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Die Schweiz – eine ernst zu nehmende Metalszene? (Pt. 2)

Fünf hoffnungsvolle, aufstrebende Bands

Die Schweiz ist mit nur 41.284 km² ein kleines Land – aber in manchen Dingen ist sie ganz groß! Wer an die Schweiz denkt, der denkt zuallererst an Geld, teure Uhren, Schokolade, Käse, die Schweizer Alpen, DJ Bobo, herrliche Landschaften, Sehenswürdigkeiten. Niemand käme nur annähernd auf die Idee, bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft zuallererst die Rock- und Heavy Metal Szene zu nennen.

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Wer an gut gemachten Rock und Heavy Metal denkt, dem kommt die Schweiz nicht unbedingt als erstes Land in den Sinn, sondern eher die USA, Skandinavien oder auch die Szene vor der eigenen Haustür. Wenn überhaupt Schweiz, dann fallen einem einige wenige große und legendäre Bands ein, wie z.B. Celtic Frost, Messiah, Crystal Ball, Krokus, The Young Gods, Coroner, Gotthard, Drifter, Eluveitie, Poltergeist, CoreLeoni, Shakra, Samael, Hellhammer, China, Cataract …, doch gräbt man etwas tiefer, stellt man schnell fest, die Schweiz verfügt über eine gut funktionierende und spannende Rock- und Heavy Metal Szene. Mit den genannten Bands hatte man teilweise schon früh einen prägenden Einfluss auf die Metalgeschichte, doch auch heute noch bewegen sich einige von den genannten und noch viel mehr Underground-Bands der Schweiz sich zielstrebig auf das Level der sogenannten Metalgiganten zu. Seit Jahren schon boomt der Rock- und Metal Zirkus und so ist es an der Zeit, einen Blick auf die dortige Szene zu werfen und eine Reihe von Bands vorzustellen. Mit gewissen Abständen werde ich mir immer wieder einige interessante Bands der unterschiedlichsten Genres herauspicken und hier näher vorstellen.

Askara

Herkunft: Basel
Stil: Progressive Gothic Metal
Links: https://www.askara.ch und https://www.facebook.com/Askaraband/

Die Schöne und das Biest! Bei der Band Askara handelt es sich um eine junge Progressive Gothic Metal Band aus dem Stadtgebiet Basel, ein Hoffnungsschimmer im Genre des langsam ausblutenden Gothic Metal. Gegründet im Jahr 2012 gaben sie ein Jahr später ein erstes Lebenszeichen von sich, in dem sie den Song Shatter The Glass Wall auf dem Schweizer Heavy Metal Nation IX Sampler bei Quam Libet Records platzieren konnten. Aktuell besteht die Band aus Myriam Schmidt (Vocals, Piano), Elia Schmidt (Vocals, Bass), Benjamin Wiesli (Guitar) und Raphael Grünig (Drums). Askara vereinen in ihrer Musik die unterschiedlichsten Elemente aus der Welt des Gothic Metal und dem härteren, progressiven Metal. Bezeichnend für den Stil ist dabei der klare, liebliche Gesang von Fronterin Myriam und die im Kontrast dazu stehenden Growls von Bassist Elia, der ein wenig an Felix Stass von Crematory erinnert. Ein gesangliches Wechselbad mit progressiver Note. Ebenso verhält es sich bei den Instrumenten: Gitarre, Bass und Schlagzeug sorgen für das harte Grundfundament, welches durch sanfte Piano-Nuancen ergänzt wird. Von Beginn an arbeiten die Schweizer an eigenem Material und so konnte 2016 ein erstes Album in Eigenproduktion veröffentlicht werden. Auf dem Kurzalbum Horizon Of Hope wandeln die Schweizer auf den Spuren von Bands wie z.B. Theatre Of Tragedy, Forever Still und Evanescence. Schwermütige Riffs treffen auf klagende Leadgitarren, sanftes Piano und sphärische Keys. Die Band ist jedoch weit davon entfernt, eine Kopie nach Schema-F zu sein, und ist immer wieder für eigenständige Überraschungen gut. 2018 waren Askara mit Sleeping Romance und Within Silence auf Europa-Tour, aber auch mit Deep Sun, Crashtime und Green Labyrinth teilte man sich schon die Bühne. 2020 will der Vierer erneut ein Studio entern und den zweiten Silberling einspielen. Um die Finanzierung sicherzustellen, läuft aktuell ein Crowdfunding unter: https://www.kickstarter.com/projects/askara/lights-of-night-a-new-record-by-askara

Askara – Broken Wing (2016):

Bölzer

Herkunft: Zürich
Stil: Death Metal / Black Metal
Links: http://www.bolzer.ch/?fbclid=IwAR2_a6SiF2lplvrQ6AFkzGylQGiHLinBlwlxipiX-qS5ctAZaV1nhlXIskw und https://www.facebook.com/bolzerband/

Mit einer Wall of Sound, die man eher einer fünfköpfigen Band zurechnen würde, sind zwei Züricher Typen unter dem Namen Bölzer unterwegs, die Schweizer Senkrechtstarter der letzten Jahre. Bölzer sind ein 2008 gegründetes Death Metal Duo, bestehend aus den beiden Freunden Okoi Thierry „KzR“ Jones (Vocals, Guitar) und Fabian „HzR“ Wyrsch (Drums). Anfangs gab es durchaus Bestrebungen, einen geeigneten Bassisten in die Band aufzunehmen, doch nach zwei Total-Katastrophen gab man dieses Vorhaben auf und seitdem ist der völlige Verzicht auf einen Bass charakteristisch für die Musik des extremen Duos. Den charakteristischen Klang seiner zehnsaitigen B.C. Rich erzeugt Gitarrist Okoi Jones durch den Einsatz von drei Verstärkern mit jeweils eigenen Equalizereinstellungen. Mit dem Demo Roman Acupuncture (2011) und den beiden EPs Aura (2013) und Soma (2014) erreichte das Züricher Geschnetzelte Kultstatus innerhalb des Death Metal Undergrounds auch weit über die Schweizer Grenzen hinaus. Das Duo ballert sich von Bühne zu Bühne und entfacht ein höchst eigenständiges und fulminantes Death/Black Donnerwetter. Im Jahr 2016 erschien dann endlich das Debütalbum Hero über Iron Bonehead Productions. Darauf haben Bölzer ihren Sound verfeinert und es kommt mehr Klargesang zum Einsatz, Death Metal mit Gänsehautgarantie! Seitdem tourt das extreme Duo mit seiner kraftvollen und infernalischen Show durch die Welt und spielt in Ländern und Kontinenten, von denen andere Bands nur träumen können, wie z.B. Amerika und Australien, aber auch für kleine Regio-Festivals wie dem Baden In Blut (2019) ist man sich nicht zu schade. Trotz des Erfolges kam es in der Vergangenheit zu zahlreichen Kontroversen, so wurde, aufgrund der Sonnenrad- und Runen-Tätowierungen von Sänger Okoi Jones, der Verdacht laut, die Band stehe rechtsgerichteten Ideologien nahe, was man aber unter Berufung auf die afrikanischen Wurzeln von Jones zurückwies. Auch wurde vermutet, er wolle durch seine großflächigen Tattoos Symbole des Nationalsozialismus überdecken, doch auch diese Vorwürfe wurden als Unsinn zurückgewiesen. Kürzlich erschien die neue EP Lese Majesty (2019), ein Sound, den man grandios finden muss, wenn man nicht taub ist.

Bölzer – A Shepherd In Wolven Skin (2019):

Shadowpath

Herkunft: Aargau
Stil: Symphonic Death Metal / Melodic Dark Metal
Links: http://www.shadowpath.ch/category/bandnews/ und https://www.facebook.com/Shadowpath.Band/

Shadowpath sind eine Schweizer Metal Band, die 2006 aus der Rockband Spellbound hervorging. Die Klangwelten der Aargauer beinhalten Einflüsse aus Symphonic, Progressive, Death, Gothic und Power Metal und so kann die Truppe am ehesten dem Symphonic Death Metal oder Melodic Dark Metal zugeschrieben werden, wobei Genregrenzen für den Vierer nie eine Rolle gespielt haben. Düster progressive Sounds treffen auf süß-harmonische Parts. Riff-Attacken allererster Güte stehen direkt neben balladesken Momenten und kompromisslose Growls treffen auf lyrischen Frauengesang. Aktuell besteht das Line-Up aus Simone Christnat (Vocals), Philipp Bohny (Keyboards, Vocals), Samuel Baumann (Drums) und Stefano Riario (Guitar). Mit zwei Demos, Into The Shadows (2008) und Dissipating Flows (2012), gab man erste Lebenszeichen von sich. In der Anfangszeit arbeitete man immer wieder mit den unterschiedlichsten inspirierenden Sängerinnen (u.a. Gisselle Rousseau, Dominique Zumbrunn, Karin Bustorf) und internationalen Gastkünstlern zusammen. Unzählige Konzerte in der Schweiz mit u.a. Lunatica, Deep Sun, Mind Patrol, Under My Skin, Pertness, Crashtime … werden gespielt, bevor dann endlich das erste Studioalbum Rumours Of A Coming Dawn (2017) in Angriff genommen wird, welches gewohnterweise genreübergreifend symphonisch, todesmetallisch und progressiv klingt. Eingesungen wurde Rumours Of A Coming Dawn allerdings noch von Gisselle Rousseau von der chilenischen Gothic / Doom Metal Band Confess. Kern des Sounds sind die beiden gesanglichen Klangfarben von Gisselle, die an Tarja zu Nightwish-Zeiten erinnert, und die Death Metal Growls von Mastermind Philipp. Im Anschluss nahm sich Philipp eine einjährige Auszeit (Baby-Pause), doch seit 2018 sind Shadowpath mit ihrer neuen Fronterin Simone zurück auf den Bühnen der Schweiz. Jeder, der auf Nightwish, Opeth und Haggard steht, sollte mal ein Ohr riskieren.

Shadowpath – Chaos Equation (2017):

Invoker

Herkunft: Luzern
Stil: Modern Melodic Hardcore
Links: https://weareinvoker.bandcamp.com und https://www.facebook.com/weareinvoker/

Die Schweizer Invoker (nicht zu verwechseln mit der Heavy Band aus Shelby, North Carolina und auch nicht mit der Melodic Death / Black Metal Band aus Sachsen Anhalt) sind eine moderne Melodic Hardcore Band aus dem Großraum Luzern, die seit 2012 aktiv ist. Die fünfköpfige Band, bestehend aus David Lukas (Vocals), Patrick Goncalves (Bass), Andy Meier (Guitar), Peter Lukas (Guitar, Vocals) und Raphael Meyer (Drums), konnte sich in den letzten sieben Jahren einen festen Stand in der Schweizer Hardcore Szene erspielen. Ein erstes Lebenszeichen erscheint bereits 2013 in Form der Loose Lips Sink Ships EP, bevor 2017 mit Four Wall Nightmare ein vollständiges Album nachgelegt wird. Schwere Melodien, markdurchdringende Shouts in Kombination mit melancholischen, teils schon stark depressiven Texten, das ist Hardcore aus der Zentralschweiz. Überhaupt sind es vor allem die Texte, die Invoker aus dem Dschungel an Hardcore Combos hervorstechen lassen, denn sie widmen sich überwiegend dem schwierigen Thema mentaler Krankheiten wie Depressionen, Angstzuständen, Liebeskummer und Selbsthass. Man hat es sich auf die Fahne geschrieben, das Bewusstsein und die Sensibilisierung für diese Themen zu fördern. Die Texte sind auch der Grund dafür, warum der Metal Hammer UK ihnen im Juni 2017 eine ganze Seite widmete. Zwar spielt man noch überwiegend in der Schweiz, doch auch in England, der Tschechischen Republik und auf einer Balkan-Tour durch Kroatien, Bosnien, Serbien und Bulgarien konnte man das Publikum für Schweizer Hardcore begeistern. Bereits ein Jahr nach dem Album ist die Nachfolge EP Cursed To Feel bei den CD-Dealern erhältlich, auf der man etwas gefühlvoller zur Sache geht. Fans von kompromisslosem Hardcore neuer Schule, aber auch Fans alter New Yorker Hardcore Legenden wie Sick Of It All dürfen sich hier angesprochen fühlen.

Invoker – Cease To Exist (2018):

Burning Witches

Herkunft: Brugg
Stil: Heavy Metal
Link: https://www.facebook.com/burningwitches666/

Eigentlich braucht die Band nicht mehr vorgestellt zu werden, immerhin handelt es sich bei den Burning Witches um den derzeit heißesten Export der Schweiz überhaupt. Die rein weibliche Heavy Metal Band aus Brugg wurde 2015 von Gitarristin Romana Kalkuhl gegründet, die in Seraina Telli (Vocals), Jeanine Grob (Bass) und Lala Frischknecht (Drums) geeignete Mitstreiterinnen fand. Als Erstes wurde der selbst betitelte Song Burning Witches auf die Metalwelt losgelassen, der zusammen mit der Nummer Black Widow auch gleich zum ersten offiziellen Demo (2016) der Band wurde, welches von Marcel „Schmier“ Schirmer (Destruction) produziert wurde und vom Rock Hard und Metal Hammer gleichermaßen zum Demo des Monats gekürt wurde. Das Line-Up wurde mit Alea Wyss (Guitar) komplettiert. 2017 erschien dann das selbst betitelte Debüt Burning Witches, mit dem aufkeimende Gerüchte, dass ein schlitzohriger Business-Hai mit den Mädels und einem Sex Sells-Image nur Kohle scheffeln will, aus der Welt geschafft werden. Hier handelt es sich um echte Überzeugungstäterinnen mit Bock auf klassischen, melodischen Heavy Metal. Innerhalb kürzester Zeit kann man sich eine große Fanbase erspielen. Die Mädels klingen wie eine etwas deftigere Ausgabe der 80s Metal Band Warlock, lassen aber durchaus auch zeitgemäße Klänge einfließen, wo Fronterin Seraina durchaus an Noora Louhimo von Battle Beast erinnert. Das von V.O. Pulver (Poltergeist, Gurd) und Schmier produzierte Debüt erreicht Platz 73 der Schweizer Albumcharts. 2018 werden die Schweizer Volksheldinnen von Nuclear Blast unter Vertrag genommen. Gitarristin Alea Wyss wird zwischenzeitlich gegen Sonia Nusselder ersetzt und danach geht die All-Girl-Truppe auf eine erfolgreiche Tour mit den Totengräbern von Grave Digger. Ende 2018 erscheint das amtliche zweite Album Hexenhammer, welches Platz 43 in den deutschen Albumcharts und Platz 21 in der Schweiz erreicht. Ein überraschend eigenständisches Album, voll von Hymnen, die sich sofort in den Gehirnwindungen festsetzen. Im Sommer 2019 verlässt Seraina Telli die Band, um sich intensiver um ihr eigenes Projekt Dead Venus kümmern zu können. In ihre Fußstapfen tritt die Niederländerin Laura Guldemond der Symphonic Metal Band Shadowrise. Das nächste Album Dance With The Devil folgt bereits im März 2020. Fans von Iron Maiden, Warlock, Judas Priest, Battle Beast und vor allem Fans ohne Vorurteile können hier nichts falsch machen.

Burning Witches – Hexenhammer (2018):

Fortsetzung folgt !!!