Eventname: Kieler Woche
Bands: etwa 500
Ort: Kiel, Schleswig-Holstein
Datum: 17.06. – 26.06.2022
Kosten: Kostenlos
Genre: Alle
Link: http://www.kieler-woche.de/
Nun ist sie vorbei, die Kieler Woche 2022.
Seit fast 130 Jahren findet die Kieler Woche in der letzten vollen Woche des Junis statt. Durch die COVID-19-Pandemie musste das Segel- und Volksfest allerdings in den letzten beiden Jahren abgesagt werden. Über drei Millionen Besucher waren nun wieder an zehn sonnengefluteten Tagen an der Förde zu Gast.
Das Fazit: Das Highlight für Rock-Fans ist und bleibt das Radio BOB! Rockcamp!
Radio Bob! stellt zum vierten Mal ein Rockcamp auf dem Segel- und Volksfest auf die Beine, das einem Festival gleicht. Während auf dem Fest an der gesamten Förde unzählige Kleinkünstler und Bands aller Genres Konzerte geben, konzentriert sich das wesentlich interessante Geschehen um den Rock, Hardrock und Metal in dem Rockcamp direkt an der Kiellinie. Über 20 Bühnen bieten den Gästen in der gesamten Innenstadt eine ordentliche Auswahl an Bands aller Stilrichtungen. Auf einer Partymeile von rund zehn Kilometern geht es von landestypischer Folklore bis zum Death Metal. Und wie immer alle, bis auf die Bühne Krusenkoppel mit ihrem Gewaltig Leise Programm, kostenlos.
Seit Jahrzehnten organisieren die schleswig-holsteinischen Radiosender auf dem größten Event im Norden Europas eigene Bühnen. Da sind die öffentlich-rechtlichen Sender mit dem NDR, aber auch die Privaten sind mit der Regiocast-Gruppe vertreten. Regiocast, das sind hier in Schleswig-Holstein die Sender Radio Schleswig-Holstein (R.SH), Delta Radio und Radio Bob!. Jeder Sender bedient auf seiner Bühne seine spezielle Zielgruppe. Während Radio Bob! sein eigenes Camp stellt, teilen die beiden anderen Sender sich eine nur 300 Meter entfernte Großbühne mit weiteren angeschlossenen Anstalten wie 80s80s. Der NDR engagiert sich auf der stadteigenen Bühne am Rathausplatz und vermittelt Sternchen, die sich die Stadt nicht leisten könnte.
Früher überboten sich die Sender mit Hochkarätern und internationalen Stars. Manfred Mann’s Earth Band, Fisher Z oder Mike & The Mechanics um Genesis-Gitarrist Mike Rutherford waren schon da. 2003 traten die Pretenders um die charismatische Frontfrau Chrissie Hynde auf. 2006 die Simple Minds, 2008 Bad Religion, 2009 Foreigner, 2011 Human League. Selbst in jüngerer Zeit gab es noch Prominenz. 2016 Nina Hagen, 2017 Bob Geldorf oder 2018 Apocalyptica. In diesem Nach-Pandemie-Volksfest fehlten die ganz großen Namen jedoch noch. Trotzdem hatte das Programm reichlich Highlights und Überraschungen.
Am Tag vor der offiziellen Eröffnung geht es schon los. Als wenn die Nordlichter es mit ihren Gästen nicht abwarten können, hat sich der sogenannte Soundcheck zu einem der populärsten Tage entwickelt. Natürlich zieht es uns Nordlichter an die Kiellinie. Dies ist eine kilometerlange Promenade direkt am Wasser, die ganze Förde entlang. Hier hat sich das Radio BOB! Rockcamp etabliert. Direkt in der Nachbarschaft zum Regierungsbezirk ist es an prominenter Stelle aufgebaut. Ab 19:00 Uhr beginnt das Treiben in der ganzen Stadt. Im Rockcamp eröffnen die Heider Pay Pandora mit ihrem Hardrock das Programm. Das Quartett von der Nordseeküste hat ihr neues Album Hunt The Prey im Gepäck, das in der Pandemie erschien und nicht richtig promotet werden konnte. Ein knalliger, saftiger Sound, dominiert von Chiara Tahnees kräftiger Stimme, katapultiert Tracks wie Good In Bad, Hunt The Prey oder Catch Me If You Can in die Ohren der Zuhörer. Bei der Laufkundschaft dürften sie einige neue Freunde gewonnen haben, die Fläche ist rappelvoll. Nach dem Konzert wechselten viele signierte Alben den Besitzer.
21:30 Uhr, die Moderatoren von Radio Bob! kündigen das erste Highlight an. The New Roses aus Wiesbaden entern die Bühne und geben mächtig Gas. Nach 2017 und 2019 spielen sie bereits das dritte Mal auf der Kieler Woche. Mit Nothing But Wild, dem Titeltrack ihres neuesten Albums, beginnen die sympathischen Jungs ihr anderthalb Stunden langes Programm. Neben neueren Songs fehlen natürlich die großen Hits der Band wie Thirsty, Every Wild Heart oder Glory Road nicht in der Setliste. In jedem Konzert covert Frontman Timmy Rough einen anderen Song, der sein musikalisches Wesen beeinflusst hat. Heute ist Don’t Stop Believin‘ von Journey der ausgewählte Song, der mächtig abgefeiert wird.
Während auf dem Rathausplatz der NDR mit N-Joy Künstler wie Malik Harris, Namika, Ray Dalton und Glockenbach präsentieren, spielen bei R.SH am neuen Standpunkt auf der Kiellinie Leony und Max Giesinger. Die dritte größere Bühne des Woderkant-Festivals hat sich eine andere Zielgruppe geholt. Reggae, Funk, Soul und Latin-Klänge gibt es unter anderem mit Leo In The Lioncage. Quer durch die Stadt warten auch die anderen Bühnen auf trinkfreudiges Publikum. Wie an jedem Tag findet man hier regionale Künstler aller Genres. Wer sich Shantys oder Elektronika, Schlager oder irgendeine Party-Coverband antun möchte, der wird auch fündig.
Es ist der Eröffnungstag und demzufolge ist die Stadt mit knapp einer Million Leute verstopft. Was ein Wunder, die Sonne scheint und Party geht nach Corona wieder. Wir finden uns zum heutigen ersten Gig wieder im Rockcamp ein. Den Auftritt von April Art, kickender Rock aus Gießen, verhindert das böse „C“. Dafür gibt es ebenfalls aus Hessen Ersatz. Losing Gravity aus Frankfurt/Main sagten vielen bisher nichts. Sie spielen einen American Rock ’n‘ Roll und waren als Support für The New Roses vor zwei Wochen schon einmal in Kiel. So sieht man viele Gesichter, die gestern ebenso da waren, heute wieder. Mit Just For The Summer sowie Nothing Gonna Change This vom vor fünf Wochen erschienen Album Headed South starten diese durch. Von der ersten Minute an nehmen sie die Fans auf dem schon gut gefüllten Feld mit. Der Frontman Chase Wilborn ist gebürtiger Texaner und schafft es, mit seinen Mitstreitern eine Authentizität zu schaffen, dass es eine Freude ist, den Jungs zuzuhören.
Das Luxusproblem der Kieler Woche ist, dass an jeder Ecke etwas los ist. So natürlich auch heute. Die Kieler Band Wolf Barsch spielt ein paar Hundert Meter weiter im Schlossgarten. Da dort ein paar befreundete Musiker mitwirken, schauen wir auch dort einmal kurz vorbei. Die Jungs spielen maritimen Rock mit mehr oder weniger Tiefgang, viel Spaß und manchmal mit schwerer Schlagseite … Die heutige Minibühne im Biergarten bespielen sie nahezu drei Stunden lang in mehreren Sets. Nach meinem Lieblingssong, dem Kraftwerk-Cover Der Fischer auf Basis von Das Model und dem ersten Set gehen wir wieder zurück in das Rockcamp.
Kaum noch ein Durchkommen auf der Kiellinie, nahezu nichts geht mehr vor der Radio Bob! Bühne. Hier haben Beyond The Black die Bühne erklommen. Waren viele von der letzten Tour enttäuscht, da sie etwas in die Richtung Pop abgerutscht war, befeuert die Truppe die Fans nun mit Heavy Metal vom Feinsten. Da werden wieder alte Songs der ersten Generation herausgeholt, Jennifer Haben performt in diversen Outfits und auch Titel vom wahrscheinlich im Herbst erscheinenden Album versetzen die Fans in Feierlaune.
Auf den anderen Bühnen geben Künstler wie Gitte Hænning auf dem Rathausplatz, MC Fitti und Meg10 bei Delta Radio und unzählige andere Künstler auf nahezu 20 weiteren Bühnen eine Kostprobe ihres Könnens ab. Hier ist besonders erwähnenswert noch Fin Dawson auf der Jungen Bühne. Eine Nachwuchsband mit viel Potenzial, die ich mir gerne angeschaut hätte.
Nach dem Konzert ist vor dem Konzert. Das gilt auf der Kieler Woche jeden Tag von nachmittags bis in die Nacht. Wenn die anderen Bühnen schließen müssen, geht es im Kulturzentrum Die Pumpe erst los. Im Roten Salon dürfen bis mitten in die Nacht Nachwuchsbands und Newcomer ihr Programm vorstellen. Heute spielen in der diesjährigen Showbox die Kieler Urgesteine Fin The Cheaf sowie Tyson. Besonders die Melodic-Trash-Metaller von Tyson hätte ich gerne noch gesehen, aber eine Anfangszeit von zwei Uhr ist nichts für alte Herren …
Wir lassen den Sonntag ruhig angehen. Nachdem der THW Kiel sein Spiel um Platz drei beim diesjährigen Handball Champions League Final Four gewonnen hat, fahren wir zu um 19:30 Uhr wieder in das Rockcamp, um das erste Konzert anzugehen. Das heutige Musikprogramm in der Stadt ist eher als „mau“ zu bezeichnen. Auf dem Rathausplatz nur Coverbands, auf der großen Regiocast Bühne nur Videodisco. Kein Wunder also, dass die Rockfans selbst jetzt schon wieder da sind. Bei Radio Bob! ist thematisch deutscher Rock und Punk angesagt. Nach VINTA, besser bekannt als Dickes Gebäude aus Remscheid, die mit ihrem Video zu Der Boden Ist Liebe Bekanntheit erreichten, sind die Düsseldorfer von Rogers an der Reihe. VINTAs Debüt-EP releaste gerade erst Anfang des Jahres und schon auf einer großen Kieler Woche Bühne. Das schaffen nicht viele. Rogers reißen wie gewohnt ab. Sie zeigen uns ihren Mittelfinger Für Immer und lassen uns an ihren ganzen erfolgreichen Songs teilhaben. Bedauerlicherweise spielen zeitgleich die hörenswerten Celebrate The Bloodhsed, eine Death Metal Band aus Hamburg und Watar, eine Metal Band aus Kiel, auf der Jungen Bühne im Ratsdienergarten. Ich sprach dieses Luxusproblem schon an. Für die Nachtschwärmer beginnt das Nachtprogramm in der Pumpe um Mitternacht. Hier sind um zwei Uhr Gordon Shumway, eine Zwei-Mann-Punkband aus Kiel, der Headliner.
Kieler Woche Auszeit? Wenn, dann gestern und heute. Das Rockcamp macht heute Pause, denn die Handballer vom THW Kiel feiern hier ihren Saisonabschluss. Mit dem Supercup, dem Pokal, der Qualifikation zur Champions League und dem dritten Platz beim Final Four stehen sie gar nicht so schlecht da. Dementsprechend euphorisch feiern etwa 5.000 Fans mit ihnen und ihrem Medienpartner Radio Bob!.
Musikalisch empfehlenswert ist auf der Woderkant-Bühne das Lübecker Rock-Duo Lutopia Orchestra. Faszinierend, was das Paar zusammen auf die Bühne bringt. R.SH präsentiert hingegen Kelvin Jones und das französische Techno-Duo Ofenbach. Auf dem Rathausplatz eröffnet die Charly Schreckschuss Band die Kieler-Woche-Blues-Nacht und Tim Fischer beglückt die Krusenkoppel.
Es wird wieder laut an der Kiellinie. Schon lange vor dem Konzertbeginn füllt sich die Fläche vor der Rockcamp Bühne. Die Kieler Motörhead-Tribute Band Motörizer ist eine der Besten und musikalisch nahe am Original. Nach Lemmys Tod und der Auflösung von Motörhead haben sie sich auf die Fahne geschrieben, das Andenken an das Leben des Ian Fraser Kilmister und der Musik von Motörhead mit Nachdruck zu erhalten. So wundert es nicht, dass die drei bei ihrem Heimspiel im zehnten Jahr ihres Bestehens solch einen Zuspruch erhalten. Auf der Setliste stehen alle Klassiker sowie das nahezu komplette Set des legendären No Sleep ’Til Hammersmith Albums aus dem Jahr 1981. In anderer Reihenfolge und der Titel Capricorn fehlt, dafür mit viel Gefühl aufgefüllt, mit Krachern wie Heroes oder Killed By Death reißen sie die hartgesottensten Motörhead-Fans vom (nicht vorhandenen) Stuhl.
Eigentlich sollten als Hauptact die Brasilianer von Sepultura die Bühne abreißen. Leider mussten die Jungs Auftritte ihrer Tour aus persönlichen Gründen absagen. Dazu zählt auch der heutige Gig. Radio Bob! schaffte es, kurzfristig die kalifornische Hard-Rock-Band Ugly Kid Joe zu verpflichten. Bereits 2019, bei der letzten vollständigen Kieler Woche begeisterten sie die Fans an gleicher Stelle mit einem Crossover aus Hard Rock, Metal und Funk. Ausgerechnet der eingängige, ruhige Song Everything About You wurde der größte Hit der Combo. Der darf natürlich auch im Rockcamp nicht fehlen. Einige sind sicher nur deshalb gekommen. Sänger Whitfield Crane springt wie ein Jungspund auf den Boxen herum und sucht die Nähe zum Publikum. Gitarrist Klaus Eichstadt offenbart dem Publikum, dass sein Vater aus Kiel stammt. Bassist Cordell Crockett, Originalmitglied wie Crane und Klaus, hat sogar mal zwei Jahre hier in Kiel gewohnt. So wird auch dieser Gig zu einem Heimspiel.
Und sonst: Auf der großen Fördebühne präsentiert Delta Radio den Hamburger Entertainer Jerome. Sein Gig mit Dance und House-Elementen soll der wartenden Menge für VIZE einzuheizen. Das Berliner Musikprojekt bedient ebenfalls das Genre der House-Musik. Weitere Berliner liefern ein ausverkauftes Konzert auf der Krusenkoppel ab. Element Of Crime lassen leider keine Fotografen zu. Schade, ich hätte gerne ein paar Eindrücke gesammelt. NDR1 präsentiert auf der Rathausbühne Peter Wiedereck & Band sowie Joris. Auf den anderen Bühnen beherrscht Folklore und Latin das Geschehen, zudem laden die üblichen Party- und Coverbands zum Tanztee.
Auf der Kieler Woche sind in diesem Jahr keine internationalen Stars? Im Radio Bob! Rockcamp sehr wohl. Der Niederländer Tim Vantol heizt für die Schweden von Royal Republic ein. Schon früh füllt sich das Infield. Tim Vantol aus Amsterdam ist eigentlich ein Akustikmusiker. Heute tritt er mit einer hervorragenden Band auf. Seine Singer-Songwriter-Musik enthält Einflüsse aus Punk- und Folk-Rock. Was dann ab 21:30 Uhr von den Schweden aus Malmö gezeigt wird, sprengt den Rahmen des Rockcamps. Ihr Rock ’n‘ Roll mit Einflüssen des Garage-Rock begeistert etwa 6.000 Fans auf dem Areal. Es gibt kein Durchkommen bis in die hintersten Reihen. Ziemlich textsicher feiert die Crowd Songs wie RATA-TATA, Full Steam Spacemachine, Baby oder Back From The Dead ab. In die Zugabe mogeln sie Cover von Metallica (Battery) und Motörhead (Ace Of Spades), welches wir heute Abend schon einmal genießen durften.
An den anderen Bühnen geht es ebenfalls voll zu. Die Fördebühne belagerten Fans von Michael Schulte. Der Singer-Songwriter stammt aus dem nur knapp 20 Kilometer entfernten Eckernförde und wurde bekannt durch die Gesangs-Castingshow The Voice Of Germany. Nach ihm besteigt Kamrad aus Wuppertal die Fördebühne und bespaßt die Fans mit seinem Elektropop. Tatort-Kommissar Axel Prahl feiert derweil mit seinem Inselorchester einen nahezu ausverkauften Gig auf der Freilichtbühne Krusenkoppel. Gut, dass die Kieler Woche täglich fast eine halbe Million Gäste anzieht, sodass für die anderen Bühnen noch genug Klientel übrig bleibt.
Ich komme zu spät in das Radio Bob! Rockcamp. Es ist auf der Kiellinie kein Durchkommen und die Hamburger Elbrebellen fangen einfach ohne mich an. So bekomme ich noch einen Song im Fotograben hin. Leider kann ich das Konzert nicht weiter verfolgen, mein Arbeitgeber hat etwas dagegen. Irgendetwas ist immer. Gleiches Bild später bei Torfrock. Die fangen wegen der überfüllten Kiellinie und des schon abgesperrten Rockcamps einfach eine halbe Stunde früher an. Keine Chance auf Fotos, denn ich komme zwar pünktlich zum Beginn an, befinde mich aber auf der falschen Bühnenseite entgegen dem Einlass. Bis ich dort angekommen bin, ist bereits das Limit erreicht. So bekomme ich die Torfmoorholmer Geschichten um Carola, Renate, Rollo und Co. nur von hinten mit. Raymond Voss fehlt nach seiner Herzerkrankung noch immer. Gute Besserung von dieser Stelle. Auf der Fördebühne ist Schlagertag mit Marie Reim und Anna-Maria Zimmermann und die Freilichtbühne Krusenkoppel wird von der singenden Tatort-Kommissarin Anna Loos bespaßt.
Heute passt es wieder. Ich bin pünktlich im Camp, denn die Kieler Band Ivory Tower mit neuem Stuttgarter Sänger Francis Soto gibt eines ihrer Progressive Power Metal Gigs. Im Vordergrund stehen die Songs ihres bereits sechsten Albums, das zwar schon produziert, aber noch nicht veröffentlicht ist. Natürlich werden auch ihre alten Erfolgssongs gespielt. So ist der Weg bereitet für die Schweden von H.E.A.T. aus dem Landkreis um Stockholm. Die fünf reißen die Besucher vor der Bühne richtig mit. Eine Wahnsinnsshow mit einem begeisternden Drumsolo von Don „Crash“. Ihre alten Hits wie 1000 Miles (2009), Beg, Beg, Beg (2010) oder Living on the Run (2012) zünden genau so, wie die neuen. Dangerous Ground und One by One aus dem 2020er Album H.E.A.T II sind allseits present. Besonders erwartet wird allerdings ihre neue Single Nationwide. Auf der Fördebühne ist NDW-Party mit Markus und Paso Doble, die Krusenkoppel feiert Danger Dan. Der Rathausplatz ist bei Conchita Wurst mit philharmonischer Begleitung proppevoll.
Heute ist Deutschrock und Punkrock-Tag. Für viele der heutige Headliner, steht die Hamburger Band Deine Cousine zum frühen Zeitpunkt 19 Uhr auf der Bühne. Anfangs etwas spärlich besucht, holt Frontfrau Ina Bredehorn die versprengten Zuschauer nach vorne vor die Bühne. Später ist es so voll, dass sie ihren Song Bielefeld vom im September erscheinenden Album Ich Bleib Nicht Hier nochmals als Zugabe bringt. Ihre Abräumer heißen Kiez Oder Kinder, Aufhören, Wenn Es Am Schönsten Ist oder die Hommage an ihre Wahlheimat St. Pauli. Aber auch die nächste Band kommt aus Hamburg. Montreal haben es geschafft, mit ihrem deutschsprachigen Punkrock sogar international erfolgreich zu sein. Mit ihrer Single Endlich Wieder Discozeit haben sie auch aktuell wieder Erfolg. Wir bleiben nicht lang, denn wir wollen das schöne Wetter nutzen, um uns ein besonderes Schauspiel auf der Kieler Woche anzusehen. Den überfüllten Bussen nach zu urteilen, sind wir mit dieser Idee nicht die Einzigen.
Neben der heute Morgen stattfindenden Windjammerparade ist das Nightglow ein Spektakel der Ballonfahrer, das es so nur auf wenigen Events in Deutschland zu sehen gibt. Ein Dutzend Ballons stellen sich in einer Reihe auf, werden angeblasen und werden dann im Takt zur Musik befeuert. Nahezu 20.000 Menschen treibt es dazu auf das ehemalige Zeppelinfeld, das Nordmarksportfeld. Nach erfolgter Show folgt noch ein Höhenfeuerwerk und das kurze, aber sehenswerte Spektakel ist pünktlich zur Mitternacht beendet. Dass im Vorfeld auch Bands auftreten, ist hier nahezu selbstverständlich. Die traditionell letzte Band des Abends sind immer The LineWalkers, eine Johnny Cash Coverband.
Auf der Fördebühne eröffnet Sternchen Luna den Popabend. Anschließend spielt Alice Merton einen 60 Minuten langen Pop-Gig mit ihren Hits No Roots, Why So Serious oder The Other Side. Die Nachtschwärmer feiern im Roten Salon der Pumpe weitere Metal-Acts ab. Powerhead eröffnen den Abend. Ein weiterer Höhepunkt würde mit Inner Axis folgen. Den Abschluss der diesjährigen Showbox spielt dann Black Mammoth.
Es ist fast vollbracht. Zum Abschluss der Kieler Woche stehen im Rockcamp noch einmal zwei Highlights an. Um 19 Uhr eröffnen die Lokalmatadoren und steil nach oben gehenden The Pinpricks den Abend. Das Trio erscheint mit Gerrit Drude, einem Ersatzdrummer, der nur so Freude versprüht. Auch sie spielen einen Querschnitt ihrer Hits wie Ritual, Two Wheeler oder Marionette. Aber auch ein neuer, noch nie live gespielter Titel vom im Herbst erscheinenden neuen Album steht auf der Setliste. Der Headliner der Woche ist am heutigen Abend aber Mando Diao. Die Schweden mit ihren Überhits Black Saturday und Dance With Somebody räumen auch in Kiel mächtig mit ihrem Garage-Rock ab. Während es auf der Fördebühne nur eine Teledisko gibt, steht unter dem Rathausturm der Münchner Gil Ofarim mit einem Soloprogramm auf der Bühne. Die Krusenkoppel findet mit Konstantin Wecker ihr ausverkauftes Abschlusskonzert. Im Prinzengarten eröffnet Rene Unger, Frontman der Tequila Sunrise Gang, den Abend mit einem Soloprogramm.
Auf ein neues 2023! Zehn Tage live, umsonst und draußen, suchen trotz aller Widrigkeiten, Kritik und Einschränkungen ihresgleichen. Auch ohne die ganz großen internationalen Stars bringt es Spaß und die „kleineren“ Bands freuen sich über die Chance, vor großem Publikum zu spielen. Sich über die fehlende Prominenz aufregen, aber gleichzeitig mit einem Rucksack voller Getränke auf die KiWo zu gehen, passt gar nicht. Was denken sich die Leute, wovon das finanziert wird? Ansonsten freuen wir Nordlichter uns einfach wie auf dem Wacken Open Air oder anderen Festivals auf die Friedfertigkeit der Gäste und Besucher. Rund drei Millionen strömten durch die Stadt, 4.000 Segler aus 46 Nationen, über 2.000 Einzelveranstaltungen, davon 500 abendliche Konzerte. Das ganze Fest kam mit nur 180 geschriebenen Ordnungswidrigkeiten in den zehn Tagen aus. Das alles mit Gästen aus aller Herren Ländern. Fremdenfeindlichkeit hat hier nicht den Hauch einer Chance.