geilem Cover gelungen ist. Das Album ist bei MDD Records erschienen, einem doch etwas kleineren Label. Wie kam es zur Zusammenarbeit? Wenn ich richtig informiert bin, erschienen die letzten drei Alben bei Metal Blade?

Accu§er / Frank Thoms:
Bei Metal Blade haben wir unser letztes Album im März 2020 veröffentlicht und es war eine denklichst schlechte Zeit. Durch Corona und der Maßnahmen gab es wenig Möglichkeit, das Album zu präsentieren, aber so ging es ja nun mal der ganzen Szene. Letzten Endes mussten auch die Plattenfirmen auf dieses Loch reagieren und so beendete Metal Blade die Zusammenarbeit mit uns. Wir haben dann wieder mit dem Songwriting angefangen, sind ins Studio gegangen und haben mit einem fertigen Produkt ein Label gesucht. MDD Records mochten unser neues Material und wollten mit uns zusammenarbeiten. Wir unterschrieben den Vertrag und haben nun das erste Album bei ihnen herausgebracht.

Time For Metal / Michael E.:
Songs wie Violent Vanity, Fear Denied oder Faded Remose sind schön schnelle Drescheinheiten und das ganze Album zeichnet sich durch Aggressionen und Härte aus, aber auch groovige Momente oder melodische Akzente sind zu hören. Habt ihr da ein Rezept?

Accu§er / Frank Thoms:
Wir wollten Songs ohne großartige Schnörkel, die aber dennoch in der Mitte aufgehen und wiedererkennbar sind. Es wurden in den 80ern und 90ern so unfassbar gute Songs geschrieben, die bis heute Bestand haben. Auch sie sind immer wiederzuerkennen, nicht zu komplex, aber auch nicht langweilig. Ich finde, das macht es aus und in diese Richtung sollten sich auch unserer neuen Songs bewegen.

Time For Metal / Michael E.:
Vom Songwriting her habe ich das Gefühl, dass ihr wieder mehr in Richtung Vergangenheit geht. Ist das richtig? Steckt da Absicht hinter oder passiert das einfach?

Accu§er / Frank Thoms:
Wie oben schon beschrieben durften wir in Sachen Songwriting schöne Jahrzehnte mit vielen geilen Songs erleben. Das sind die Vorbilder, die das Rad nicht neu erfinden werden, aber eine ganze Menge Emotionen transportieren. Technisch sieht das so aus, dass wir geschriebenes Material stellenweise entschlackt haben. Wenn ein Part oder ein Lauf den Song unübersichtlich erscheinen ließ, dann haben wir ihn einfach gestrichen. Weniger kann mehr sein.

Time For Metal / Michael E.:
Der Titel und das Cover lassen vermuten, dass textlich ein Konzept vorliegt. Kannst du uns ein wenig über die Lyrics erzählen?

Accu§er / Frank Thoms:
Rebirthless
ist ganz klar die Überschrift des Konzeptes. Zum einen geht es um den Kampf zwischen Gut und Böse, Himmel und Hölle, richtig und falsch. Zum anderen geht es darum, zeitnah zu handeln und nicht auf eine eventuelle Wiedergeburt zu warten. Dinge richtigstellen, sich entschuldigen oder für etwas einstehen, bevor es zu spät ist. Die Thematik von Rebirthless könnte inhaltlich die Fortsetzung des Albums Diabolic sein.

Time For Metal / Michael E.:
Vielen Dank für das Interview. Letzte Frage. Wie siehst du die Entwicklung des Thrash Metals in den letzten Jahren? Viele junge Bands kommen ja noch und es gibt viele Konzerte. Hast du Angst davor, dass es da wieder einen Zusammenbruch geben wird und ihr auch davon betroffen sein könntet? Ich habe da so meine Befürchtungen.

Accu§er / Frank Thoms:
Ich kann diese Befürchtungen nicht teilen. Kurz gesagt verfolge ich schon länger die Entwicklung unterschiedlicher Genres im Metal und habe eine Theorie. Erst hatten wir die Entstehungsphase, in der aus Rock und Hard Rock, Metal wurde. Mit den Jahren entstanden unterschiedlich klingende Bands und daraus resultierend eine Richtungsvielfalt. Punk und Hardcore spielten eine große Rolle für Crossover und waren damals ein erneuter Startschuss für weitere interessante Entwicklungen. Im Norden wurde es stilistisch dunkel und das purzelte kurze Zeit später ebenfalls durch die weltweiten Gehörgänge. Ein Kosmos war geboren! Wir alle erlebten eine wahnsinnige Stagnation Ende der 90er, Anfang der 2000er. Nu Metal und Grunge lösten einen Massenhype aus und verdrängten alles Entstandene. Der Grund war wahrscheinlich, dass sich viele Fans leid gehört hatten, Bands eine Art Einfallslosigkeit an den Tag legten und dadurch eine allgemeine Offenheit für etwas Neues entstand. Was letzten Endes die Karre aus dem Dreck gezogen hat, war die wiederkehrende Sehnsucht nach vielen Bands und Genres, mit denen man sich beschäftigt hat. Ich glaube, dass nach diesem Break die Qualität des Metal, die sich mit den Jahren entwickelt hat, aufmerksam betrachtet und dadurch wieder geschätzt wurde. Der Metal birgt heute für jeden Geschmack etwas und ist nicht mehr wegzudenken. Auch die Festivals profitieren von der Vielfalt der Geschmäcker und können ohne Probleme ein abwechslungsreiches Programm bieten. Eine gute Entwicklung, wie ich finde!