100 Jahre Dreisamkeit – so könnte man wohl anlehnend an einen Roman von Gabriel García Márquez die zeitliche Verbindung des Trios von Depression beschreiben. Der gute Kai gründete die Band im Jahre 1989 und Marc stieß im Jahre 1993 dazu. Im Jahre 2001 vervollständigte der Sänger Ron die Runde der Depressiven. Live übernimmt Insignium-Gitarrist Apollyon dann den Klampfenpart. In den 35 Jahren der Bandgeschichte hat man schon so einiges auf die Beine gestellt. Zwar belämmerte man die zarte Metalwelt bis dato erst mit fünf Full-Length-Alben, aber dafür haute man glatte zweiundzwanzig Split-Geschichten heraus. Drei Demos, die geile EP Ein Hauch Von Moder, zwei Compilations und ein Live-Album pflastern auch noch ihren Weg. Das deutsche Trio hat allen Grund zum Feiern und nach einer Split mit Cadaveric Incubator kommt am 28.11.2025 zu eigenen Ehren eine Doppel-CD heraus, via Defying Danger Records.
Disc 1 – Das Monument
Und wie geil ist denn bitte schön das Intro namens Among Ravens? Ein Klavier erzeugt eine herrlich verträumte, romantische, aber auch düstere Melodie, und dann setzt die Instrumentenfraktion dreschend, aber eher langsam dazu ein. Am Ende lässt man dann noch einmal das Klavier alleine agieren. Also, wenn die Burschen irgendwann mal ein Doom-Projekt machen, dann bitte daraus einen ganzen Song.
Aber schon nach den ersten Klängen von Abysswalker wird klar, dass man von Doom so weit entfernt ist wie Kickers Emden dieses Jahr vom Aufstieg in die dritte Liga. In knappen 120 Sekunden fegt man über den Erdball, und durch das Drumming und die typischen Vocals von Ron merkt man sofort, dass man es mit Depression zu tun hat. Break, Drums alleine und die Vocals einfach mal im Takt drübergelegt. Wenn man gefühlt 100 Jahre dabei ist, weiß man, wie der Schneehase sich auch im Sommer bewegen kann. Ab in das schnelle, groovige Uptempo und weiter mit dem Gehacke, und ja, genauso möchte ich es haben. Ein fieses, screamiges Abysswalker gesellt sich dazu und man knüppelt schön weiter. Kurzes Break, Gitarreneinzelanschläge mit langsamer Drumbetonung und dann noch einmal den Hammer schwingen lassen. Herrlich. Hier werden tausende Säue durch 666 Dörfer getrieben. So muss es sein, so mag ich den Grind der alten Tage. Die Instrumentenfraktion stellt das Lärmen nach 120 Sekunden ein, aber es gibt noch ein tiefes Abysswalker zu hören, welches fünfmal erklingt, aber, mit Hall versehen, immer leiser wird.
Es ist heute Sonntag. Wir haben es kurz nach neun Uhr. Der erste Kaffee ist auf, und aufgrund dieses Reviews schwänze ich den Kirchgang. Und jetzt habe ich es schon nicht bereut, muss ich sagen.
Weiter mit dem rumpelnden Gebälk und dem Song Choke On Guts. Hier agiert man schleppend, fies und drückend und wechselt dann in einen schnellen Midtempopart, der von einer durchgehenden Uftata lebt und von den tiefen Vocals, welche dann wieder mit Screams von Kai kombiniert wird. Ganz ehrlich, von solch einem Songaufbau können sich die ganzen neuen Goregrindbands da draußen eine Scheibe abschneiden, denn genauso macht man es. Trotz einer limitierten Ausdrucksweise zeigt man sich inspiriert und kann diese auch gekonnt umsetzen, ohne langweilig zu klingen oder auf Teufel komm raus einen Moshpit erlangen zu wollen. Die Burschen fühlen eben den Goregrind. Das geht jetzt nicht gegen neuere Bands, aber die sind mir irgendwie zu langweilig und austauschbar. Ist natürlich austauschbar und Bands wie Gutalax machen ihre Sache ja sicherlich auch gut, aber ich höre dann doch lieber das Original bzw. Combos, die damals mit als erste aktiv waren und es immer noch draufhaben. Ich muss zugeben, dass ich früher ja viel Grind und Goregrind gehört habe, aber ich mich eben aufgrund der gerade genannten Geschichte davon abgewendet habe, aber diese beiden Songs alleine haben mich wieder total angefixt. Klaro, kein Mensch ist objektiv und die Burschen kenne ich jetzt auch schon locker über zwanzig Jahre und Labelchef Jens auch schon 25 Jahre, aber wenn es Murks wäre, würde ich es auch schreiben, ist es aber eben auch nicht.
Sie selber und der Rest dieser und noch sonst vorhandenen Welten bezeichnet ihre Mucke als groovy Death/Grind und wer wäre ich, wenn ich dieser Aussage widersprechen würde? Es sind keine Fake News, sondern harte Fakten.
Und wieder einmal macht das Trio so einiges richtig und vor allem, gute Laune. Come Vermin, Come Slaughter zum Beispiel. Fetter Mosh-Rhythmus, geht gut ab, das ist schon groovy.
Oder das auf Deutsch wiedergegebene Stück Seelenstille. Auch hier regiert eher Ernst Mosh, nur ohne seine Egerländer. Diese grindcrustige Uftata macht immer Spaß und dazu die absolut bösen Growls. Geile Kombination. Tiefer Gesang von Marc, der ja als zweiter Growler agiert, dazu und weiter treibt man es bunt, okay, eher schwarz. Am Ende gibt man dann Zunder und aus die Maus – Seelenstille kann man dann auch schön mitgrölen.
Nun könnte man meinen, das ist alles hier stumpf und eintönig, aber auch da unterliegt man einem Irrtum. Depression III zum Beispiel mit Glockenklängen, cleanen Vocals und schon beinahe doomigem Rhythmus. Klingt absolut interessant und anders.
Und so macht man alle Anhänger von Depression, die auf neues Material gehofft haben, glücklich und zufrieden. In fünfzig Minuten machen sie eben das, was man von ihnen erwartet hat, und zwar wie immer. Großartig und mit voller Inbrunst. So geht eben grooviger Grind/Death. Sechzehn neue Kracher, ein Hellhammer-Cover (Messiah) und vier Re-recorded Tracks brauchen keine weitere Erläuterung. Als weiteres Schmankerl kann man verbuchen, dass Dany Dead von Dead bei zwei Songs als Gastsänger dabei ist.
Disc II: Die Rückbesinnung
Eigentlich könnte man ja meinen, dass fünfzig Minuten neues Material genug sind, um ein 35-jähriges Bandjubiläum zu feiern, aber da hat man die Rechnung ohne die Lüdenscheider Wirte gemacht.
Als kleines Schmankerl gibt es noch eine Bonus-CD mit 35 Songs, die man so oder so ähnlich bereits auf anderen Tonträgern gehört hat.
Da macht man natürlich nichts verkehrt, zumal Klassiker wie Leichenduft oder Spineless dabei sind, aber auch viele Cover-Songs von Bands wie Pungent Stench, Death, Napalm Death, Kadaverficker, Blood und Bathory.
Hinzu kann man sich noch mit unveröffentlichtem Material und mit Liveversionen die Zeit totschlagen.
Hier geht es für weitere Informationen zu Depression – Das Monument in unserem Time For Metal Release-Kalender.



