Long Distance Calling – Eraser

Ein grandioses Konzeptalbum

Artist: Long Distance Calling

Herkunft: Münster, Deutschland

Album: Eraser

Spiellänge: 57:17 Minuten

Genre: Post Rock

Release: 26.08.2022

Label: earMUSIC

Link: www.longdistancecalling.de

Bandmitglieder:

Gitarre, Synthesizer – David Jordan
Gitarre – Florian Füntmann
Bass – Jan Hoffmann
Schlagzeug, Percussion – Janosch Rathmer

Tracklist:

  1. Enter: Death Box
  2. Blades
  3. Kamilah
  4. 500 Years
  5. Sloth
  6. Giants Leaving
  7. Blood Honey
  8. Landless King
  9. Eraser

Seit 16 Jahren streifen die Instrumentalkünstler Long Distance Calling durch die Post Rock und Metal Gefilde, um mit emotionalem Songwriting eure gefühlvolle Seite zu wecken. Für das Quartett aus Münster ist es die achte Veröffentlichung, die am 26.08.2022 über earMUSIC erschienen ist. Als Vorbote für die fast 60 Minuten atemberaubender Musikkunst wurde die Ghost EP vor anderthalb Jahren veröffentlicht. Die Erwartung an Eraser darf man hoch nennen. Schon seit ein paar Jahren zählen die Deutschen im Rockbusiness, nicht nur in unserer Republik zu einem heißen Eisen. Die vielseitigen Melodien werden durch tiefste Täler und über höchste Gipfel getragen, um das Ohr des interessierten Hörers zu treffen. Unser Planet liegt den aufgeschlossenen Musikern nicht nur schwer am Herzen, sondern sie engagieren sich durch ihre Songs aktiv dem Erhalt von Artenvielfalt und bekämpfen die Erosion der Natur durch den Menschen in gezielten Projekten. In jedem Titel greifen sie vom Aussterben bedrohte Lebewesen auf, um deren Schicksal emotional zu vertonen.

Gestartet wird die Reise durch den Seelenschmerz unserer Umwelt mit Enter: Death Box. Das eine Minute starke Intro bringt in einer düsteren Handschrift den Anlass für Eraser eindrucksvoll zum Tragen. Mit einem starken Impuls ziehen sie mit Blades das Tempo an. Schwerfällig, stampfend wie gewaltig bringen sie das Nashorn spürbar in den Atmosphären unter. In vier Minuten schreitet der schwere Dickhäuter durch den staubigen Untergrund, stets in der Angst, sein immer noch wertvolles Horn und Leben durch einen Wilderer zu verlieren. Bereits jetzt haben Long Distance Calling mich an den Eiern. Viel zu selten macht man sich vor allem in den letzten Monaten über dieses doch westliche Thema Gedanken. Die schnelllebige Zeit in Kombination mit Inflation und Pandemie haben uns wichtigste Dinge aus den Augen getrieben. Kamilah macht da weiter, wo Blades aufgehört hat. Verspielt greifen die Gorillas nach dem Ast, um an diesem federleicht zum Nächsten zu gleiten. Ein Tier, dem Menschen ähnlicher als viele wahrhaben wollen, mit Emotionen, die Tränen fließen lassen, flieht in dem Track aufgeschreckt aus ihrem Urwald. Bedroht durch Industrie und Brandrodungen verlieren diese Kolosse immer mehr Lebensraum. Die Dramatik bekommen David Jordan und Florian Füntmann an den beiden Gitarren filigran in die fast sieben Minuten verwoben. Vielseitig und zu keiner Zeit langweilig. Das ist für eine Band, die auf Gesang verzichtet, noch schwerer zu meistern. Für Long Distance Calling scheint das gar kein Thema mehr zu sein. Voll in ihrem Element leben sie ihre Stücke, die den Funken in null Komma nichts auf den Konsumenten übertragen. 500 Years der Grönland Hai und das Faultier in der Nummer Sloth stehen den Vorgängern in nichts nach. Mein persönliches Highlight ist die kurze wie schnelle Nummer Giants Leaving zu Ehren des Albatros. Die Hooks drücken in den Sessel, die kurze ruhigere Phase lässt die Augen schließen, um diese zum Finale noch mal aufzureißen. Die oft bei uns in Deutschland ignorierte Tatsache des Bienensterbens greifen die Künstler in Blood Honey auf. Die Tiere bilden bei uns die Ader vielen Lebens, dennoch sterben die kleinen Flieger in einer großen Zahl und die Population schwindet seit Jahrzehnten beängstigend. Der schleichende Tiger bringt Landless King auf den Punkt. Wüst gehen Long Distance Calling beim letzten Akt zur Sache. Der Mensch als Ausradierer bedroht nicht nur viele Lebewesen, den ganzen Planeten, sondern im Umkehrschluss auch sich selber.

Long Distance Calling – Eraser
Fazit
Ein Konzeptalbum, welches nicht nur berührt, sondern quasi perfekt umgesetzt wurde. Ohne Gesangseinlagen bringen die Münsteraner jeden einzelnen Titel emotional rüber. Das Thema bewegt, sollte auch in den schweren Monaten nicht vergessen werden. Long Distance Calling stoßen uns glücklicherweise mit der Nase drauf. Eraser in dem Sektor des instrumentalen Post Rocks noch vom Thron zu stoßen, scheint in diesem Jahr nahezu unmöglich. 

Anspieltipps: Giants Leaving und Eraser
René W.
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