Artist: Fallujah
Herkunft: San Francisco, Kalifornien, USA
Album: Xenotaph
Spiellänge: 43:48 Minuten
Genre: Technical Death Metal, Progressive Metal
Release: 13.06.2025
Label: Nuclear Blast Records
Link: Instagram
Bandmitglieder:
Gesang – Kyle Schaefer
Gitarre – Scott Carstairs
Gitarre – Sam Mooradian
Bassgitarre – Evan Brewer
Gastmusiker:
Schlagzeug – Kevin Alexander La Palerma
Tracklist:
- In Stars We Drown
- Kaleidoscopic Waves
- Labyrinth Of Stone
- The Crystalline Veil
- Step Through The Portal And Breathe
- A Parasitic Dream
- The Obsidian Architect
- Xenotaph
Obwohl ich Sportmetaphern verabscheue, passen sie in diesem Fall ganz gut: Das Fußballteam, das zum ersten Mal bei einer WM spielt und die „Großen“ ärgert oder als Äquivalent das aufständische NFL-Team, welches favorisierte Teams aus dem Playoff-Rennen beim American Football schmeißt – so habe ich Fallujah bisher eingeordnet. Vielleicht ungerechtfertigterweise (schönes Wort), weil die Amerikaner durch eine ganze Reihe von Stil- und Line-up-Wechseln bisher nicht die Beständigkeit aufweisen konnten, um „oben“ zu bestehen. Mit Empyrean (2022) haben sich die Tech-Deather erstmalig fester in meinen Hirnwindungen verankern können. Auch dank solcher Übersongs wie Mindless Omnipotent Master und Embrace Oblivion. Album Nummer sechs namens Xenotaph steht in den Starlöchern und möchte mich davon überzeugen, dass Fallujah in einem Atemzug mit Elite-Acts wie Rivers Of Nihil oder Job For A Cowboy genannt werden dürfen.
Ich liebe es, wenn man einen Künstler sofort an seinem Werk erkennt. So bleibt mir nur ein ehrwürdiges Staunen beim Anblick des Artworks aus der Feder von Peter Mohrbacher, u. a. verantwortlich für das Cover von Blind Guardians The God Machine und das bereits erwähnte Empyrean. Aufgenommen wurde das aktuelle Album bei Dave Otero (Flatline Audio, u. a. Cattle Decapitation, Archspire) und verfeinert den Sound gegenüber dem Vorgängeralbum aus dem Hause MRL noch einmal spür- bzw. hörbar. Ohne Veränderungen im Line-Up kommen Fallujah auch dieses Mal nicht aus: Der Kanadier Kevin Alexander La Palerma ersetzt den langjährigen Drummer Andrew Baird an der Schießbude und Sam Mooradian unterstützt seit zwei Jahren als zusätzlicher Gitarrist. Genug der Fakten, lasst uns tief graben in dem Ehrenmal (Xenotaph), das Fallujah errichtet haben und von Frontmann Kyle Schaefer als „ziemlich psychedelische und komplizierte Science-Fiction-Geschichte“ bezeichnet wird.
Tritt durch das Portal, wenn du dich traust
Für die Fallujah-Verhältnisse steigt In Stars We Drown schon fast sanft und verträumt ein. Wäre da nicht dieser kurze Wutausbruch, würde ich eher in Richtung der amerikanischen Genre-Kollegen von Cynic schielen. Wie es sich für ein psychedelisches Konzeptalbum gehört, wird also erst mal für das richtige Szenario gesorgt. Bei Kaleidoscopic Waves ist von sanfter Anmut nicht mehr viel zu merken, jedenfalls zu Beginn. Hier wird die Double-Bass auf Materialtauglichkeit überprüft und Kyle wird von der Leine gelassen. Dass der Front-Pitbull auch sanft kann, beweist er – genau wie seine Mitstreiter – nur wenige Anschläge später. Dadurch, dass die Jungs ihr brutales Geschredder immer wieder mit Atmosphäre en masse anreichern, wirkt das Konzept von Anfang an stimmig. Diese Wellen bewegen sich mal sanft wogend, dann wieder wie auf stürmischer See. Doch was ist das? Die Zeilen „Together, unchained as stars erupt in harmony. My spirit will bathe in their kaleidoscopic waves“ ergeben eine klar wiedererkennbare Hook. Eine Gabe, die ich in diesem Genre sonst nur Rivers Of Nihil zurechne.
Wird mir das Labyrinth Of Stone den weiteren Weg erschweren? Ein kleines bisschen, würde ich sagen. Obwohl mir altem Proggie sonst niemand so schnell einen Knoten in den präfrontalen Cortex spielt, gerate ich in diesem steinernen Labyrinth doch etwas ins Stolpern. Danke an die Saitenfraktion, dass ich aufgrund eines melodischen Solos über einem melancholischen Riff doch wieder zurück in die Spur finde.
The Crystalline Veil versöhnt mich ganz schnell wieder nach diesem etwas abrupten Bremsmanöver. Hört euch diese Gitarrenläufe und mehrstimmigen Vocals an. Und hab ich auch schon von den Breaks erzählt? Als wenn die glorreichen Spiral Architect wieder auferstanden wären. Ein Traum. Geht das überhaupt noch besser? Ja, vertraut mir. Diese unbändige Wucht in den Drums und zeitgleich schwerelosen Grooves in Step Through The Portal And Breathe ist schier nicht von dieser Welt, womit wir wieder bei der Sci-Fi-Thematik wären. Die Patterns, die Riffs, hach – ich schwebe. Und dann kommt der Moment, den nur noch ein Spongebob-Meme in Worte fassen kann. Aufsaugen wie ein Schwamm, um anschließend Schweiß, Tränen und Feuer wieder auszuwringen.
A Parasitic Dream fungiert als Intermezzo und verkörpert das post-schwarzmetallische Ungetüm, das den Niedergang einläutet. Jedoch nicht den Niedergang der Qualität. Kyles Vocals grüßen zunächst als Ungeheuer aus der Ferne, ehe die Keule mich direkt im Gesicht trifft. Schnell mal einen Architekten engagieren, der mein Gesicht wieder zusammenbastelt. Ob mir der Obsidian Architect dabei helfen kann, wage ich allerdings zu bezweifeln. Dieser greift noch mal tief in die Trickkiste und der neue Drummer Kevin Alexander darf sich nach Herzenslust austoben. Zudem werden die Vocal-Effekte verstörender und welches Mathegenie jetzt noch die Taktarten mitzählen kann, der bekommt ein Bienchen ins Klassenheft gebrummt. Mindfuck par excellence. Fiiiinaaaaleee ohooo: Der Titeltrack oder besser das Titelmonstrum wartet auf mich. Noch einmal knapp acht Minuten Tech-Death-Achterbahn fahren – juhuuu! Dieses Mal sind es pechschwarze Synthie-Klänge, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Garniert werden diese mit wahlweise Stimmband-verachtenden Screams oder gutgelaunten Cleans. Egal, was die Jungs nehmen, gebt mir auch was davon, und zwar reichlich. Schluss, aus, Micky Maus.