GosT – Prophecy

Eine synthaft verlockende Wundertüte

Artist: GosT

Herkunft: Texas, USA

Album: Prophecy

Spiellänge: 47:16 Minuten

Genre: Synthwave, Darksynth, Black Metal

Release: 08.03.2024

Label: Metal Blade Records

Link: https://gost.live

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Programming, Keyboards – James Lollar

Tracklist:

1. Judgment
2. Prophecy
3. Death In Bloom
4. Deceiver
5. Obituary
6. Temple Of Tears
7. Decadent Decay
8. Widow Song
9. Golgotha
10. Digital Death
11. Shelter
12. Through The Water
13. Leviathan

Kennt ihr die Szene aus James Camerons Aliens (1986), in der Ellen Ripley mit dem Fahrstuhl in die Hölle fährt? Sie überprüft ihre Waffen, macht sich bereit, atmet tief durch. Sie weiß, was sie erwartet. Nichts Gutes. Und doch stellt sie sich der Bedrohung. Prophecy von GosT ist so ein Trip. Und im Gegensatz zu Ripley können wir uns gefahrlos in die Hölle begeben, um dort ein himmlisches Album zu entdecken.

Mit GosT zelebriert der texanische Produzent James Lollar seit 2013 seine Faszination für das Okkulte sowie Sounds und Filme der 80er-Jahre. Lollar, der seine musikalische Erziehung der Metalszene verdankt, rührt einen Hexenkessel aus digitaler Düsternis und schepperndem Black Metal. Die meisten Stücke sind instrumental und erschaffen Bilder: imaginäre Soundtracks zum Weltuntergang.

Nach Ausflügen zu Blood Music und Century Media, steht Lollar mit GosT seit Oktober 2023 bei Metal Blade Records unter Vertrag. Die erste Veröffentlichung beim neuen Label ist das insgesamt sechste Album Prophecy, das eine synthaft verlockende Wundertüte prophezeit.

Multiinstrumentalist Lollar, der das Album im Alleingang heraufbeschworen hat, beschreibt zynisch die Motivation: „Es geht um einen imaginären Untergang der westlichen Zivilisation, das biblische Ende der Welt – den Aufstieg Satans und Armageddon„, so der Pressetext. „In Amerika gibt es einen großen Aufschwung des ängstlichen, reaktiven Christentums und fast so etwas wie eine Wiederauferstehung der ‚Satanic Panic‘. Es schien der richtige Zeitpunkt zu sein, um Satan wieder ins Spiel zu bringen.

Während der Vorgänger Valediction durchaus ruhigere und melodischere Töne anschlug, erinnert Prophecy wieder an GosT-Werke. Nach dem Intro Judgement, das mit Samples und Fetzen der amerikanischen Nationalhymne gekonnt auf Apokalypse stimmt, läuten ein gellender Schrei und Glockengeläut die Prophecy ein. Ein durchaus konventioneller, aber vielschichtiger, atmosphärischer Synthwave-Track. Der Bass sitzt.

Dagegen beginnt Death In Bloom als glitchiger Bastard aus Industrial Metal und Breakbeat. Dann schlagartig Stillstand, der in drückenden EBM und Double-Bass-Attacken mit heftigem Gekeife übergeht. Böse!

Das mit einem bedrohlichen Beat dahinschleppende Deceiver erinnert an eine Verfolgungsjagd. Ob ihr der irre Killer oder das fliehende Opfer seid, bleibt euch überlassen. Der Track ruft in Erinnerung, dass GosT auch das Etikett „Slasherwave“ trägt. Im Anschluss lockt das treibende Obituary zunächst auf den Dancefloor und taumelt schließlich durch einen musikalischen Tunnel der Verzweiflung. Gut zum Headbangen.

Temple Of Tears fährt angenehm in die Beine, presst Bass in den Brustkorb und setzt auf atmosphärische Stimmungswechsel. Die chaotische Gewaltexplosion Decadent Decay trifft danach unvorbereitet. Ähnlich wie Death In Bloom bringt Lollar hier unterschiedlichste Klangwelten, Samples sowie Versatzstücke des Black Metal zusammen, dass es selbst überzeugten Spaßbremsen ein Lächeln hervorlocken dürfte. Oder Kopfschütteln.

Widow Song vereint Post-Punk und Black Metal, das eingängige Synthwave-Stück Golgotha gönnt sich lautstarke Gitarren im letzten Drittel. Und der Digital Hardcore Brocken Digital Death ist für den Ausspruch „Der Name ist Programm“ gemacht. Nicht mit Kopfweh hören.

Die besten Bässe gibt es mit Shelter auf die Ohren, das musikalisch an Gesaffelstein und Lazerpunk erinnert, während bei Through The Water ein Hauch Closer aufkommt. Wobei Nine Inch Nails freilich keinen Black Metal spielen. Abschließend fordert das vermeintlich ruhige Leviathan zwischen verträumten Pausen nochmals Nackenmuskeln und Tanzbeine.

GosT – Prophecy
Fazit
Synthwave ist in der Metalszene kein Geheimtipp mehr, seit Genregrößen wie Pertubator und Carpenter Brut bei internationalen Festivals vor großem Publikum spielen. Auch GosT sind in der Szene etabliert und festigen ihren Ruf mit Prophecy. Das neue Album mag keinen Überhit haben, überzeugt jedoch als abwechslungsreiches Gesamtkunstwerk aus treibenden Beats und aggressivem (Black) Metal – oft mehrfach wechselnd in einem Song.

Anspieltipps: Decadent Decay, Temple Of Tears und Shelter
Christian D.
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