Event: Lords Of Fyre Tour 2025
Headliner: Feuerschwanz, Lord Of The Lost
Vorband: The Dark Side Of The Moon
Ort: Swiss Life Hall Hannover
Datum: 10.10.2025
Genre: Mittelalter-Metal, Dark Rock
Besucher: Einige Tausend
Setlisten: Feuerschwanz | Lord Of The Lost

Auf dem Weg zur Swiss Life Hall bin ich am Hannoveraner Oktoberfest vorbeigekommen – und muss leider sagen, dass aus deren Festzelt anfangs deutlich mehr Applaus kommt. Das liegt nicht daran, dass die Vorband The Dark Side Of The Moon eine schlechte Show spielt, im Gegenteil. Ihr Set ist nur einfach ruhig, nicht so mitreißend. Musikalisch ist die Supergroup sehr sauber, besteht aus vielen bekannten Gesichtern: Melissa Bonny singt, von Feuerschwanz spielt Hans Platz Gitarre und Schildmaid Jenny Diehl Harfe. Amaranthe-Drummer Morten Løwe Sørensen, der auch Melissa Bonnys Ehemann ist, und Live-Bassist Korbinian Benedict – wie Bonny Teil von Ad Infinitum – runden den Klang ab. Doch ihre atmosphärischen, melodischen Fantasy-Klänge reichen einfach nicht, um die Reisemüdigkeit abzuschütteln. Denn leider gibt es keinen Hamburger Termin, obwohl Lord Of The Lost dort herkommen. Und so fehlt am Freitagabend anfangs der zündende Funke, der besondere Kick – der auch beim LOTL-Set nicht direkt aufkommt.
Deren Set startet mit drei neuen Songs – Moonstruck, I Will Die In It und Damage. Atmosphärisch, stark, aber ich bin noch nicht vom Hocker gerissen. Auch wenn man in den ersten Reihen immer wieder die Hitze der Flammensäulen spürt, zaubern mir die Lords auch in der Mitte ihres Sets noch kein dauerhaftes Grinsen auf die Lippen. Und das, obwohl sie viele gute, alte Songs spielen: Blood For Blood, Die Tomorrow, La Bomba, … Auch das Publikum klatscht mit und tanzt – zumindest, wenn die Hamburger dazu auffordern.

Es ist ein guter Auftritt. Aber noch fehlt mir die Magie, die ich auf manchen ihrer Konzerte erlebt habe, das unkomplizierte Treiben im Augenblick. Dass Sänger Chris Harms gefühlte fünf Mal erklärt, dass sie später natürlich noch gemeinsam mit Feuerschwanz den Toursong Lords Of Fyre spielen werden, hilft mir nicht im Geringsten. Ich will den Moment jetzt genießen und nicht erklärt bekommen, warum es nachher noch besser wird. Baut Feuerschwanz jetzt ein oder schweigt und feiert den Augenblick. 🙃
Zum Glück kommt das Gefühl, voll im Augenblick zu leben, noch auf. Für mich persönlich zwar nicht bei Light Can Only Shine In The Darkness, nach dem Chris Harms davon schwärmt, dass manche Songs etwas Besonderes zwischen Künstler und Publikum seien. Aber direkt darauf geht es für mich los, mit Cha Cha Cha. Das ist genau diese Sorte Schwachsinn, bei der ich im Augenblick leben kann und die ich absolut feiere. LOTL sagen es selbst ganz ungläubig: Es ist einfach absurd, dass eine Hamburger Gothic Band den ESC-Song des finnischen Rappers Käärijä spielt, während ihre Bühne in Regenbogen und Glitzerfunken erstrahlt und eine Wall Of Death in einem Moshpit kollabiert. Und für genau diese Momente gehe ich auf Konzerte, jetzt ist das Lächeln auf meinen Lippen eingebrannt.

Und direkt darauf geht es weiter, die Lords und ihre Losties singen den Schrei Nach Liebe. Geeint aus tausenden Kehlen – die Swiss Life Hall ist zwar nicht ausverkauft, aber voll – bebt alles bei diesem Ärzte-Song. Und bei all den politischen Nachrichten tut es sehr gut, um für einen Moment die Welt zu vergessen. Nur leider ist ihr Set jetzt auch so gut wie vorbei, es gibt nur noch Blood & Glitter. Danach gehen sie von der Bühne – und gönnen sich dabei einige Minuten für Schabernack – etwa, damit Drummer Niklas Kahl noch kurz mit Pi einschlägt, um ihn dann über die Bühne zu jagen.

Zumindest können Feuerschwanz direkt richtig loslegen, die Stimmung ist gelöst, aller Ernst über Bord gegangen, das Publikum noch mal gewachsen. Alle sind bereit, zu leben, als warte morgen schon der Tod. Und genau das passiert in den nächsten anderthalb Stunden. Kaum ist der Vorhang gefallen, gibt es non-stop-party. Es ist das erste Mal, dass ich Feuerschwanz live sehe. Und dass es erst jetzt ist, bereue ich sehr.
Ohne Pause, ohne lange Moderation, ohne Schnickschnack: Hier fliegen die Haare, die Fans knien ab und springen hoch, die Miezen tanzen und jagen Dinge in die Luft, und zum Takt der Musik ziehen die Fäuste hoch. Keine Atempausen, pure Party. Ob bei der ESC-Bewerbung Knightclub – für die Gaststar Dag von SDP eine strahlend schwarze Raubritterrüstung und eine Steampunk-Sonnenbrille anschmeißt, um mit dem Hauptmann Feuerschwanz und Hodi abzugehen. Oder beim Herr Der Ringe Teilset mit Sam The Brave, den Rohirim, einer Horde Uruk-Hai und einem absolut köstlichen Taking The Hobits To Isengard als Drum-Solo.

Die Zeit verfliegt und zu schnell sind wir bei der Zugabe: Valhalla singen sie mit Melissa Bonny. Das Elfte Gebot leben die Truppe und all die Schwanzis (so wurden die Fans vorher von Chris Harms getauft), die sich die Shirts vom Leibe reißen und in den Moshpit stürzen, schon lange. Und bei Lords Of Fyre gibt es dann zusammen mit LOTL den gebührenden Abschluss, während Konfetti herniederregnet. Ein wirklich schöner Abend, zwei sehr gute und ein wirklich exzellenter Auftritt. Nur leider ist da noch dieses kleine Aber …

Denn die ganze Tour wurde auf Social Media als super besondere Doppel-Headliner-Tour beworben. Und bis auf einen gemeinsamen Song und ein paar Witze zum Abschied merkt man davon kaum etwas. Hier in Hannover sind es einfach drei sehr gute Bands, die nacheinander spielen, aber wenig miteinander spielen.
Es gibt auf Insta großartige Bilder von anderen Terminen, wie die Lords sich als Miezen bei und auf Feuerschwanz räkeln – aber hier gibt es nichts dergleichen. Und warum spielt Johanna von Feuerschwanz nicht bei Lord Of The Lost für einen Song mit, um mal eine ganz andere Seite zu präsentieren? Wenn ich mir vorstelle, wie sie mit der Geige und Jenny mit der Harfe One Of Us Will Be Next untermalen, dann ärgere ich mich doppelt, dass sie den Song noch nicht gespielt haben. Den Song hat Chris Harms ja sogar mit Ben Metzner (Hodi) geschrieben …
Und warum kommen die anderthalb Trommler von LOTL nicht zu Feuerschwanz auf die Bühne, während die Schildmaiden bei den Uruk Hai auf brennenden Fässern trommeln: Fünf Leute, die den flammenden Takt eines Heeres schlagen. Das wäre doch mal was!
Nur leider gab es hier zu wenig davon. Jede Band für sich hat die Halle abgefackelt und das Publikum zum Tanzen und Moshen gebracht. Nur die Gelegenheit, etwas Außergewöhnliches daraus zu machen, haben sie in Hannover nicht ausgeschlachtet: Nicht nur nacheinander, sondern wirklich miteinander spielen.


















































