Festivalname: Reload Festival
Bands: Korn, Amon Amarth, Heaven Shall Burn, Blind Guardian, Behemoth, Hatebreed, Millencollin, Spiritbox, Motionless In White, Clutch, Lionheart, Dragonforce, Paradise Lost, Whitechapel, Emil Bulls, Zeal & Ardor, Knorkator, Neaera, The Black Dahlia Murder, Phil Campbell And The Bastard Sons, Madball, Emmure, Any Given Day, Born Of Osiris, Mushroomhead, Walls Of Jericho, Soil, Nasty, Butcher Babies, Dead Poet Society, Fiddler’s Green, Massendefekt, Paleface Swiss, Cro-Mags, Unprocessed, Sylosis, As Everything Unfolds, Green Lung, Bodysnatcher, Bokassa, Heavysaurus, The Gems, Future Palace, Vukovi, Thrown, The Butcher Sisters, Ankor, Gutalax, Anchors & Hearts, Iron Walrus
Ort: Sulingen
Datum: 15.08.2024 – 17.08.2024
Kosten: um die 170 Euro je nach Preiskategorie
Genre: Heavy Metal, Hardcore, Rock, Punk
Besucher: ca. 18.000 Besucher
Veranstalter: Reload Event GmbH
Link: www.reload-festival.de
Für Time For Metal vor Ort: Alexandra D. und Heinrich N.
Wachgeküsst werden wir von Regengeplätscher. Verdammt, jetzt erwischt es uns doch noch. Die Kids bei Heavysaurus haben unser volles Mitleid, ausgerechnet bei den Kleinen muss es schütten. Dazu muss man sagen, dass alle Kinder aus Sulingen hier heute freien Eintritt bei den Metal-Sauriern haben – eine tolle Nummer vom Reload. Und ihren Spaß haben sie sicher auch im Regen, denn hinterher sehen wir viele nasse, aber fröhliche Kids im Infield.
Uns locken als erstes Ankor vor die Bühne. Als ich um die Ecke komme, sehe ich blassrosa Blümchen und fast poppig kommt mir der Sound entgegen. Jessie Williams macht grad eine Ansage, wie froh sie ist, dass morgens um halb elf doch schon ein paar Menschen durch den Regen gestapft sind, um ihnen zuzuhören. Dann legt sie wieder los und aus der zierlichen Sängerin kommt ein Hammer-Shouting. Die Spanier geben Vollgas und fordern erfolgreich den Circlepit ein. Unverdient wenig Publikum, was wohl dem Regen und der frühen Uhrzeit geschuldet ist, bekommt ihre Super-Performance zu sehen. Zwischen den Shout-Parts wirken die Klargesangmomente fast niedlich, halt irgendwie so rosarot wie die Bühnendeko. Jedes Mal, bevor es kitschig wird, switchen sie gekonnt lautstark um.
Dem sehr starken Auftritt von Ankor folgt der Soundcheck von The Gems. Etwas verzögert geht es schließlich los und leider sind im ersten Song die Mikros nicht passend offen. Das wird zum Glück relativ schnell korrigiert und die Hammerstimme von Guernica Mancini kommt voll zur Geltung. Nicht umsonst wird sie von Kollegin Mona als Beast Of Vocals angekündigt. Schon zu Thundermotherzeiten fand ich sie als Frontfrau super und auch heute kann ich nichts bemängeln. Sie spielen von ihrem letzten Album Phoenix und beweisen, dass auch guter Hardrock hier bestehen kann. Ich hätte ihnen einen späteren Slot mit mehr Publikum gegönnt.
Nach dem Umbau entern Any Given Day ihren heutigen Arbeitsplatz. Ich gönne mir die Aussicht von der Tribüne und bereue es nicht. Von hier oben habe ich den passenden Blick auf die Bühne und die inzwischen deutlich aufgefüllte Crowd. Die Band schafft es, das passende Quäntchen Wahnsinn aus ihrem Publikum zu quetschen. Trotz des knöcheltiefen Schlamms liefern sie einen Circlepit nach dem anderen. Der starke Sound treibt sie voran und als Unbreakable kommt, machen sie Platz für die Wall of Death. Aber nicht nur einmal öffnet sich der Graben, wieder und wieder springen sie ineinander und feiern das Leben. Ein ganz Irrer setzt sich auf die Schultern seines Kumpels in die Mitte und wird unter den Zusammentreffenden begraben. Er ist aber scheinbar auch Unbreakable und taucht wenig später wieder auf. Starke Show und völlig irres Publikum.
Im Infield ist inzwischen sehr viel Schlamm und der Fotograben ist eine Herausforderung für die Fotografen. Das Reload scheint für alle Probleme einen mobilen Notfalltrupp zu haben. In kürzester Zeit kommt ein Radlader mit Holzschnitzeln und legt sowohl den Graben als auch den Zugang zum Pressezelt trocken. Das ist hier wirklich alles ganz fantastisch organisiert.
Neaera sind an der Reihe und jetzt wird der Wahnsinn die Macht übernehmen. Sänger Benny Hilleke kommt auf die Bühne, blickt ins Publikum und zögert keine Sekunde. Er springt noch bei den ersten Takten in die Crowd, treibt sie an, rast durch den Pit. Eine unfassbare Energie strömt ihm aus jeder Faser seines Körpers, seine Gesichtszüge sind ein Schauspiel für sich. Er erobert die Bühne wieder, springt von rechts nach links, kaum kann man ihm folgen. Immer wieder ruft er das Publikum zu sich nach vorne. Dann entdeckt er eine große Lücke in der Mitte. Doch zu viel Matsch lässt er nicht gelten. Sofort springt er wieder in die Menge und läuft zur Matschpfütze, um sich selbst zu vergewissern, wie die Lage ist. Nein, es ist nicht zu matschig. Das muss so. Mit komplett verschlammter Front kommt er zurück, steht nicht still und treibt uns an. Was für eine Frontsau, was für ein Tier! Ohne Pause Vollgas, ich kann es kaum in Worte fassen. Das ist einfach eine Mega-Live-Band. Wer hier nicht mit guter Laune und völlig geflasht nach Hause fährt, der hat es nicht gefühlt. Und dann kommt doch ein Break. Der Frontmann entschleunigt völlig, wird ruhig und hat eine Bitte. Er holt seine kleine Tochter auf die Bühne, die einmal mit dem Papa da vorne stehen will. Und plötzlich ist der irre, beschmierte, harte Typ so menschlich, wie man es ihm nach der bisherigen Show gar nicht zugetraut hätte. Für beide Seiten hat er meinen kompletten Respekt. Kaum ist die Kleine wieder von der Bühne, holt er erneut alles aus sich raus, lässt das Publikum noch mal alles geben und macht sich auch selbst wieder auf den Weg in den feuchten Schmodder. Schließlich ist die Show beendet und ich bin so voller Glücksgefühle und Adrenalin, dass ich es kaum verarbeiten kann. Mehr geht nicht! Danke Neaera! Demnächst gehen sie auf Tour, solltet ihr euch anschauen!!!
Weiter geht es für uns mit Knorkator und ihrem Stumpen, der in üblicher Manier über die Bühne stakst und das Publikum anfeuert. Mit Sieg Der Vernunft holen sie die Leute auch direkt ab. Im Anschluss daran dürfen die Fotografen die Bühne entern, was inzwischen ja schon fast zur Inszenierung gehört. Nach dem kurzen Zwischenspiel wird mir die Songauswahl heute etwas zu seicht. Ich habe schon eskalierendere Auftritte von den Jungs gesehen. Vielleicht ist aber der Nachhall von Neaera auch immer noch zu tief in mir. Spätestens bei Zähneputzen, Pullern Und Ab Ins Bett ist auch der Letzte im Publikum am Mitsingen. Dann ist der Auftritt auch schon wieder vorbei.
Auf der Impericon Stage folgen DragonForce, die durch einen imposanten Bühnenaufbau glänzen. Zwei riesige Spielautomaten und zwei große asiatische Drachen umranden die Band aus London. Das Infield ist brechend voll und die Fans feiern sowohl die Akteure als auch die diversen Konfetti- und Luftschlangenkanonen, die unentwegt für Stimmung sorgen.
Nun steht die Pressekonferenz an. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es einige Änderungen. Es sind 6.000 Besucher mehr auf dem Gelände und Fun-Fact: Hier ist für jetzt grad Schluss, denn das Klärwerk ist am Ende sämtlicher Kapazitäten. Vielleicht kann man in Zukunft noch 1000-2000 Menschen mehr unterbringen, aber dann geht definitiv nix mehr. Und das soll auch das Ziel sein, denn man möchte ein Stück weit familiär bleiben. Der Vorplatz wurde ins Infield geholt. Wo man vorher kostenlos die eine oder andere Band schauen konnte, kann jetzt aus finanziellen Gründen die Plaza-Stage nur noch mit Ticket besucht werden. Außerdem sind zwei Silent-Camping-Plätze dazugekommen.
Anschließend schauen wir uns Lionheart auf der großen Bühne an. Die Kalifornier spielen Hardcore-Punk und holen ihre Gäste ordentlich ab. Während andere Bands im Hintergrund drei Amazonen mit knappen Kleidchen für den Backgroundgesang haben, stehen hier drei Kerle mit Sturmmasken. Mal eine nette Abwechslung.
Wir schlagen uns zum Crêpes-Stand durch und machen dann einen kurzen Abstecher zur Plaza-Stage auf der jetzt TBS – The Butcher Sisters performen. Die Crowd ist scheinbar vorbereitet und hat reichlich Zeugs zum Wedeln dabei. Die Mischung aus Deutsch-Rap und Hardcore ist speziell, aber kommt beim Publikum gut an. Viele Textsichere feiern um uns herum ihre Band.
Weiter geht es zurück zur Hauptbühne und was viele bemängeln, ist jetzt mit dem Schlamm noch anstrengender: Man ist wirklich ein bisschen im Stress und eine Band bis zum Ende zu sehen ist quasi nicht möglich, wenn man rechtzeitig zum Start bei der nächsten vor Ort sein möchte.
Nun kommen Motionless In White und in den vorderen Reihen sind auffallend viele weibliche Fans. Das scheint hier wohl die Boy-Band unter den Metallern zu sein. Sie werden begeistert begrüßt und starten ohne Umschweife mit ihrer Metalcore-Show. Ich werde hier nicht richtig abgeholt, aber das Publikum gibt ihnen Recht und hat sichtlich Spaß. Ich schaue noch eine Weile von der Tribüne und mache mich dann auf den Weg zur Plaza Stage.
Hier spielt heute mein zweites persönliches Highlight. Seit ich das Review zum letzten Massendefekt-Album geschrieben habe (hier nachzulesen), möchte ich mich von ihren Live-Qualitäten überzeugen und bin gespannt. Unter lautem Jubel stürmen sie die Bühne und bereits der erste Chorus wird vom Publikum gekonnt übernommen. Auch bei Disko haben sie ihre Fans voll im Griff und die Party zündet. Ein Song nach dem anderen wird gefeiert und die Düsseldorfer Punkband sorgt mit der Crowdsurfing-Bootstour eines Fans zugunsten von Viva Con Aqua dafür, dass reichlich Becher für die Organisation gesammelt werden. Am Ende ist das Boot voll, die Fans glücklich und die Band wird mit reichlich Applaus und Jubel belohnt.
Im Eilschritt geht es zurück zur Hauptbühne, denn Behemoth werden hier gleich Vollgas geben. Ein weißer Vorhang versperrt die Sicht, die ersten Klänge ertönen. Dann endlich fällt er in den Graben und gibt den Blick auf die Polen mit ihren weiß gefärbten Gesichtern frei. Die Show ist wie erwartet der Hammer, inklusive Feuershow und feuerspuckenden Musikern. Bei jedem Song gibt es was Neues zu entdecken. Sei es die pompöse Mitra oder die Mönchskutte oder einfach die wahnsinnige Mimik der Protagonisten. Das Publikum ist begeistert und die Stimmung ist mega. Inzwischen haben wir uns ja an die Crowdsurfer gewöhnt. Heute fliegen dazu diverse Matschbälle und ein Styroporflugzeug, das dem Zuschauer neben mir die Brille vom Gesicht schlägt. Spaß haben okay, aber es gibt so Dinge, die nerven halt. Und dabei habe ich noch gar nicht die beiden, nennen wir sie liebevoll „strohdummen Weiber“ erwähnt, die sich mit einem Mehrpersonenpool über die Köpfe tragen lassen. Nicht nur, dass sie für den Start stets die Ecken wählen, wo einfach kaum Leute stehen, nein, sie sitzen halt auch noch immer zu zweit in dem wabbeligen Ding und sind für die armen Ordner echt eine Herausforderung. Das erste Mal ist es noch witzig, das zweite Mal unnötig, das dritte Mal asozial. Der eigene Spaß steht hier definitiv über dem Spaß der anderen und der Arbeit und Sicherheit der Securitys. Nach der 3. Landung wird der Drecks-Pool zum Glück einkassiert und die Party kann weitergehen. Das lassen sich die Fans nicht zweimal sagen und starten sofort einen Riesen-Circlepit. Nach einer Stunde verlassen Behemoth unter tosendem Jubel schließlich die Bühne.
Nächster Act sind Blind Guardian und wie immer liefern sie souverän ab. Man merkt Hansi Kürsch und seinen Mannen die Professionalität, die sie über die vielen Bühnenjahre gesammelt haben, einfach an. Jede Geste, jeder Ton sitzt und das Publikum freut sich, die Klassiker einmal live zu sehen. Natürlich wird der Bard‘s Song inbrünstig mitgesungen und auch Walhalla lässt die Fans noch mal lautstark ihre Begeisterung zum Ausdruck bringen.
Und jetzt kommt mein letztes Highlight. Amon Amarth habe ich im vergangenen Jahr auf dem Rockharz zwar schon gesehen, aber wir standen so weit hinten, dass es kaum auf mich gewirkt hat. Diesmal sind wir nur 20 Meter weg und können die Show viel besser verfolgen. Der umgedrehte Wikingerhelm, in dem der Schlagzeuger sitzt, die großen Statuen. Aber auch die Gesten und Ansagen sind von hier vorne viel intensiver. Die Bühne scheint schon komplett vollgestopft und doch passiert ständig etwas. Hier zwei Krieger, die einen Showkampf darstellen, dort ein Schiff, das plötzlich noch im Hintergrund aufgepumpt wird. Dazu die nordische Geschichte, die Sänger Johan Hegg uns eindringlich erzählt. Das Ganze ist wie ein riesiges Theaterstück und wenn dann Songs wie Guardians Of Asgard, Heidrun oder natürlich Twilight Of The Thundergod kommen, ergreift einen das schon ziemlich. Für uns ein super Abschluss für ein tolles Festival.
Und dann ist es vorbei, wir packen unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg zum Wohnmobil, um noch eine letzte Nacht auf dem Campground zu verbringen. Das Reload behalten wir sicherlich in guter Erinnerung. Die Orga hier ist ganz hervorragend.
Das Pressezelt, das uns jederzeit die Möglichkeit gab, unsere Fotos zu bearbeiten und unsere Eindrücke festzuhalten, war wirklich Luxus. Das gute und preislich faire Essen im VIP-Bereich, die Holz-Hackschnitzel, als der Graben eine einzige Matschgrube war und die Möglichkeit, jeden Morgen ohne weite Wege duschen zu können, haben es uns wirklich angenehm gemacht, hier zu arbeiten. Und natürlich unser supernetter Presse-Betreuer, der jederzeit ein Ansprechpartner war und jeden Wunsch und jede Frage ernst genommen hat. Wir haben uns hier sehr gut aufgehoben gefühlt und sind sehr dankbar, dass wir hier sein durften.
Jeder, der jetzt Lust bekommen hat, sich dieses Spektakel mal selbst anzuschauen, sollte sich schleunigst Tickets besorgen. Schon jetzt ist die Preiskategorie 3 erreicht und wen wundert es? Im nächsten Jahr wird das 20. Jubiläum gefeiert. Größen wie Machine Head, Gojira, I Prevail, Donots und Ministry sind schon jetzt bestätigt. Auch Static-X, August Burns Red, The Halo Effect, Bleed From Within, Kataklysm, Counterparts, Frog Bog Dosenband und viele mehr werden dabei sein. Und es werden noch etliche folgen!
Hier kommt ihr zum Bericht von Tag 1 und hier zum Bericht von Tag 2.