Amorphis – Borderland

Die finnische Nummer-1-Band beweist mit ihrem Album erneut ihre Ausnahmestellung

Artist: Amorphis

Herkunft: Helsinki, Finnland

Album: Borderland

Spiellänge: 49:47 Minuten

Genre: Prog Metal, Rock, Metal

Release: 26.09.2025

Label: Reigning Phoenix Music

Format: CD, diverse Vinyl Variationen, CD, Digital

Link: Amorphis

Bandmitglieder:

Gesang – Tomi Joutsen
Gitarre – Esa Holopainen
Gitarre – Tomi Koivusaari
Schlagzeug – Jan Rechberger
Bass – Olli-Pekka Laine
Keyboards — Santeri Kallio

Tracklist:

  1. The Circle
  2. Bones
  3. Dancing Shadow
  4. Fog To Fog
  5. The Strange
  6. Tempest
  7. Light And Shadow
  8. The Lantern
  9. Borderland
  10. Despair

Da ich bereits in den Genuss gekommen bin, bei der Pre-Listening-Session bei Reigning Phoenix Music dabei sein zu dürfen (hier nachzulesen), kannte ich die Songs (naja, einmal gehört) schon. In der Zwischenzeit sind ja nun bereits einige Auskoppelungen erschienen und geben einen Vorgeschmack auf das kommende Album. Diesmal setzten Amorphis auf Jacob Hansen an den Reglern, der dem Album nach drei Scheiben mit Jens Bogren eine neue Richtung beschert. Amorphis haben sich über die Jahre stetig weiterentwickelt, und auch dieses Album schlägt ein neues Kapitel auf, ohne den charakteristischen Kern der Band zu verändern.

Noch immer gibt es megastarke Growls von Tomi Joutsen, großartige Melodien, eine Menge guter Gitarrenparts von Esa Holopainen und Tomi Koivusaari. Dazu einen Santeri, der mit seinen Keys maßgeblich für die Komplexität der Songs sorgt, und natürlich mit Olli-Pekka und Jan eine druckvolle Rhythmusabteilung. Die Lyrics wurden erneut von Pekka Kainulainen kreiert, während das Cover Artwork vom Niederländer Marald Van Haasteren gezaubert wurde und zum Thema passt. Die zehn Songs verteilen sich auf gute 50 Minuten, und es geht mit The Circle los.

Nach dem Intro entwickelt sich ein munterer Track, der zunächst vom Clean-Gesang geprägt ist. Sofort bleibt die Melodie im Ohr hängen. Ein Gitarrensolo läutet im letzten Drittel einen ersten Growl-Part ein, bevor sich erneut die eingängige Melodie nach vorne schiebt. Bones, als zweiter Track, wurde bereits ausgekoppelt und kommt mächtig um die Ecke. Joutsen in Bestform lässt diesen Song zu einem typischen Amorphis-Track avancieren. Jacob Hansen hat ganze Arbeit geleistet: Der Track klingt irgendwie typisch, hat aber eine gewisse Leichtigkeit. Auch Dancing Shadow wurde im Vorfeld bereits veröffentlicht. Zunächst steht Santeri im Fokus, bis sich Tomi einklinkt. Erneut gibt es eine eingängige Melodie, die in einem mega Refrain-Chorus mündet, der Joutsens Growlen fein untermauert. Fast schon ein tanzbarer Song, der den Arbeitstitel Disco Tiger bekam und fast schon poppige Ansätze hat. Jan Rechberger verleiht mit seinem Drumming den treibenden Rhythmus, während abwechselnd Esa und Tomi die Sechssaiten bemühen. Der Song zeigt deutlich die neue Richtung, in die sich die finnischen Musiker bewegen.

Ein Ausfall ist in den ersten drei Songs noch nicht zu hören. Mit Fog To Fog geht es weiter. Ein Klavier am Anfang mit einer zerbrechlich wirkenden Melodie leitet den Nebelsong ein. Es geht nach kurzem Intro aber in eine eher proggige Richtung, bei der Clean- und Growl-Gesang vom Ausnahmesänger den Track prägen. Auffällig bisher ist die Eingängigkeit der Songs, die einfach leichter ins Gehör gehen als noch bei Halo – auch wenn dort ebenfalls großartige Songs zu hören sind. Wie es anfing, endet Fog To Fog mit Piano. Mit The Strange kommt wieder so ein typischer Amorphis-Track. Der mächtige Growl am Anfang erinnert etwas an The Bee, aber ansonsten entwickelt sich ein munterer Track mit einer neuen Lockerheit. Man könnte fast glauben, es wären Ketten abgefallen und hätten die Band befreit. Tempest, ein Midtempo-Song in bester Amorphis-Manier: Auch hier beweist Tomi Joutsen seine Klasse. Es wäre nicht verwunderlich, hätte man eine weibliche Stimme dazugepackt – vielleicht noch einmal Anneke van Giersbergen –, der Song eignet sich grandios dafür. Ein tolles Solo gesellt sich dazu und rundet diesen Song ab.

Mit Light And Shadow folgt einer meiner Favoriten auf dem Album. Der passt auf jede Setlist und kann mit den Klassikern wie House Of Sleep oder Silver Bride in einer Reihe stehen. Genial! Mit einer meiner Favoriten ist The Lantern – eine musikalische Meisterleistung mit einem erneut megastarken Tomi Joutsen, der mittlerweile auch schon 20 Jahre bei Amorphis an vorderster Front steht. Seine Gesangsparts hat er in der finnischen Einsamkeit aufgenommen, da er dafür viel Ruhe und Ausgeglichenheit benötigt. Das Ergebnis gibt ihm recht: Emotional, gefühlvoll und voller Leidenschaft intoniert er die Lyrics. Die Band unterstützt das durch eine grandiose Instrumentalisierung, die bisweilen an frühere Amorphis-Songs erinnert.

Der folgende Titeltrack schlägt den Bogen zu den vorherigen Alben. Er hat etwas von Under The Red Cloud, Queen Of Time und Halo zusammen. Der Wechsel zwischen Growls und Clean-Gesang kommt hier sehr deutlich zum Einsatz. Inhaltlich ist auch hier der Text zeitlos: Er spiegelt die Spannung zwischen Altem und Neuem wider, einem zentralen Thema in allen Songs. Ein Solo, vermutlich von Esa, gehört zu den stärksten Momenten der Platte und hätte gern noch länger ausfallen dürfen. Mit Despair endet Borderland. Noch einmal darf in der Amorphis-Welt versunken werden. Sehr komplex, fast schon symphonisch und der Weite Finnlands geschuldet, treibt er in mystische Welten aus Schnee und Eis. Erneut ein Solo, das über den Seen der finnischen Landschaft schwebt. Etwas Pathos darf nicht fehlen, und so ist es ein Abschluss, der einfach nur dazu führt, das Album erneut von vorne zu hören.

Amorphis – Borderland
Fazit
Mit dem neuen Album gehen Amorphis neue Wege, ohne sich zu verlieren. Nicht nur der Produzent wurde gewechselt, auch die musikalische Ausrichtung erfährt Veränderungen. Die sind allerdings als durchaus positiv zu sehen und eröffnen neue Möglichkeiten. Schon immer waren Amorphis für ihre Wandlungsfähigkeit bekannt, und nach ihren Death-Metal-Anfängen entwickelten sie sich zu einer mehr und mehr den progressiven Metal spielenden Band. Folkeinflüsse aus ihrer finnischen Geschichte wurden eingewoben, und der Growlgesang für lange Zeit zu den Akten gelegt. Mit Tomi Joutsen änderte sich dieses erneut, und ließ Amorphis wieder härter, aber auch wesentlich melodiöser, aber auch dunkler auftreten. Nun wird ein weiterer Schritt eingeläutet und zu dem Melodiösen kommt eine neue Leichtigkeit, die mit eingängigen Melodien und einer Frische für Aufsehen sorgt. Ein weiterer Erfolg dürfte, nach der gerade erhaltenen Goldenen Schallplatte für Halo, garantiert sein. Volle Punktzahl, obwohl die Bonustracks leider noch fehlen.

Anspieltipps: Light And Shadow, Borderland und The Lantern
Kay L.
10
Leserbewertung14 Bewertungen
7.3
10
Punkte