Event: Baltic Open Air 2022
Bands: Hammerfall, Eisbrecher, Fury In The Slaughterhouse, Stahlzeit, Eluveitie, Alestorm, HBLX, Grave Digger, Kärbholz, Torfrock, Russkaja, Feuerschwanz, Artefuckt, We Salute You, Windrose, Mr. Hurley Und Die Pulveraffen, Asenblut, Die Andersons, Harpyie, Drunken Swallows, 20For Seven, Uptoyou, Abschlach
Datum: 24.08. – 27.08.2022
Genre: Deutschrock, Neue Deutsche Härte, Heavy Metal, Rock, Celtic Rock, Folk Rock
Besucher: ca.12.000
Ort: Wikingerland Haddeby, bei Schleswig
Veranstalter: Baltic Event Management
Kosten: Festival ticket 116,80 €, Campingticket 26,90 €, Vip-Halla Upgrade 96,50 €
Link: https://www.baltic-open-air.de/de/home/
Nach zwei Jahren Zwangspause startet auch das Baltic Opern Air wieder durch. Inzwischen ebenfalls auf vier Tage verlängert, wird nun nach zwölf Jahren endlich das 10. Festival in der Nähe von Schleswig beim Königshügel abgehalten. Bereits frühzeitig sind die Campingplätze ausgebucht und wir überlassen unseren Freunden die Campingtickets, da wir zwischenfahren wollen. Von Kiel aus ist das eine knappe Dreiviertelstunde, und so kann dann auch noch was zu Haus geschafft werden. Bliebe man vor Ort, dann sind es vier Tage Müßiggang und das wollten wir diesmal nicht.
Der Einlass funktioniert problemlos und so erhalten wir den Pressezugang und unser Festivalbändchen. Wie bereits in den vergangenen Jahren, ist der erste Tag mit Bands auf der kleineren Viking Stage besetzt, während die Main Stage erst am morgigen Donnerstag bespielt wird. So ist natürlich das Infield auch noch nicht geöffnet, aber auf dem Vorplatz ist schon so einiges los. Die Bierwagen sind dicht umlagert, vor allem der, bei dem noch der Strom vorhanden ist. Der andere kann leider nicht mehr zapfen, da irgendwo einer auf dem Kabel steht. Auch die gut sortierten Imbissstände sind betriebsbereit und Bratwurst, Pizza oder Nudeln wechseln die Besitzer. Als erste Band haben Up To You das Festival eröffnet, die wir allerdings wegen der normalen Arbeit nicht sehen konnten. Man sagte uns aber, dass die das gut gemacht haben und am Bierwagen treffe ich auf Sänger und Gitarristen Joe Wagenknecht, der zumindest vom Auftritt begeistert war. Die Mischung aus Hardrock und achtziger Jahre Metal mit deutschen Texten kommt gut an und die Jungs aus der näheren Umgebung von Schleswig können hier bereits überzeugen. Danach, also gerade jetzt, spielen Die Andersons, und das auch nicht zum ersten Mal. Vor der kleineren Bühne ist es voll und auch der eine oder andere scheint bereits eine gewisse Weile hier zu sein und ordentlich gefeiert zu haben. Die Andersons sind eine Drei-Mann-Kapelle, die sich dem Akustik Comedy Rock verschrieben hat. Das haben sie drauf und mit witzigen Ansagen und ins Blut gehenden Rhythmen geben sie ordentlich Gas. Zu guter Letzt dürfen noch 20For Seven aus Rendsburg an den Start. Ihr Slot beginnt um 22:30 Uhr und Marcel Jäger, Sänger und Gitarrist der Band, ist merklich aufgeregt. Die Truppe spielt zwar schon einige Jahre zusammen, aber vor so viel Zuschauern ist das dann schon etwas anderes. Das merkt man der Band aber nur im ersten Song Keep The Fire Burning an. Wir lernen in dem Zusammenhang noch ihre neue Managerin kennen, die den Rendsburgern vielleicht weitere Türen und Tore öffnen mag. Es wäre der Band zu gönnen. Ihr Set umfasst 26 Songs, die sie aber nicht alle schaffen. Es ist gut gemeint gewesen, aber gegen Mitternacht oder kurz danach müssen sie dann aufhören. Leider ist auch wegen der späten Stunde der Zuschauerschwund zu spüren. Trotzdem spielen sie bei künstlichem Nebel und farbiger Beleuchtung einen beachtenswerten Gig. Der auf die Bühne geworfene Slip sorgt dann auch für Erheiterung und wird zunächst am Gitarrenhals von Jörg „Wayne“ Schlegel befestigt und später als Mütze auf seinem Kopf getragen. Hoffentlich ist der Schlüppi ungetragen. Im Anschluss gibt’s noch einen kleinen Plausch mit einem zufriedenen Sänger.
Der erste reguläre Tag mit geöffnetem Infield. Die Zugangskontrolle verläuft reibungslos. Die große Bühne steht wie immer zu den Bahngleisen und die verschiedenen Stände sind schon ordentlich besucht, ohne überlagert zu sein. Um 15:30 Uhr fangen Asenblut auf der einzigen Bühne im Infield an. Das war bis zum letzten Mal noch anders, da gab es noch eine kleinere Bühne nebenan, sodass der Wechsel zwischen den Bands schneller ging. Der Melodic Death Metal der Göttinger ist hörenswert, auch wenn es noch nicht so viele vor die Bühne zieht. Aber was da abgeliefert wird, kann sich hören lassen und auch Sänger Tim „Tetzel“ Schmidt bietet was fürs Auge. Die deutschen Texte handeln von nordischer Mythologie, aber auch Fantasy-Inhalte werden thematisiert. Ein Slot zu einem späteren Zeitpunkt hätte sicherlich nicht geschadet, und es wären bestimmt auch mehr Zuschauer dagewesen. Dazu gesellen sich die doch störenden Jagdflieger des nahegelegene Flughafens Jagel. Die Stunde Spielzeit wird aber gut genutzt und der eine oder andere kommt dann noch dazu, um sich von den spielerischen Qualitäten überzeugen zu lassen.
Nach einer halben Stunde Umbau kommen Abschlach auf die Bühne. Gehört hatte ich von denen noch nichts und als die dann mit deutschen Texten über Hamburg und den HSV aufspielen, weiß ich, warum ich davon noch nichts gehört habe. Mehr als zwei Lieder gehen nicht, obwohl sich eine nicht unerhebliche Anzahl an Menschen vor der Bühne aufhalten und auch noch textsicher sind. Musikalisch wird eine Mischung aus Ska, Punk und Rock geliefert. Wir verziehen uns und suchen unsere Freunde auf dem Campground auf. Da die genügend Platz haben, bleiben wir auf eine Bratwurst und ein, zwei Pils da und verpassen den Auftritt von Artefuckt. Deutschrock im Stile von Frei.Wild erwartet den Zuhörer und immerhin haben sie mit ihrem zweiten Album Stigma 2019 Platz fünf der deutschen Albumcharts erreicht.
Zu Kärbholz finden wir uns wieder ein. Deren Popularität ist ungebrochen und dementsprechend voll ist es vor der Main Stage. Ihr Vollgas Rock’n’Roll kommt immer gut an und die deutschen Texte passen. Lieder wie Überdosis Leben, Niemals Fallen, Ewig Leben oder Tiefflieger sprechen den Menschen aus dem Herzen und kommen gut an. Sie haben hier die Leute sofort gefangen und es ist ein guter Auftritt. Trotzdem ist auch hier nach einer Stunde Schluss. Nach den guten 30 Minuten Umbau sind die Österreicher von Russkaja auf der Main Stage. Es dauert nicht lange und schnell ist viel Bewegung in der Crowd. Natürlich wird beim Klassiker Traktor um die imaginäre Mitte der Kreis gebildet. Das ist ein Polka Circle Pit wie er im Buche steht und macht einfach Spaß. Ska, Polkabeats und Rock vermischen sich zu einer Lebensfreude versprühenden Einheit und dazu gesellt sich mit Georgij Makazaria ein Entertainer schlechthin. Geigerin Lea Sophie Fischer hat sich gut ins Team eingefügt und so geben die Jungs Gas. Auch Engel Mayr darf nicht fehlen und der liefert die rockige Seite der Truppe. Russki Style, inklusive der politischen Verurteilung von einem russischen Aggressor und das unverzichtbare Avici Cover Wake Me Up runden den Auftritt ab. Später soll es noch eine Autogrammstunde geben, die wir allerdings verpassen, da wir die ersten Songs von Stahlzeit mitbekommen wollen.
Rammstein zieht immer und so ist es auch bei der wohl bekanntesten Tributeband der Industrial Rocker. Entsprechend voll ist es vor der Bühne, als Stahlzeit mit dem Opener Armee Der Tristen beginnen. Schnell fällt auf, dass sie heute Schwierigkeiten haben, ihren Status als erfolgreichste Tributeband zu halten. Helfried „Heli“ Reißenweber scheint nicht gut drauf zu sein und sein Gesang und Auftritt entsprechen nicht dem gewohnten Standard. Trotzdem liefern sie neue Songs genauso wie alte und auch spektakuläre Showeinlagen sind dabei. Da stehen sie in nichts den Vorbildern nach und liefern Feuer und Flammen. Sehnsucht, Asche Zu Asche und Mein Teil mit Flake (Ron Huber) im Kochtopf sehen wir noch, aber dann gehen wir, um am kommenden Tag wieder frisch dabei sein zu können. So ein ganzer Tag auf den Beinen ist schon anstrengend.
Aufgrund einiger privater Vorhaben und auch organisatorischer Gegebenheiten, beschließen wir, erst zu Grave Digger aufzuschlagen. Somit lassen wir Harpyie und Mr. Hurley ihre Auftritte ohne uns erledigen. Zu Chris Boltendahl sind wir dann aber da und kommen in den Genuss der Show, ohne die bei den letzten Auftritten zu Gast seienden Pipes and Drums Einheiten. Es gibt altbekannten, puren, deutschen Heavy Metal, der im Zeichen des heute erscheinenden neuen Albums Symbol Of Etrenity steht. Gefühlt sieht man ja Grave Digger auf jedem Festival und so sind natürlich viele Songs immer dabei, nur dass es heute zusätzlich einige wenige Neue gibt. Neben dem immer wiederkehrendem Aufstieg der Clansman und dem Schwert Excalibur sind natürlich Heavy Metal Breakdown und auch die Heilung durch Metal (Healed By Metal) dabei. Ein Song des neuen Albums darf in der Setlist natürlich nicht fehlen und auch die dazugehörige Abfrage, wer denn das neue Werk bereits hat, wird gestellt. Axel Ritt, wie immer in guter Spiellaune, wagt auch mal den Ausflug auf den Bühnenvorbau und liefert so eindrucksvolle Bilder. Danach geht es musikalisch in die Neunziger. Von vielen wird H-Blockx voller Ungeduld erwartet. Die Crossover Ikonen enttäuschen heute nicht und konnten in den Jahren 1990 bis 2000 viele Erfolge einheimsen. In den letzten Jahren ist es merklich ruhiger geworden, aber hier haben sie viele vor die Bühne gelockt.
Da meine Stilrichtung nicht wirklich berührt wird, gehe ich nach den ersten Songs, um im Camp etwas zu chillen. Erst Alestorm locken mich vor die Bühne zurück. Da ich die aber erst vor einer Woche beim Elbriot (Bericht hier) bewundern durfte, hat sich an ihrem Auftritt und der Setlist nicht viel geändert. Christopher Bowes sieht so aus, als wenn er sich nichts anderes anzieht und die gelbe Ente ist ebenso da. Der Auftritt ist genauso wie in Hamburg und auch hier werden sie gefeiert. Unglaublich, wie viele Fans vor der Bühne stehen und zu den Tracks abgehen. Circlepit, Crowdsurfen (erstaunlich viele Frauen) und viel Bewegung lassen den folkigen Power Metal erfolgreich sein.
Wir sind dann aber schon eher in Richtung Hammerfall getriggert und natürlich ist es uns ein Fest, Oscar Dronjak, Joacim Cans, Frederik Larsson, Pontus Norgren und Davis Wallin so schnell wiederzusehen. Erst beim Jailbreak Festival in Horsens (Bericht hier) konnten uns die fünf Schweden überzeugen und auch hier schaffen sie das mühelos. Brotherhood, ein Zeugnis der tiefen Brüderschaft der beiden Freunde Oscar und Joacim, und Any Means Necessary beginnen das anderthalbstündige Set. Natürlich haben sie als Headliner gutes Licht, guten Sound und volle Hütte. So schauen wir uns den Auftritt fast bis Ende an und kommen in den Genuss von Blood Bound, Renegade oder Let The Hammer Fall. Das Publikum wird immer wieder eingebunden und so gehen die Refrains oftmals munter zusammen. Hammer High und Hearts On Fire beschließen den Auftritt gegen kurz nach Mitternacht. So könnte es immer sein. Da das Baltic Open Air aber kein reines Metal Festival ist, kommen auch andere Genres zu Zuge. Nach dem Hammerfall Auftritt kommt noch die AC/DC Coverband We Salute You und beendet den dritten Tag. Da liegen wir aber schon fast im Bett.
Heute sind wir früher vor Ort. Nach dem ordentlichen Auftritt der Drunken Swallows kommen die Italiener Wind Rose zum Zuge. Ihr italienischer Viking Metal lässt einen bereits beim Zusehen schwitzen. Felle und grobgestrickte Leinenklamotten müssen irre warm sein, was aber die Bewegungsfreiheit der aus Pisa stammenden Musiker nicht wirklich beeinträchtigt. So gehen Of War And Sorrow, Drunken Dwarves und die Winter Saga auch im Sommer. Mal wieder ein guter Auftritt der sympathischen Italiener, die wir bereits des Öfteren bewundert haben. Ich erinnere mich noch gut an eines der Wacken Winter Nights, bei denen wir sie kennenlernen durften.
Als Nächstes sind Torfrock dran, die zum Glück die Bühne stehen lassen, auch wenn Presslufthammer B-B-Bernhard dabei ist. Die Schleswig-Holsteiner genießen hier Lokalmatadorenstatus, sind sie doch noch immer regelmäßig im Land unterwegs. Natürlich hat Claus Büchner eine unverwechselbare Stimme und wenn Rollo und Renate besungen werden, dann nimmt das die Leute mit. Nach der obligatorischen Umbaupause sind Feuerschwanz auf der Bühne. Ihr Folk Comedy Auftritt beschert ihnen einigen Erfolg. Rollo Schönhaar, Hauptmann Feuerschwanz und die Miezen lassen es auf der Bühne krachen und es gibt ein paar schöne Bilder. Die Musik ist gut und so bleiben viele vor der Bühne stehen. Tracks wie Untot Im Drachenboot oder Schubsetanz machen Spaß und entbehren an vielen Stellen eines ernsten Hintergrundes. Sie machen einfach nur gute Laune am frühen Nachmittag und sind immer mit einem gewissen Augenzwinkern versehen.
Bevor unsere letzte Band des Tages Fury In The Slaughterhouse heißt, dürfen Eluveitie noch ran. Da die bereits um 20:30 Uhr beginnen, kann zu der langsam einsetzenden Dunkelheit schon mal die Bühnenbeleuchtung genossen werden. Melodic Metal oder schweizerischer Folk Metal -womit man das Genre bezeichnen will, ist zunächst egal. Die große Truppe, immerhin stehen acht auf der Bühne, haben mit Fabienne Emi eine stimmgewaltige Frontfrau, die es versteht, mit Christian «Chrigel» Glanzmann, dem männlichem Pendant, zu interagieren. Die beiden ergänzen sich und so kommen Songs wie Inis Mona, A Rose For Epone und Artio gut an. Trotzdem fiebern viele dem Auftritt der Furys entgegen. Die Hannoveraner, von denen Kai Wingenfelderr hier ganz in der Nähe lebt, lassen keine Zweifel aufkommen, dass sie hier die Hauptbands des Festivals sind. Bei der Masse Mensch vor der Bühne dürfte das gesamte Festival hier sein. So können viele der Songs mitgesungen werden. Time To Wonder, Milk And Honey, Radio Orchid, Don’t Forget These Days, erst wenn man da zuhört, weiß man, wie viele Songs die Band schon in den Hitparaden hatte. So ist der Auftritt für uns ein guter Abschluss, denn Eisbercher schenken wir uns.
Fazit: Das Festival scheint in den vergangenen Jahren einige der organisatorischen, notwendigen Maßnahmen verlernt zu haben. Musikalisch wurde wieder ein viele unterschiedliche Interessensgruppen umfassendes Programm geliefert. Die Entscheidung, nur noch eine Bühne zu bespielen, könnte überdacht werden. Gut gelungen ist das mittelalterliche Dorf und auch die große Fläche im Infield ist gut genutzt. Wie in der Vergangenheit kann zum Ende des Festivals, auch ohne Bekanntgabe irgendeines Acts, ein Frühbucherticket geordert werden. Der Preis liegt deutlich über 100 €, was aber infolge der immensen Kosten ok ist. Mal abwarten, wie die regulären Preise ausfallen, wobei auch Camping deutlich erhöht wird. Gespannt darf man auf die Bands für 2023 sein. Wir werden zu gegebener Zeit darüber berichten.