Juke Cove – Tempest

Doomig-grooviger Stoner mit Punk und ein wenig „Phil“

Artist: Juke Cove

Herkunft: Leipzig, Deutschland

Album: Tempest

Spiellänge: 44:06 Minuten

Genre: Heavy Alternative, Stoner, Doom, Punk

Release: 03.05.2024

Label: Interstellar Smoke Records

Link: https://jukecove.bandcamp.com/

Bandmitglieder:

Gitarre & Gesang – Mateusz Pietrzela
Bass & Gesang – Dima Ogorodnov
Schlagzeug – Maxim Balobin
Gitarrensolo auf „Confined“ und „Xanadu“ – Phil

Tracklist:

  1. The Path
  2. Hypnosis
  3. Confined
  4. Wait
  5. Tempest
  6. Glow
  7. Burst
  8. Xanadu

Über die letzten drei Jahre konnten sich Juke Cove dank des in den Kritiken gut aufgenommenen Remedy und als Support von u.a. King Buffalo, Rotor und den französischen Mars Red Sky beharrlich mehr Bekanntheit erarbeiten. Das Leipziger Trio richtet sich mit seinem dritten Album Tempest nun seinen Platz in der deutschen Stoner-/Doom-Szene ein, ohne es sich gemütlich zu machen.

Auf dem Cover begibt sich die Band auf einen Trip durch den psychedelischen Endzeit-Sturm in einer Lovecraft‘schen Welt – und ich gehe angesichts dieser Augenweide an Artwork von Doomed Creations gerne mit.

Die ersten Basstöne in The Path rufen geheimnisvoll-gebieterisch zur Zusammenkunft. Das Echo der summenden Gitarren und die quietschenden Hintergrundgeräusche verleihen dem Song unheimlich viel Raum, in dem man sich im Geiste einen Platz suchen und nach eigener Façon abspacen könnte, lockten da nicht die verzerrten Vocals weiter in diese Welt.

Dieser Song ist ein starker Einstieg: Bei allen Grooves und fließenden Gitarrenmelodien ist hier nichts repetitiv. Tempowechsel werden mit gekonnten Übergängen zu einem abwechslungsreichen Spannungsbogen verknüpft. Hart erarbeiten muss man sich hier nichts, sich gechillt treiben zu lassen ist aber auch nicht: Man kann sich wippend nach vorne lehnen und sich vergnügt Gitarren und Vocals ins Gesicht dreschen lassen.

Hypnosis schwenkt zwischen Einlullen und Aufrütteln. Was hier hypnotisiert, ist die Hin- und Her-Bewegung der eigenen Aufmerksamkeit zwischen zwei Instrumenten: Der Bass erdet den Song (kompetent ausdauernde Fingerfertigkeit von Dima Ogorodnov), während die Gitarre in verträumt-psychedelischer Leichtigkeit in den Wolken tanzt. Mit sehr einfachen Mitteln schafft die Band hier einen Kontrast, der eigentlich keiner ist, denn alles ergänzt sich mühelos. Im Verlauf lässt sich die Gitarre immer mehr vom unnachgiebigen Rhythmus der beiden anderen Instrumente mitreißen, um sich schließlich kreischend zu ergeben.

In den dreiteiligen Song Confined wurde zwischen Stoner Rock, wie man ihn kennt und von dieser Band auch erwartet, und einem geradlinigen Grunge-Ende eine sehr gechillte Blues-Pause gesandwicht. Diese hätte definitiv länger ausfallen können, verdient es die wunderschöne Melodie der Gitarre doch, ausgiebig in der Abendsonne genossen zu werden.

Überhaupt fühlen sich etwas mehr als fünf Minuten zu kurz für gleich drei sich kontrastierende Song-Abschnitte an. Die Übergänge sind recht abrupt, alles wirkt ein wenig holprig aneinandergeklebt. Über künstlerische Entscheidungen lässt sich aber eigentlich nicht streiten; es kann auch ein netter Überraschungseffekt sein, beim Hören aus dem Flow gebracht zu werden. Wo die Band für manche vielleicht nicht genug elaboriert, mögen es andere, wenn nicht lange gefackelt wird. Das kann man hören, wie man will! Mit freundlich dahinfließenden Melodien plätschert Wait dahin, und das im positiven Sinne! Thema ist ein Zeitloop. Die repetitiven Grundpfeiler von Gitarre und Gesang stellen die Ennui dar, ohne sie beim Hören aufkommen zu lassen. Dem unaufgeregten Song fehlt es nicht an kleinen, interessanten Momenten, in denen er sich durch dringlichere Rhythmik kurz aufbäumt oder man selbst sich mitsummend und mit dem Fuß wippend in die Gemütlichkeit des Gleichmuts ergibt. Ein mittig platzierter Namenszwilling eines Albums weckt Erwartungen, und man wird trotz dieser noch überrascht: Tempest ist zeitweise nicht mal ein Song, sondern ein akustisches Theater, in dem die Instrumente selbst das Sounddesign ausführen. Instrumentale Darstellungen der Naturelemente findet man sonst eher in klassischer Musik und die sind hier ebenfalls verdammt klug gemacht!

Somit entschuldige ich mich auch nicht für die Tirade an Wetter-Bezügen:

Die druckvoll elektrisierende Bassline, das gewittrige Rumoren und die Schauer der Drums sowie die wie aus der Ferne hell aufblitzenden Akzente der Gitarre brauen sich langsam zusammen und entladen sich in nach vorne stürmendem stonerigem Punk. Wunderbar unerwartet hagelt es verzerrte schwarzmetallische Tremolos, die an Orten jenseits der Welt wüten, welche uns das Cover angeteasert hat.. Trotz der siebeneinhalb Minuten ist dieser Sturm verdammt kurz – aber reinigend! DAS Highlight des Albums!

Rau (und fast schon ein bisschen dreckig à la Achtziger-Metal) geht es anfangs in Glow zu, der Herzschlag wird aber mit einer Dosis psychedelischen Dooms wieder runtergebracht. Ich muss einfach wieder Melodien und Melodik der beiden Zupfinstrumente erwähnen, denn so körnig es auch abgeht, so hat die Band auch einfach einen Sinn für kleine Schönheiten. Beim ersten Hören wirkt der Song sehr simpel, aber das liegt auch an der Ausgewogenheit von ohrenscheinlichen Kleinigkeiten.

Wie in einem Take eingespielt klingt Burst, der live den Spaß machen dürfte, den die punkige Energie der Band hier rüberspielt. Ohne Schnörkel, auf den Punkt!

Am Ende stampfen Juke Cove noch einmal auf; Xanadu wirkt fast wie ein Best-of des gesamten Albums: Der Rock ist selbstbewusst und heavy, der Groove eingängig, der Punk auf die Zwölf und wir bekommen noch ein überaus feines, bluesiges Solo (danke an einen gewissen Phil, der hier und auf Confined die Gitarrensoli eingespielt hat).

Seit dem letzten, hauptsächlich in Livesessions eingespielten Album Remedy hat die Band ihr Gespür für Feinheiten weiterentwickelt, und auch die Studioproduktion tut dem neuen Album gut. Produktionstechnisch wurde absichtsvoll gearbeitet: Weniger ist mehr, und das an den richtigen Stellen. Psychedelic-Stilmittel werden bspw. nicht bis zur Klischeehaftigkeit gezwirbelt, und überhaupt werden Effekte nur dort eingesetzt, wo sie Bedeutung geben oder untermalen. Gleiches gilt für den Gesang, der die Songs selten dominiert, sondern als viertes Instrument nur dort auftaucht, wo er einen wirkungsvollen Beitrag leisten kann.

Juke Cove – Tempest
Fazit
Das Rezept von Juke Cove besteht auf Tempest durchaus aus festen Zutaten. Verschiedene Stimmungen werden durch kontrastreiche Tempo- und Stilwechsel in oft dreiteiligen Songs heraufbeschworen, wodurch Dynamiken entstehen, die zwar ab und an etwas kalkuliert klingen (nach ein paar Songs voller Abwechslung lässt der Überraschungseffekt etwas nach), aber Sinn ergeben. Geradlinige Punk-Einlagen stehen hypnotisierend-schönen Gitarrenmelodien gegenüber, wabernder Doom geht über in groovige Riffs. Und Phil ist ohnehin cool! Trotz der vielen Fünf- und Sechsminüter hätte man sich oftmals mehr Zeit für bestimmte Passagen lassen und etwas mehr elaborieren können, aber das ist im Grunde ein Kompliment: Es klingt gerade verdammt gut, bitte mehr davon!
Juke Cove stellen großes musikalisches Können unter Beweis und jeder Fan von krachendem Stoner mit Sinn für benachbarte Genres darf dieses Album als würdige Sammlungsergänzung betrachten.

Anspieltipps: Hypnosis und Tempest
Eva B.
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