Accept – Humanoid

Handarbeit oder bereits KI gestützt? Humanoid könnte beides sein

Artist: Accept

Herkunft: Solingen, Deutschland

Album: Humanoid

Spiellänge: 44:13 Minuten

Genre: Heavy Metal

Release: 26.04.2024

Label: Napalm Records

Format: Vinyl, CD, Download

Link: Acceptworldwide.com

Bandmitglieder:

Gitarre – Wolf Hoffmann
Gesang – Marc Tornillo
Gitarre — Uwe Lulis
Schlagzeug – Christopher Williams
Bass – Martin Motnik

Tracklist:

  1. Diving Into Sin
  2. Humanoid
  3. Frankenstein
  4. Man Up
  5. The Reckoning
  6. Nobody Gets Out Alive
  7. Ravages Of Time
  8. Unbreakable
  9. Mind Games
  10. Straight Up Jack
  11. Southside Of Hell

Accept kommen mit ihrem neuen Album ganz modern um die Ecke, zumindest was die Thematik angeht. KI, soziale Medien, Handys und all die technologischen Abhängigkeiten werden thematisiert. Computerchips direkt ins Gehirn und die Auslöschung der individuellen Menschlichkeit sind die Ziele der führenden Tech-Industriellen. Davor warnt Humanoid. Wolf Hoffmann ließ in einem Interview dazu folgendes verlauten:

Ich habe ein bisschen Angst davor, dass die Menschlichkeit bei all dem verloren geht und verdrängt wird. Die Leute sind besorgt, dass echte Kunst bald obsolet wird, weil die Technik einfach immer besser wird. Die Zeiten sind vorbei, in denen man dachte: ‚Vielleicht eines Tages in der Zukunft …‘ Doch der Tag ist schon da. Es ist ein beängstigender Gedanke, wie die Welt in ein paar Jahren aussehen wird. Werden sich die Leute überhaupt noch für Songwriter interessieren, oder für die Tiefe und Komplexität menschlicher Emotionen und von Menschen geschaffener Werke? Sind die Tage für echte Künstler gezählt?“ Der Gitarrist sieht hier die zwei Seiten der Medaille: „Ich denke, in gewisser Weise ist es auch ziemlich aufregend. Diese digitale Revolution hat einen monumentalen Einfluss, der wahrscheinlich größer als alles ist, was die Menschheit je erlebt hat. Die industrielle Revolution war gewaltig, aber diese Revolution könnte noch größer sein – und wir stehen erst am Anfang!“

Das wird musikalisch wieder nach typischem Accept-Muster umgesetzt. Treibender Rhythmus, schnelle Gitarren von Hoffmann und Lulis (Philip Shouse ist auf dem Album nicht dabei) und die seit 14 Jahren der Band gebende Stimme von Marc Tornillo lassen keine Zweifel aufkommen, dass hier wieder ein großes Werk geschaffen wurde. Accept halten auch auf Humanoid die Speerspitze des Teutonic Metal aufrecht. Bereits der Eröffnungstrack Diving Into Sin macht keine Kompromisse. Das leicht orientalisch angehauchte Intro wird schnell von der aggressiven Stimme Tornillos geprägt. Der Refrain animiert zum Bangen und Fäusterecken. Guter Opener, der die Hoffnung schürt, dass auch der Rest der noch knapp verbleibenden 40 Minuten in gleicher Manier weitermacht. Diese Hoffnung soll nicht enttäuscht werden, um es schon mal vorwegzunehmen. Der Titeltrack Humanoid greift das oben beschriebene Thema auf und die Interpretation des Songs zeigt, dass Marc Tornillo kein Verfechter dieses digitalen Zeitalters werden wird. Der Song ist ein genaues Gegenteil von Emotionen und den Eigenschaften, die uns menschlich erscheinen lassen. Frankenstein geht auch nach vorne und, wie der Name es schon sagt, beinhaltet er die Geschichte des zusammengesetzten Wesens, aber als Neuinterpretation, passend zum Grundthema der Platte.

Man Up, ein Stampfer mit einem einfachen, aber eingängigen Refrain und einer feinen Melodie reiht sich nahtlos ein. Auch die Gitarrenarbeit zeigt wieder das Hoffmann – und Lulische Können bei dem längsten Song auf dem Album auf. The Reckoning setzt den bunten Reigen an erwarteten schnellen Songs fort. Thematisiert wird eine wechselseitige Erinnerung im biblischen Sinne. Ein leichtes Augenzwinkern darf dabei nicht fehlen. Nach Nobody Gets Out Alive, könnte man auch als Interpretation des gesamten Lebens sehen, und dem daraus resultierendem Resümee, das Leben zu genießen, kommt mit Reveges Of Time eine waschechte Ballade, die zeigt, dass sie das auch können. Tornilllos Reibeisenstimme und Hoffmanns Gitarre passen einfach gut zusammen. Der Zahn der Zeit (so könnte man den Titel übersetzen) nagt an (uns) allen und ist das einzige Stück, das ruhiger daherkommt. Bereits mit Unbreakable wird es wieder schneller. Der Song ist eine Ode an das Publikum und interpretiert das Verhältnis von Band zu Fans und dieses Band ist eben unzerstörbar. Musikalisch, wie soll es auch anders sein, wieder ein klasse Accept-Track. Mind Games erinnert im Intro an Metal Heart und das setzt sich durch den ganzen Track fort. Inhaltlich verarbeitet Hoffmann seine Träume, die nicht immer eitel Sonnenschein sind. Gutes Gitarrensolo, das dem Song noch ein gewisses Extra gibt. Ein typischer Accept -Track mit Mitsingrefrain, wenn auch nicht gänzlich überzeugend. Es folgen noch zwei Songs. Zum einen noch Straight Up Jack, ein Trinksong mit vielen Anleitungen zum Bestellen an der Theke. Zum anderen Southside Of Hell, bei dem Tornillo die Lyrics mit einem tollen Wortspiel verfasst hat, auf das Wolff die elektrisierende Gitarrenarbeit packt. Ein guter Abschluss einer wie erwartet starken Platte. By the way, Joel Hoekstra wird in Südamerika und bei den europäischen Festivals den dritten Gitarrenpart übernehmen.

Accept – Humanoid
Fazit
Das inzwischen 17. Accept Album und sechste mit Marc Tornillo als Sänger und vor allem auch Andy Sneap als Produzent bietet genau das, was der Fan erwartet. Schnelle Gitarren, starke Refrains mit Mitsingpotenzial und gewohnt große Melodien. Damit dürfte nach den vorhergehenden Alben ein weiterer Meilenstein gelegt werden. Ob es so erfolgreich wie Blind Rage wird, bleibt abzuwarten, es wird aber sicherlich in die Fußstapfen von Too Mean To Die passen. Gespannt darf man an den Anteil von neuen Songs auf der anstehenden Tour sein. Insgesamt, bis auf (für mich) minimale Schwächen in Straight Up Jack und Mind Games, ein wieder starkes Accept Album, das sicherlich weit oben in den Charts landen dürfte.

Anspieltipps: Humanoid, The Reckoning und Southside Of Hell
Kay L.
9
Leser Bewertung3 Bewertungen
8.8
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Punkte