Event: Dunkelromantische Mainächte 2025
Headliner: ASP
Ort: Friedrich-Ebert-Halle Hamburg Harburg
Datum: 22.05.2025
Kosten: ca. 50 bis 70 Euro (bestuhlt, unterschiedliche Preisklassen)
Genre: Gothic Rock (Unplugged)
Besucher: Unter 1.000
Manchmal scheint Alexander ‘Asp’ Spreng, Sänger von ASP, wirklich ein Zaubermeister zu sein. Zum Auftakt der akustischen Dunkelromantischen Mainächte in Hamburg ziehen dunkle Wolken über die Hansestadt und verdrängten den strahlenden Sonnenschein der letzten Wochen. Mit dem einsetzenden Hagel ist die Stimmung am Nachmittag dann auf jeden Fall weit genug abgestürzt, um bereit für dunklen Gothic Rock zu sein.
Ein paar Stunden später, um acht Uhr, geht es dann los: ASP betreten die Bühne der Friedrich-Ebert-Halle in Harburg, direkt neben der S-Bahn Heimfeld. Ein bestuhlter Saal mit einem gebannten Publikum vor sich, eine große, leider nicht gespielte Orgel neben sich und beste Akustik rund um sich, beginnen sie direkt mit der Beschwörung. Und wie ein beschworenes Wesen seinem Meister, folgt das Publikum dem Sänger. Eine kleine Geste reicht und alle klatschen beim ersten Stück unisono mit – ein Motiv, das das ganze Konzert begleiten wird.
Wenn eine Band und ihr Publikum so eingeschworen sind, so klar betonen, der Gesellschaft fremd zu sein, dann entsteht eine interessante und mitreißende Dynamik – die zugleich sehr starr ist. So sieht man kaum ein Handy erhoben; ein Publikum, das wirklich gebannt lauscht, selten fokussiert ist. Als Asp etwa ankündigt, dass es später einen Song für Handys geben soll (der dann gar nicht kommt), kann er die eine Person am Handy direkt zum Amüsement der Menge mit einem “der Song ist noch nicht jetzt” herausgreifen.
Auch andere Konventionen scheinen schwer zu brechen. So traut sich kaum jemand zu tanzen, obwohl die letzten Reihen des Saals fast leer sind und mehr als genug Platz wäre. Dabei könnte man so gut tanzen. Beim Schwarzen Schmetterling und ganz besonders beim Duett (Das Minnelied Der Incubi), reißen Cello und erst recht Violine einfach mit. Doch nur einer tanzt auf der Balustrade, dreht sich zu den Akkorden des Morgenrots.
Dabei sind ASP und Freunde musikalisch durchgehend erstklassig, viele Stücke voller Energie. So gut habe ich ASP selten gehört, akustische Gitarren, Streicher, Trommeln und Stimme klingen mal glasklar, mal tief resonierend, immer passend.
Auch der Humor sitzt, etwa bei Abertausend Fragen, das früh im Set kommt. Es sei zu schwer und anstrengend, auch wenn es eigentlich einen Hitplatz hinten verdient hätte: “Wenn ich das verhaue, habe ich noch genug Zeit, das wiedergutzumachen”, sagt Asp nur. Dann meistert er es – fast. An einer neugeschriebenen Strophe scheitert’s, dabei habe er seit Weihnachten geübt.
Die Strophe ist nicht das einzige Neue: Vor der Pause gibt es die Live-Premiere von Alles, Nur Das Nicht. Und auch ein Tattoo ist neu: Auf der letzten Tour hat Alexander Spreng gegen das Mitsingen des Publikums gewettet. Jetzt hat er ein Unendlich-Zeichen und das Wort “fremd” auf seinem Arm – und bereut etwas, nicht auf einen Sportwagen samt Führerschein gewettet zu haben.
In der zweiten Hälfte kommen dann auch einzelne Props zum Tragen, etwa ein Hut und Stock für die Sandmann GmbH & Compagnie, das sarkastische, wunderbar swingige Merch-Lied. Oder eine Rabenfeder, bei der selbstverständlich Jubel ausbricht – wie könnte es auch anders sein, wenn man mit Krabat fliegen möchte – und doch kann man nicht tanzen. Wenigstens steht das ganze Publikum beim wunderschönen Geigensolo zur Eröffnung von Werben endlich auf.
Mein größtes Highlight kommt nach den Standing Ovations mit der Zugabe: Ich Will Brennen, erstmals mit voller akustischer Live-Besetzung. Habe ich vorher schon den ganzen Abend gelächtet, ist dies nun wirklich eingebrannt. Und mit einer letzten Premiere, einem Lied zum eigenen Tod, mit dem prägnanten Vers “Ich werd am Ende sowieso zur Hölle fahren”, endet dann das Konzert. Auch ein ausgelassener Applaus kann nicht zu einer ungeplanten zweiten Zugabe begeistern. Stichwort begeistern: Das ist ASP hier gelungen.