We Came As Romance – Cold Like War

“Ernsthafter, etwas gefühlvollerer Stil, der stets in der zweiten Hälfte auf die Mütze haut“

Artist: We Came As Romans

Herkunft: Michigan, USA

Album: Cold Like War

Spiellänge: 39:49 Minuten

Genre: Metalcore, Post-Hardcore, Screamo

Release: 20.10.2017

Label: Sharptone Records

Bandmitglieder:

Gesang – David Stephens (seit 2005)
Keyboard, Gesang – Kyle Pavone (seit 2008)
Gitarre – Joshua Moore (seit 2005)
Gitarre – Brian „Lou“ Cotton (seit 2005)
Bass – Andrew Glass (seit 2005)
Schlagzeug – unbekannt

Tracklist:

01. Vultures With Clipped Wings
02. Cold Like War
03. Two Hands
04. Lost In The Moment
05. Foreign Fire
06. Wasted Age
07. Encoder
08. If There’s Something To See
09. Promise Me
10. Learning To Survive

Es gibt Bands, die sich eigentlich im perfekten Genre für dich bewegen und es dennoch nicht schaffen mit ihrer Musik zu überzeugen. So erging es wohl auch vielen mit We Came As Romans, welche mit ihrem letzten Album 2015 doch eher schwer enttäuschten – und die Jungs empfanden das wohl selbst auch so, nahm man sich doch in den Interviews auch stets selbst in Kritik. Aber das sind ja alles Geschichten von gestern, denn seit wenigen Wochen ist mit Cold Like War nun endlich ihre neue Platte draußen und alte Fehler können damit verziehen werden –  oder werden sie nur wiederholt?

Der erste Song Vultures With Clipped Wings nimmt sich Zeit für ein kleines, plätscherndes Intro, wodurch durchaus eine gewisse Spannung und Erwartungshaltung aufgebaut wird. Es ist erfrischend, den ersten Song einer neuen Platte nicht sofort zu kennen, wie das sonst häufig der Fall ist. Und fast könnte man meinen, dass hier ein Intro und dann ein Song folgen – macht Vultures With Clipped Wings doch eine klare Pause – bevor schließlich in bester Metalcore Manier geschrien wird. Dabei braucht es nur die ersten Verse, bevor Vultures With Clipped Wings dann auch an Tempo zunimmt, und vor allem die eingebauten Breakdowns lassen einen sofort mit dem Song mitgehen. David und Kyle passen dabei stimmlich perfekt zusammen, weil sie eben genau so unterschiedlich sind, wie es den Songs selber gut tut. Dabei wird hier zum Ende atmosphärisch gespielt. Der erste Song lässt zumindest schon einmal hoffen.

Mit Cold Like War wird dann nicht nur der Titeltrack geliefert, sondern auch ein Song, der zuvor bereits veröffentlicht wurde und sowohl bei Fans als auch Kritikern gut ankam. Auch im Albumkontext zeigt sich Cold Like War als sehr stark. Vor allem liegt dies aber auch daran, dass er musikalisch und gesanglich komplett anders als Vultures With Clipped Wings aufgebaut ist und somit für klare Abwechslung sorgt. Schneller, klarer und mit mehr Selbstbewusstsein scheinen sich We Came As Romans musikalisch standhaft zu präsentieren, wechseln dabei zwischen Cleans und Screams, ohne eine Seite zu vernachlässigen – man fühlt sich wahrlich mitgerissen.

Der dritte Song Two Hands nimmt ein wenig die Energie, welche Cold Like War aufgebaut hatte, heraus und präsentiert eine etwas softere, ja, man könnte schon fast sagen, poppigere Seite der amerikanischen Band. Hier überwiegen doch eindeutig die Cleans und so fühlt man sich leicht an die letzte Platte von Bring Me The Horizon erinnert – aber ganz verzichtet der Song nicht auf Härte, welche dann ein umso stärkeres Comeback in der zweiten Hälfte feiert. Durch diese klare Aufteilung hebt sich Two Hands musikalisch hervor und bleibt dennoch in einem guten Mittelfeld, was die musikalische Härte angeht, auch wenn die zweite Hälfte deutlich stärker von beiden Stimmen profitieren kann.

Wie in einem kleinen Wechselspiel geht es danach mit einem Track weiter, der aufmerksamen Zuhörern wohl bereits bekannt ist: Lost In The Moment bildete quasi bereits vor dem Album Release das Gegenstück zu Cold Like War und beide Songs präsentierten die zwei Richtungen, welche man wohl auf der kompletten Platte erwarten konnte – der eine Song mit mehr Screams, der andere weitaus melodischer und mit stimmlicher Abwechslung. Lost In The Moment nimmt die letztere Position ein und ähnlich zu Two Hands ist auch hier vor allem wieder eine Steigerung des Tempos, der Screams und des dadurch allgemeinen Gefallens in der zweiten Hälfte zu finden. Lost In The Moment schafft es aber vor allem von Anfang bis Ende mitzureißen und lässt We Came As Romans in wahrlich besserem Licht erstrahlen, als auf ihren alten Alben. Nach bereits vier wunderbaren Songs kann man also die Hoffnung, dass es nun endlich zwischen Band und Zuhörer funkt, nicht mehr unterdrücken.

Foreign Fire führt dann in die ungewisse, zweite Hälfte des Albums und nach zwei etwas leichteren Songs scheint man sich zumindest in den ersten Versen etwas stärker an Cold Like War zu orientieren und die Screams sitzen wie ein Faustschlag. Der Chorus im Clean Gesang, bricht diese Härte jedoch nicht ab, sondern es gleicht mehr einer Ruhepause. Ganz 100 % scheint sich dieser Track aber nicht einig zu sein, ob er denn nun voller Energie oder Gefühl sein möchte – aber wieso sollten sich We Came As Romans auch zwischen diesen zwei Optionen entscheiden? Foreign Fire braucht etwas mehr Zeit, um zu gefallen, doch wächst er einem immer mehr ans Herz, ist er doch vor allem durch den sprachlichen Zwischenteil atmosphärisch hervorstechend.

Mit Wasted Age ist dann aber auch jegliche Zurückhaltung vorbei – We Came As Romans drehen das Tempo auf, schreien sich die Kehle aus dem Leib – zumindest bis zum ersten Chorus. Eine Abwechslung, die sich im Laufe des Albums ein wenig festzusetzen scheint. Nicht unbedingt störend, dennoch wirkt es musikalisch weniger kreativ, da die Songs so etwas vorhersehbar werden. Zumindest kann Wasted Age instrumental noch mit so einigen Überraschungen in der zweiten Hälfte punkten und die Vorfreude dieses Lied live zu erleben wächst dabei sehr schnell ins Unermessliche.

Sehr überraschend kommt da plötzlich Encoder um die Ecke und We Came As Romans werden durch ein Electro Gefusel ersetzt – dies ist jetzt nicht unbedingt nachvollziehbar, erscheint es doch fast ein wenig unpassend für die bisher präsentierten Songs. An anderer Stelle hätte dies vielleicht besser gepasst, nach Wasted Age allerdings ist man dann einfach nur froh, wenn Encoder wieder da weiter macht, wo der vorherige Track aufgehört hat – mit satten Screams und Metalcore eben. Insbesondere sobald der Gesang einsetzt, könnte Encoder stärker kaum sein, so ist es umso schlimmer, dass der Anfang da einen fast zum Wegklicken verleitet hätte. Die dann zum Gesang eingebauten Trancecore Elemente wirken passend und unterstützen die Energie sowie den Härtefaktor.

Weitaus melodischer wird es dann wieder mit If There’s Nothing To See, so scheint man doch zu klassischem Metalcore zurückzukehren, der Ausflug zum Trancecore also erst mal zurückgeschraubt. Die Energie bleibt dabei hoch und dennoch eignet sich der Song wunderbar für live Sing Alongs, die wohl auch definitiv bei den nächsten Konzerten erfolgen werden. Atmosphärisch passt dieser ernsthafte, etwas gefühlvollere Stil, der stets in der zweiten Hälfte auf die Mütze haut, weitaus besser zu We Came As Romans als Encoder. Dabei nimmt sich If There’s Nothing To See noch die Zeit instrumental sanft zu enden und dadurch charakterlich zu wachsen.

Das Ende von If There’s Nothing To See leitet dann auch perfekt zu Promise Me über, welcher wohl den ruhigsten Moment der Platte widerspiegelt, ja man könnte fast Schmalzmusik dazu sagen, auch kehren wieder leichte Trance Elemente zurück – wirklich nötig haben We Came As Romans solche Songs auf diesem Album nicht. Sie sind zwar nett anzuhören, verschwinden jedoch genauso schnell wieder aus dem Kopf und dürften Fans vom Genre auch nicht unbedingt länger als nötig beschäftigen.

Mit Learning To Survive ist man dann auch bereits beim letzten Song des Albums angekommen. Durch Trommeln und Intro wird noch einmal atmosphärisch aufgebaut, was Promise Me ein wenig abgeschwächt hatte. Ganz in die Vollen geht Learning To Survive nicht mehr, viel mehr scheint auch der Abschluss eingeleitet zu werden, man kehrt jedoch noch einmal auf ein recht gutes Energielevel zurück, wobei hier auch Cleans und Screams genau richtig ausbalanciert erscheinen.

Fazit: We Came As Romans konnten bisher nicht sonderlich überzeugen. Und obwohl sie sich mit ihrem neuen Album Cold Like War nicht neu erfinden, schaffen sie es doch endlich Zuhörer auch abzuholen. Ein wenig verwirren die Jungs noch immer, die Experimente wie Encoder oder auch Promise Me wohl einfach nicht sein lassen können oder auch wollen, schließlich gehört genau das eben zu We Came As Romans dazu. Ein wenig verliert das Album so an Energie, an Erinnerungsstärke, und dennoch zeigen We Came As Romans mehr Charakter, als sie es bisher getan haben. Die zusätzliche Härte steht ihnen gut und hier könnte man sich durchaus die eine oder andere Steigerung wünschen bzw. vorstellen. Die nächsten Livetermine dürfen aber definitiv kommen.

Anspieltipps: Lost In The Moment, If There's Something To See, Vultures With Clipped Wings
Anabel S.
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